Die Revision der Kläger gegen das Urteil
des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 14.3.2018 - 2 K 1056/15 wird
als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens haben die
Kläger zu tragen.
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I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin zu 1. (Klägerin zu 1.) ist eine KGaA.
An ihrem Kommanditkapital waren V zu 48 %, der Kläger und
Revisionskläger zu 2. (Kläger zu 2.) und die
Klägerin und Revisionsklägerin zu 3. (Klägerin zu
3.) zu jeweils 26 % beteiligt. Mit Vertrag vom 12.12.2011 schenkte
V dem Kläger zu 2. und der Klägerin zu 3. jeweils ein
Paket Stückaktien.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) stellte mit einem unter dem Vorbehalt der
Nachprüfung stehenden Bescheid vom 11.12.2013
erklärungsgemäß nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3
des Bewertungsgesetzes (BewG) den Wert der durch die Kläger zu
2. und 3. jeweils erworbenen Anteile an einer Kapitalgesellschaft
auf den Stichtag 12.12.2011 mit … EUR sowie die Summe der
gemeinen Werte der Wirtschaftsgüter des
Verwaltungsvermögens mit insgesamt … EUR fest. Die Summe
der gemeinen Werte der Wirtschaftsgüter des jungen
Verwaltungsvermögens stellte es auf 0 EUR fest.
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Nach einer Außenprüfung bei der
Klägerin zu 1. stellte das FA mit Bescheid vom 02.10.2014 den
Wert der jeweiligen Anteile an der Kapitalgesellschaft auf …
EUR, eine Summe der gemeinen Werte der Wirtschaftsgüter des
Verwaltungsvermögens von … EUR und eine Summe der
gemeinen Werte der Wirtschaftsgüter des jungen
Verwaltungsvermögens von … EUR fest. Nach den
Feststellungen der Außenprüfung handelte es sich um
Wertpapierzugänge zwischen dem 02.11.2011 und dem 31.12.2011,
die aus betrieblichen Mitteln angeschafft worden seien.
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Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das
Finanzgericht (FG) ist davon ausgegangen, dass auch die innerhalb
des Zweijahreszeitraums aus betrieblichen Mitteln angeschafften
Wertpapiere nicht begünstigtes sog. „junges
Verwaltungsvermögen“ i.S. des § 13b Abs. 2 Satz 3
des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes i.d.F. des
Erbschaftsteuerreformgesetzes (ErbStRG) vom 24.12.2008 (BGBl I
2008, 3018) - ErbStG a.F. - seien. Die Vorschrift sei nicht auf
Fälle zu beschränken, in denen das
Verwaltungsvermögen zuvor eingelegt worden sei, sondern finde
nach Wortlaut und Gesetzeshistorie auch Anwendung, wenn es aus
betrieblichen Mitteln angeschafft oder hergestellt worden sei (sog.
Aktivtausch). Eine auf Einlagen beschränkte Regelung
könne leicht umgangen werden. Eine teleologische Reduktion in
Bezug auf Fälle der Umschichtung von
(Alt-)Verwaltungsvermögen in neues Verwaltungsvermögen
widerspreche der Ausgestaltung der Norm als abstrakter
Missbrauchsvorschrift. Das Urteil des FG ist in EFG 2018, 1378 =
SIS 18 09 17 veröffentlicht.
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Mit der Revision rügen die Kläger
eine Verletzung von § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG a.F. Zwar sei
es zutreffend, dass die Vorschrift zwecks Vermeidung von
Missbräuchen nicht auf Einlagen beschränkt werden
könne und grundsätzlich auch den Aktivtausch umfasse.
Jedoch sei der Begriff „Verwaltungsvermögen“ im
Rahmen des § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG a.F. nicht mit den
einzelnen Gegenständen des Verwaltungsvermögens
gleichzusetzen, sondern erfasse entweder das
Verwaltungsvermögen insgesamt oder zumindest die in § 13b
Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nrn. 1 bis 5 ErbStG a.F. definierten
Kategorien des Verwaltungsvermögens. Damit seien
Umschichtungen von Verwaltungsvermögen durch Aktivtausch
zumindest innerhalb der jeweils maßgebenden
Verwaltungsvermögenskategorie unschädlich, da diese den
Umfang des Verwaltungsvermögens nicht ausweiteten.
