Die Revision der Klägerin gegen das
Urteil des Finanzgerichts Münster vom 20.2.2014 8 K 1727/11
GrE = SIS 14 12 63 wird als unbegründet
zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu
tragen.
1
|
I. Die Eltern der Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) übertrugen mit
notariell beurkundetem Vertrag vom 28.12.1998 im Wege der
vorweggenommenen Erbfolge ihren landwirtschaftlichen Hof i.S. des
§ 1 der Höfeordnung (HöfeO) auf den Bruder (B) der
Klägerin. Die Klägerin erklärte sich gegen Zahlung
von 16.000 DM nach § 12 HöfeO für abgefunden.
Darüber hinaus verzichtete sie auch auf Ansprüche auf
Ergänzung der Abfindung nach § 13 HöfeO für den
Fall, dass B beim Verkauf landwirtschaftlicher Grundstücke mit
dem Erlös landwirtschaftliche Ersatzflächen erwerben
sollte.
|
|
|
2
|
Mit notarieller Urkunde vom 26.3.2004
vereinbarten die Klägerin und B die abschließende
Regelung eines etwaigen Nachabfindungsanspruchs nach § 13
HöfeO. Der Klägerin wurde ein Anspruch auf
Übertragung eines Baugrundstücks mit einer Fläche
von 1.000 qm nach eigener Wahl eingeräumt, falls bestimmte zum
Hof gehörende Grundstücke oder Teile davon
Baulandqualität erhalten sollten. Sie erklärte, dass sie
mit Erhalt des Baugrundstücks auf sämtliche weiteren
Ansprüche gemäß § 13 HöfeO gegenüber
B verzichte. Dieser nahm den Verzicht an.
|
|
|
3
|
B übertrug mit notariell beurkundetem
Vertrag vom 29.6.2006 eine noch zu vermessende Teilfläche von
1.000 qm aus einem zum Hof gehörenden Grundstück, das im
Gebiet eines beabsichtigten Bebauungsplans lag, auf die
Klägerin. Die Vertragsbeteiligten waren sich darüber
einig, dass der Klägerin ein Anspruch auf Übertragung von
1.000 qm zusammenhängendem Bauland zusteht. Der Wert der
Teilfläche wurde für die Kosten mit 40.900 EUR
angegeben.
|
|
|
4
|
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA -) setzte für den Erwerb der
Grundstücksteilfläche aufgrund des Vertrags vom 29.6.2006
ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von 40.900 EUR mit Bescheid
vom 4.8.2006 gegen die Klägerin Grunderwerbsteuer von 1.431
EUR unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest. Am 20.5.2010
erging ein geänderter Steuerbescheid, in dem die
Grunderwerbsteuer auf 4.375 EUR erhöht wurde.
Bemessungsgrundlage war der Abfindungsanspruch der Klägerin,
der mit dem geschätzten Verkehrswert der
Grundstücksteilfläche von 125.000 EUR angesetzt
wurde.
|
|
|
5
|
Mit dem Einspruch machte die Klägerin
geltend, dass sie mit der Übertragung der
Grundstücksteilfläche auf ihren Pflichtteil verzichtet
habe und der Erwerb daher nach § 3 Nr. 2 Satz 1 des
Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) i.V.m. § 3 Abs. 2 Nr. 4 des
Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der für 2006
maßgebenden Fassung (ErbStG) von der Grunderwerbsteuer
befreit sei. Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Das FA ging davon
aus, dass der Abfindungsanspruch nach § 13 HöfeO ein
Geldanspruch und die zur Erfüllung dieses Anspruchs erfolgte
Übertragung der Grundstücksteilfläche ein nicht
steuerbefreiter Vorgang sei.
|
|
|
6
|
Die Klage hatte ebenfalls keinen Erfolg.
Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in EFG 2014, 949 = SIS 14 12 63 veröffentlicht.
|
|
|
7
|
Mit der Revision rügt die
Klägerin die Verletzung von § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG und
§ 7 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG.
|
|
|
8
|
Die Klägerin beantragt
sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und den
Steuerbescheid vom 20.5.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung
vom 6.5.2011 dahin zu ändern, dass die Grunderwerbsteuer auf 0
EUR festgesetzt wird.
|
|
|
9
|
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
|
|
|
10
|
II. Die Revision ist unbegründet und war
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat zutreffend erkannt,
dass der Erwerb der Grundstücksteilfläche durch die
Klägerin nicht von der Grunderwerbsteuer befreit ist.
|
|
|
11
|
1. Die Übertragung der Teilfläche
des Grundstücks aufgrund des Vertrags vom 29.6.2006
erfüllt den Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG.
|
|
|
12
|
a) Der Grunderwerbsteuer unterliegt nach
§ 1 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG die Auflassung, wenn kein
Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, das den Anspruch auf
Übereignung begründet. Ein der Grunderwerbsteuer nach
§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG unterliegender Anspruch auf
Übereignung eines bürgerlich-rechtlich noch zu bildenden
Grundstücks setzt voraus, dass die Fläche (Grenze) des
künftigen Grundstücks hinreichend bestimmt ist (vgl.
Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 17.10.1990 II R 42/88, BFHE
162, 478, BStBl II 1991, 144 = SIS 91 03 13). Die hinreichende
Bestimmtheit des künftigen Grundstücks muss sich aus dem
die Steuer möglicherweise auslösenden Rechtsvorgang
selbst ergeben; eine Konkretisierung erst in Zukunft durch
Vereinbarung der Vertragsbeteiligten, durch den Schuldner oder
durch einen Dritten ist nicht ausreichend (vgl. BFH-Urteil in BFHE
162, 478, BStBl II 1991, 144 = SIS 91 03 13).
|
|
|
13
|
b) Die noch zu vermessende Teilfläche von
1.000 qm wurde der Klägerin mit Vertrag vom 29.6.2006
übertragen. Durch den vorhergehenden Vertrag vom 26.3.2004
wurde noch kein der Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 1 Nr. 1
GrEStG unterliegender Vorgang verwirklicht. In diesem Vertrag wurde
zwar zivilrechtlich ein Anspruch der Klägerin auf
Übereignung eines Baugrundstücks von 1.000 qm nach
eigener Wahl begründet. Die Begründung eines Anspruchs
auf Übereignung eines noch nicht hinreichend konkretisierten
Grundstücks erfüllt aber nicht die Voraussetzungen eines
der Grunderwerbsteuer unterliegenden Rechtsvorgangs. In dem Vertrag
vom 26.3.2004 war weder ein bestimmtes Grundstück noch eine
konkrete Teilfläche aus einem bestimmten Grundstück
festgelegt. Die Klägerin hat vielmehr das ihr mit Vertrag vom
26.3.2004 eingeräumte Wahlrecht erst mit dem Vertrag vom
29.6.2006 ausgeübt.
|
|
|
14
|
2. Der Erwerb der Klägerin ist nicht nach
§ 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit.
Nach dieser Vorschrift sind der Grundstückserwerb von Todes
wegen und Grundstücksschenkungen unter Lebenden im Sinne des
ErbStG von der Besteuerung ausgenommen. Ein nach dieser Vorschrift
befreiter Erwerb der Klägerin liegt im Streitfall nicht
vor.
|
|
|
15
|
a) Die Klägerin hat die
Grundstücksteilfläche nicht i.S. von § 3 Nr. 2 Satz
1 GrEStG i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG von Todes wegen
erworben.
|
|
|
16
|
aa) Als Erwerb von Todes wegen gilt nach
§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG u.a. der Erwerb durch Erbanfall. Dazu
zählt beim Ableben eines Hofeigentümers auch der gegen
den Hoferben gerichtete Anspruch eines Miterben auf Ergänzung
der Abfindung nach § 13 HöfeO, der den Charakter eines
gesetzlichen Vermächtnisses hat (BFH-Urteile vom 28.7.1976 II
R 145/71, BFHE 120, 401, BStBl II 1977, 79 = SIS 77 00 50, und vom
29.7.1981 II R 113/79, nicht veröffentlicht).
|
|
|
17
|
Bei einer Übergabe des Hofes zu Lebzeiten
des Eigentümers unterliegt der
Abfindungsergänzungsanspruch nach § 13 HöfeO
ebenfalls als Erwerb durch Erbanfall nach § 3 Abs. 1 Nr. 1
ErbStG der Erbschaftsteuer. Übergibt der Eigentümer den
Hof im Wege der vorweggenommenen Hoferbfolge an einen
hoferbenberechtigten Abkömmling, so gilt zugunsten der anderen
Abkömmlinge der Erbfall hinsichtlich des Hofes mit dem
Zeitpunkt der Übertragung als eingetreten (§ 17 Abs. 2
HöfeO). Dadurch wird hinsichtlich des Hofes und der dazu
gehörenden Grundstücke (vgl. § 2 Buchst. a
HöfeO) ein Erbfall fingiert. Der Hofübernehmer ist als
Erbe anzusehen; er wird auch in § 17 Abs. 1 HöfeO als
Hoferbe bezeichnet. Die anderen Abkömmlinge des
Übergebers sind weichenden Miterben vergleichbar.
