Auf die Revision der Klägerin wird das
Urteil des Finanzgerichts Münster vom 16.9.2015 7 K 781/14 AO
aufgehoben.
Die Sache wird an das Finanzgericht
Münster zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die
Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.
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I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) verwaltet und betreibt als
Registrierungsstelle Internet-Domains und nimmt damit
zusammenhängende Aufgaben, wie z.B. die Unterhaltung der
Anlagen, die Beratung und Schulung der Mitglieder, die Betreuung
und Information der Inhaber registrierter Domains und die
Wahrnehmung der Interessen der gesamten deutschen
Internetgemeinschaft, wahr. Wer eine Domain registrieren lassen
will, kann sich direkt an die Klägerin oder an jeden Provider
aus der Liste der Mitglieder der Klägerin wenden und bei
diesem die Registrierung in Auftrag geben. Unabhängig von der
Entscheidung für einen bestimmten Provider erfolgt die
Domainregistrierung durch die Klägerin selbst. Daher besteht
neben dem Vertragsverhältnis mit einem Provider in jedem Fall
auch ein Vertragsverhältnis mit der Klägerin. Mit
Abschluss des Registrierungsvertrags erhält der Anmelder einen
Anspruch auf Registrierung nach Maßgabe der Domainbedingungen
und der Domainrichtlinien der Klägerin. Dieser Anspruch ist
gerichtet auf die Eintragung der Domain in das Register der
Klägerin und die Nameserver. Daneben bestehen weitere
Ansprüche des Domaininhabers wie z.B. Ansprüche auf
Anpassung des Registers an veränderte persönliche Daten
oder ihre Zuordnung zu einem anderen Rechner durch Änderung
der Internet-Protocol (IP) - Nummer.
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Aufgrund rückständiger Steuern
und steuerlicher Nebenleistungen des Vollstreckungsschuldners P.,
der einen Online-Shop mit Unterhaltungselektronik betreibt,
erließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA
- ) eine Pfändungsverfügung gegenüber der
Klägerin als Drittschuldnerin. Darin pfändete das FA den
Anspruch des Vollstreckungsschuldners auf Aufrechterhaltung der
Registrierung ... als Hauptanspruch aus dem mit der Klägerin
geschlossenen Registrierungsvertrag und alle weiteren sich aus dem
Vertragsverhältnis ergebenden Nebenansprüche. Einspruch
und Klage hatten keinen Erfolg (EFG 2015, 2028 = SIS 15 27 55). Das
Finanzgericht (FG) urteilte, bei den Ansprüchen des
Vollstreckungsschuldners, dem Inhaber einer Internet-Domain, aus
dem Domainvertrag handele es sich um andere Vermögensrechte
i.S. des § 321 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) und
Vermögensrechte i.S. des § 857 Abs. 1 der
Zivilprozessordnung (ZPO). Nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs - BGH - (Beschluss vom 5.7.2005 VII ZB 5/05, NJW
2005, 3353) sei der Gegenstand einer Pfändung in eine
Internet-Domain nicht die Internet-Domain selbst, die lediglich
eine technische Adresse im Internet darstelle, sondern die
Gesamtheit der schuldrechtlichen Ansprüche, die dem Inhaber
der Domain gegenüber der Vergabestelle aus dem der
Domainregistrierung zugrunde liegenden Vertragsverhältnis
zustünden. Nach der Eintragung der Domain in das Register und
den Nameserver schulde die Klägerin aufgrund des bestehenden
Dauerschuldverhältnisses dem jeweiligen Anmelder die
Aufrechterhaltung der Eintragung im Nameserver als Voraussetzung
für den Fortbestand der Konnektierung. Daneben bestünden
weitere Ansprüche, wie z.B. Ansprüche auf Anpassung des
Registers an veränderte persönliche Daten oder ihre
Zuordnung zu einem anderen Rechner durch Änderung der
IP-Nummer. Daraus ergebe sich zugleich, dass die Klägerin als
Drittschuldner nach § 316 AO anzusehen sei, denn der weit
auszulegende Drittschuldnerbegriff erfasse jeden, dessen
Rechtsstellung von der Pfändung berührt werde.
