Die Revision der Klägerin gegen das
Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 27.10.2015 5 K
1909/12 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die
Klägerin zu tragen.
1
|
I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) ist Eigentümerin des
Grundstücks A-Straße in Z. Das Grundstück ist
bebaut mit einem 1994 für den Betrieb eines Autohauses
errichteten Gebäude (Werkstatt und Verkaufsräume) und
Außenanlagen. Die Klägerin vermietet das Grundstück
seit Fertigstellung des Gebäudes an das von ihrem Ehemann als
Einzelkaufmann betriebene Autohaus.
|
|
|
2
|
Im Jahr 2009 errichtete die Klägerin
auf dem Grundstück einen Anbau an das bestehende
Werkstattgebäude und überdachte einen Teil der
Freifläche. Dafür wandte sie Herstellungskosten von
insgesamt 85.137 EUR auf.
|
|
|
3
|
In den Jahren von 1994 bis 2008 machte die
Klägerin bei ihren Einkünften aus Vermietung und
Verpachtung degressive Absetzungen für Abnutzung (AfA)
gemäß § 7 Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG)
auf die Gebäudeherstellungskosten geltend. Diese beliefen sich
ursprünglich auf 584.390 EUR. Der am 1.1.2009 noch nicht
abgeschriebene Gebäuderestwert belief sich auf 255.665
EUR.
|
|
|
4
|
In ihrer Einkommensteuererklärung
für das Streitjahr machte die Klägerin AfA in Höhe
von 33.477 EUR geltend. Auf Nachfrage korrigierte sie den Betrag
auf 34.081 EUR. Entgegen der bisherigen Annahmen betrage die
voraussichtliche Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes nicht 50,
sondern nur 25 Jahre. Der am 1.1.2009 noch nicht abgeschriebene
Gebäuderestwert von 255.665 EUR müsse um die im
Streitjahr angefallenen Herstellungskosten von 85.137 EUR auf
340.802 EUR erhöht und auf die restlichen 10 Jahre
gleichmäßig verteilt werden (§ 7 Abs. 4 Satz 2
EStG).
|
|
|
5
|
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) berücksichtigte demgegenüber als AfA
nur 1,25 % der um die nachträglichen Herstellungskosten
erhöhten ursprünglichen Bemessungsgrundlage (584.390 EUR
+ 85.137 EUR = 669.527 EUR x 1,25 % = gerundet 8.370 EUR) und
führte zur Erläuterung aus, eine kürzere als die
bislang angenommene voraussichtliche Nutzungsdauer sei nicht
dargelegt worden (nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung
geänderter Einkommensteuerbescheid vom 24.10.2011). Den
Einspruch wies das FA als unbegründet zurück
(Einspruchsentscheidung vom 4.5.2012).
|
|
|
6
|
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage
abgewiesen. Mit der Revision erhebt die Klägerin die
Sachrüge (Verletzung von § 7 Abs. 5 und § 7 Abs. 4
Satz 2 EStG).
|
|
|
7
|
Die Klägerin beantragt, die
Vorentscheidung aufzuheben, den Einkommensteuerbescheid in Gestalt
der Einspruchsentscheidung zu ändern und die Einkommensteuer
auf den Betrag festzusetzen, der sich ergibt, wenn bei den
Einkünften aus Vermietung und Verpachtung Abschreibungen in
Höhe von 34.081 EUR berücksichtigt werden.
|
|
|
8
|
Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
|
|
|
9
|
II. Die Revision ist unbegründet und wird
zurückgewiesen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -
FGO - ).
|
|
|
10
|
1. Nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a
EStG können bei Gebäuden, die der Erzielung von
Einkünften dienen und nach dem 31.12.1924 fertiggestellt
worden sind, jährlich 2 % der Anschaffungs- oder
Herstellungskosten als Werbungskosten abgezogen werden.
Beträgt die tatsächliche Nutzungsdauer des Gebäudes
weniger als 50 Jahre, können anstelle dieser Absetzungen die
der tatsächlichen Nutzungsdauer entsprechenden AfA vorgenommen
werden (§ 7 Abs. 4 Satz 2 EStG). Bei Gebäuden, die der
Steuerpflichtige aufgrund eines vor dem 1.1.1995 gestellten
Bauantrags hergestellt hat, können abweichend von Abs. 4
degressive Abschreibungen vorgenommen werden: in den ersten acht
Jahren jeweils 5 %, in den darauf folgenden sechs Jahren jeweils
2,5 % und in den darauf folgenden 36 Jahren jeweils 1,25 % (§
7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG).
|
|
|
11
|
2. Ein späterer Wechsel von der in
Anspruch genommenen degressiven AfA nach § 7 Abs. 5 EStG zur
AfA nach § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG ist nicht möglich.
