Wasserschloss in den neuen Ländern, Einheitswert 1935: 1. Bei der Schätzung des Einheitswerts eines im Beitrittsgebiet gelegenen sonstigen Gebäudes auf den 1.1.1935 ist eine Schätzungsmethode, mit der der gemeine Wert des Gebäudes auf der Grundlage des Bodenwerts und des Gebäudewerts ermittelt und jeweils die durchschnittlichen Herstellungskosten für vergleichbare Objekte auf den Stichtag 1.1.1935 zugrunde gelegt sind, rechtlich nicht zu beanstanden. Eine (entsprechende) Anwendung des Sachwertverfahrens der §§ 83 ff. BewG mit allen Detailregelungen ist nicht geboten. - 2. Im Anwendungsbereich des § 129 Abs. 2 BewG ist weder der Höchstsatz des Abschlags wegen Alterswertminderung aus § 86 Abs. 3 Satz 1 BewG noch der Abschlag für behebbare Baumängel aus § 87 BewG maßgebend. - 3. Die Finanzverwaltung bedarf für den Erlass einer bewertungsrechtlichen Verwaltungsvorschrift, die in einer gesetzlichen Bestimmung verwendete unbestimmte Rechtsbegriffe im Interesse der Einheitlichkeit und Praktikabilität ausfüllt, keiner gesetzlichen Grundlage. - 4. Die Abweichung von einer bewertungsrechtlichen Verwaltungsvorschrift kann nur geboten sein, wenn der sich ergebende (Grundstücks-)Wert außerhalb jeder noch vertretbaren Toleranz liegt. - Urt.; BFH 2.4.2008, II R 59/06; SIS 09 30 56
I. Die Kläger und Revisionsbeklagten
(Kläger) sind Eigentümer eines im Beitrittsgebiet
belegenen denkmalgeschützten Wasserschlosses. Das seinerzeit
zuständige Finanzamt stellte den Einheitswert durch
geänderten Einheitswertbescheid (Wertfortschreibung auf den
1.1.2002) vom 11.6.2003 auf 12.117 EUR fest. Das Finanzamt
berechnete den Gebäudewert auf der Grundlage des Erlasses des
Finanzministeriums Thüringen „Einheitsbewertung des
Grundbesitzes, hier: Grundbesitz, der unter Denkmalschutz
steht“ vom 22.12.1994 (Denkmalerlass). Es
ermäßigte den Gebäudenormalherstellungswert
entsprechend Tz. 2.2.4 Denkmalerlass um einen Abschlag für
Denkmalschutz in Höhe von 10 v.H. und kürzte den
verbleibenden Gebäudenormalherstellungswert um die
Alterswertminderung, wobei der insgesamt angesetzte Abschlag (Tz.
2.2.3 Denkmalerlass) auf 40 v.H. des
Gebäudenormalherstellungswerts begrenzt wurde. Der Einspruch
hatte keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) setzte, nachdem die
Beteiligten hinsichtlich der nutzbaren Teile des Gebäudes
sowie des anzusetzenden Kubikmeterpreises eine tatsächliche
Verständigung erzielt hatten, mit seinem in EFG 2007, 741 =
SIS 07 05 76 veröffentlichten Urteil den Einheitswert auf
4.448 EUR herab. Es vertrat die Auffassung, dass die durch die
Verwaltungserlasse vorgegebene Begrenzung des Abschlags auf den
Gebäudenormalherstellungswert auf höchstens 60 v.H. einer
gesetzlichen Grundlage entbehre. Die Begrenzung sei in
entsprechender Anwendung des § 86 Abs. 3 Satz 1 des
Bewertungsgesetzes (BewG) auf 70 v.H. der
Gebäudenormalherstellungskosten festzulegen. Darüber
hinaus sei ein Abschlag wegen behebbarer Baumängel
gemäß § 87 BewG sowie schließlich ein
Denkmalabschlag (Ziff. 2.2.4 Denkmalerlass) in Höhe von 10
v.H. anzusetzen.
Mit seiner Revision rügt der Beklagte
und Revisionskläger (das nunmehr zuständige Finanzamt -
FA - ) Verletzung des § 129 Abs. 2 BewG.