Vorbehaltlich anderweitiger Regelungen im Übergabevertrag
erhalten die anderen Abkömmlinge, die nicht Hoferben sind,
statt des Erbteils schuldrechtliche Abfindungsansprüche nach
§§ 12, 13 HöfeO (vgl. Beschluss des
Bundesgerichtshofs Senat für Landwirtschaftssachen - BGH - vom
24.4.1986 BLw 9/85, Neue Juristische
Wochenschrift-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht - NJW-RR - 1986,
1014; Beschluss des Oberlandesgerichts Celle Senat für
Landwirtschaftssachen vom 18.11.2013 7 W 64/13 (L), Recht der
Landwirtschaft 2014, 194, Rz 8).
|
|
|
18
|
bb) Der Anspruch auf Ergänzung der
Abfindung setzt nach § 13 Abs. 1 Satz 2 HöfeO voraus,
dass zum Hof gehörende Grundstücke einzeln oder
nacheinander veräußert werden und die dadurch erzielten
Erlöse insgesamt ein Zehntel des Hofeswertes übersteigen,
es sei denn, dass die Veräußerung zur Erhaltung des
Hofes erforderlich war. Der Anspruch gegen den Hoferben ist
aufschiebend bedingt und entsteht mit einer
Grundstücksveräußerung; er ist auf Zahlung eines
Geldbetrages gerichtet (§ 13 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1
HöfeO).
|
|
|
19
|
cc) Überträgt der Hoferbe nach einer
Hofübergabe im Wege der vorweggenommenen Erbfolge das Eigentum
an einem Hofgrundstück zur Abgeltung des
Abfindungsergänzungsanspruchs i.S. des § 13 Abs. 1 Satz 2
HöfeO auf einen anderen Abkömmling des
Hofübergebers, ist der Grundstückserwerb nicht nach
§ 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG
von der Grunderwerbsteuer befreit.
|
|
|
20
|
Der BFH hat bereits entschieden, dass ein
Grundstückserwerb zur Erfüllung eines auf Geld
gerichteten Pflichtteilsanspruchs oder
Pflichtteilsergänzungsanspruchs „an Erfüllung
statt“ nicht unter die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 2
Satz 1 GrEStG fällt (vgl. BFH-Urteil vom 10.7.2002 II R 11/01,
BFHE 199, 28, BStBl II 2002, 775 = SIS 02 87 44). Dies gilt
entsprechend auch für einen Grundstückserwerb, durch den
ein Abfindungsergänzungsanspruch nach einer Hofübergabe
aufgrund vorweggenommener Erbfolge abgegolten wird. Aufgrund der
Hofübergabe erwirbt der Abkömmling des
Hofübergebers, der den Hof nicht erhalten hat, nicht ein
Grundstück, sondern nur einen Geldanspruch gegen den Hoferben.
Die nachfolgende Erfüllungsabrede (Übertragung eines
Hofgrundstücks) zwischen dem Hoferben und dem anderen
Abkömmling des Hofübergebers bringt das
ursprüngliche Schuldverhältnis zwar zum Erlöschen,
verändert aber nicht den für die Erbschaftsteuer
maßgeblichen Inhalt (Erwerb eines Geldanspruchs).
|
|
|
21
|
dd) Insoweit liegt auch keine doppelte
Belastung eines Lebensvorgangs mit Grunderwerbsteuer und
Erbschaftsteuer vor, die nach dem Gesetzeszweck des § 3 Nr. 2
Satz 1 GrEStG vermieden werden soll (vgl. Oberfinanzdirektion - OFD
- Rheinland vom 5.7.2011 S 4505-1001-St 235,
Grunderwerbsteuer-Kartei - GrESt-Kartei - NW, § 3 GrEStG,
Karte 6). Der Erwerb des Abfindungsergänzungsanspruchs nach
§ 13 HöfeO, der der Erbschaftsteuer unterliegt, und der
Erwerb des Hofgrundstücks, der der Grunderwerbsteuer
unterliegt, sind vielmehr verschiedene Lebensvorgänge. Der
Erwerb des Abfindungsergänzungsanspruchs beruht auf der
Hofübergabe an den Hoferben. Das Grundstück wird dagegen
aufgrund des Überlassungsvertrags vom Hoferben erworben.
|
|
|
22
|
b) Der Erwerb der Klägerin wird nicht von
§ 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG i.V.m. § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG
erfasst.
|
|
|
23
|
aa) Nach § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG gilt als
vom Erblasser zugewendet, was als Abfindung für einen Verzicht
auf den entstandenen Pflichtteilsanspruch oder für die
Ausschlagung einer Erbschaft, eines Erbersatzanspruchs oder eines
Vermächtnisses gewährt wird.
