Möglicherweise sind in Ihrem Browser Cookies deaktiviert. Stellen Sie sicher, dass Cookies aktiviert sind.
Kindergeld für das Kind der Partnerin einer eingetragenen Lebenspartnerschaft
Kindergeld für das Kind der Partnerin einer eingetragenen Lebenspartnerschaft: 1. Ein Kindergeldanspruch wird nach § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG i.V.m. § 2 Abs. 8 EStG i.d.F. des Gesetzes vom 15.7.2013 gewährt, wenn ein eingetragener Lebenspartner in seinen Haushalt die Kinder seines eingetragenen Lebenspartners aufnimmt. - 2. Die in § 2 Abs. 8 EStG i.d.F. des Gesetzes vom 15.7.2013 bestimmte Gleichstellung von Lebenspartnern und Lebenspartnerschaften mit Ehegatten und Ehen ist in allen Fällen anzuwenden, in denen das Kindergeld noch nicht bestandskräftig festgesetzt ist. § 52 Abs. 2 a EStG i.d.F. des Gesetzes vom 15.7.2013 gilt insoweit entsprechend. - Urt.; BFH 8.8.2013, VI R 76/12; SIS 13 28 40
Kapitel:
Privatbereich > Kinder
Fundstellen
-
BFH 08.08.2013, VI R 76/12
BStBl 2014 II S. 36
DStR 2013 S. 2328
NJW 2013 S. 3392
Anmerkungen:
zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 6.1.2014
-/- in NWB 44/2013 S. 3436
S.B. in HFR 12/2013 S. 1118
St.Sch. in BFH/PR 1/2014 S. 13
KAM in Stbg 4/2014 S. M 11
Normen
[EStG] § 62 Abs. 1 Nr. 1, § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 63 Abs. 1 Satz 2, § 31 Satz 3, § 32 Abs. 3
[EStG i.d.F. vom 15.7.2013] § 2 Abs. 8, § 52 Abs. 2 a
Vorinstanz / Folgeinstanz:
-
vor:
Schleswig-Holsteinisches FG,
07.11.2012,
SIS 13 03 57,
Kindergeld, Zählkind, Eingetragene Lebenspartnerschaft, Gleichbehandlung
Anmerkung RiBFH i.R. Dr. Dürr
1
|
I. Streitig ist, ob zugunsten eines
eingetragenen Lebenspartners ein Kindergeldanspruch besteht, wenn
dieser in seinen Haushalt die Kinder seines eingetragenen
Lebenspartners aufnimmt.
|
|
|
2
|
Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) lebt in einer eingetragenen
Lebenspartnerschaft. Sie wohnt gemeinsam mit ihren beiden
minderjährigen Kindern, ihrer eingetragenen Lebenspartnerin
sowie mit deren beiden minderjährigen Kindern in einem
Haushalt. Für ihre Kinder erhält sie Kindergeld.
Darüber hinaus begehrte sie für den Zeitraum ab Dezember
2009 vergeblich Kindergeld für die in dem gemeinsamen Haushalt
versorgten Kinder ihrer eingetragenen Lebenspartnerin nach §
63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Ihrer
Auffassung nach verstoße es gegen Verfassungs- und
Gemeinschaftsrecht, dass nach dieser Vorschrift ein
Kindergeldanspruch nur bei der Haushaltsaufnahme von Kindern des
Ehegatten, nicht jedoch bei der Aufnahme von Kindern eines
eingetragenen Lebenspartners bestehe.
|
|
|
3
|
Das Finanzgericht (FG) wies die nach
erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage aus den in EFG 2013,
306 = SIS 13 03 57 veröffentlichten Gründen ab.
|
|
|
4
|
Mit der Revision rügt die
Klägerin die Verletzung materiellen Verfassungs- und
Gemeinschaftsrechts.
|
|
|
5
|
Sie beantragt, das Urteil des FG, den
Ablehnungsbescheid vom 18.5.2011 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 6.10.2011 aufzuheben und die Beklagte
und Revisionsbeklagte (Familienkasse) zu verpflichten, zugunsten
der Klägerin ab Dezember 2009 zusätzlich Kindergeld
für die beiden Kinder ihrer eingetragenen Lebenspartnerin
festzusetzen.