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Mit ihrer Revision macht die Klägerin
geltend, sie sei entgegen der Auffassung des FG nicht
Drittschuldner. Die weite Auslegung des Drittschuldnerbegriffs
durch das FG widerspreche der überwiegenden Auffassung. In der
Praxis gebe es mit einer Domainpfändung vergleichbare
Konstellationen, bei denen der jeweilige Vertragspartner nicht als
Drittschuldner zu qualifizieren sei. Nach einhelliger Ansicht sei
das Deutsche Patent- und Markenamt bei einer Markenpfändung
nicht Drittschuldner. Für die Geltendmachung der
gepfändeten Ansprüche aus dem Domainvertrag sei keine
Leistung ihrerseits erforderlich. Zudem sei ihre Rechtsstellung
durch die Pfändung nicht „sonstwie“ berührt.
Die Pfändung und die Verstrickung der gepfändeten
Forderung seien für ihre Rechtsstellung ohne Bedeutung. Selbst
wenn sie als Drittschuldner angesehen werden könne, sei ihre
Einbeziehung in das Vollstreckungsverfahren weder erforderlich noch
sinnvoll, denn sie könne die gepfändeten Ansprüche
nicht durch Erfüllung zum Erlöschen bringen; zudem
führe das Arrestatorium zu einer zwangsweisen Dekonnektierung
der Domain. Schließlich bedürfe es aufgrund der
Möglichkeit einer sog. Whois-Abfrage, die eine
Wissenserklärung nach § 316 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO
ersetzen könne, keines Schutzes des
Informationsbedürfnisses des FA. Das Bundesverfassungsgericht
(BVerfG) habe in seinem Beschluss vom 11.7.2014 2 BvR 2116/11 (NJW
2014, 3213) klargestellt, dass die Drittschuldnerschaft und das
Arrestatorium nicht dem Zweck dienten, den Status quo einzufrieren
und eine Übertragung oder Löschung der Domain zu
verhindern. Die einzige Frage, die sie beantworten könne, sei
die Frage gemäß § 316 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO, ob
die gepfändeten domainvertraglichen Ansprüche anderweitig
gepfändet seien. Aus dieser Möglichkeit könne jedoch
eine Drittschuldnerschaft nicht abgeleitet werden. Entgegen der
Ansicht des FG habe der BGH in seiner Entscheidung in NJW 2005,
3353 die Drittschuldnereigenschaft offen gelassen. Das Amtsgericht
(AG) Frankfurt am Main habe mit Urteilen vom 26.1.2009 32 C 1317/08
- 22, 32 C 1317/08 (MultiMedia und Recht - MMR - 2009, 709) und vom
22.10.2010 32 C 682/10-18 entschieden, dass sie (die Klägerin)
bei Domainpfändungen nicht Drittschuldner und der Erlass eines
Arrestatoriums sinnlos sei. Weitere Entscheidungen, die eine
Drittschuldnereigenschaft bestätigten, gebe es nicht.
Darüber hinaus verstoße das Arrestatorium, das nach
Ansicht des FG insbesondere eine Kündigung des Domainvertrags
und eine Löschung der Domain aus der Registrierungsdatenbank
verhindern solle, gegen das Bestimmtheitsgebot. Im Übrigen
habe es einen unzulässigen Inhalt. Eine spätere
Löschung der Domain sei zudem unbeachtlich, da Gegenstand der
Pfändung die vertraglichen Ansprüche seien, die mit einer
Kündigung untergingen.
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Mit Schriftsatz vom 8.6.2016 hat die
Klägerin bestätigt, dass die streitgegenständliche
Domain nicht mehr registriert sei, weil sie inzwischen den mit dem
bisherigen Domaininhaber bestehenden Domainvertrag aufgrund einer
falschen Adresse fristlos gekündigt und die Domain am
17.3.2014 gelöscht habe. Inzwischen sei die Domain frei und
seit dem 27.11.2014 unregistriert.