|
|
|
12
|
a) Der Bundesfinanzhof (BFH) musste die Frage
bisher nicht beantworten. Nach der höchstrichterlichen
Rechtsprechung ist der Steuerpflichtige an die einmal getroffene
Wahl für die degressive AfA nach § 7 Abs. 5 EStG
grundsätzlich gebunden. Der spätere Wechsel zu einer
anderen AfA-Methode ist damit grundsätzlich ausgeschlossen
(BFH-Urteil vom 3.4.2001 IX R 16/98, BFHE 195, 273, BStBl II 2001,
599 = SIS 01 10 77). Insbesondere ist ein Wechsel von der in
Anspruch genommenen degressiven AfA nach § 7 Abs. 5 EStG zu
den normalen, linearen Gebäude-AfA nach § 7 Abs. 4 EStG
nicht möglich (BFH-Urteil vom 10.3.1987 IX R 24/86, BFHE 149,
527, BStBl II 1987, 618 = SIS 87 16 04). Auf die Frage, ob dies
auch einen Wechsel zur AfA nach der tatsächlichen
Nutzungsdauer (§ 7 Abs. 4 Satz 2 EStG) ausschließt, kam
es insoweit nicht an. Zugelassen hat der BFH allerdings den Wechsel
von der AfA nach § 7 Abs. 5 EStG zu den erhöhten
Absetzungen nach § 7b EStG a.F. (BFH-Urteil in BFHE 149, 527,
BStBl II 1987, 618 = SIS 87 16 04); den umgekehrten Wechsel hat er
indes ausgeschlossen (BFH-Urteil vom 17.2.1976 VIII R 188/71, BFHE
118, 319, BStBl II 1976, 414 = SIS 76 02 19). Zugelassen hat er
ferner den Wechsel von einer degressiven AfA zu einer anderen
degressiven AfA nach einer Nutzungsänderung (BFH-Urteil vom
15.2.2005 IX R 32/03, BFHE 210, 481, BStBl II 2006, 51 = SIS 05 47 55).
|
|
|
13
|
b) Die Finanzverwaltung schließt einen
Wechsel von der degressiven AfA nach § 7 Abs. 5 EStG zur AfA
nach der tatsächlichen Nutzungsdauer bei Gebäuden (§
7 Abs. 4 Satz 2 EStG) aus, beanstandet jedoch bei Anwendung der
degressiven AfA nach § 7 Abs. 5 EStG die Inanspruchnahme von
Absetzung für außergewöhnliche technische oder
wirtschaftliche Abnutzung nicht (R 7.4 Abs. 11 Satz 2 der
Einkommensteuer-Richtlinien).
|
|
|
14
|
c) Im Schrifttum wird die Frage
unterschiedlich beantwortet. Die ganz überwiegende Ansicht
schließt einen späteren Wechsel von der in Anspruch
genommenen degressiven AfA zur AfA nach der tatsächlichen
Nutzungsdauer aus (Blümich/Brandis, § 7 EStG Rz 565;
Anzinger in Herrmann/Heuer/Raupach, § 7 EStG Rz 333; Waldhoff,
in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 7 Rz F33;
Lambrecht in Kirchhof, EStG, 11. Aufl., § 7 Rz 105; Schnitter
in Frotscher, EStG, Freiburg 2011, § 7 Rz 481; Stuhrmann in
Bordewin/Brandt, § 7 EStG Rz 232; Bartone in Korn, § 7
EStG Rz 179; Rosarius in EStG-eKommentar, Stand 1.1.2015, § 7
Rz 195). Lediglich eine Mindermeinung plädiert dafür, den
Wechsel zuzulassen (Schmidt/Kulosa, EStG, 27. Aufl., § 7 Rz
176).
|
|
|
15
|
d) Der Senat schließt sich der im
Schrifttum überwiegend vertretenen Ansicht an. Im Gesetz fehlt
eine Regelung für den Übergang von der degressiven zur
linearen AfA bei Gebäuden. Der Übergang ist danach weder
vorgesehen noch eindeutig ausgeschlossen (BFH-Urteil in BFHE 149,
527, BStBl II 1987, 618 = SIS 87 16 04). Er ist auch nicht deshalb
ausgeschlossen, weil § 7 Abs. 5 EStG eine starre,
unveränderliche Abschreibungsregel enthält, deren
Sätze weder unter- noch überschritten werden dürfen
(so aber BFH-Urteil in BFHE 118, 319, BStBl II 1976, 414 = SIS 76 02 19). Dieser Befund gilt zunächst nur innerhalb der AfA nach
§ 7 Abs. 5 EStG und schließt den Wechsel zu einer
anderen AfA-Methode nicht grundsätzlich aus (vgl. BFH-Urteil
in BFHE 149, 527, BStBl II 1987, 618 = SIS 87 16 04: Wechsel zu
§ 7b EStG a.F.). Kein Argument ergibt sich ferner aus der
Erwägung, dass der Steuerpflichtige, der in den ersten Jahren
die Vorteile der degressiven AfA genossen hat, in späteren
Jahren auch die Nachteile der Vorschrift in Kauf nehmen muss. Dies
schließt zwar einen Wechsel von der degressiven AfA nach
§ 7 Abs. 5 EStG zur linearen AfA nach § 7 Abs. 4 Satz 1
EStG generell aus, nicht jedoch einen Wechsel zur AfA nach der
tatsächlichen Nutzungsdauer gemäß § 7 Abs. 4
Satz 2 EStG. Wie der Streitfall zeigt, kann sich bei (behaupteter)
kürzerer Nutzungsdauer des Gebäudes die Inanspruchnahme
der degressiven AfA in den ersten Jahren im Nachhinein als
nachteilig darstellen.