Das FA beantragt, das Urteil des FG
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision
zurückzuweisen.
II. Die Revision des FA ist begründet.
Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur
anderweitigen Feststellung des Einheitswerts (§ 126 Abs. 3
Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat
unzutreffend angenommen, dass der Höchstbetrag einer
Wertminderung wegen Alters nach § 86 Abs. 3 Satz 1 BewG auch
im Anwendungsbereich des § 129 Abs. 2 BewG gelte und dass
über den Abzug der Alterswertminderung hinaus noch eine
Ermäßigung für behebbare Baumängel vorzunehmen
sei.
1. Nach § 129 Abs. 1 BewG gelten für
die im Beitrittsgebiet liegenden wirtschaftlichen Einheiten des
Grundvermögens und für Betriebsgrundstücke die
festgestellten oder noch festzustellenden Einheitswerte nach den
Wertverhältnissen zum 1.1.1935 weiter. Nach Abs. 2 dieser
Vorschrift werden - vorbehaltlich der §§ 129a bis 131
BewG - für die Ermittlung der Einheitswerte 1935 statt der
§§ 27, 68 bis 94 BewG u.a. im Einzelnen genannte
Bestimmungen des Bewertungsgesetzes der Deutschen Demokratischen
Republik (BewG DDR) i.d.F. vom 18.9.1970 (Gesetzblatt der DDR,
Sonderdruck Nr. 674) und der Durchführungsverordnung zum
Reichsbewertungsgesetz (RBewDV) vom 2.2.1935 (RGBl I 1935, 81) mit
späteren Änderungen weiter angewandt.
a) Sonstige bebaute Grundstücke i.S. des
§ 32 Abs. 1 Nr. 5 RBewDV, zu denen das Gebäude der
Kläger nach den zwischen den Beteiligten unstreitigen
Feststellungen des FG gehört, sind mit dem gemeinen Wert zu
bewerten (§ 33 Abs. 2 Satz 1 RBewDV). Diesen beschreibt §
10 Abs. 1 BewG DDR als den Preis, der im gewöhnlichen
Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes
bei einer Veräußerung zu erzielen wäre; dabei sind
alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu
berücksichtigen und ungewöhnliche oder persönliche
Verhältnisse nicht zu berücksichtigen. Hinsichtlich der
maßgeblichen Wertverhältnisse bestimmt § 3a Abs. 1
RBewDV, dass bei Nachfeststellungen der Einheitswerte für
Grundbesitz der tatsächliche Zustand des Grundbesitzes
(Bestand, bauliche Verhältnisse usw.) vom
Nachfeststellungszeitpunkt und die Wertverhältnisse vom
1.1.1935 zugrunde zu legen sind.
b) Für ein sonstiges Gebäude i.S.
des § 32 Abs. 1 Nr. 5 RBewDV scheidet der Ansatz einer
Jahresrohmiete gemäß § 33 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2
RBewDV von vornherein aus. Da nach den vom FG getroffenen
Feststellungen auch Verkäufe auf den Stichtag 1.1.1935 nicht
vorliegen, kommt in Anwendung der allgemeinen Grundsätze
für die Wertermittlung nur eine Schätzung (§ 162
Abs. 1 der Abgabenordnung - AO - ) des am freien Markt erzielbaren
Einzelveräußerungspreises in Betracht (Urteile des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 28.10.1998 II R 37/97, BFHE 187, 99,
BStBl II 1999, 51 = SIS 99 04 89; vom 31.3.2004 II R 2/02, BFH/NV
2004, 1626 = SIS 04 40 33; vom 24.5.2005 II R 2/03, BFH/NV 2006, 29
= SIS 06 02 37).
c) Für die Schätzung des
Grundstückswerts kann nur auf die Grundzüge des
Sachwertverfahrens in Anlehnung an die Regelungen der §§
83 ff. BewG, die gemäß § 129 Abs. 2 BewG nicht
unmittelbar anwendbar sind, zurückgegriffen werden
(BFH-Beschluss vom 24.7.2002 II B 52/02, BFH/NV 2003, 8 = SIS 03 06 29; BFH-Urteile in BFHE 187, 99, BStBl II 1999, 51 = SIS 99 04 89,
und in BFH/NV 2004, 1626 = SIS 04 40 33). Danach ist die im
Denkmalerlass vorgesehene Schätzungsmethode, mit der das FA
den gemeinen Wert des Gebäudes der Kläger auf der
Grundlage des Bodenwerts und des Gebäudewerts ermittelt und
jeweils die durchschnittlichen Herstellungskosten für
vergleichbare Objekte auf den Stichtag 1.1.1935 zugrunde gelegt
hat, nicht zu beanstanden.