Entsprechendes gelte, wenn, wie im Streitfall, der Erwerb von
Verwaltungsvermögen durch Aufnahme von Darlehen finanziert
werde. Wenn der Erhöhung des Aktivvermögens Schulden
gegenüberstünden und sich der Unternehmenswert nicht
erhöhe, könne das nie Gestaltungsmissbrauch sein.
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Die Kläger beantragen, die
Vorentscheidung aufzuheben und den Bescheid vom 02.10.2014 in
Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.12.2014 über die
gesonderte und einheitliche Feststellung der Summen der gemeinen
Werte der Wirtschaftsgüter des jungen
Verwaltungsvermögens der KGaA auf den 12.12.2011 auf 0 EUR zu
ändern.
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Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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Das Gesetz stelle auf die Mittelherkunft
nicht ab. Ob im Übrigen Umschichtungen im
Verwaltungsvermögen begünstigungsschädlich seien,
sei unerheblich. Der Ankauf der Wertpapiere aus Geldmitteln - die
zum damaligen Zeitpunkt noch nicht zum Verwaltungsvermögen
gehörten -, sei ein normaler Aktivtausch, der nie zu einer
Ausweitung des Unternehmenswerts führe.
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Das dem Verfahren beigetretene
Bundesministerium der Finanzen unterstützt das Vorbringen des
FA und stellt keinen Antrag.
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II. Die Revision ist unbegründet und nach
§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO)
zurückzuweisen. Das FG hat zu Recht erkannt, dass die
Feststellung der Summe der gemeinen Werte der Wirtschaftsgüter
des jungen Verwaltungsvermögens rechtmäßig ist.
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1. Das FA hat neben dem Wert der Anteile an
einer Kapitalgesellschaft nach § 12 Abs. 2 ErbStG i.V.m.
§ 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BewG auch die Summen der gemeinen
Werte der Wirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens und
des jungen Verwaltungsvermögens verfahrensrechtlich zutreffend
gesondert festgestellt.
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a) Gemäß § 37 Abs. 6 ErbStG
i.d.F. des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 (StVereinfG 2011) vom
01.11.2011 (BGBl I 2011, 2131) sind u.a. § 13b Abs. 2 und Abs.
2a ErbStG i.d.F. des StVereinfG 2011 auf Erwerbe anzuwenden,
für die die Steuer nach dem 30.06.2011 entsteht. Nach §
13b Abs. 2a Satz 1 ErbStG i.d.F. des StVereinfG 2011 stellt das
für die Bewertung der wirtschaftlichen Einheit örtlich
zuständige Finanzamt i.S. des § 152 Nrn. 1 bis 3 BewG die
Summen der gemeinen Werte der Wirtschaftsgüter des
Verwaltungsvermögens i.S. des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1
bis 5 ErbStG a.F. und des jungen Verwaltungsvermögens i.S. des
§ 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG a.F. gesondert fest, wenn diese
Werte für die Erbschaftsteuer oder eine andere Feststellung
i.S. dieser Vorschrift von Bedeutung sind. Für die
Übertragung eines Anteils am Betriebsvermögen gilt dies
nach § 13b Abs. 2a Satz 2 ErbStG i.d.F. des StVereinfG 2011
entsprechend.
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b) Die Schenkung der Aktien ist nach § 1
Abs. 1 Nr. 2 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes
(ErbStG) i.V.m. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG steuerbar. Die Steuer
ist nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG mit dem Zeitpunkt der
Ausführung der Zuwendung am 12.12.2011 und damit nach dem
30.06.2011 entstanden, so dass eine gesonderte Feststellung
durchzuführen ist.
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2. Als steuerpflichtiger Erwerb gilt nach
§ 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG die Bereicherung des Erwerbers,
soweit sie nicht u.a. nach § 13a ErbStG steuerfrei ist.