|
|
|
24
|
bb) Die übertragene
Grundstücksteilfläche ist keine Abfindung für den
Verzicht der Klägerin auf einen entstandenen
Pflichtteilsanspruch.
|
|
|
25
|
Ein Anspruch auf den Pflichtteil entsteht mit
dem Erbfall, wenn ein Abkömmling des Erblassers durch
Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen
wurde (§ 2303 Abs. 1 i.V.m. § 2317 Abs. 1 des
Bürgerlichen Gesetzbuchs - BGB - ). Die Übergabe des
Hofes an den Hoferben im Wege der vorweggenommenen Erbfolge
führt nicht zu einer Enterbung der anderen Abkömmlinge
des Übergebers, wenn ihnen die gesetzlichen
Abfindungsansprüche zustehen (vgl. MünchKommBGB/Lange, 6.
Aufl., § 2303 Rz 18). Die anderen Abkömmlinge haben nach
§ 12 Abs. 1 und 2 HöfeO an Stelle des Anteils am Hof
einen Anspruch gegen den Hoferben auf Zahlung einer Abfindung in
Geld, die sich nach dem Hofeswert im Zeitpunkt des Erbfalls
bemisst. Der Hofeswert gebührt nach Abzug bestimmter
Verbindlichkeiten den Erben des Erblassers einschließlich des
Hoferben, falls er zu ihnen gehört, zu dem Teil, der ihrem
Anteil am Nachlass nach dem allgemeinen Recht entspricht (§ 12
Abs. 3 HöfeO). Daneben besteht der
Abfindungsergänzungsanspruch gemäß § 13
HöfeO. Erhalten die nicht als Hoferben berufenen
Abkömmlinge des Übergebers statt des Anteils am Hof einen
entsprechenden Anspruch auf Wertausgleich, steht ihnen ein
Pflichtteilsanspruch nicht zu (vgl. BGH-Beschluss in NJW-RR 1986,
1014).
|
|
|
26
|
Bei der Hofübergabe an B haben die
Hofübergeber die Abfindungsansprüche der Klägerin
nicht ausgeschlossen. Die Klägerin hat vielmehr
anlässlich der Hofübergabe an B eine Abfindung erhalten.
Auch der Erwerb der Grundstücksteilfläche beruhte nach
den vertraglichen Vereinbarungen ausdrücklich auf dem
Abfindungsergänzungsanspruch nach § 13 HöfeO. Den
Vereinbarungen vom 28.12.1998 und vom 26.3.2004 ist nicht zu
entnehmen, dass die Klägerin daneben einen
Pflichtteilsanspruch hatte und auf diesen verzichtet hat. Die in
diesen Verträgen von der Klägerin erklärten
Verzichte betreffen jeweils nur den
Abfindungsergänzungsanspruch nach § 13 HöfeO.
|
|
|
27
|
cc) Der Grundstückserwerb der
Klägerin ist auch nicht als Abfindung für die
Ausschlagung einer Erbschaft nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG
i.V.m. § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG steuerbefreit. Insoweit fehlt
es an einem Verzicht auf die Abfindungsansprüche nach
§§ 12, 13 HöfeO, der einer Ausschlagung einer
Erbschaft gleichzusetzen wäre.
|
|
|
28
|
§ 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG erfasst nur
Sachverhalte, in denen eine Erbschaft vollständig
ausgeschlagen wurde. Die Ausschlagung einer Erbschaft kann nicht
auf einen Teil der Erbschaft beschränkt werden; die
Ausschlagung eines Teils ist unwirksam (§ 1950 BGB). Eine
Anwendung des § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG kommt deshalb auch bei
einem fiktiven Erbfall i.S. von § 17 Abs. 2 HöfeO nicht
in Betracht, wenn ein Abkömmling des Hofübergebers, der
den Hof nicht erhält, nur zum Teil auf die ihm infolge der
Hofübergabe zustehenden Abfindungsansprüche
verzichtet.
|
|
|
29
|
Die Klägerin hat auf die
Abfindungsansprüche, die ihr wegen der Hofübergabe an B
zustanden, nicht gänzlich, sondern nur zum Teil verzichtet.