|
|
|
6
|
Die Familienkasse beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
|
|
|
7
|
II. Die Revision ist begründet; sie
führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des angefochtenen Urteils
und zur Stattgabe der Klage. Entgegen der Entscheidung des FG wird
aufgrund geänderter Rechtslage ein Kindergeldanspruch
zugunsten eines eingetragenen Lebenspartners gewährt, wenn
dieser in seinen Haushalt die Kinder seines eingetragenen
Lebenspartners aufnimmt.
|
|
|
8
|
1. Nach § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG
besteht ein Kindergeldanspruch für die vom Berechtigten in
seinen Haushalt aufgenommenen Kinder seines Ehegatten.
|
|
|
9
|
a) Dies gilt nunmehr auch für die
Aufnahme von Kindern eines eingetragenen Lebenspartners. Denn
gemäß § 2 Abs. 8 EStG i.d.F. des Gesetzes vom
15.7.2013 zur Änderung des Einkommensteuergesetzes in
Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom
7.5.2013 (Gesetz vom 15.7.2013 - BGBl I 2013, 2397 - ) sind die
Regelungen des Einkommensteuergesetzes zu Ehegatten und Ehen auch
auf Lebenspartner und Lebenspartnerschaften anzuwenden.
|
|
|
10
|
b) Die in § 2 Abs. 8 EStG i.d.F. des
Gesetzes vom 15.7.2013 bestimmte Gleichstellung von Lebenspartnern
und Lebenspartnerschaften mit Ehegatten und Ehen ist in allen
Fällen anzuwenden, in denen das Kindergeld noch nicht
bestandskräftig festgesetzt ist.
|
|
|
11
|
§ 52 Abs. 2a EStG i.d.F. des Gesetzes vom
15.7.2013 bestimmt zwar, dass § 2 Abs. 8 EStG i.d.F. des
Gesetzes vom 15.7.2013 nur bei noch nicht bestandskräftigen
Einkommensteuerfestsetzungen Anwendung finden soll. Diese Regelung
gilt allerdings entsprechend für noch nicht
bestandskräftige Kindergeldfestsetzungen. Dies ergibt sich
zunächst aus § 31 Satz 3 EStG. Hiernach wird das
Kindergeld als Steuervergütung gezahlt. Zur Vermeidung von
Wertungswidersprüchen zwischen Einkommensteuer- und
Kindergeldfestsetzungen ist folglich die Gleichbehandlung von
Lebenspartnern und Lebenspartnerschaften mit Ehegatten und Ehen
auch insoweit geboten, als Kindergeldfestsetzungen noch nicht
bestandskräftig sind. Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber mit
dem Gesetz vom 15.7.2013 eine Gleichbehandlung von Ehegatten und
Lebenspartnern für das gesamte Einkommensteuergesetz und
mithin auch für das in dem X. Abschnitt des
Einkommensteuergesetzes geregelten Kindergeldrecht bezweckte
(BTDrucks 17/13870, S. 6). Anhaltspunkte dafür, dass diese
Gleichstellung nicht auch für noch nicht bestandskräftige
Kindergeldfestsetzungen Gültigkeit haben soll, bestehen
nicht.
|
|
|
12
|
2. Da die Vorentscheidung diesen
Maßstäben nicht entspricht, ist sie aufzuheben. Die
Sache ist spruchreif und der Klage stattzugeben. Nach den den Senat
bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) hat die
Klägerin die beiden minderjährigen Kinder ihrer
eingetragenen Lebenspartnerin, für die sie Kindergeld
beantragt hat, in ihren Haushalt aufgenommen. Der begehrte
Kindergeldanspruch steht ihr daher nach § 62 Abs. 1 Nr. 1,
§ 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2, § 32 Abs. 3 EStG i.V.m.
§ 2 Abs. 8 EStG i.d.F. des Gesetzes vom 15.7.2013 sowie
entsprechend § 52 Abs. 2a EStG i.d.F. des Gesetzes vom
15.7.2013 zu.
|
Anmerkung RiBFH i.R. Dr. Dürr
Voraussetzung für die
Berücksichtigung als Kind ist die Aufnahme des Kindes des
Lebenspartners in den eigenen Haushalt. Ein solcher Haushalt liegt
auch bei einem gemeinsamen Haushalt der Lebenspartner vor.