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I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) und ihr früherer
Ehemann (E) waren je zur Hälfte Miteigentümer eines mit
einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks, das nach dem
Auszug des E weiterhin von der Klägerin und dem gemeinsamen
Sohn der Eheleute genutzt wurde. Die Ehe wurde 1991
geschieden.
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Am 7.5.1990 schlossen die Klägerin und
E im Hinblick auf die damals bereits beabsichtigte Scheidung einen
notariell beurkundeten Auseinandersetzungsvertrag. Darin
vereinbarten sie, dass es hinsichtlich des Grundstücks vorerst
bei den bestehenden Eigentumsverhältnissen bleiben solle. E
räumte, auch mit Wirkung gegenüber seinen
Rechtsnachfolgern, der Klägerin das Recht ein, seinen
Miteigentumsanteil zu kaufen, sobald sie dies verlangt. Als
Kaufpreis war der zum Zeitpunkt der Ausübung des Ankaufsrechts
geltende hälftige Verkehrswert des Gesamtobjekts vereinbart.
Sollten sich die Beteiligten darüber nicht einigen
können, sollte der Kaufpreis durch ein Schiedsgutachten eines
von der Industrie- und Handelskammer zu bestellenden vereidigten
Sachverständigen mit bindender Wirkung für die
Beteiligten festgestellt werden. Zur Sicherung des Anspruchs der
Klägerin wurde eine Auflassungsvormerkung bewilligt und in das
Grundbuch eingetragen. E bestellte außerdem zugunsten der
Klägerin ein Nießbrauchsrecht an seinem
Miteigentumsanteil. Das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft zu
verlangen, war bis zum Tod des Längstlebenden der
Miteigentümer ausgeschlossen.
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E verstarb am 23.5.2003. Er wurde von
seiner zweiten Ehefrau (K) beerbt.
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Im Rahmen eines Zivilprozesses einigte sich
die Klägerin mit K auf einen Kaufpreis für den
Miteigentumsanteil von 75.000 EUR. Durch notariell beurkundeten
Vertrag vom 12.4.2005 übertrug K der Klägerin den
Miteigentumsanteil. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) setzte für diesen Erwerbsvorgang mit
Bescheid vom 19.5.2005 Grunderwerbsteuer von 2.625 EUR gegen die
Klägerin fest.
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Einspruch und Klage, mit denen die
Klägerin eine Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 5
des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) u.a. deshalb beanspruchte,
weil sie das Ankaufsrecht bereits wirksam gegenüber E
ausgeübt habe, blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG)
ging davon aus, dass die personenbezogenen Voraussetzungen der
Vorschrift nicht erfüllt seien, weil die Klägerin den
Miteigentumsanteil nicht von E, sondern von seiner
Rechtsnachfolgerin K erworben habe. Auch wenn die Ausübung des
Ankaufsrechts keiner Form bedurft habe, sei es dazu vor dem Ableben
des E wegen der fehlenden Einigung über den Kaufpreis nicht
gekommen. Das Urteil ist in EFG 2009, 1485 = SIS 09 27 64
veröffentlicht.
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Mit der Revision rügt die
Klägerin Verletzung des § 3 Nr. 5 GrEStG.
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Die Klägerin beantragt, die
Vorentscheidung aufzuheben und den Grunderwerbsteuerbescheid vom
19.5.2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4.4.2006 dahin
zu ändern, dass die Grunderwerbsteuer auf 0 EUR herabgesetzt
wird.
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Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist begründet. Entgegen
der Auffassung des FG ist für die wirksame Ausübung des
Ankaufsrechts noch vor dem Ableben des E nicht erforderlich, dass
sich die Klägerin und E über die genaue Höhe des
Kaufpreises für den erworbenen Miteigentumsanteil geeinigt
haben. Da der Kaufpreis aufgrund der notariellen Vereinbarung vom
7.5.1990 bestimmbar war, kann mit einer Ausübung des
Ankaufsrechts gegenüber E ein Anspruch der Klägerin auf
Übereignung des Miteigentumsanteils i.S. von § 1 Abs. 1
Nr. 1 GrEStG entstanden sein. Dieser Erwerb wäre nach § 3
Nr. 5 GrEStG steuerfrei. In diesem Fall konnte der vom FA der
Besteuerung unterworfene Vertrag vom 12.4.2005 nicht zum
nochmaligen Entstehen von Grunderwerbsteuer führen. Da das FG
noch nicht festgestellt hat, ob die Klägerin ihr Ankaufsrecht
gegenüber E ausgeübt und dadurch bereits vor dem Ableben
des E einen Übereignungsanspruch erworben hatte, war die
Vorentscheidung aufzuheben und die Sache zur anderweitigen
Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen
(§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -
).