|
|
|
16
|
Ein solcher Wechsel würde jedoch die mit
der Vorschrift bezweckte Rechtsvereinfachung konterkarieren. §
7 Abs. 5 EStG typisiert die Nutzungsdauer eines Gebäudes und
dient damit der Rechtsvereinfachung. Bei Wahl der degressiven AfA
nach § 7 Abs. 5 EStG erübrigt sich die Feststellung der
tatsächlichen Nutzungsdauer des Gebäudes. Der
Steuerpflichtige entscheidet sich bei Wahl der degressiven AfA
bewusst dafür, die Herstellungskosten des Gebäudes in 50
der Höhe nach festgelegten Jahresbeträgen geltend zu
machen. Die Vereinfachung tritt nur ein, wenn die Wahl über
die gesamte Dauer der Abschreibung bindend ist. Die Wahl der
degressiven AfA ist deshalb unabänderlich.
|
|
|
17
|
Dagegen bestehen keine durchgreifenden
Bedenken. Insbesondere durfte der Gesetzgeber bei der Wahl der
degressiven AfA auf eine Anpassungsregelung wie in § 7 Abs. 4
Satz 2 EStG verzichten. Die degressive AfA kommt nur bei neu
hergestellten Gebäuden in Betracht. Bei neuen Gebäuden
ist die Annahme einer voraussichtlichen Nutzungsdauer von 50 Jahren
in aller Regel nicht unangemessen. Sollte dies aufgrund der Bauart
oder der in Aussicht genommenen Art der Nutzung im Einzelfall
anders sein, wird dies in aller Regel von Anfang an erkennbar sein.
Dann hat es der Steuerpflichtige in der Hand, von vornherein die
Abschreibung gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG zu
wählen. Die Möglichkeit, dass sich bei einem neuen
Gebäude (ohne eine nachträgliche Änderung der
Nutzungsart) erst nachträglich eine wesentlich kürzere
voraussichtliche Nutzungsdauer als ursprünglich angenommen
ergibt, durfte der Gesetzgeber dagegen vernachlässigen (so
schon Söffing, DStZ 1969, 161, 170).
|
|
|
18
|
Ohne Erfolg macht die Revision
schließlich geltend, dass ein nachträglicher Wechsel von
der degressiven AfA zur AfA nach der tatsächlichen
Nutzungsdauer in systematischer Hinsicht eine Rückkehr zum
Grundprinzip des § 7 Abs. 1 EStG darstellen würde. Das
trifft nicht zu. § 7 Abs. 4 und 5 EStG regeln die Abschreibung
bei Gebäuden „abweichend von Absatz 1“
(§ 7 Abs. 4 Satz 1 EStG). Ein Rückgriff auf Absatz 1 der
Vorschrift ist damit bei Gebäuden ausgeschlossen. Bei
Gebäuden ist die Abschreibung nach der tatsächlichen
Nutzungsdauer nicht der Grundfall, sondern die Ausnahme. § 7
Abs. 4 Satz 1 und Abs. 5 EStG typisieren die Nutzungsdauer des
Gebäudes; das ist seit 1964 der Normalfall. Die in § 7
Abs. 4 Satz 2 EStG davon vorgesehene Abweichung ist die Ausnahme
und zudem nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift nur
„anstelle der Absetzungen nach Satz 1“
zulässig.
|
|
|
19
|
3. Nachträgliche Herstellungskosten sind
bei der degressiven AfA gemäß § 7 Abs. 5 EStG ab
dem Jahr ihres Anfalls zusammen mit den bisherigen
Erstellungskosten des Gebäudes nach dem für diese
geltenden Prozentsatz abzusetzen (BFH-Urteil vom 20.1.1987 IX R
103/83, BFHE 149, 448, BStBl II 1987, 491 = SIS 87 13 10). Daran
hält der Senat fest. Wie mit dem nicht abgeschriebenen
Restwert zu verfahren ist, der nach Ablauf der in § 7 Abs. 5
EStG auf 50 Jahre angelegten Staffel bei nachträglichen
Herstellungskosten verbleibt, bedarf im Streitjahr keiner
Entscheidung.
|
|
|
20
|
4. Nach diesen Maßstäben hält
das angefochtene Urteil der Revision stand. Das FG ist deshalb der
Behauptung des Klägers, die bestehenden Gebäude
hätten im Streitjahr nur noch eine restliche Nutzungsdauer von
10 Jahren gehabt, zu Recht nicht nachgegangen.
|
|
|
21
|
5. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 2 FGO.
|