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Das FA hat auf die Löschung der
streitgegenständlichen Internet-Domain hingewiesen und
lediglich um Hinweise zum weiteren Fortgang des Rechtsstreits
gebeten.
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II. Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und
Zurückverweisung an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
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Das FG hat allerdings zu Recht entschieden,
dass eine Internet-Domain als eine Gesamtheit schuldrechtlicher
Ansprüche, die dem Inhaber der Domain gegenüber der
Vergabestelle aus dem Registrierungsvertrag zustehen, Gegenstand
einer Pfändung i.S. des § 321 Abs. 1 AO sein kann und
dass der Klägerin als Registrierungsstelle die Stellung eines
Drittschuldners zukommt, der nach § 316 Abs. 1 AO
erklärungs- und auskunftspflichtig ist.
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1. Dadurch, dass die Klägerin den
Domainvertrag mit dem bisherigen Domaininhaber gekündigt und
die Domain inzwischen gelöscht hat, ist keine Erledigung der
Hauptsache nach § 138 Abs. 1 FGO eingetreten. Nach wie vor
bestehen aufgrund der nicht aufgehobenen
Pfändungsverfügung Erklärungs- und
Auskunftspflichten nach § 316 Abs. 1 AO. Denn diese Pflichten
des Drittschuldners werden durch die Zustellung einer wirksamen
Pfändungsverfügung nach § 309 Abs. 1 AO
begründet, ohne dass es darauf ankommt, ob die Forderung bzw.
andere Vermögensrechte tatsächlich bestehen (Senatsurteil
vom 24.7.1984 VII R 135/83, BFHE 141, 482, BStBl II 1984, 740 = SIS 85 01 33). Für den Erlass einer Pfändungsverfügung
ist lediglich das Bestreben der Vollstreckungsbehörde
maßgebend, die Pfändung einer Forderung unabhängig
davon zu bewirken, ob dieses Ziel auch tatsächlich erreicht
werden kann, worauf der Wortlaut des § 309 Abs. 1 AO
hindeutet, nach dem das Ziel darin besteht, dass eine Forderung
gepfändet werden „soll“. Darüber
hinaus ist zu berücksichtigen, dass bis zur Aufhebung der
Pfändungsverfügung verbotswidrige Verfügungen nach
den §§ 135, 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs
gegenüber dem Gläubiger unwirksam sind (Stöber,
Forderungspfändung, 16. Aufl., Rz 565;
Wieczorek/Schütze/Lüke, 4. Aufl., § 829 ZPO Rz 76).
