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I. Der Beklagte und Revisionskläger
(das Finanzamt - FA - ) setzte gegen die Klägerin und
Revisionsbeklagte (Klägerin), einer GmbH, den
Körperschaftsteuererhöhungsbetrag nach § 38 Abs. 5
und 6 des Körperschaftsteuergesetzes i.d.F. des
Jahressteuergesetzes 2008 vom 20.12.2007 (BGBl I 2007, 3150, BStBl
I 2008, 218) - KStG 2002 n.F. - im Einspruchsverfahren auf 85.258
EUR fest. Dabei ging er von einem Eigenkapital laut Steuerbilanz in
Höhe von 198.937 EUR aus. In diesem Betrag enthalten war auch
das Nennkapital in Höhe von 103.000 EUR. Da die Klägerin
erklärt hatte, den Körperschaftsteuererhöhungsbetrag
gemäß § 38 Abs. 7 KStG 2002 n.F. in einer Summe
entrichten zu wollen, setzte das FA einen abgezinsten Betrag von
67.798 EUR fest.
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Mit ihrer dagegen gerichteten Klage machte
die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass das Nennkapital
nicht i.S. von § 38 Abs. 5 Satz 2 KStG 2002 n.F. für eine
Ausschüttung verwendet werden könne; die Rückzahlung
von Nennkapital sei keine Ausschüttung.
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Das Finanzgericht (FG) Hamburg gab der
Klage mit in EFG 2011, 832 = SIS 11 03 97 veröffentlichtem
Urteil vom 16.11.2010 6 K 290/09 statt.
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Das FA rügt mit seiner Revision eine
Verletzung materiellen Rechts. Es beantragt sinngemäß,
das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist unbegründet. Das FG
hat zu Recht angenommen, dass das Nennkapital nicht in die
Berechnung des Körperschaftsteuererhöhungsbetrags nach
§ 38 Abs. 5 Satz 2 KStG 2002 n.F. einzubeziehen ist.
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1. Gemäß § 38 Abs. 5 Satz 1
KStG 2002 n.F. beträgt der
Körperschaftsteuererhöhungsbetrag 3/100 des nach §
38 Abs. 4 Satz 1 KStG 2002 n.F. festgestellten Endbetrags. Der
Körperschaftsteuererhöhungsbetrag ist gemäß
§ 38 Abs. 5 Satz 2 KStG 2002 n.F. auf den Betrag begrenzt, der
sich nach den Absätzen 1 bis 3 als
Körperschaftsteuererhöhung ergeben würde, wenn die
Körperschaft ihr am 31.12.2006 bestehendes Eigenkapital laut
Steuerbilanz für eine Ausschüttung verwenden
würde.
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2. Der spiegelbildlich zu dem
Körperschaftsteuerminderungsbetrag nach § 37 Abs. 4 KStG
2002 i.d.F. des Gesetzes über steuerliche
Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen
Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher
Vorschriften vom 7.12.2006 (BGBl I 2006, 2782, BStBl I 2007, 4)
eingeführte § 38 Abs. 5 KStG 2002 n.F. löst die in
den Absätzen 1 bis 3 enthaltene Regelung ab. Danach
führten Leistungen, für die das gemäß §
36 Abs. 7 KStG i.d.F. des Steuersenkungsgesetzes vom 23.10.2000
(BGBl I 2000, 1433, BStBl I 2000, 1428) festgestellte und
fortgeschriebene EK 02 als verwendet galt, innerhalb des 15-,
später 18-jährigen Übergangszeitraums zu einer
Körperschaftsteuererhöhung um 3/7 des Betrags (§ 38
Abs. 2 KStG i.d.F. des Gesetzes zur Fortentwicklung des
Unternehmenssteuerrechts - Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz
- vom 20.12.2001, BGBl I 2001, 3858, BStBl I 2002, 35). Dadurch
sollte die für diese Leistungen nach altem Recht geltende
Ausschüttungsbelastung von 30 % erreicht werden.
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Da dem Gesetzgeber die bisherige Regelung als
zu aufwändig erschien, schuf er § 38 Abs. 5 Sätze 1
und 2 KStG 2002 n.F., mittels derer die sonst während des
Übergangszeitraums eingetretene
Körperschaftsteuererhöhung in Fällen, in denen das
EK 02 als verwendet galt, in pauschalierter Form abgegolten werden
soll. Der Körperschaftsteuererhöhungsbetrag beträgt
grundsätzlich 3/100 des letztmalig auf den 31.12.2006
festgestellten Endbetrags (§ 38 Abs. 4 Satz 1 KStG 2002 n.F.).
