Wohnungseigentümergemeinschaft, Beteiligten- und Prozessfähigkeit: 1. Eine Wohnungseigentümergemeinschaft ist im Verfahren über die einheitliche und gesonderte Feststellung der Bemessungsgrundlagen für Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz und für Absetzungen für Abnutzung nicht klagebefugt. - 2. Das FG kann die Zulassung der Revision wirksam auf die Zulässigkeit der Klage beschränken. - Urt.; BFH 25.6.2009, IX R 56/08; SIS 09 33 74
I. Die K-Immobilien-GmbH (GmbH)erwarb im
Dezember 1998 in Leipzig ein 420 qm großes Grundstück
mit einem sanierungsbedürftigen Mehrfamilienhaus für
440.000 DM. Anschließend teilte sie das Grundstück in
Wohnungs- und Teileigentum auf und veräußerte
sämtliche Eigentumswohnungen noch im Dezember 1998 an die
Mitglieder (Gemeinschafter) der im vorliegenden Verfahren als
Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) aufgetretenen
Wohnungseigentümergemeinschaft, die von allen namentlich
genannten Mitgliedern in diesem Verfahren vertreten wird. Die GmbH
verpflichtete sich überdies zur Sanierung. Die jeweiligen
Vertragsparteien gliederten den Kaufpreis für den
Vertragsgegenstand (sanierte Eigentumswohnung) in Kaufpreise
für Altbausubstanz, Sanierung und Küche auf. Die
Gemeinschafter zahlten die bedungenen Kaufpreise noch im Jahr
1998.
Die GmbH erklärte die daraus
entwickelten Werte für die Sanierung (insgesamt 2.551.775 DM
nach den vertraglichen Aufgliederungen), für die
Altbausubstanz (300.001 DM) und den Grund und Boden (Anteil von 40
% der Anschaffungskosten des sanierungsbedürftigen
Mehrfamilienhauses = 199.999 DM) zur einheitlichen und gesonderten
Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die
Sonderabschreibungen nach § 3 Satz 2 Nr. 3 des
Fördergebietsgesetzes (FördG) sowie die Absetzungen
für Abnutzung (AfA) gemäß § 7 Abs. 4 des
Einkommensteuergesetzes (EStG) nach § 180 Abs. 2 der
Abgabenordnung (AO) i.V.m. der Verordnung (VO) zu § 180 Abs. 2
AO. Dementsprechend stellte der Beklagte und Revisionskläger
(das Finanzamt - FA - ) die Bemessungsgrundlage für
Sonderabschreibungen/AfA der Gemeinschafter durch unter dem
Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheid einheitlich und
gesondert fest und gab ihn u.a. den Gemeinschaftern nach § 6
Abs. 3 und 4 der VO zu § 180 Abs. 2 AO einzeln
bekannt.
Im Rahmen einer bei der GmbH
durchgeführten Außenprüfung (nach § 7 Abs. 1
VO zu § 180 Abs. 2 AO) änderte die
Außenprüferin die Kaufpreisaufteilung der Gemeinschafter
anhand der Kostenstruktur der GmbH. Das FA machte sich die
Auffassung der Außenprüferin zu Eigen und änderte
die Bescheide der Gemeinschafter am 13.10.2003 gemäß
§ 164 Abs. 2 AO.
Hiergegen legten die Gemeinschafter je
für sich Einspruch ein. Sie beriefen sich für die im
Vertrag getroffene Aufteilung auf ein Verkehrswertgutachten. Auf
der Basis dieses Gutachtens änderte das FA die
Kaufpreisaufteilung in den Einspruchsentscheidungen nach § 173
Abs. 1 Nr. 1 AO, indem es überdies dem Berechnungsschema der
Außenprüferin folgte.
Die Klage, welche die Klägerin,
gesetzlich vertreten durch die an ihr beteiligten Gemeinschafter,
einlegte, hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) sah in seinem in EFG
2009, 809 = SIS 09 04 67 veröffentlichtem Urteil die
Klägerin als beteiligtenfähig an, weil sie Subjekt einer
einheitlichen und gesonderten Feststellung sei. Die Klage sei auch
begründet; denn das FA sei nicht berechtigt gewesen, die
ursprünglichen Feststellungsbescheide zu ändern.
Mit der vom FG wegen der
Zulässigkeitsfrage zugelassenen Revision macht das FA geltend,
die Klage sei unzulässig. Die Eigentümergemeinschaft sei
nicht rechtsfähig. Da keine Person i.S. von § 48 Abs. 1
Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) vorhanden sei, sei jeder
Gemeinschafter persönlich klagebefugt. Die Klägerin sei
auch nicht Vermieterin. Vermieter seien die jeweiligen
Gemeinschafter als Eigentümer ihrer Wohnungen. Die Klage sei
auch unbegründet. Es bestünden Bedenken gegen die
vertragliche Aufteilung, allein schon deshalb, weil sie keine
Steuerfolgen auslöse.