Dem Pfandgläubiger gegenüber gilt die gepfändete
Forderung noch als bestehend (BGH-Urteil vom 22.12.1971 VIII ZR
162/70, BGHZ 58, 25). Bei einem Verstoß gegen das
Arrestatorium kann sich der Drittschuldner folglich nicht darauf
berufen, dass die Forderung erloschen ist (Stein/Jonas/Brehm, ZPO,
22. Aufl., § 829 Rz 106, 108).
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2. Der erkennende Senat schließt sich
der Auffassung des BGH (Beschluss in NJW 2005, 3353) und der
Vorinstanz an, nach der eine Internet-Domain an sich zwar kein
absolutes pfändbares Recht ist, aber die Gesamtheit der
zwischen dem Inhaber der Internet-Domain und der jeweiligen
Vergabestelle bestehenden schuldrechtlichen Ansprüche als
Vermögensrecht i.S. des § 857 Abs. 1 ZPO und § 321
Abs. 1 AO Gegenstand einer Pfändung sein kann. Bei diesen
Ansprüchen handelt es sich nach der Eintragung der Domain in
das Register und den Nameserver um Ansprüche auf dauerhafte
Aufrechterhaltung dieser Eintragung als Voraussetzung für die
Konnektierung, auf Anpassung des Registers an veränderte
persönliche Daten oder ihre Zuordnung zu einem anderen Rechner
durch Änderung der IP-Nummer oder auf Berichtigung, wenn ein
Dritter in der sog. „Whois-Datenbank“ zu Unrecht
als Inhaber des Domainnamens geführt wird (BGH-Urteil vom
18.1.2012 I ZR 187/10, BGHZ 192, 204). Zudem kann sich jeder
Namensträger die Priorität für einen aus dem
bürgerlichen Namen gebildeten Domainnamen durch einen
Dispute-Eintrag bei der Klägerin sichern (BGH-Urteil vom
24.3.2016 I ZR 185/14, MMR 2017, 29). Die dem Inhaber der
Internet-Domain aus dem Registrierungsvertrag zustehenden
Ansprüche lassen sich auch verwerten, z.B. durch
Überweisung an Zahlungs statt zu einem Schätzwert
(BGH-Beschluss in NJW 2005, 3353), durch öffentliche
Versteigerung (Beschluss des AG Bad Berleburg vom 16.5.2001 6 M
576/00, Rechtspfleger 2001, 560), durch freihändige
Veräußerung oder durch entgeltliche Überlassung der
Ausübung (Stöber, a.a.O., Rz 1645b).
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3. Zu Recht hat das FG die Klägerin als
Drittschuldner und damit als nach § 316 Abs. 1 AO
auskunftspflichtig angesehen.
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a) Drittschuldner i.S. des § 857 ZPO
können nach der Rechtsprechung des BGH nicht nur Schuldner von
Ansprüchen im technischen Sinne, sondern auch Inhaber von
Rechten, die von der Pfändung berührt werden, sowie
Personen sein, die an dem gepfändeten Recht außer dem
Vollstreckungsschuldner irgendwie beteiligt sind (BGH-Beschluss vom
18.12.1967 V ZB 6/67, BGHZ 49, 197, m.w.N.;
Zöller/Stöber, ZPO, 31. Aufl., § 857 Rz 4). Für
die Eigenschaft einer Person als Drittschuldner reicht es demnach
aus, dass deren Rechtsstellung von der Pfändung betroffen ist
oder dass ihre Leistung zur Ausübung eines gepfändeten
Rechts erforderlich ist (Stöber, a.a.O., Rz 8).
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b) Unter Berücksichtigung dieser
Grundsätze, die auf die §§ 309 ff. AO
übertragen werden können, ist im Streitfall davon
auszugehen, dass die Klägerin Drittschuldner ist. Denn die
Pfändung der dem Domaininhaber nach dem Registrierungsvertrag
zustehenden Rechte greift unmittelbar in das bestehende
Vertragsverhältnis ein und betrifft somit die Rechtsstellung
der Klägerin.
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aa) Der mit dem jeweiligen Domaininhaber
abgeschlossene Registrierungsvertrag begründet für die
Klägerin umfassende Rechte und Pflichten. Ohne die Leistungen
der Klägerin - insbesondere die Aufrechterhaltung und Pflege
der Konnektierung - kann eine Internet-Domain nicht betrieben
werden. Darüber hinaus ist die Klägerin zu anderen
Leistungen verpflichtet, die sich auf den Gegenstand der
Pfändung beziehen. Nach § 1 Abs. 4 der Domainbedingungen
kann der Domaininhaber jederzeit die Verwaltung der Domain
ändern und einen Providerwechsel vornehmen. Wird ein
entsprechender Auftrag - unter Angabe des hierzu erforderlichen
Passworts - erteilt, hat die Klägerin eine Überleitung
vorzunehmen. Zudem ist die Domain nach § 6 der
Domainbedingungen grundsätzlich übertragbar. Im Fall
einer Kündigung des Domainvertrags hat die Klägerin die
Domain für den künftigen Domaininhaber zu registrieren;
insoweit ist sie zur Mitwirkung verpflichtet. Unter diesen
Umständen ist davon auszugehen, dass die Klägerin an dem
gepfändeten Recht beteiligt ist.
