Hinzurechnung einer verlustbedingten Teilwertabschreibung der Organträgerin auf Darlehensforderungen gegen eine Organgesellschaft beim Gewerbeertrag: 1. Gewinnminderungen infolge einer Teilwertabschreibung (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG) des Organträgers auf Darlehensforderungen gegen eine Organgesellschaft sind bei der Ermittlung des organschaftlichen Gewerbeertrags durch entsprechende Hinzurechnungen zu korrigieren (neutralisieren), soweit die Teilwertabschreibung zumindest auch durch erlittene Verluste der Organgesellschaft bedingt ist. - 2. Die Teilwertabschreibung auf eine Forderung beruht stets zumindest auch auf erlittenen Verlusten des Schuldners, soweit der Betrag der Teilwertabschreibung den Betrag dieser Verluste nicht übersteigt. - Urt.; BFH 5.11.2009, IV R 57/06; SIS 09 39 23
I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) ist die Rechtsnachfolgerin
und frühere persönlich haftende Gesellschafterin der D KG
(KG). Die KG war Alleingesellschafterin der O-GmbH, die 1998 mit
500.000 DM Stammkapital gegründet worden war.
Zwischen der KG und der O-GmbH bestand eine
gewerbesteuerrechtliche Organschaft in den Jahren 1998 bis
einschließlich 2001. Da eine Ergebnisabführung nicht
vereinbart war, entfiel die gewerbesteuerrechtliche Organschaft ab
dem 1.1.2002. Denn ab diesem Zeitpunkt setzt diese einen
Ergebnisabführungsvertrag voraus (§ 2 Abs. 2 Satz 2 des
Gewerbesteuergesetzes - GewStG - 1999 i.d.F. des Gesetzes zur
Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts vom 20.12.2001, BGBl I
2001, 3858).
Seit ihrem Bestehen erwirtschaftete die
O-GmbH Verluste: Im Streitjahr (2000) betrugen sie 1.815.683,53 DM.
Bis zum 31.12.2000 liefen insgesamt Verluste in Höhe von
2.053.925,04 DM auf, die in der Handelsbilanz einen nicht durch
Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag in Höhe von 1.553.925,04 DM
ergaben.
Die KG stellte der O-GmbH zur Finanzierung
der verlustbringenden laufenden Produktentwicklung und
Geschäftstätigkeit Darlehen zur Verfügung; zum
31.12.2000 betrugen diese insgesamt 1.498.252,28 DM.
Die KG schrieb im handelsrechtlichen
Jahresabschluss für das Streitjahr diese Darlehen in voller
Höhe ab.
In ihrer Gewerbesteuererklärung
für das Streitjahr berücksichtigte die KG beim
Gewerbeertrag u.a. die Verluste der O-GmbH und die
Teilwertabschreibung auf die Darlehen im Jahr 2000.
Erklärungsgemäß setzte der Beklagte und
Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) den
Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von 132.205 DM unter dem
Vorbehalt der Nachprüfung fest.
Im Anschluss an eine
Außenprüfung u.a. für das Streitjahr vertrat das FA
die Auffassung, die Teilwertabschreibung auf die Darlehen sei dem
organschaftlichen Gewerbeertrag wieder hinzuzurechnen, da ansonsten
die Verluste der O-GmbH doppelt berücksichtigt
würden.
Das FA änderte dementsprechend mit
Bescheid vom 26.11.2004 den Gewerbesteuermessbetrag auf 194.970 DM.
Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben.
Der Einspruch und die Klage hatten keinen
Erfolg.
Das Urteil des Finanzgerichts ist in EFG
2007, 279 = SIS 07 00 62 veröffentlicht.
Mit ihrer Revision rügt die
Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.
Die Klägerin beantragt, die
Vorentscheidung sowie die Einspruchsentscheidung vom 13.12.2005
aufzuheben und den Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag
2000 vom 26.11.2004 dahingehend zu ändern, dass bei der
Festsetzung die Teilwertabschreibung auf die Darlehensforderungen
gegen die O-GmbH (1.498.252 DM) ertragsmindernd berücksichtigt
wird.