Das FA beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die
Klage als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise als
unbegründet zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision als unbegründet
zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet und nach
§ 126 Abs. 2 und Abs. 4 FGO zurückzuweisen.
1. Das FG hat die Zulassung der Revision
wirksam auf die Zulässigkeit der Klage beschränkt.
Beschränkungen der Rechtsmittelzulassung sind wirksam, wenn
sie rechtlich und tatsächlich selbständige Teile des
Streitstoffes betreffen, über die in einem besonderen
Verfahrensabschnitt, abgetrennt vom übrigen Verfahren, im Wege
eines Teilurteils (§ 98 FGO) oder eines Zwischenurteils
über den Grund des Anspruchs (§ 99 FGO) oder über
die Zulässigkeit der Klage (§ 97 FGO) gesondert
entschieden werden könnte (ständige Rechtsprechung, vgl.
das Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 28.9.1990 VI R 157/89,
BFHE 162, 290, BStBl II 1991, 86 = SIS 91 02 40, unter I., und das
Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 6.5.1987 IVb ZR 52/86,
NJW 1987, 3264, m.w.N.). Im Streitfall hätte das FG über
die Zulässigkeit gemäß § 97 FGO durch
Zwischenurteil vorab entscheiden können. Folglich konnte es
die Zulassung der Revision wirksam begrenzen.
2. Im Ergebnis zutreffend hat das FG die Klage
als zulässig angesehen. Die klagende
Wohnungseigentümergemeinschaft ist zwar als solche nicht
klagebefugt. Da jedoch alle Beteiligten des Feststellungsverfahrens
geklagt haben, sind sie Streitgenossen i.S. des § 59 FGO
i.V.m. § 59 der Zivilprozessordnung (ZPO). Aus diesem Grund
stellt sich die Entscheidung, die Klage sei zulässig, nach
§ 126 Abs. 4 FGO als richtig dar.
a) Die als Klägerin aufgetretene
Wohnungseigentümergemeinschaft ist im vorliegenden Verfahren
nicht klagebefugt. Der Senat kann offen lassen, ob sie - wie vom FG
und den Beteiligten problematisiert - beteiligtenfähig ist.
Beteiligtenfähig i.S. von § 57 FGO ist nach der
Rechtsprechung des BFH, wer - wenn auch begrenzt - auf dem
steuerrechtlichen Gebiet, das Gegenstand des Rechtsstreits ist,
steuerrechtsfähig ist (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 12.11.1985
VIII R 364/83, BFHE 145, 408, BStBl II 1986, 311 = SIS 86 06 14,
unter I. 1., m.w.N.). Dies ist z.B. im Verfahren der einheitlichen
und gesonderten Feststellung bei einer Grundstücksgemeinschaft
der Fall, die nach außen als Vermieterin auftritt. Sie ist
für die Einkommensteuer insoweit Steuerrechtssubjekt, als sie
in der Einheit ihrer Gemeinschafter Merkmale eines
Besteuerungstatbestandes verwirklicht, welche den Gemeinschaftern
für deren Besteuerung zuzurechnen sind. Solche Merkmale sind
insbesondere die Verwirklichung oder Nichtverwirklichung des
Tatbestands einer bestimmten Einkunftsart und das Erzielen von
Gewinn oder Überschuss im Rahmen dieser Einkunftsart
(BFH-Urteil vom 18.5.2004 IX R 49/02, BFHE 206, 168, BStBl II 2004,
929 = SIS 04 27 54). Werden Besteuerungsgrundlagen nach § 180
Abs. 2 AO i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 2 der VO zu § 180 Abs. 2
AO gesondert und für mehrere Personen einheitlich
festgestellt, so sind an diesem Verfahren nach § 5 der VO zu
§ 180 Abs. 2 VO auch die in § 3 Abs. 1 Nr. 2 der VO zu
§ 180 Abs. 2 AO genannten Personen beteiligt.
aa) Ob die Klägerin eine bei einem
Gesamtobjekt mit der Verwaltung betraute, nach § 3 Abs. 1 Satz
1 Nr. 2 der VO zu § 180 Abs. 2 AO erklärungspflichtige
und damit auch am Feststellungsverfahren beteiligte Person ist, mag
hier dahinstehen.