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bb) Zudem ist zu berücksichtigen, dass
sowohl ein Wechsel in der Verwaltung der Domain als auch ihre
Löschung bzw. Übertragung auf einen neuen Inhaber mit
einer Änderung der tatsächlichen und rechtlichen
Verhältnisse verbunden ist, die zu einer Beeinträchtigung
der Gesamtheit der dem Domaininhaber im Zeitpunkt der Pfändung
zustehenden Ansprüche führen kann. Solchen
Änderungen will das mit der Pfändungsverfügung
verbundene Arrestatorium entgegenwirken. Dessen Sinn und Zweck
sprechen dafür, die Klägerin als Drittschuldner
anzusehen. Auch das BVerfG hält es für möglich, dass
sich aus § 829 Abs. 1 Satz 1 ZPO ein Verbot an den
Drittschuldner ergeben kann, eine Umregistrierung aufgrund einer
Veräußerung der Domain durch den Schuldner vorzunehmen
(BVerfG-Beschluss in NJW 2014, 3213).
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In diesem Zusammenhang kann der Revision nicht
darin gefolgt werden, dass sich eine entsprechende Anwendung des
§ 309 Abs. 1 AO und die Befolgung des Leistungsverbots durch
den Drittschuldner bei einer Domainpfändung in einer
Dekonnektierung erschöpfen müssten. Bei der Pfändung
von Geldforderungen soll das Drittschuldnerverbot die Zahlung an
den Schuldner und damit ein Erlöschen der Forderung
verhindern. Bei anderen Vermögenswerten i.S. des § 321
Abs. 1 AO, bei denen die Vollstreckung in entsprechender Anwendung
der §§ 309 ff. AO durchzuführen ist, ist das
Zahlungsverbot dahin zu deuten, dass dem Drittschuldner Handlungen
untersagt werden, die zu einer Rechtsbeeinträchtigung
führen. Eine Übertragung des Zahlungsverbots auf den Fall
der Pfändung einer Domain kann jedoch nicht dazu führen,
dass der Registrierungsstelle aufgegeben wird, die
Leistungserbringung in Form der Konnektierung zu beenden und damit
Rechte aus dem Registrierungsvertrag zum Erlöschen zu bringen
bzw. zu entwerten. Denn eine Dekonnektierung könnte dazu
führen, dass aufgrund der unterbundenen
Zugriffsmöglichkeit der - auch für den Wert einer
Internet-Domain bedeutsame - Rang in Suchmaschinen verschlechtert
wird. Nach dem Sinn und Zweck des § 309 Abs. 1 AO kann sich
das Arrestatorium bei der Pfändung der schuldrechtlichen
Ansprüche aus einem Domainvertrag nur auf die Unterlassung
solcher Handlungen beziehen wie z.B. die Löschung oder die
Beendigung der Konnektierung und Übertragung der Domain auf
einen Dritten, die dazu führen, dass Ansprüche des
Schuldners - insbesondere die Ansprüche auf Aufrechterhaltung
der Registrierung sowie auf Umregistrierung (vgl. BGH-Beschluss in
NJW 2005, 3353) - in einer Weise verändert werden, die den
Gegenstand der Pfändung beeinträchtigen bzw. dessen
Verwertung erschweren oder unmöglich machen. Dementsprechend
bleibt die Klägerin auch nach der Pfändung zur
Aufrechterhaltung der Konnektierung - nunmehr gegenüber dem FA
- verpflichtet. Es begegnet daher keinen Bedenken, die
Klägerin als Drittschuldner anzusehen (vgl. auch Urteil des
Verwaltungsgerichts Dresden vom 12.4.2016 2 K 5/15; a.A. Urteil des
AG Frankfurt am Main in MMR 2009, 709).