Sowohl ihr Abfindungsanspruch gemäß § 12 HöfeO
als auch ihr Abfindungsergänzungsanspruch gemäß
§ 13 Abs. 1 Satz 2 HöfeO, der auf der Ausweisung
bestimmter Hofgrundstücke als Bauland und dem von B
beabsichtigten Verkauf von Baugrundstücken beruhte, wurden
durch die Entrichtung eines Betrags von 16.000 DM bzw. die
Übereignung der Grundstücksteilfläche
erfüllt.
|
|
|
30
|
c) Die Übertragung der
Grundstücksteilfläche durch den Hoferben B auf die
Klägerin ist keine Grundstücksschenkung und damit nicht
nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG i.V.m. § 7 Abs. 1 Nr. 1
ErbStG steuerbefreit. B hat das Grundstück der Klägerin
nicht freigebig zugewendet, sondern zur Abgeltung des ihr nach
§ 13 Abs. 1 Satz 2 HöfeO zustehenden
Abfindungsergänzungsanspruchs und im Hinblick auf den von ihr
erklärten Verzicht auf weitere Ergänzungsansprüche
übertragen.
|
|
|
31
|
d) Eine Grundstücksschenkung i.S. des
§ 7 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG liegt ebenfalls nicht vor.
|
|
|
32
|
Nach dieser Vorschrift gilt als Schenkung
unter Lebenden, was als Abfindung für einen Erbverzicht
(§§ 2346 und 2352 BGB) gewährt wird. Der Erbverzicht
setzt jeweils einen Vertrag mit dem Erblasser voraus (§ 2346
Abs. 1 Satz 1 und § 2352 Satz 1 BGB). Verzichtet ein
Abkömmling des Hofübergebers im Nachgang zur
Hofübergabe gegenüber dem Hoferben ganz oder teilweise
auf Abfindungsergänzungsansprüche nach § 13
HöfeO, liegt ein von § 7 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG erfasster
Erbverzicht nicht vor. Es fehlt insoweit schon an einem Vertrag mit
dem Erblasser (Hofübergeber).
|
|
|
33
|
3. Für den Grundstückserwerb steht
der Klägerin keine Steuerbefreiung gemäß § 3
Nr. 3 Satz 1 GrEStG zu.
|
|
|
34
|
a) Nach § 3 Nr. 3 Satz 1 GrEStG ist der
Erwerb eines zum Nachlass gehörenden Grundstücks durch
Miterben zur Teilung des Nachlasses steuerfrei. Ein Grundstück
gehört, wenn der Erblasser mehrere Erben hinterlässt, nur
solange zum Nachlass, als es den Erben in dieser Eigenschaft in
gesamthänderischer Verbundenheit (vgl. § 2032 Abs. 1 BGB)
zusteht (vgl. BFH-Urteil vom 7.2.2001 II R 5/99, BFH/NV 2001, 938 =
SIS 01 66 56). Wird die gesamthänderische Bindung gelöst,
so verliert der Gegenstand seine Eigenschaft als Teil des
Nachlasses.
|
|
|
35
|
b) Überträgt der Hofübergeber
den Hof und die dazu gehörenden Grundstücke im Wege der
vorweggenommenen Erbfolge auf einen hoferbenberechtigten
Abkömmling, entsteht von vornherein keine
gesamthänderische Bindung in Bezug auf die übergebenen
Vermögensgegenstände, selbst wenn mehrere
Abkömmlinge vorhanden sind. Der Hofübernehmer wird
vielmehr aufgrund rechtsgeschäftlicher Übertragung
Alleineigentümer. Eine Auseinandersetzung über einzelne
Grundstücke ist nicht erforderlich. Überträgt der
Hofübernehmer - wie im Streitfall - nach dem Erwerb des Hofes
im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ein ihm allein
gehörendes Hofgrundstück zur Abgeltung von
Abfindungsansprüchen an einen anderen Abkömmling des
Hofübergebers, ist die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 3 Satz
1 GrEStG nicht anzuwenden (vgl. BFH-Urteile vom 5.3.1953 II 242/52
S, BFHE 57, 275, BStBl III 1953, 108, und vom 26.1.1971 II 86/65, BFHE 102, 123, BStBl II 1971,
462 = SIS 71 02 47; OFD Rheinland in
GrESt-Kartei NW § 3 GrEStG, Karte 6, Tz. 3.1.; a.A. OFD
Hannover vom 19.3.2008 S 4505-24-StO 261, GrESt-Kartei ND 1983
§ 3 GrEStG Karte 8, jeweils zu Grundstückserwerben nach
einem Hofübergang von Todes wegen).
|
|
|
36
|
4. Die Höhe der nach § 8 Abs. 1
GrEStG im Wege der Schätzung angesetzten Bemessungsgrundlage
ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat
insoweit auch keine Einwendungen vorgebracht.
|
|
|
37
|
5. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 2 FGO, die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung
auf § 121 Satz 1 i.V.m. § 90 Abs. 2 FGO.
|