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I. Der 1938 geborene Kläger und
Revisionskläger (Kläger) wurde durch notariell
beurkundeten Adoptionsvertrag vom 31.10.1950 von seinem Onkel und
dessen Ehefrau CB an Kindes statt angenommen. Der
Kindesannahmevertrag wurde mit notariell beurkundetem und
vormundschaftsgerichtlich genehmigtem Vertrag vom 18.9.1959 wieder
aufgehoben.
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In einem 1995 errichteten
gemeinschaftlichen Testament setzten sich die Eheleute gegenseitig
zum Erben ein und bestimmten, dass der Kläger Erbe des zuletzt
Versterbenden werden sollte. CB, die ihren Ehemann überlebt
hatte, verstarb am 16.2.2004.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) setzte mit Bescheid vom 4.7.2005 gegenüber
dem Kläger Erbschaftsteuer in Höhe von 43.171 EUR fest,
wobei davon ausgegangen wurde, dass der Kläger zur
Steuerklasse III gehört.
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Der Einspruch, mit dem der Kläger als
ehemaliger Adoptivsohn die Zuordnung zur Steuerklasse I, hilfsweise
zur Steuerklasse II begehrte, hatte nur hinsichtlich des
Hilfsantrags Erfolg. Die Erbschaftsteuer wurde im geänderten
Bescheid vom 23.8.2005 auf 31.042 EUR herabgesetzt.
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Die Klage wurde abgewiesen. Zur
Begründung führte das Finanzgericht (FG) in dem in EFG
2008, 1647 = SIS 08 34 90 veröffentlichten Urteil aus, der
Kläger sei zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht mehr Adoptivsohn
der Erblasserin und damit kein Kind i.S. von § 15 Abs. 1 des
Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der für den
Streitfall maßgebenden Fassung (ErbStG) gewesen. § 15
Abs. 1a ErbStG gelte nicht für ehemalige
Adoptionsverhältnisse.
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Mit der Revision rügt der Kläger
die fehlerhafte Anwendung des § 15 Abs. 1a ErbStG. Nach dem
Wortlaut und dem Sinnzusammenhang des Gesetzes sei die Vorschrift
dahin zu verstehen, dass ein ehemaliges Adoptivkind die
Steuerklasse I beanspruchen könne, obwohl nach Aufhebung der
Adoption zivilrechtlich eine Verwandtschaft zu den Adoptiveltern
nicht mehr bestehe.
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Der Kläger beantragt, die
Vorentscheidung aufzuheben und den Erbschaftsteuerbescheid vom
23.8.2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.3.2006 dahin
zu ändern, dass ein Freibetrag von 205.000 EUR
berücksichtigt und die Erbschaftsteuer auf 0 EUR festgesetzt
wird.
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Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist unbegründet und war
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Die Entscheidung des FG, dem
Kläger als ehemaligem Adoptivkind nicht den für Kinder
maßgeblichen Freibetrag zu gewähren, ist
rechtmäßig. § 15 Abs. 1a ErbStG gilt nicht für
ein Adoptivkind, dessen Verwandtschaft zum Erblasser bereits vor
dem Erbfall durch Aufhebung des Annahmeverhältnisses erloschen
ist.
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1. Nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG bleibt
in den Fällen des § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG der Erwerb der
Kinder im Sinne der Steuerklasse I Nr. 2 in Höhe von 205.000
EUR steuerfrei. Zu dieser Steuerklasse gehören die Kinder und
Stiefkinder (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG). Die Steuerklassen I
und II Nr. 1 bis 3 gelten auch dann, wenn die Verwandtschaft durch
Annahme als Kind bürgerlich-rechtlich erloschen ist (§ 15
Abs. 1a ErbStG).
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2. § 15 Abs. 1a ErbStG begünstigt
Erwerber in den Fällen, in denen die Annahme als Kind
bürgerlich-rechtlich zum Erlöschen der Verwandtschaft
geführt hat, die Annahme als Kind also den
Erlöschensgrund darstellt. Dafür spricht neben dem
Wortlaut vor allem die Entstehungsgeschichte der Regelung.