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision der Klägerin ist
unbegründet und daher zurückzuweisen (vgl. § 126
Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
Die Teilwertabschreibung der KG auf die
Darlehensforderungen gegen die O-GmbH ist dem organschaftlichen
Gewerbeertrag hinzuzurechnen, d.h. zu neutralisieren.
1. Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG 1999 in
der Fassung des Streitjahres 2000 gelten Kapitalgesellschaften, die
- wie im Streitfall die O-GmbH - derart in ein anderes
inländisches gewerbliches Unternehmen eingegliedert sind, dass
die Voraussetzungen des § 14 Nrn. 1 bis 3 des
Körperschaftsteuergesetzes (KStG) in der Fassung des
Streitjahres erfüllt sind, als Betriebsstätten des
anderen Unternehmens (sog. gewerbesteuerrechtliche Organschaft).
Trotz dieser Fiktion bilden die eingegliederten
Kapitalgesellschaften (die Organgesellschaften) und das andere
Unternehmen (der Organträger) kein einheitliches Unternehmen.
Sie bleiben vielmehr selbständige Gewerbebetriebe, die einzeln
für sich bilanzieren und deren Gewerbeerträge getrennt zu
ermitteln sind (sog. gebrochene oder eingeschränkte
Einheitstheorie). Die Organschaft führt jedoch dazu, dass die
persönliche Gewerbesteuerpflicht der Organgesellschaft
für die Dauer der Organschaft dem Organträger zugerechnet
wird. Deshalb ist der einheitliche Gewerbesteuermessbetrag für
die zum Organkreis gehörenden Gewerbebetriebe - das sind die
Gewerbebetriebe des Organträgers und der Organgesellschaft(en)
- allein gegenüber dem Organträger festzusetzen
(ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Urteile des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 22.4.1998 I R 109/97, BFHE 186, 443,
BStBl II 1998, 748 = SIS 98 23 33, unter II.1. der Gründe,
m.w.N.; vom 30.1.2002 I R 73/01, BFHE 198, 128, BStBl II 2003, 354
= SIS 02 08 38, unter II.1. der Gründe, m.w.N.).
Um den für die Festsetzung des
Steuermessbetrages maßgebenden Gewerbeertrag des Organkreises
zu ermitteln, sind die getrennt ermittelten Gewerbeerträge des
Organträgers und der Organgesellschaft(en) zusammenzurechnen
und die Summe um die sich aufgrund der Zusammenrechnung etwa
ergebenden steuerlichen Doppelbelastungen oder ungerechtfertigten
steuerlichen Entlastungen zu korrigieren. Je nach dem, um welchen
Rechenposten es sich handelt, sind die Korrekturen entweder bereits
bei den selbständig ermittelten Gewerbeerträgen der zum
Organkreis gehörenden Betriebe oder nachfolgend durch
Hinzurechnungen zu bzw. Abzügen von der Summe der getrennt
ermittelten Gewerbeerträge vorzunehmen. Rechtsgrundlage der
Korrekturen ist § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG 1999 (ständige
Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile in BFHE 186, 443, BStBl II 1998,
748 = SIS 98 23 33, unter II.1. der Gründe, m.w.N., und in
BFHE 198, 128, BStBl II 2003, 354 = SIS 02 08 38, unter II.1. der
Gründe, m.w.N.).
2. Dementsprechend sind nach der
Rechtsprechung des BFH Ertragsminderungen infolge von
Teilwertabschreibungen (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 des
Einkommensteuergesetzes - EStG - ) auf Beteiligungen an
Organgesellschaften bei der Ermittlung des Gewerbeertrages des
Organkreises durch entsprechende Hinzurechnungen zu korrigieren
(neutralisieren), soweit die Teilwertabschreibungen
betragsmäßig den erlittenen Verlusten der
Organgesellschaften entsprechen (BFH-Urteile vom 6.11.1985 I R
56/82, BFHE 145, 78, BStBl II 1986, 73 = SIS 86 05 23, unter 2. der
Gründe; in BFHE 186, 443, BStBl II 1998, 748 = SIS 98 23 33,
unter II.2. der Gründe).