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1. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG
unterliegt der Grunderwerbsteuer ein Kaufvertrag oder ein anderes
Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung
begründet. Ein grunderwerbsteuerbarer Erwerbsvorgang in diesem
Sinne ist gegeben, wenn ein notariell beurkundetes Ankaufsrecht
wirksam ausgeübt wird (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH
- vom 27.1.1965 II 60/60 U, BFHE 82, 51, BStBl III 1965, 265 = SIS 65 01 55, und vom 31.5.1972 II R 162/66, BFHE 106, 367, BStBl II
1972, 828 = SIS 72 04 74).
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a) Das Ankaufsrecht ermöglicht dem
Ankaufsberechtigten, einen Gegenstand, insbesondere ein
Grundstück, unter den vereinbarten Voraussetzungen kaufen zu
können. Da gesetzliche Regelungen fehlen, muss im Wege der
Auslegung ermittelt werden, welche Vertragsgestaltung und welche
Rechtswirkung die Vertragsbeteiligten für das Ankaufsrecht
gewählt haben (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom
18.1.1989 VIII ZR 311/87, NJW 1990, 1233, m.w.N.).
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Ist der notariell beurkundete Vertrag, durch
den ein Ankaufsrecht begründet wird, als aufschiebend
bedingter Kaufvertrag zu beurteilen, ist die Ausübung des
vereinbarten Ankaufsrechts formfrei möglich (vgl. BGH-Urteil
vom 28.6.1996 V ZR 136/95, NJW Rechtsprechungs-Report Zivilrecht -
NJW-RR - 1996, 1167). Bei einer solchen Vertragsgestaltung kommt
ein für beide Seiten verbindlicher Kaufvertrag mit der
Ausübung des Ankaufsrechts auch dann zustande, wenn der
ursprüngliche Vertrag den Kaufpreis nicht beziffert, sondern
lediglich den Maßstab (z.B. Verkehrswert) und die Methode zu
dessen Ermittlung regelt. Zur Wirksamkeit eines Kaufvertrags reicht
es aus, wenn der Kaufpreis der Höhe nach bestimmbar ist; auch
eine Schiedsgutachterklausel nach § 317 des Bürgerlichen
Gesetzbuchs (BGB) ist zulässig (vgl. Palandt/Weidenkaff,
Bürgerliches Gesetzbuch, 70. Aufl., § 433 Rz 39).
Dementsprechend kann auch das Ankaufsrecht wirksam ausgeübt
werden, wenn der Kaufpreis bestimmbar ist bzw. durch einen Dritten
bestimmt werden soll (vgl. BGH-Urteile vom 9.1.1970 V ZR 30/67,
Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht,
Wertpapiermitteilungen 1970, 493; vom 19.5.1989 V ZR 103/88, NJW-RR
1989, 1037; vom 17.5.1991 V ZR 104/90, NJW 1991, 2698). Ist bei der
Vereinbarung des Ankaufsrechts festgelegt, dass maßgebender
Kaufpreis für das Grundstück der zum Zeitpunkt der
Ausübung des Ankaufsrechts geltende Verkehrswert des
Grundstücks ist, genügt dies für die Bestimmbarkeit
des Kaufpreises.
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Das Ankaufsrecht ist ausgeübt, wenn die
Erklärung des Ankaufsberechtigten, er wolle das
Grundstück zum Verkehrswert erwerben, dem Verpflichteten
zugegangen ist (vgl. § 130 BGB).
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b) Das FG ist in der angefochtenen
Entscheidung ohne nähere Begründung davon ausgegangen,
dass die Ausübung des Ankaufsrechts weder der notariellen
Beurkundung noch der Schriftform bedurfte und damit der Vertrag
über die Einräumung des Ankaufsrechts als aufschiebend
bedingter Kaufvertrag anzusehen ist. Diese Auslegung ist
revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Beteiligten haben
insoweit auch keine Einwände erhoben.