Denn sie wäre in ihrer
verfahrensrechtlichen, durch die Erklärungspflicht (hier
§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der VO zu § 180 Abs. 2 AO)
vermittelten Steuerpflicht (§ 33 Abs. 1 AO) und
Steuerrechtsfähigkeit nicht betroffen und damit nicht
klagebefugt. Sie hatte keine Feststellungserklärung abgegeben
und ist deshalb (§ 6 Abs. 2 der VO zu § 180 Abs. 2 AO)
auch nicht Adressatin des hier angefochtenen
Feststellungsbescheides.
Wendet man § 48 FGO auf derart
verfahrensrechtlich Beteiligte an, die keine Mitberechtigte sind
(a.A. Söhn in Hübschmann/ Hepp/Spitaler - HHSp -, §
180 AO Rz 592, eingehend zur Problematik, m.w.N.), so lägen
die Voraussetzungen dieser Vorschriften nicht vor. Die
Klägerin hat keinen zur Vertretung berufenen
Geschäftsführer i.S. des § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO. Da
mangels Empfangsbevollmächtigten auch die Voraussetzungen des
§ 48 Abs. 2 FGO nicht vorliegen, sind nach § 48 Abs. 1
Nr. 2 FGO alle Gemeinschafter klagebefugt.
bb) In Bezug auf die im Bescheid getroffenen
Feststellungen der Besteuerungsgrundlagen selbst sind nur die
jeweiligen Feststellungsbeteiligten nach § 179 Abs. 2 Satz 1
AO steuerrechts- und damit beteiligtenfähig. Der
erklärungspflichtige Verwalter, der über § 5 der VO
zu § 180 Abs. 2 AO bloß verfahrensrechtlich beteiligt
ist, wird durch die in einem Feststellungsbescheid getroffenen
Feststellungen (materiell) nicht selbst beschwert (so auch
Söhn in HHSp, § 180 AO Rz 592, m.w.N.). Zwar sind alle
Gemeinschafter als Eigentümer auch Mitglieder der
Wohnungseigentümergemeinschaft. Das führt aber nicht
dazu, die Gemeinschaft statt des jeweiligen Gemeinschafters als
klagebefugt anzusehen. Denn materiell-rechtlich wird die
Wohnungseigentümergemeinschaft durch die hier streitigen
Feststellungen nicht betroffen. Die festgestellten
Besteuerungsgrundlagen (hier die Bemessungsgrundlage für die
Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz) richten
sich in der Sache nur an die Gemeinschafter als Eigentümer der
jeweiligen Eigentumswohnung. Nur sie können nach § 1 Abs.
1 Satz 1 FördG die Steuervergünstigung beanspruchen. Weil
die Wohnungseigentümergemeinschaft als solche nicht
Eigentümerin der jeweiligen Eigentumswohnung ist, tritt sie
nach § 1 Abs. 1 Satz 2 FördG auch nicht an die Stelle des
Gemeinschafters. Zwar ist die Wohnungseigentümergemeinschaft
zivilrechtlich teilrechtsfähig, allerdings nur, soweit sie bei
der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums am Rechtsverkehr
teilnimmt (BGH-Beschluss vom 2.6.2005 V ZB 32/05, BGHZ 163, 154,
NJW 2005, 2061). Die festgestellte Bemessungsgrundlage betrifft
aber nicht allein das Gemeinschaftseigentum, sondern vor allem das
Sondereigentum (vgl. § 4 des Wohnungseigentumsgesetzes), da
hierauf ersichtlich der größte Anteil des
(festgestellten) Sanierungsaufwands entfällt.
b) Daraus folgt im Streitfall: Da die als
Klägerin aufgetretene Wohnungseigentümergemeinschaft
jedenfalls nicht klagebefugt ist, sind es nach § 48 Abs. 1 Nr.
2 FGO alle Gemeinschafter, gegen die der Feststellungsbescheid
ergangen ist und denen er im Streitfall auch nach § 6 Abs. 4
der VO nach § 180 Abs. 2 AO einzeln bekannt gegeben wurde. Im
Streitfall sind sämtliche Eigentümer als gesetzliche
Vertreter der Wohnungseigentümergemeinschaft aufgetreten. Auch
in der Klageschrift wird als Alternative zur Stellung der
Wohnungseigentümergemeinschaft als Klägerin die
subjektive Klagehäufung genannt. Dementsprechend legt der
Senat das Auftreten der Gemeinschafter aus. Sie haben als
Streitgenossen i.S. des § 59 FGO i.V.m. § 59 ZPO Klage
eingelegt und sind als solche auch Beteiligte des
Revisionsverfahrens (nämlich Revisionsbeklagte).
3. Soweit das FA hilfsweise beantragt, die
Revision als unbegründet zurückzuweisen, kann auf diesen
Antrag wegen der zulässigen Beschränkung der
Revisionszulassung auf die Zulässigkeit der Klage (siehe oben
zu 1.) nicht eingegangen werden.