3. Gleiches gilt für Ertragsminderungen
infolge von Teilwertabschreibungen (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2
EStG) des Organträgers auf Darlehensforderungen gegen
Organgesellschaften, soweit die Teilwertabschreibungen zumindest
auch durch erlittene Verluste bedingt sind (a.A. Dierichs/Seifried,
DStR 2002, 2068, 2069).
Denn wie bei Teilwertabschreibungen auf
Beteiligungen würde die Berücksichtigung verlustbedingter
Teilwertabschreibungen auf diese Forderungen bei bestehender
gewerbesteuerrechtlicher Organschaft zu einer doppelten Entlastung
des Organträgers im Erhebungszeitraum führen,
nämlich durch die Zusammenfassung des eigenen, durch die
verlustbedingte Teilwertabschreibung geminderten Gewerbeertrags mit
dem negativen Gewerbeertrag der Organgesellschaft.
a) Dem steht nicht entgegen, dass - wie die
Klägerin vorträgt - die Darlehensverbindlichkeiten bei
der Organgesellschaft weiterhin passiviert werden. Denn das
Imparitätsprinzip ist gerade die Ursache dafür, dass sich
die Verluste - ohne Korrekturen - im Streitjahr doppelt auswirken
würden.
b) Demnach ist auch ohne Bedeutung, dass - wie
die Klägerin vorträgt - der Ertrag und der Aufwand aus
dem Ausfall einer Forderung aufgrund bilanzieller Vorschriften bei
unterschiedlichen Rechtsträgern zu erfassen sind.
c) Der Einwand der Klägerin, nach dem
BFH-Urteil vom 14.1.2009 I R 52/08 (BFHE 224, 132, BStBl II 2009,
674 = SIS 09 09 87) seien Gewinnminderungen i.S. des § 8b Abs.
3 Satz 2 KStG i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung der
Protokollerklärung der Bundesregierung zur
Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz vom
22.12.2003 (BGBl I 2003, 2840) zwar Teilwertabschreibungen auf
Beteiligungen, nicht aber Teilwertabschreibungen auf Darlehen,
führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn diese Regelung galt im
Streitjahr noch nicht und kann deshalb zur Auslegung nicht
herangezogen werden. Darüber hinaus steht diese Vorschrift im
Zusammenhang mit der Steuerbefreiung von
Anteilsveräußerungen nach § 8b Abs. 2 KStG. Hier
geht es jedoch um § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG, wonach die
Organgesellschaft als Betriebsstätte des Organträgers
gilt.
4. Allerdings darf die Hinzurechung der
Teilwertabschreibung auf die Darlehen nicht dazu führen, dass
in zukünftigen Erhebungszeiträumen Gewinne aufgrund von
bilanziellen Veränderungen bei der Organträgerin
(insbesondere durch Wertaufholung) oder der Organgesellschaft (z.B.
bei Darlehensverzicht) den Gewerbeertrag erhöhen, während
die Teilwertabschreibung auf die Darlehen unberücksichtigt
geblieben ist. Dem steht das objektive Nettoprinzip entgegen. Dies
gilt während der Organschaft und nach deren Beendigung
gleichermaßen. Der Senat hat im Hinblick auf die
Verhältnisse im Streitjahr keine Veranlassung, über den
Zeitpunkt oder das Verfahren zur Berücksichtigung der
Gewinnminderung in Folgejahren zu entscheiden.
5. Die Teilwertabschreibung einer Forderung
hängt von der Zahlungsfähigkeit und damit vom
Vermögen des Schuldners ab. Da Verluste das
Betriebsvermögen des Schuldners mindern, beruht die
Teilwertabschreibung auf eine Forderung stets zumindest auch auf
erlittenen Verlusten, soweit der Betrag der Teilwertabschreibung
den Betrag dieser Verluste nicht übersteigt.
So liegt der Streitfall: Der Betrag der
Teilwertabschreibung war geringer als der aufgrund der Verluste
nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag der
Organgesellschaft.