Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil
des Finanzgerichts Düsseldorf vom 13.11.2013 4 K 788/13 Erb
aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Kläger zu
tragen.
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I. Der Kläger und Revisionsbeklagte
(Kläger) war Gesellschafter der Beigeladenen, einer
Wirtschaftsprüfungs-GmbH, die durch formwechselnde Umwandlung
der ... KG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (A-KG) mit Wirkung
zum 1.7.2000 entstanden war.
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Neben dem Gesellschaftsvertrag haben die
Gesellschafter der Beigeladenen einen Poolvertrag abgeschlossen,
der am 30.6.2004 zu notarieller Urkunde neu gefasst wurde.
Gegenstand des Poolvertrags ist die Regelung des Verhältnisses
der Gesellschafter der Beigeladenen untereinander und die
gemeinschaftliche Ausübung der Gesellschafterrechte in der
Beigeladenen.
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Der Poolvertrag hat mehrere Anlagen,
insbesondere verschiedene aufschiebend bedingte Kaufverträge
über die Geschäftsanteile, deren Anwendbarkeit jeweils
vom Grund des Ausscheidens aus der GmbH abhängt (Anlagen 8 bis
11 zum Poolvertrag), sowie einen Treuhandvertrag für den
Pooltreuhänder (Anlage 13 zum Poolvertrag). Darin ist u.a.
Folgendes vorgesehen:
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Die Gesellschafter halten jeweils einen
Geschäftsanteil im Nennbetrag von 50.000 EUR, den sie als
frühere Gesellschafter der A-KG bei deren Umwandlung in die
Beigeladene oder durch Kauf zum Nominalwert erworben haben. Einer
der Gesellschafter fungiert als Pooltreuhänder. Er hält
einen Geschäftsanteil im Nominalwert von 50.000 EUR im eigenen
Namen und zudem als fremdnütziger Treuhänder für
alle Gesellschafter den Geschäftsanteil, der nach Abzug der
von ihm im eigenen Namen und den übrigen Gesellschaftern
gehaltenen Geschäftsanteile vom Stammkapital der Beigeladenen
verbleibt. Wesentliche Aufgabe des Pooltreuhänders ist es
auch, Geschäftsanteile von jeweils 50.000 EUR zum Nominalwert
auf neu aufzunehmende Poolmitglieder zu übertragen und die
Geschäftsanteile ausscheidender Poolmitglieder für
sämtliche verbleibenden Poolmitglieder zu erwerben. Im
Außenverhältnis ist der Pooltreuhänder
Vollrechtsinhaber.
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Die Poolmitglieder scheiden spätestens
mit Erreichen einer bestimmten Altersgrenze aus der Beigeladenen
aus. Für den Fall des Ausscheidens enthält der
Poolvertrag als Anlagen je nach dem Grund des Ausscheidens
unterschiedliche, aufschiebend bedingte Kaufverträge zwischen
dem ausscheidenden Poolmitglied bzw. dessen Erben und dem
Pooltreuhänder. Beim Ausscheiden aus Altersgründen ist
der Kaufvertrag Typ A (Anlage 8 zum Poolvertrag) maßgebend.
Danach verkauft und überträgt der ausscheidende
Gesellschafter sowohl den von ihm direkt gehaltenen
Geschäftsanteil als auch die von ihm indirekt über den
Pooltreuhänder gehaltenen Geschäftsanteile an den
Pooltreuhänder. Der Pooltreuhänder hat an den
ausscheidenden Gesellschafter als Kaufpreis die Nominalwerte dieser
Geschäftsanteile zu zahlen. Diese Zahlungsverpflichtungen des
Pooltreuhänders bestehen allerdings nur dann und insoweit, als
ihm die hierfür erforderlichen Beträge von der
Beigeladenen zu Lasten der übrigen Poolmitglieder zur
Verfügung gestellt werden können.
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Gesellschafter der Beigeladenen war neben
dem Kläger u.a. X. X übertrug seinen Geschäftsanteil
aus Altersgründen auf der Grundlage des dem Poolvertrag als
Anlage beigefügten, aufschiebend bedingten Kaufvertrags zum
30.6.2005 gegen einen Kaufpreis von 50.000 EUR auf den
Pooltreuhänder.
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Der Beklagte und Revisionskläger (das
Finanzamt - FA - ) nahm an, dass die Übertragung des
Geschäftsanteils des X auf den Pooltreuhänder gegen
Zahlung eines Kaufpreises von 50.000 EUR nach § 7 Abs. 7 Satz
1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) bei der
Beigeladenen der Schenkungsteuer unterliege, und setzte
demgemäß durch Bescheid vom 25.11.2011 gegen die
Beigeladene Schenkungsteuer fest.
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Dagegen erhob die Beigeladene Einspruch.
Das FA zog den Kläger und die anderen am 30.6.2005 vorhandenen
Gesellschafter der Beigeladenen bzw. deren Erben gemäß
§ 174 Abs. 5 Satz 2 der Abgabenordnung (AO) zum
Einspruchsverfahren hinzu und ging in der Einspruchsentscheidung
vom 14.2.2013 von einem höheren gemeinen Wert des
Geschäftsanteils des X aus. Es erhöhte
demgemäß die gegen die Beigeladene festgesetzte
Schenkungsteuer.