aa) Soweit die Kläger demgegenüber
im Anwendungsbereich des § 129 Abs. 2 BewG eine
(entsprechende) Anwendung des Sachwertverfahrens der §§
83 ff. BewG mit allen Detailregelungen für zwingend geboten
erachten, kann dem nicht gefolgt werden. Der Eingangssatz des
§ 129 Abs. 2 BewG schließt nach seinem klaren Wortlaut
die Anwendung der §§ 83 ff. BewG aus. Auch für eine
analoge Anwendung der §§ 83 ff. BewG ist kein Raum. Eine
Analogie setzt eine planwidrige Lücke voraus. Eine solche
Lücke liegt vor, wenn eine Regelung gemessen an ihrem Zweck
unvollständig, d.h. ergänzungsbedürftig ist und wenn
ihre Ergänzung nicht einer vom Gesetzgeber beabsichtigten
Beschränkung auf bestimmte Tatbestände widerspricht (vgl.
z.B. BFH-Urteil vom 26.6.2002 IV R 39/01, BFHE 199, 374, BStBl II
2002, 697 = SIS 02 93 27). Daran fehlt es, weil § 129 Abs. 2
BewG die Nichtanwendung der §§ 83 ff. BewG
ausdrücklich anordnet und insoweit nicht planwidrig
lückenhaft ist.
bb) Die durch § 129 Abs. 2 BewG
angeordnete Nichtanwendung der §§ 83 ff. BewG beruht auch
nicht - wie die Kläger vermuten - auf einem gesetzgeberischen
Versehen. § 129 BewG liegt die eindeutige Regelungsabsicht des
Gesetzgebers zugrunde, dass anstelle des Bewertungsrechts für
die Feststellung der Einheitswerte 1964 „vorbehaltlich der
§§ 130, 131 noch die für die Einheitsbewertung 1935
maßgebenden Vorschriften insgesamt gelten“ sollen
(Erläuterungen zu den Anlagen zum Einigungsvertrag, BTDRucks
11/7817, S. 116). Von diesem Regelungswillen sind die §§
83 ff. BewG schon deshalb nicht umfasst, weil diese erstmals das
Sachwertverfahren festlegenden Gesetzesregelungen erst durch das
Gesetz zur Änderung des Bewertungsgesetzes vom 13.8.1965 (BGBl
I 1965, 851) in das BewG eingefügt wurden. Für die von
den Klägern angeregte Beitrittsaufforderung gemäß
§ 122 Abs. 2 Satz 3 FGO im Hinblick auf die Frage, ob §
129 Abs. 2 BewG auf einem Versehen beruht, bestand daher kein
Anlass.
d) Die von den Klägern
geäußerten Bedenken gegen die
Verfassungsmäßigkeit der Einheitsbewertung im
Beitrittsgebiet teilt der Senat nicht; insoweit wird auf den
BFH-Beschluss vom 11.4.2007 II B 104/06 (BFH/NV 2007, 1280 = SIS 07 19 89, m.w.N.) verwiesen.
2. Entgegen der Auffassung des FG ist der
Gebäudewert nach Abzug der Alterswertminderung mit einem
Restwert von 40 v.H. des Gebäudenormalherstellungswerts
anzusetzen (Ziff. 2.2.3 Denkmalerlass); eine Ermäßigung
des Restwerts auf 30 v.H. in entsprechender Anwendung des § 86
Abs. 3 Satz 1 BewG kommt nicht in Betracht.
a) § 129 Abs. 2 BewG und die dort in
Bezug genommenen Vorschriften enthalten keine Regelung über
den Höchstsatz einer Wertminderung wegen Alters. Das Fehlen
einer solchen Bestimmung rechtfertigt aus den unter II.1.c.
dargelegten Gründen nicht die Annahme des FG, § 129 Abs.