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Unzutreffend ist jedoch die Auffassung des FG,
dass die Ausübung des Ankaufsrechts durch die Klägerin
nur bei einer Einigung mit E über die Höhe des
Verkehrswerts des Miteigentumsanteils zivilrechtlich wirksam
wäre. Deshalb war das angefochtene Urteil aufzuheben. Die
Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat noch nicht festgestellt, ob
die Klägerin das Ankaufsrecht gegenüber E vor dessen
Ableben tatsächlich ausgeübt und damit einen Anspruch auf
Übereignung des Miteigentumsanteils erworben hatte. Die
Verhandlungen zwischen der Klägerin und E über den
Verkehrswert des Miteigentumsanteils im Februar 2003 können
ein Indiz für die Ausübung des Ankaufsrechts sein. Eine
Ausübungserklärung liegt vor, wenn die Klägerin mit
den Verhandlungen über den Verkehrswert ihr Ankaufsrecht
ausüben wollte, also ihren Willen bekundet hat, den
Miteigentumsanteil des E zum Verkehrswert zu erwerben, und dies
für E erkennbar war. Hat die Klägerin ihr Ankaufsrecht
gegenüber E ausgeübt, liegt darin ein Erwerbsvorgang i.S.
des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG, der nach § 3 Nr. 5 GrEStG
steuerfrei ist (nachfolgend unter II.2.a). Der vom FA der
Besteuerung unterworfene Vertrag vom 12.4.2005 konnte nicht zum
nochmaligen Entstehen von Grunderwerbsteuer führen (vgl.
BFH-Beschluss vom 12.6.2002 II S 1/01, BFH/NV 2002, 1343 = SIS 02 94 49). Der angefochtene Steuerbescheid wäre aufzuheben, weil
er sich auf den Vertrag vom 12.4.2005 bezieht und dadurch der der
Besteuerung zu Grunde gelegte Lebenssachverhalt bezeichnet ist
(vgl. BFH-Urteil vom 22.1.2003 II R 76/01, BFH/NV 2003, 1137 = SIS 03 36 71).
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Lässt sich dagegen eine Ausübung des
Ankaufsrechts gegenüber E nicht feststellen, ist die
Besteuerung des zwischen der Klägerin und K geschlossenen
Vertrags vom 12.4.2005 im angefochtenen Bescheid
rechtmäßig. Eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 5
GrEStG greift nicht ein, weil die Vorschrift nicht den
Grundstückserwerb vom Gesamtrechtsnachfolger des geschiedenen
Ehegatten begünstigt (nachfolgend unter II.2.b).
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2. Nach § 3 Nr. 5 GrEStG ist von der
Besteuerung ausgenommen der Grundstückserwerb durch den
früheren Ehegatten des Veräußerers im Rahmen der
Vermögensauseinandersetzung nach der Scheidung.
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a) Die Vorschrift knüpft die
Steuerbefreiung an die sachliche Voraussetzung an, dass der
Grundstückserwerb im Zuge der Vermögensauseinandersetzung
aufgrund der Scheidung erfolgt.
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aa) Steuerfrei sind danach in sachlicher
Hinsicht alle Erwerbe aus Anlass der Ehescheidung (vgl. BTDrucks
9/251, S. 18). Begünstigt ist jede
Vermögensauseinandersetzung, die ihre Ursache in der Scheidung
hat (vgl. Kesseler, Deutsches Steuerecht - DStR - 2010, 2173). Die
Vermögensauseinandersetzung erstreckt sich auf die Regelung
sämtlicher vermögensrechtlicher Beziehungen der
geschiedenen Ehegatten (Sack in Boruttau, Grunderwerbsteuergesetz,
16. Aufl., § 3 Rz 385; Pahlke/Franz, Grunderwerbsteuergesetz,
Kommentar, 4. Aufl., § 3 Rz 226). Dazu gehört auch die
Auseinandersetzung von Bruchteilsgemeinschaften der Ehegatten (vgl.
Kesseler, DStR 2010, 2173).