Der Gesetzgeber besteuert damit verwendungsunabhängig ein
Zehntel des am 31.12.2006 vorhandenen Endbetrags an EK 02 mit der
zuletzt im Anrechnungsverfahren geltenden
Ausschüttungsbelastung von 30 %. Der verbleibende restliche
Bestand an EK 02 entfällt und löst keine weitere
Körperschaftsteuererhöhung aus. Die pauschale Besteuerung
- so die Gesetzesbegründung - soll jedoch unterbleiben, soweit
eine Gesellschaft nicht über positives Eigenkapital
verfügt. Die Höhe der Abschlagszahlung ist dann auf den
Betrag begrenzt, der sich bei Anwendung der bisherigen Regelung
ergeben würde, wenn das zum maßgeblichen Stichtag
31.12.2006 vorhandene Eigenkapital ausgeschüttet würde.
Dabei wird aus Vereinfachungsgründen auf das
Steuerbilanzkapital abgestellt (BTDrucks 16/6290, S. 75).
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3. Das FG ist zutreffend davon ausgegangen,
dass sich der nach § 38 Abs. 5 Satz 2 KStG 2002 n.F. zu
ermittelnde Betrag auf das Eigenkapital abzüglich des
Nennkapitals bezieht. Sowohl aus der Gesetzesbegründung als
auch aus dem Gesetzestext ist ersichtlich, dass die
Bemessungsgrundlage für die
Körperschaftsteuererhöhung auf den Betrag begrenzt werden
soll, der sich ergäbe, wenn die Körperschaft das zum
31.12.2006 vorhandene Eigenkapital in voller Höhe
ausgeschüttet hätte. Da das Nennkapital, solange es nicht
herabgesetzt wird, nicht ausschüttbar ist, ist es auch nicht
in die Berechnung der Körperschaftsteuererhöhung
gemäß § 38 Abs. 5 Satz 2 KStG 2002 n.F.
einzubeziehen. Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass auch das
Nennkapital als fiktiv herabgesetzt und an die Gesellschafter aus
dem EK 02 ausgekehrt gelten solle, hätte er dies auch so ins
Gesetz aufgenommen oder zumindest in der Gesetzesbegründung
angesprochen. Denn es ist weder ohne weiteres einsichtig, weshalb
ein nicht ausschüttbarer Teil des Eigenkapitals als an die
Gesellschafter ausgekehrt gelten soll noch weshalb überhaupt
auf die fiktive Auskehrung des Nennkapitals eine
Körperschaftsteuer erhoben werden sollte. Auch während
des Anrechnungsverfahrens führte die Rückzahlung von
Nennkapital grundsätzlich nicht zur Herstellung der
Ausschüttungsbelastung.
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Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass
das Gesetz an das ausschüttbare Eigenkapital laut Steuerbilanz
und nicht laut Handelsbilanz anknüpft. Wie aus der
Gesetzesbegründung ersichtlich, ist dies aus
Vereinfachungsgründen und nicht deshalb geschehen, weil auf
das Nennkapital eine Körperschaftsteuer festgesetzt werden
soll. Das ausschüttbare Eigenkapital kann anhand der ohnehin
im Besteuerungsverfahren vorliegenden Steuerbilanz ermittelt
werden, ohne dass die Handelsbilanz angefordert werden muss.
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Auch die Literatur geht davon aus, dass das
Nennkapital nicht in die Bemessungsgrundlage für die
Körperschaftsteuererhöhung nach § 38 Abs. 5 Satz 2
KStG 2002 n.F. einzubeziehen ist (Frotscher in Frotscher/Maas,
KStG/GewStG/UmwStG, § 38 KStG Rz 54; Lornsen-Veit in
Erle/Sauter, Körperschaftsteuergesetz, § 38 Rz 91; Bott
in Ernst & Young, KStG, § 38 Rz 153; Streck/ Binnewies,
KStG, 7. Aufl., § 38 Rz 63; Ott, DStZ 2008, 274; wohl auch
Dötsch in Dötsch/Jost/Pung/Witt, KStG, § 38 Rz 66).
Das Problem wird zwar in der Regel nicht ausdrücklich
erörtert, jedoch wird in Beispielsfällen zu § 38
Abs. 5 Satz 2 KStG 2002 n.F. die
Körperschaftsteuererhöhung nur anhand des zum 31.12.2006
vorhandenen ausschüttbaren Eigenkapitals errechnet.
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