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I. Der Kläger und Revisionskläger
(Kläger) erzielte gewerbliche Einkünfte als Maler;
für den Betrieb hatte ihm eine Bank seit Jahren einen
Kreditrahmen eingeräumt.
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Im Mai 2001 zeigte die Bank dem Beklagten
und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA - ) an, dass der Kläger
die Ansprüche aus einer Lebensversicherung zur Sicherung eines
im April vereinbarten und gewährten Darlehens in Höhe von
175.000 DM verwendet habe. Die Anzeige wies als Vertragsabschluss
die Angabe „12.01.94/22.03.01“ aus; die zur Sicherung
eingesetzten Versicherungsansprüche in Höhe von 139.000
DM betrafen einen Lebensversicherungsvertrag mit einer Laufzeit von
1966 bis 2005.
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Das FA ging davon aus, dass die Verwendung
der Lebensversicherung zur Darlehensbesicherung die Steuerfreiheit
der aus der Versicherung erzielten Zinsen habe entfallen lassen und
stellte die Steuerpflicht der Zinsen aus der Lebensversicherung mit
Bescheid vom 26.11.2002 gesondert fest. Mit der dagegen nach
erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage trug der
Kläger vor, entgegen der Ansicht des FA seien auf diese
Lebensversicherung die erst mit Wirkung vom 14.2.1992
eingeführten gesetzlichen Bestimmungen über die
steuerschädliche Verwendung von Lebensversicherungen zur
Darlehenssicherung nicht anwendbar.
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Das Finanzgericht (FG) hat die Klage unter
anderem wegen eines deutlich unterhalb der Höhe der
aufgenommenen Darlehensbeträge liegenden Anschaffungs- oder
Herstellungsaufwands als unbegründet abgewiesen.
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Mit seiner Revision rügt der
Kläger Verletzung materiellen Rechts.
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Der Kläger beantragt
sinngemäß, das angefochtene Urteil sowie den Bescheid
über die gesonderte Feststellung der Steuerpflicht von Zinsen
aus Kapitallebensversicherungen vom 26.11.2002 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 19.4.2005 aufzuheben.
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Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist begründet; das
angefochtene Urteil sowie der angefochtene Bescheid in Gestalt der
Einspruchsentscheidung sind aufzuheben (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Der angefochtene Bescheid
über die gesonderte Feststellung der Steuerpflicht der
außerrechnungsmäßigen und
rechnungsmäßigen Zinsen aus den in den Beiträgen zu
Lebensversicherungen des Klägers enthaltenen Sparanteilen
(§ 20 Abs. 1 Nr. 6 des Einkommensteuergesetzes - EStG - ) ist
rechtswidrig.
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1. Die Zulässigkeit der gesonderten
Feststellung der Steuerpflicht ergibt sich aus § 179 Abs. 1
und § 180 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) i.V.m. § 9 der
Verordnung über die gesonderte Feststellung von
Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 2 AO i.d.F. der Zweiten
Verordnung zur Änderung der Verordnung über die
gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180
Abs. 2 AO vom 16.12.1994 (BGBl I 1994, 3834, BStBl I 1995, 3).
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Nach § 9 dieser Verordnung stellt das
für die Einkommensbesteuerung des Versicherungsnehmers
zuständige FA die Steuerpflicht der
außerrechnungsmäßigen und
rechnungsmäßigen Zinsen aus den in den Beiträgen
enthaltenen Sparanteilen (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG i.d.F. des
Steueränderungsgesetzes 2001 - StÄndG 2001 - vom
20.12.2001 - BGBl I 2001, 3794, BStBl I 2002, 4 - ) gesondert fest,
wenn für Beiträge zu Versicherungen auf den Erlebens-
oder Todesfall die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug
nach § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG (i.d.F. des StÄndG 2001)
nicht erfüllt sind.
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Diese Feststellung setzt indessen voraus, dass
die rechnungsmäßigen und
außerrechnungsmäßigen Zinsen aus den Sparanteilen
der abgeschlossenen Lebensversicherung - ohne die Möglichkeit
des Sonderausgabenabzugs nach § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG -
steuerbar wären. Denn die Möglichkeit des
Sonderausgabenabzugs ist vom Gesetzgeber in § 20 Abs. 1 Nr. 6
Satz 2 EStG als Ausnahme von der grundsätzlichen Steuerbarkeit
der Zinsen nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG konzipiert.
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2. An dieser Steuerpflicht nach § 20 Abs.
1 Nr. 6 Satz 1 EStG fehlt es bei den Zinsen aus den Sparanteilen,
die in den Beiträgen zu der streitigen Lebensversicherung
enthalten sind.
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a) Die Steuerbarkeit entsprechender Zinsen hat
der Gesetzgeber nämlich erst mit dem Gesetz zur Reform der
Einkommensteuer, des Familienlastenausgleichs und der
Sparförderung (Einkommensteuerreformgesetz) vom 5.8.1974 (BGBl
I 1974, 1769, BStBl I 1974, 530) eingeführt. Zugleich hat er
in § 52 Abs. 19 EStG i.d.F. dieses Gesetzes bestimmt, dass die
Regelung erstmals für nach dem 31.12.1974 zugeflossene Zinsen
aus Versicherungsverträgen gilt, die nach dem 31.12.1973
abgeschlossen worden sind.
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An dieser Rechtslage hat er ausweislich der
Regelung in § 52 Abs. 20 EStG i.d.F. des Gesetzes zur
Änderung des Steuerreformgesetzes 1990 sowie zur
Förderung des Mietwohnungsbaus und von Arbeitsplätzen in
Privathaushalten (StRG1990uaÄndG) vom 30.6.1989 (BGBl I 1989,
1267, BStBl I 1989, 251) festgehalten und damit rückwirkend
die zuvor mit Art. 1 Nr. 22, 73 Buchst. q des Steuerreformgesetzes
1990 vom 25.7.1988 (BGBl I 1988, 1093, BStBl I 1988, 224)
eingeführte erweiterte Steuerbarkeit der Zinsen wieder
aufgehoben (vgl. dazu Schmidt/ Heinicke, EStG, 12. Aufl., § 20
Rz 39a).
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b) Danach sind die Zinsen aus den Sparanteilen
der vom Kläger abgeschlossenen Lebensversicherung deshalb
nicht steuerbar, weil der Versicherungsvertrag nach den für
den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des FG
bereits 1966 abgeschlossen wurde. Er gehört damit nicht zu den
nach dem 31.12.1973 abgeschlossenen Verträgen, für die
nach § 52 Abs. 20 EStG i.d.F. des StRG1990uaÄndG eine
Steuerbarkeit der Zinsen aus den Sparanteilen von
Lebensversicherungsverträgen gegeben ist.
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c) Auf die von den Beteiligten für
entscheidungserheblich gehaltene Frage, ob die Voraussetzungen
für den Abzug der Versicherungsprämien als Sonderausgaben
gegeben sind, kommt es danach nicht an.
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