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Der Kläger erhob gegen den
Schenkungsteuerbescheid vom 25.11.2011 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 14.2.2013 Klage. Das Finanzgericht (FG)
lud die Beigeladene mit Beschluss vom 17.9.2013 gemäß
§ 60 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zu dem
Klageverfahren notwendig bei. Mit Bescheid vom 13.11.2013 setzte
das FA die Schenkungsteuer gegenüber der Beigeladenen auf der
Grundlage eines niedrigeren gemeinen Werts des
Geschäftsanteils des X herab.
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Das FG gab der auf Aufhebung der
Steuerfestsetzung gerichteten Klage des Klägers mit der
Begründung statt, die Klage sei zulässig. Der Kläger
sei durch den auch ihm bekannt gegebenen Schenkungsteuerbescheid
vom 13.11.2013, der an die Stelle der Einspruchsentscheidung vom
14.2.2013 getreten sei, formell beschwert, weil dem
Einspruchsbegehren der Beigeladenen in der Sache nicht entsprochen
worden sei. Der Kläger als ehemaliger Gesellschafter der
Beigeladenen stelle eine Steuerpflicht des
Übertragungsvorgangs vom 30.6.2005 in Abrede. Er sei durch den
angefochtenen Schenkungsteuerbescheid vom 13.11.2013 auch materiell
beschwert. Zwar habe das FA seine Steuerschuldnerschaft verneint.
Die Klage der Beigeladenen gegen diesen Bescheid könnte
insoweit aber zu einem anderen Ergebnis führen. Werde der
Bescheid bestandskräftig, wären die übrigen
Ausführungen des FA in der Einspruchsentscheidung
gegenüber dem Kläger bindend. Dies gelte insbesondere
hinsichtlich der Verwirklichung des Tatbestands des § 7 Abs. 1
Satz 1 ErbStG. Die Klage sei auch begründet. Die Festsetzung
von Schenkungsteuer gegenüber der Beigeladenen sei
rechtswidrig.
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Mit der Revision rügt das FA in
verfahrensrechtlicher Hinsicht, dass das FG die übrigen zum
Einspruchsverfahren der Beigeladenen hinzugezogenen Gesellschafter
der Beigeladenen nicht zum Klageverfahren beigeladen habe. Die
Beiladung sei daher im Revisionsverfahren nachzuholen. In
materiell-rechtlicher Hinsicht rügt das FA eine Verletzung des
§ 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG. Das FG habe der Klage zu Unrecht
stattgegeben. Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG
seien entweder in der Person der Beigeladenen oder des Klägers
erfüllt.
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Das FA beantragt, die Vorentscheidung
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
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Die Beigeladene hat sich im vorliegenden
Verfahren nicht geäußert.
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II. Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der
Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Die Klage ist entgegen
der Ansicht des FG unzulässig. Die Zulässigkeit der Klage
ist eine Sachurteilsvoraussetzung, die vom Bundesfinanzhof (BFH)
auch im Revisionsverfahren und unabhängig von erhobenen
Revisionsrügen von Amts wegen zu prüfen ist (BFH-Urteil
vom 28.2.1990 I R 156/86, BFHE 160, 123, BStBl II 1990, 696 = SIS 90 16 50, unter II.A.3.).
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1. Nach § 40 Abs. 2 FGO ist eine
Anfechtungsklage nur zulässig, wenn der Kläger geltend
macht, durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein.
Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt.
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a) Der gemäß § 174 Abs. 5 Satz
2 AO durch die Finanzbehörde zum Einspruchsverfahren
hinzugezogene Dritte erlangt zwar im Einspruchsverfahren die
Stellung eines Verfahrensbeteiligten (§ 359 Nr. 2, § 360
Abs. 1 und 4 AO). Die Hinzuziehung begründet aber für
sich betrachtet nicht die Klagebefugnis des Hinzugezogenen
(BFH-Urteile vom 20.7.1988 I R 174/85, BFHE 154, 495, BStBl II
1989, 87 = SIS 89 05 56, unter II.A.; in BFHE 160, 123, BStBl II
1990, 696 = SIS 90 16 50, unter II.A.2.c; vom 29.5.2001 VIII R
10/00, BFHE 195, 486, BStBl II 2001, 747 = SIS 01 11 90, unter
I.2., und vom 29.4.2009 X R 16/06, BFHE 225, 4, BStBl II 2009, 732
= SIS 09 21 16, unter II.2.c aa aaa, m.w.N.).
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Eine Rechtsverletzung des Hinzugezogenen i.S.
des § 40 Abs. 2 FGO ist gegeben, wenn er durch die
Einspruchsentscheidung formell- und materiellrechtlich beschwert
ist (BFH-Urteil in BFHE 225, 4, BStBl II 2009, 732 = SIS 09 21 16,
unter II.2.c aa bbb, m.w.N.). Die formelle Beschwer setzt voraus,
dass der Hinzugezogene Anträge im Verfahren des
Hauptbeteiligten stellt und diese Anträge zurückgewiesen
werden (BFH-Urteil in BFHE 160, 123, BStBl II 1990, 696 = SIS 90 16 50, unter II.A.2.c). Entgegen der Ansicht des FG genügt es
nicht, dass dem Einspruchsbegehren des Hauptbeteiligten nicht
entsprochen worden ist.