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a) Anzuwenden sind im Streitfall §§
13a, 13b ErbStG a.F., die in den im Streitfall maßgebenden
Teilen bis 2011 unverändert geblieben sind. Die Vorschriften
in der im Streitfall anwendbaren Fassung sind nach dem Urteil des
Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 17.12.2014 - 1 BvL 21/12
(BGBl I 2015, 4, BVerfGE 138, 136, BStBl II 2015, 50 = SIS 15 00 45) mit Art. 3 des Grundgesetzes unvereinbar. Das BVerfG hat jedoch
ihre Anwendbarkeit bis zu einer Neuregelung angeordnet, die
spätestens bis zum 30.06.2016 zu treffen war.
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b) Nach § 13a Abs. 1 Satz 1 ErbStG a.F.
i.V.m. § 13b Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 ErbStG a.F. bleibt
vorbehaltlich des § 13b Abs. 2 ErbStG a.F. unter weiteren,
hier nicht streitigen Voraussetzungen u.a. der Erwerb von Anteilen
an Kapitalgesellschaften, wenn die Kapitalgesellschaft zur Zeit der
Entstehung der Steuer Sitz oder Geschäftsleitung im Inland
oder in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in
einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums hat und der
Erblasser oder Schenker am Nennkapital dieser Gesellschaft zu mehr
als 25 % unmittelbar beteiligt war, zu 85 % außer Ansatz
(Verschonungsabschlag). Die KGaA ist handelsrechtlich (Schmidt in
Schmidt/Lutter, Aktiengesetz, 3. Aufl. 2015, § 278 Rz 1) und
steuerrechtlich (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 des
Körperschaftsteuergesetzes) Kapitalgesellschaft. § 13a
Abs. 8 ErbStG a.F. ermöglicht einen Verschonungsabschlag von
100 %, wenn u.a. der Anteil des Verwaltungsvermögens die
Grenze von 10 % nicht überschreitet.
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c) Gemäß § 13b Abs. 2 Satz 1
ErbStG a.F. bleibt ausgenommen Vermögen im Sinne des Absatzes
1, wenn das Betriebsvermögen der Betriebe oder der
Gesellschaften zu mehr als 50 % aus Verwaltungsvermögen
besteht. Zum Verwaltungsvermögen gehören nach § 13b
Abs. 2 Satz 2 ErbStG a.F. nach jeweils näherer Maßgabe,
Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke (Nr. 1),
Anteile an Kapitalgesellschaften, wenn die unmittelbare Beteiligung
am Nennkapital dieser Gesellschaften 25 % oder weniger beträgt
(Nr. 2), Beteiligungen an Personen- und Kapitalgesellschaften, wenn
bei diesen Gesellschaften das Verwaltungsvermögen mehr als 50
% beträgt (Nr. 3), Wertpapiere sowie vergleichbare Forderungen
(Nr. 4) sowie Kunstgegenstände u.Ä. (Nr. 5).
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d) Kommt § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG a.F.
nicht zur Anwendung, gehört solches Verwaltungsvermögen
i.S. des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 5 ErbStG a.F. nicht
zum begünstigten Vermögen im Sinne des Absatzes 1,
welches dem Betrieb im Besteuerungszeitpunkt weniger als zwei Jahre
zuzurechnen war (§ 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG a.F.). Dieses
nicht zum begünstigten Vermögen gehörende
Verwaltungsvermögen i.S. des § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG
a.F. ist durch Art. 8 Nr. 2 Buchst. a StVereinfG 2011 als
„junges Verwaltungsvermögen“ legal
definiert worden.
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3. § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG a.F. ist
wirtschaftsgutsbezogen zu verstehen. Ein Wirtschaftsgut des
Verwaltungsvermögens, das sich weniger als zwei Jahre
durchgehend im Betriebsvermögen desjenigen Betriebes befand,
der unmittelbar oder vermittelt durch einen Gesellschaftsanteil
Gegenstand des Erwerbs ist, ist „junges
Verwaltungsvermögen“ und als solches nicht
begünstigt. Es ist keine Saldierung oder gattungsbezogene
Betrachtung vorzunehmen. Auf die Herkunft des
Vermögensgegenstandes oder der zu seiner Finanzierung
verwendeten Mittel kommt es nicht an. Eine einzelfallbezogene
Missbrauchsprüfung findet nicht statt.