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Eine zeitliche Beschränkung ist in §
3 Nr. 5 GrEStG für die Vermögensauseinandersetzung nicht
vorgesehen. Ein langer Zeitraum zwischen Scheidung und
Grundstücksübertragung kann jedoch darauf hindeuten, dass
eine scheidungsbedingte Vermögensauseinandersetzung nicht mehr
vorliegt (vgl. Sack, a.a.O., § 3 Rz 379; Pahlke/Franz, a.a.O.,
§ 3 Rz 225).
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bb) Für die Bruchteilsgemeinschaft i.S.
des § 741 BGB ist eine Auseinandersetzung gesetzlich nicht
geregelt. Die Bruchteilsgemeinschaft an einem bebauten
Grundstück endet, wenn ein Teilhaber die Anteile der anderen
Teilhaber erwirbt (vgl. § 747 Satz 1 BGB), die Teilhaber das
Grundstück verkaufen (vgl. § 747 Satz 2 BGB) oder das
Grundstück aufgrund des Aufhebungsverlangens eines Teilhabers
versteigert wird (vgl. § 753 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die
Vereinbarung eines Ankaufsrechts führt dagegen nicht zur
Beendigung der Bruchteilsgemeinschaft; sie wird vielmehr
fortgesetzt, bis der Ankaufsberechtigte das Ankaufsrecht
ausübt und die Anteile der anderen Teilhaber erwirbt.
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cc) Vereinbaren Ehegatten zur Regelung der
Vermögensauseinandersetzung im Zusammenhang mit ihrer
Scheidung, dass sie vorerst Miteigentümer des weiterhin von
einem Ehegatten und dem gemeinsamen Kind genutzten Wohnhauses
bleiben, und erhält der nutzende Ehegatte ein notariell
beurkundetes Ankaufsrecht für den Miteigentumsanteil des
anderen Ehegatten, ist ein nach der Scheidung aufgrund des
Ankaufsrechts erfolgter Erwerb vom früheren Ehegatten noch der
scheidungsbedingten Vermögensauseinandersetzung
zuzurechnen.
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Die scheidungsbedingte
Vermögensauseinandersetzung ist hinsichtlich des gemeinsamen
Grundstücks nicht bereits mit dem Abschluss der Vereinbarungen
der (geschiedenen) Ehegatten im Auseinandersetzungsvertrag beendet.
Dies gilt selbst dann, wenn damit die maßgeblichen
Bestimmungen für den Erwerb des Miteigentumsanteils und die
weitere Nutzung des Grundstücks durch den ankaufsberechtigten
Ehegatten schon im Einzelnen festgelegt werden. Allein mit der
wirksamen Begründung eines Ankaufsrechts für den
Miteigentumsanteil und der umfassenden Regelung der
weiterbestehenden Eigentümergemeinschaft ist noch keine
Vermögensauseinandersetzung hinsichtlich des Wohnhauses
erfolgt. Die Vermögensauseinandersetzung endet insoweit
vielmehr erst mit dem tatsächlichen Vollzug der
anlässlich der Scheidung getroffenen
Auseinandersetzungsvereinbarungen, also dann, wenn das Ankaufsrecht
ausgeübt wird oder feststeht, dass es nicht mehr zu einer
Ausübungserklärung kommen wird.
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b) Ein Grundstückserwerb vom
Gesamtrechtsnachfolger des geschiedenen Ehegatten ist dagegen nicht
nach § 3 Nr. 5 GrEStG begünstigt, selbst wenn die
Grundstücksübertragung im Zusammenhang mit der
Vermögensauseinandersetzung nach der Scheidung erfolgt.
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aa) Die Regelung erfasst nach ihrem Wortlaut
nur den Erwerb durch den früheren Ehegatten des
Veräußerers. Erwerber und Veräußerer
müssen also vor dem Erwerb miteinander verheiratet gewesen und
die Ehe muss infolge Scheidung aufgelöst sein. Nicht
begünstigt ist ein Erwerb von einem Gesamtrechtsnachfolger des
geschiedenen Ehegatten (a.A. Pahlke/Franz, a.a.O., § 3 Rz
226).
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bb) Der mit der Einfügung des § 3
Nr. 5 GrEStG verfolgte Gesetzeszweck spricht dagegen, die
Steuerbefreiung auch dann zu gewähren, wenn der frühere
Ehegatte das Grundstück vom Gesamtrechtsnachfolger des
geschiedenen Ehegatten erwirbt. Die Steuerbefreiung nach § 3
Nr. 5 GrEStG wurde geschaffen, um
Vermögensauseinandersetzungen aus Anlass der Scheidung nicht
mit Grunderwerbsteuer zu belasten (vgl. BTDrucks 9/251, S. 18).