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4. Entgegen der Auffassung der Klägerin
ist ihre Einbeziehung in das Vollstreckungsverfahren nicht deshalb
entbehrlich, weil das FA sich mit einer sog. Whois-Abfrage ohne
Weiteres die Informationen selbst verschaffen könnte, die es
von der Klägerin nach § 316 Abs. 1 AO verlangt. Denn in
der Whois-Abfrage werden nach § 8 der Domainbedingungen
lediglich die Namen, Anschriften, Telefonnummern, Telefaxnummern
sowie E-Mail-Adressen der Domaininhaber veröffentlicht. Keine
Auskunft gibt die Abfrage darüber, ob Ansprüche aus dem
Registrierungsvertrag bereits für andere Gläubiger
gepfändet worden sind. Zu einer solchen Auskunft ist der
Drittschuldner jedoch nach § 316 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO
verpflichtet. Lediglich wenn ein Dritter Tatsachen glaubhaft macht,
die dafür sprechen, dass ihm ein Recht an der Domain zukommt
oder sie seine Rechte verletzt, kann die Domain nach § 2 Abs.
3 der Domainbedingungen mit einem Dispute-Eintrag versehen werden,
der einer Übertragung der Domain entgegensteht.
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5. Das mit der Pfändungsverfügung
angeordnete Arrestatorium verstößt weder gegen das
Bestimmtheitsgebot des § 119 Abs. 1 AO noch hat es einen
unzulässigen Inhalt.
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Ausweislich der Pfändungsverfügung
hat das FA den Anspruch auf Aufrechterhaltung der Registrierung der
Domain als Hauptanspruch aus dem mit der Klägerin
geschlossenen Registrierungsvertrag und alle weiteren sich aus dem
Vertragsverhältnis ergebenden Nebenansprüche
gepfändet. Offensichtlich hat das FA den Inhalt der
Pfändungsverfügung an der Entscheidung des BGH in NJW
2005, 3353 ausgerichtet. Soweit die Ansprüche, Forderungen und
Rechte gepfändet sind, wurde der Klägerin untersagt, an
den Vollstreckungsschuldner zu leisten. Da es sich im Streitfall
nicht um die Pfändung einer Geldforderung handelt, bedarf es
keiner näheren Erläuterung, dass die Anordnung eines in
§ 309 Abs. 1 AO vorgesehenen Zahlungsverbots keinen Sinn
gemacht hätte. An die Stelle des Zahlungsverbots hat das FA
ein modifiziertes Leistungsverbot gesetzt. In der Begründung
der Einspruchsentscheidung, die zur Auslegung der
Pfändungsverfügung herangezogen werden kann, hat es den
Umfang des Arrestatoriums näher umschrieben und als Leistungen
der Klägerin u.a. die Aufrechterhaltung der Eintragung im
Nameserver als Voraussetzung für den Fortbestand der
Konnektierung, die Anpassung des Registers an veränderte
persönliche Daten oder die Zuordnung zu einem anderen Rechner
bezeichnet, wobei eine Dekonnektierung ausdrücklich
ausgenommen wurde. Mit diesen Ausführungen hat das FA dem
Bestimmtheitsgebot Genüge getan, denn für die
Klägerin war ersichtlich, was von ihr verlangt wurde.
Insbesondere wurden ihr die Mitwirkung an einer Übertragung
der Domain auf einen neuen Inhaber und eine Löschung der
Domain untersagt.
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Entgegen der Auffassung der Revision erfasst
das dem Bestimmtheitsgebot entsprechende Leistungsverbot somit
Handlungs- bzw. Mitwirkungspflichten der Klägerin. Wie bereits
ausgeführt, hat auch das BVerfG in seiner Entscheidung in NJW
2014, 3213 zum Ausdruck gebracht, dass als - nach § 857 Abs. 1
ZPO - zu unterlassende Leistung die notwendige Mitwirkung an einer
verbotswidrigen Verfügung des Schuldners, wie eine
Umregistrierung aufgrund einer Veräußerung der Domain
durch den Schuldner, in Betracht kommt.
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6. Die Pfändung des Anspruchs auf
Aufrechterhaltung der Registrierung ... als Hauptanspruch und aller
weiteren sich aus dem Registrierungsvertrag ergebenden
Nebenansprüche könnte sich jedoch unter
Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten als
rechtswidrig erweisen.