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a) Die Auslegung der Vorschrift ist
umstritten. Die Finanzverwaltung bezieht die Vorschrift auf das
einzelne Wirtschaftsgut. Sie geht in R E 13 b.27 Satz 2 der
Erbschaftsteuer-Richtlinien (ErbStR) 2019 vom 16.12.2019 (BStBl I
2019, Sondernr. 1/2019, 2; früher R E 13 b.19 Abs. 1 Satz 2
der ErbStR 2011, BStBl I 2011, Sondernr. 1/2011, 2) davon aus, dass
zum jungen Verwaltungsvermögen nicht nur innerhalb des
Zweijahreszeitraums eingelegtes Verwaltungsvermögen
gehört, sondern auch Verwaltungsvermögen, das innerhalb
dieses Zeitraums aus betrieblichen Mitteln angeschafft oder
hergestellt worden ist. Dies erfasst dem Wortlaut der Richtlinie
nach zumindest Anschaffungen aus solchem Betriebsvermögen, das
nicht zum Verwaltungsvermögen gehört, aber wohl auch
Umschichtungen von einem Wirtschaftsgut des
Verwaltungsvermögens in ein anderes Wirtschaftsgut des
Verwaltungsvermögens. Im Schrifttum wird teilweise die
Umschichtung wegen fehlender Missbrauchsgefahr für
begünstigungsunschädlich erachtet (vgl. etwa Geck in
Kapp/Ebeling, § 13b ErbStG, Rz 171; S. Viskorf in Viskorf/
Schuck/Wälzholz, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz,
Bewertungsgesetz, 5. Aufl., § 13b ErbStG Rz 284;
differenzierend Wachter, in Fischer/Pahlke/Wachter, ErbStG, 6.
Aufl., § 13b Rz 681 bis 684). Insoweit wird der Begriff des
Verwaltungsvermögens als Gattungsbegriff angesehen. Zur
Begründung wird u.a. auf die Ausführungen in der BRDrucks
778/06 vom 03.11.2006 (S. 22 f.) verwiesen. Teilweise wird aber
auch mit der Finanzverwaltung eine restriktive Betrachtungsweise
unter Bezugnahme auf die Vorstellungen des Gesetzgebers
befürwortet (vgl. etwa Jülicher in
Troll/Gebel/Jülicher/ Gottschalk, ErbStG, § 13b Rz 391;
Stalleiken in von Oertzen/Loose, Erbschaftsteuer- und
Schenkungsteuergesetz, § 13b Rz 225; Weinmann in
Moench/Weinmann, § 13b ErbStG Rz 231; Kirnberger in
Wilms/Jochum, ErbStG/BewG/GrEStG, § 13b ErbStG Rz 102, Stand
01.06.2018).
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b) Mit den Worten „solches
Verwaltungsvermögen im Sinne des Satzes 2 Nr. 1 bis
5“ in § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG a.F. ist nach der
gesetzlichen Systematik jeder einzelne Vermögensgegenstand
gemeint (vgl. § 240 Abs. 1 i.V.m. § 252 Abs. 1 Nr. 3 des
Handelsgesetzbuchs).
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aa) Der Begriff
„Verwaltungsvermögen“ kann zwar einen
Gattungsbegriff darstellen, steht aber in der Vorschrift nicht
isoliert. Der Hinweis „solches“ und die in Bezug
genommene Aufzählung in § 13b Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 5
ErbStG a.F. machen deutlich, dass die Vorschrift die einzelnen
Wirtschaftsgüter des jungen Verwaltungsvermögens meint.
Hinzu tritt, dass die in der Vorschrift vorgesehene Zurechnung sich
für jedes einzelne Wirtschaftsgut unterschiedlich darstellen
kann und deshalb denknotwendig auf das einzelne Wirtschaftsgut zu
beziehen ist.
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bb) Etwas anderes ergibt sich nicht daraus,
dass der unmittelbar folgende § 13b Abs. 2 Satz 4 ErbStG a.F.
ausdrücklich zwischen dem Verwaltungsvermögen und den
Einzelwirtschaftsgütern des Verwaltungsvermögens
differenziert und dort mit dem an erster Stelle genannten Begriff
ersichtlich die Gesamtheit aller im Betrieb befindlichen
Gegenstände des Verwaltungsvermögens meint. Da sich die
Bedeutung des Begriffs in § 13b Abs. 2 Satz 4 ErbStG a.F.
allein aus der Funktion des Satzes (Berechnungsvorschrift)
erschließt, zeigt dies, dass auch bei Auslegung des
vorgehenden § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG a.F. in erster Linie
dessen Funktionsweise und Zusammenhang in den Blick zu nehmen
sind.