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a) § 15 Abs. 1a ErbStG wurde durch das
Gesetz zur Änderung und Vereinfachung des
Einkommensteuergesetzes und anderer Gesetze vom 18.8.1980 (BGBl I
1980, 1537) eingefügt. Nach der Begründung zum
Gesetzentwurf der Bundesregierung war die Änderung eine Folge
des neuen Adoptionsrechts (BTDrucks 8/3688, S. 23).
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Im Adoptionsgesetz (AdG) vom 2.7.1976 (BGBl I
1976, 1749) wurden die §§ 1741 bis 1772 des
Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) mit Wirkung ab 1.1.1977
völlig neu gefasst. Bis zu dieser Neuregelung erlangte ein
Kind durch die Annahme an Kindes statt zwar die rechtliche Stellung
eines ehelichen Kindes des Annehmenden (§ 1757 Abs. 1 BGB in
der vor dem 1.1.1977 geltenden Fassung - BGB a.F. - ), wobei sich
die Wirkungen der Annahme nicht auf die Verwandten des Annehmenden
erstreckten (§ 1763 Satz 1 BGB a.F.); als Adoptivkind
gehörte es nach § 15 Abs. 1 I Nr. 2 Buchst. b ErbStG a.F.
zur Steuerklasse I. Nach § 1764 BGB a.F. blieben aber die
Rechte und Pflichten, die sich aus dem
Verwandtschaftsverhältnis zwischen dem Kinde und seinen
Verwandten ergaben, durch eine Annahme an Kindes statt
grundsätzlich unberührt. Das
Verwandtschaftsverhältnis des Kindes zu seinen leiblichen
Eltern und den bisherigen Verwandten blieb weiterhin bestehen und
war demzufolge auch erbschaftsteuerrechtlich nach § 15 Abs. 1
ErbStG für die Steuerklasse zu berücksichtigen.
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Dagegen erlöschen nach Inkrafttreten der
Neuregelungen im AdG bei der Annahme Minderjähriger
gemäß § 1755 Abs. 1 Satz 1 BGB das
Verwandtschaftsverhältnis des Kindes und seiner
Abkömmlinge zu den bisherigen Verwandten und die sich daraus
ergebenden Rechte und Pflichten. Um zu verhindern, dass sich das
Erlöschen des bürgerlich-rechtlichen
Verwandtschaftsverhältnisses in erbschaftsteuerrechtlicher
Hinsicht nachteilig auswirkt, bestimmt § 15 Abs. 1a ErbStG,
dass die Steuerklassen I und II Nr. 1 bis 3 auch hier gelten (vgl.
Kapp/Ebeling, § 15 ErbStG, Rz 30, 30.1; Längle in
Fischer/Jüptner/Pahlke, ErbStG, 1. Aufl., § 15 Rz 45, 46;
Knobel in Viskorf/Knobel/Schuck, Erbschaftsteuer- und
Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, 3. Aufl., § 15 ErbStG
Rz 39; Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz,
Kommentar, 15. Aufl., § 15 Rz 17, 18; Jülicher in
Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 15 Rz 49; Götz/
Ohletz in Wilms/Jochum, ErbStG, § 15 Rz 82;
Tiedtke/Wälzholz in Tiedtke, ErbStG, 2009, § 15 Rz 16;
Högl in Gürsching/ Stenger, BewG und ErbStG, § 15
ErbStG Rz 34). Bereits vor dem Inkrafttreten des § 15 Abs. 1a
ErbStG war aufgrund von Verwaltungsanweisungen entsprechend
verfahren worden (vgl. Niedersächsisches Finanzministerium,
Erlass vom 13.12.1979 - S 3820 - 10 R - 34, DB 1980, 139).