Endet der eheliche Güterstand durch Scheidung und werden im
Zuge der Vermögensauseinandersetzung erst nach der Scheidung
Grundstücke zwischen den früheren Ehegatten
übertragen, so tritt Steuerbefreiung weder nach § 3 Nr. 3
GrEStG noch nach § 3 Nr. 4 GrEStG ein. Durch § 3 Nr. 5
GrEStG sollten Grundstücksübertragungen zwischen
geschiedenen Ehegatten im Rahmen der infolge der Scheidung
notwendig gewordenen Vermögensauseinandersetzung
begünstigt werden (vgl. BTDrucks 9/251, S. 18). Die
Gesetzesbegründung geht damit ersichtlich davon aus, dass die
Steuerbefreiung Grundstücksübertragungen zwischen
geschiedenen Ehegatten betreffen soll. Ein steuerfreier Erwerb vom
Gesamtrechtsnachfolger des geschiedenen Ehegatten war nach der
Intention des Gesetzgebers nicht vorgesehen. Im Wege der Auslegung
darf kein durch das Gesetz nicht belegter
Begünstigungstatbestand geschaffen werden (vgl. BFH-Urteil vom
21.1.2004 II R 1/02, BFH/NV 2004, 1120 = SIS 04 30 47, m.w.N.).
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cc) Eine analoge Anwendung des § 3 Nr. 5
GrEStG auf Grundstückserwerbe von einem Gesamtrechtsnachfolger
des geschiedenen Ehegatten scheidet ebenfalls aus (a.A. Kesseler,
DStR 2010, 2173). Eine Gesetzeslücke ist insoweit nicht
erkennbar. Die Vorschrift will durch die Steuerbefreiung von
Grundstücksübertragungen die
Vermögensauseinandersetzung zwischen den früheren
Ehegatten nach der Scheidung erleichtern. Die Ehegatten sind
infolgedessen nicht gezwungen, Grundstücke zur Vermeidung von
Grunderwerbsteuer bereits vor der Scheidung zu übertragen, um
so die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 4 GrEStG in Anspruch
nehmen zu können. § 3 Nr. 5 GrEStG ist aber auf
Grundstückserwerbe zwischen den früheren Ehegatten
beschränkt, ebenso wie § 3 Nr. 4 GrEStG nur
Grundstückserwerbe zwischen Ehegatten erfasst. Es ist kein
Grund ersichtlich, der eine Differenzierung der Steuerbefreiungen
danach rechtfertigen könnte, ob die Steuerbefreiung
ausschließlich an ein personenbezogenes Verhältnis
anknüpft, wie § 3 Nr. 4 GrEStG, oder ob die
Steuerbefreiung daneben sachliche Voraussetzungen hat, wie § 3
Nr. 5 GrEStG. Die personenbezogenen und sachlichen Voraussetzungen
für die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 5 GrEStG sind
gleichwertig. Dass § 3 Nr. 5 GrEStG die
Vermögensauseinandersetzung nach der Scheidung und damit - im
Gegensatz zu § 3 Nr. 4 GrEStG - nur bestimmte
Grundstücksübertragungen begünstigt, führt
nicht dazu, die Steuerbefreiung in personenbezogener Hinsicht auf
Gesamtrechtsnachfolger auszudehnen. Der Gesamtrechtsnachfolger
eines geschiedenen Ehegatten tritt zwar mit dem Erbfall
grundsätzlich in die Verpflichtungen und Rechte ein, die durch
eine Vereinbarung über die Vermögensauseinandersetzung
zwischen dem Erblasser und seinem früheren Ehegatten
begründet wurden (§ 1922 BGB). Dies hat aber nicht zur
Folge, dass Grundstückserwerbe durch den früheren
Ehegatten des Erblassers auch weiterhin begünstigt sind. Denn
mit dem Ableben des Erblassers ist zugleich der Grund für die
Steuerbefreiung, das begünstigte Verhältnis zwischen den
geschiedenen Ehegatten, erloschen.
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