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cc) Die BRDrucks 778/06 vom 03.11.2006
rechtfertigt keine andere Auslegung. Der darin enthaltene
Gesetzentwurf ist nicht in das ErbStG a.F. aufgenommen worden.
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c) Eine teleologische Reduktion der Vorschrift
in der Weise, dass die Zurechnung des Einzelwirtschaftsguts
ergänzt wird durch eine konkrete missbräuchliche
Gestaltung im Einzelfall, durch die Verknüpfung der
Anschaffung oder Herstellung des Wirtschaftsguts mit einer
Privateinlage, ist nicht möglich. Die Grenzen vertretbarer
Auslegung und zulässiger richterlicher Rechtsfortbildung sind
zwar weit gezogen, dürfen sich aber nicht dem vom Gesetzgeber
festgelegten Sinn und Zweck des Gesetzes entziehen, sondern
müssen die gesetzgeberische Grundentscheidung respektieren.
Eine Interpretation, die sich über den klar erkennbaren Willen
des Gesetzgebers hinwegsetzt, greift unzulässig in die
Kompetenz des demokratisch legitimierten Gesetzgebers ein (im
Einzelnen Nichtannahmebeschluss des BVerfG vom 26.11.2018 - 1 BvR
318/17, 1 BvR 1474/17, 1 BvR 2207/17, NJW 2019, 351, Rz 29 bis
32).
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aa) Nach diesem Maßstab ist eine
Auslegung der Vorschrift in der Weise, dass im Einzelfall ein
denkbarer Missbrauch zu prüfen ist, nicht zulässig. Sie
stünde mit der Regelungskonzeption des Gesetzes nicht in
Einklang. Wäre eine Missbrauchsprüfung im Einzelfall
gewollt, hätte ein Missbrauchselement zwingend zum
Tatbestandsmerkmal erhoben werden müssen. Knüpft die
Vorschrift an anderweit definierte Merkmale an, ist stattdessen
eine Typisierung gewollt. Der zulässige Auslegungsspielraum
bezieht sich allein auf die Reichweite der Typisierung. Diese
impliziert, dass im Einzelfall kein Missbrauch vorliegen muss.
Umschichtungen, auch innerhalb des Verwaltungsvermögens, oder
auch Kapitalanlagen in Gestalt von Verwaltungsvermögen
können betriebswirtschaftlich sinnvoll und angezeigt sein und
trotzdem grundsätzlich zu jungem Verwaltungsvermögen
führen. Gleichgültig ist demnach auch, ob das erworbene
Verwaltungsvermögen aus angesparter Liquidität oder aus
Kreditmitteln finanziert wurde.
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bb) Die Vorschrift ist nicht auf Fälle
der Einlage von Verwaltungsvermögen aus dem
Privatvermögen in das Betriebsvermögen innerhalb der
Zweijahresfrist beschränkt. Zum einen ist die Einlage gerade
nicht gesetzliches Tatbestandsmerkmal geworden, obwohl dies
rechtstechnisch ohne Weiteres möglich gewesen wäre, wie
etwa § 13a Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 ErbStG a.F. zeigt. Zum anderen
könnte der Zweck der Vorschrift, Missbräuche durch
kurzfristige Einlagen aus dem Privatvermögen zu verhindern, so
nicht erreicht werden. Eine derartige Eingrenzung wäre ohne
Weiteres durch Einlage eines nicht zum Verwaltungsvermögen
gehörenden Wirtschaftsguts und Erwerb von
Verwaltungsvermögen aus der so erlangten Liquidität zu
umgehen. Im Streitjahr wäre dies sogar noch durch Einlage von
Finanzmitteln möglich gewesen, denn Geldforderungen, die nicht
Wertpapiere oder Wertpapieren vergleichbar sind, wie etwa
Sichteinlagen, Sparanlagen und Festgeldkonten bei Kreditinstituten
sowie Forderungen aus Lieferungen und Leistungen und Forderungen an
verbundene Unternehmen sowie Bargeld, rechneten seinerzeit noch
nicht zum jungen Verwaltungsvermögen (vgl. Vorlagebeschluss
des Bundesfinanzhofs vom 27.09.2012 - II R 9/11, BFHE 238, 241,
BStBl II 2012, 899 = SIS 12 26 99, Rz 38 bis 43). Dies ist erst
seit Einfügung des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG
durch Art. 30 des Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetzes vom
26.06.2013 - AmtshilfeRLUmsG - (BGBl I 2013, 1809) der Fall, und
zwar für Erwerbe, für die die Steuer nach dem 06.06.2013
entsteht (§ 37 Abs. 8 ErbStG, eingefügt durch Art. 30 Nr.