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Auch der Bundesfinanzhof geht im Urteil vom
14.5.1986 II R 37/84 (BFHE 146, 471, BStBl II 1986, 613 = SIS 86 15 03) davon aus, dass die Neuregelung des § 15 Abs. 1a ErbStG
Sachverhalte betrifft, in denen die bürgerlich-rechtliche
Verwandtschaft mit den leiblichen Eltern erloschen ist.
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b) § 15 Abs. 1 und Abs. 1a ErbStG haben
zur Folge, dass bei der Adoption Minderjähriger die
Steuerklassen I und II Nr. 1 bis 3 sowohl bei Erwerben im
bisherigen Verwandtschaftskreis als auch bei Erwerben in dem durch
die Annahme als Kind neu begründeten Verwandtschaftskreis
Anwendung finden, also eine Doppelbegünstigung eintritt. Dies
lässt sich nach dem Gesetzeszweck damit rechtfertigen, dass
erbschaftsteuerrechtlich das durch die Annahme als Kind erloschene
Verhältnis zu den leiblichen Verwandten dem kraft Gesetzes
entstandenen Verwandtschaftsverhältnis zu dem Annehmenden und
dessen Verwandten für die Zuordnung des Erwerbers zu einer
Steuerklasse gleichzustellen ist.
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c) Ein ehemaliges Adoptionsverhältnis
fällt entgegen der Auffassung des Klägers nicht in den
Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1a ErbStG (vgl. Kapp/Ebeling,
§ 15 ErbStG, Rz 30.1; Längle, a.a.O., § 15 Rz
47).
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Zwar wäre es nach dem Wortlaut der
Vorschrift möglich, sie dahin zu verstehen, dass die
Steuerklassen I und II Nr. 1 bis 3 auch dann gelten sollen, wenn
eine Verwandtschaft, die durch Annahme als Kind begründet
worden ist, bürgerlich-rechtlich erloschen ist. Das
Tatbestandsmerkmal „Annahme als Kind“ würde
in diesem Fall nicht - wie bei dem durch die Annahme als Kind
bedingten Erlöschen des Verwandtschaftsverhältnisses zur
leiblichen Verwandtschaft - den Grund für das Erlöschen
der Verwandtschaft bezeichnen, sondern den Grund für das
Entstehen der Verwandtschaft. Dies würde aber dazu
führen, das Tatbestandsmerkmal „Annahme als
Kind“ innerhalb der Vorschrift in unterschiedlicher Weise
zu verstehen, was dem gesetzgeberischen Willen nicht entspricht.
Der Gesetzgeber hat die Vorschrift als Folge des neuen
Adoptionsrechts geschaffen und damit dessen nachteilige
Auswirkungen auf die Steuerklassen im Erbschaftsteuerrecht
ändern wollen. Für eine in diesem Zusammenhang
beabsichtigte Begünstigung ehemaliger
Adoptionsverhältnisse sind keinerlei Anhaltspunkte
ersichtlich.
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Die Anwendung der Steuerklassen I und II Nr. 1
bis 3 auf einen Erwerber, dessen Verwandtschaftsverhältnis zum
Erblasser durch eine Annahme als Kind begründet und noch vor
Eintritt des Erbfalls durch Aufhebung des Annahmeverhältnisses
wieder erloschen ist, ist auch nicht aus erbschaftsteuerrechtlicher
Sicht zwingend geboten. Es gibt keinen sachlichen Grund dafür,
die durch Aufhebung der Adoption erloschenen
Verwandtschaftsverhältnisse hinsichtlich der Steuerklasse
ebenso zu behandeln wie Verwandtschaftsbeziehungen zu den
leiblichen Verwandten, die seit der Neuregelung des Adoptionsrechts
gemäß § 1755 Abs. 1 BGB durch die Annahme als Kind
erlöschen. Allein ein möglicherweise weiter bestehendes
persönliches Verhältnis des ehemaligen Adoptivkindes zu
seinen früheren Adoptiveltern reicht hierfür nicht
aus.
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