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Nach § 281 Abs. 3 AO hat die
Pfändung zu unterbleiben, wenn die Verwertung der
pfändbaren Gegenstände einen Überschuss über
die Kosten der Vollstreckung nicht erwarten lässt. Dieser
Regelung ist - als Ausprägung des
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes - ein Verbot der
zwecklosen Pfändung zu entnehmen. Nach ständiger
Rechtsprechung des erkennenden Senats muss die
Vollstreckungsbehörde bei Erlass von
Vollstreckungsmaßnahmen den
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beachten
(Senatsentscheidungen vom 18.7.2000 VII R 101/98, BFHE 192, 232,
BStBl II 2001, 5 = SIS 00 14 33; vom 24.9.1991 VII R 34/90, BFHE
165, 477, BStBl II 1992, 57 = SIS 92 07 63, und vom 11.12.1990 VII
B 94/90, BFH/NV 1991, 787). Bei rechtmäßiger
Ermessensausübung darf die Vollstreckungsbehörde eine
Pfändungsmaßnahme nur erlassen, wenn sie aufgrund
allgemeiner Erfahrungssätze oder sogar aufgrund konkreter
Anhaltspunkte davon ausgehen kann, dass der Vollstreckungsschuldner
möglicherweise Forderungen gegen den Drittschuldner hat
(Senatsurteil in BFHE 192, 232, BStBl II 2001, 5 = SIS 00 14 33).
Dabei muss der Zugriff auf die Vermögenswerte des
Vollstreckungsschuldners nicht nur rechtlich zulässig, sondern
auch wirtschaftlich sinnvoll sein (BGH-Beschluss in NJW 2005,
3353). Unter Beachtung des schutzwürdigen Interesses des
Vollstreckungsschuldners muss hinreichender Anlass für die
Annahme bestehen, dass die Pfändung zu dem Erfolg der
Befriedigung der Forderungen der Behörde führen
könnte (Müller-Eiselt in Hübschmann/Hepp/Spitaler,
§ 281 AO Rz 30; Zeller-Müller in Beermann/Gosch, AO,
§ 281 Rz 28), so dass sich eine Pfändung in das
bewegliche Vermögen als unzulässig erweist, wenn die
gepfändeten Gegenstände oder die gepfändeten anderen
Vermögensrechte (§ 321 AO) wertlos bzw.
unverkäuflich sind (Kruse in Tipke/Kruse, Abgabenordnung,
Finanzgerichtsordnung, § 281 AO Rz 14, m.w.N.).
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Ausweislich der streitgegenständlichen
Pfändungsverfügung betrugen die vom
Vollstreckungsschuldner geschuldeten Abgaben 89.079,10 EUR. Es ist
nicht ohne Weiteres erkennbar, dass die Verwertung der von der
Klägerin registrierten Internet-Domain ... bzw. der sich aus
dem Registrierungsvertrag ergebenden Haupt- und Nebenansprüche
zu einer auch nur teilweisen Befriedigung der Forderungen des FA
hätte führen können. Das FA hat den Wert bzw. die
Verwertbarkeit der von ihm gepfändeten Ansprüche in
seinem schriftsätzlichen Vorbringen nicht dargelegt. Auch in
der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter des FA
diesbezüglich keine konkreten Angaben machen können. Da
das FG keine Feststellungen zum Wert dieser Ansprüche
getroffen hat, ist der erkennende Senat an einer Entscheidung
gehindert, so dass die Sache an das FG zurückzuverweisen ist.
Im zweiten Rechtsgang hat das FG solche Feststellungen nachzuholen
und unter Beachtung der dargestellten Grundsätze darüber
zu entscheiden, ob sich die Pfändung unter den besonderen
Umständen des Streitfalls unter dem Gesichtspunkt des Verbots
der nutzlosen Pfändung als unzulässig erweist.
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7. Die Kostenentscheidung beruht auf §
143 Abs. 2 FGO.
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