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Der gemäß § 174 Abs. 5 Satz 2
AO zum Einspruchsverfahren hinzugezogene Dritte ist
materiell-rechtlich beschwert, wenn der Steuerbescheid zugunsten
des Hauptbeteiligten geändert wird und damit in verbindlicher
Weise gegenüber dem Hinzugezogenen entschieden ist, welche die
diesem gegenüber zu ziehenden „richtigen steuerlichen
Folgen“ gemäß § 174 Abs. 4 und 5 AO sind
(BFH-Urteil in BFHE 225, 4, BStBl II 2009, 732 = SIS 09 21 16,
unter II.2.c aa bbb, m.w.N.). Sieht die Finanzbehörde den
angefochtenen Steuerbescheid als rechtmäßig an und weist
es daher den Einspruch des Hauptbeteiligten als unbegründet
zurück, beschwert die Einspruchsentscheidung den
hinzugezogenen Dritten materiell-rechtlich nicht. Das FA kann in
diesem Fall nicht gemäß § 174 Abs. 4 und 5 AO aus
der Einspruchsentscheidung den Dritten belastende Folgerungen
ziehen. Dass eine Klage des Hauptbeteiligten gegen den
Steuerbescheid Erfolg haben könnte, begründet abweichend
von der Auffassung des FG nicht die Klagebefugnis des Dritten. Die
Beschwer des Hinzugezogenen i.S. des § 40 Abs. 2 FGO muss sich
aus der Einspruchsentscheidung selbst ergeben. Diese ist zusammen
mit der Steuerfestsetzung aufzuheben, wenn die Anfechtungsklage des
Hauptbeteiligten Erfolg hat. Die von der Finanzbehörde in der
Einspruchsentscheidung vertretenen Ansichten sind dann
gegenstandslos. Sie können daher keine bindende Wirkung
zulasten der zum Einspruchsverfahren hinzugezogenen Dritten
entfalten.
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b) Der Kläger ist somit durch den
Steuerbescheid vom 13.11.2013 und die Einspruchsentscheidung vom
14.2.2013 nicht i.S. des § 40 Abs. 2 FGO beschwert. Zum einen
fehlt es nach Aktenlage an der formellen Beschwer. Das FG hat nicht
festgestellt und aus der Einspruchsentscheidung sowie aus den dem
BFH vorgelegten Akten ist auch nicht ersichtlich, dass der
Kläger im Einspruchsverfahren der Beigeladenen Anträge
gestellt habe und diese zurückgewiesen worden seien. Zum
anderen ist der Kläger auch materiell-rechtlich nicht
beschwert. Das FA hat in der Einspruchsentscheidung die
Steuerschuldnerschaft der Beigeladenen bejaht und durch den
während des Klageverfahrens ergangenen Steuerbescheid vom
13.11.2013 die festgesetzte Steuer lediglich wegen einer
geänderten Bewertung herabgesetzt. Folgerungen zulasten des
Klägers kann das FA somit weder aus der Einspruchsentscheidung
noch aus dem Bescheid vom 13.11.2013 ziehen.
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c) Die Klagebefugnis des Klägers
lässt sich auch nicht aus seiner Stellung als früherer
Gesellschafter der Beigeladenen ableiten. Der Kläger ist nicht
Inhaltsadressat des Steuerbescheids vom 13.11.2013 und der
Einspruchsentscheidung vom 14.2.2013 und somit dadurch nicht in
einer Weise betroffen, die sich als eine Verletzung seiner eigenen
Rechte darstellen könnte (vgl. BFH-Urteil vom 27.8.2003 II R
18/02, BFH/NV 2004, 203 = SIS 04 04 87).
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2. Dem Antrag des FA, die übrigen zum
Einspruchsverfahren der Beigeladenen hinzugezogenen Gesellschafter
der Beigeladenen gemäß § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO
notwendig beizuladen, war nicht stattzugeben. Zwar ist eine
notwendige Beiladung im Revisionsverfahren nach § 123 Abs. 1
Satz 2 FGO zulässig. Die Voraussetzungen für eine
notwendige Beiladung sind aber schon deshalb nicht erfüllt,
weil die Klage des Klägers wegen fehlender Beschwer (§ 40
Abs. 2 FGO) offensichtlich unzulässig ist (vgl.
BFH-Beschlüsse vom 26.8.2013 IV B 62/13, BFH/NV 2013, 1940 =
SIS 13 30 25, Rz 14, und vom 7.5.2014 II B 117/13, BFH/NV 2014,
1232 = SIS 14 19 20, Rz 23, je m.w.N.).
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 1 FGO. Die außergerichtlichen Kosten der
Beigeladenen sind nicht gemäß § 139 Abs. 4 FGO aus
Billigkeit dem Kläger aufzuerlegen; denn sie hat sich im
vorliegenden Verfahren nicht geäußert.
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