3 AmtshilfeRLUmsG). Dem entspricht die Vorschrift des § 13b
Abs. 4 Nr. 5 ErbStG i.d.F. des Gesetzes zur Anpassung des
Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichts vom 04.11.2016 - ErbStGAnpG 2016 -
(BGBl I 2016, 2464), die nach § 37 Abs. 12 Satz 1 ErbStG
i.d.F. des ErbStGAnpG 2016 auf Erwerbe anzuwenden ist, für die
die Steuer nach dem 30.06.2016 entsteht.
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d) Die Entstehungsgeschichte des Gesetzes
lässt ebenfalls nicht erkennen, dass der Gesetzgeber den
Anwendungsbereich des § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStG a.F. auf die
Fälle der innerhalb der Zweijahresfrist getätigten
Einlage aus dem Privatvermögen hätte beschränken
wollen. Die zu § 13b Abs. 2 ErbStG a.F. gegebene
Begründung zum Entwurf des ErbStRG der Bundesregierung vom
28.01.2008 (BTDrucks 16/7918, S. 35, 36) skizzierte allgemein die
Intention, überwiegend vermögensverwaltende Betriebe von
den Verschonungen auszunehmen. Die späteren Bestrebungen des
Bundesrates im Gesetzgebungsverfahren zum Jahressteuergesetz 2010
vom 08.12.2010 - JStG 2010 - (BGBl I 2010, 1768),
Verwaltungsvermögen nicht generell, sondern nur im Falle der
Einlage für nicht begünstigt zu erachten, waren weder
2008 noch zu einem späteren Zeitpunkt Gesetz geworden (Entwurf
des JStG 2010 der Bundesregierung vom 21.06.2010, BTDrucks 17/2249,
S. 28; Stellungnahme des Bundesrates, BTDrucks 17/2823, S. 31, 32,
Nr. 48; Gegenäußerung der Bundesregierung in BTDrucks
17/2823, S. 40 zu Nr. 48; Bericht des Finanzausschusses vom
28.10.2010, BTDrucks 17/3549, S. 11). Sie zeigen vielmehr, dass
alle am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten § 13b Abs. 2 Satz 3
ErbStG a.F. nicht auf Einlagefälle beschränkt sahen. Die
späteren Änderungsbestrebungen erlauben zwar einerseits
keinen Rückschluss auf die Intention des ursprünglichen
Gesetzgebers. Sie erlauben jedoch andererseits auch nicht, dem
Gesetz einen Inhalt beizulegen, den es erst bei Durchführung
der Änderung gehabt hätte. Daher ist auch nichts daraus
herzuleiten, dass nach dem BVerfG-Urteil in BGBl I 2015, 4, BVerfGE
138, 136, BStBl II 2015, 50 = SIS 15 00 45 die Bundesregierung im
Zusammenhang mit ihrem Entwurf des ErbStGAnpG 2016 u.a.
ausgeführt hat, die Regelungen für junges nicht
begünstigtes Vermögen sollten den Missbrauch durch
kurzfristige Einlage vermeiden (BTDrucks 18/5923 vom 07.09.2015, S.
12, 29).
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e) Nach diesen Maßstäben hat das FA
das junge Verwaltungsvermögen in zutreffender Höhe
festgestellt. Die erfassten Wertpapiere wurden innerhalb von zwei
Jahren vor der Schenkung aus betrieblichen Mitteln angeschafft.
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4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135
Abs. 2 FGO.
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