2 BewG enthalte eine „planwidrige
Gesetzeslücke“, die durch eine entsprechende
Anwendung des § 86 Abs. 3 Satz 1 BewG zu schließen sei.
Die unmittelbare oder entsprechende Anwendung des § 86 Abs. 3
BewG ist durch den Eingangssatz des § 129 Abs. 2 BewG
ausdrücklich ausgeschlossen. Entgegen der Annahme des FG
ergibt sich etwas anderes auch nicht aus der Rechtsprechung des
BFH. Die dort ausdrücklich gebilligte „Anlehnung an
die Regelungen der §§ 83 ff. BewG“ (so z.B.
BFH-Urteil in BFH/NV 2004, 1626 = SIS 04 40 33) betrifft lediglich
die Grundzüge der Schätzungsmethode, nicht aber die in
§§ 83 ff. BewG getroffenen Detailregelungen des
Sachwertverfahrens und bedeutet insbesondere nicht, dass der in
§ 86 Abs. 3 Satz 1 BewG geregelte Höchstsatz des
Abschlags wegen Alterswertminderung auch im Anwendungsbereich des
§ 129 Abs. 2 BewG maßgebend ist.
b) Der Denkmalerlass kann - entgegen der
Meinung des FG - weder allgemein noch speziell im Hinblick auf die
Abweichung von § 86 Abs. 3 Satz 1 BewG als
„unzulässige normersetzende
Verwaltungsvorschrift“ qualifiziert werden und ist,
anders als die Kläger meinen, wegen seines auch die
Sachverhaltsermittlung betreffenden Gegenstands keine
norminterpretierende Verwaltungsvorschrift (vgl. auch Birk in
Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 4 AO Rz 92). Vielmehr
handelt es sich um eine Verwaltungsvorschrift, die den von §
10 Abs. 1 BewG DDR erteilten „generellen
Schätzungsauftrag“ (dazu allgemein Seer in
Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 162 AO
Rz 12) umsetzt. Für den Erlass einer solchen
Verwaltungsvorschrift, die die in § 10 I BewG DDR oder §
9 BewG verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe im Interesse der
Einheitlichkeit und Praktikabilität ausfüllt, bedarf die
Finanzverwaltung keiner ausdrücklichen gesetzlichen
Ermächtigung (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG
- vom 31.5.1988 1 BvR 520/83, BVerfGE 78, 214 = SIS 88 22 02); ob
sich eine solche Ermächtigung - wie das FA meint - aus §
52 Abs. 1 BewG DDR ableiten könnte, kann deshalb offen
bleiben. Dementsprechend hat der BFH auch bereits die Anwendung dem
Denkmalerlass vergleichbarer Verwaltungserlasse für die
Ermittlung von Einheitswerten im Beitrittsgebiet gebilligt (z.B.
BFH-Urteile in BFHE 187, 99, BStBl II 1999, 51 = SIS 99 04 89, und
in BFH/NV 2006, 29 = SIS 06 02 37, m.w.N.). Ein Verstoß gegen
Art. 20 des Grundgesetzes (GG), wie von den Klägern geltend
gemacht, liegt nicht vor; die von den Klägern insoweit
angeregte Einholung einer Entscheidung des BVerfG gemäß
Art. 100 Abs. 1 GG ist nicht veranlasst.
c) Eine Abweichung von den im Denkmalerlass
getroffenen Regelungen kommt nur unter engen Voraussetzungen in
Betracht. Dies folgt aus der einer bewertungsrechtlichen
Verwaltungsvorschrift zukommenden Bedeutung, eine möglichst
gleichmäßige Besteuerung sowie Rechtssicherheit zu
gewährleisten und die - sowohl im Interesse der
Finanzverwaltung als auch in dem der Steuerpflichtigen gebotene -
Praktikabilität des Bewertungsverfahrens sicherzustellen (vgl.
BFH-Urteile vom 26.6.1981 III R 3/79, BFHE 133, 437, BStBl II 1981,
643 = SIS 81 21 11, und in BFH/NV 2006, 29 = SIS 06 02 37, m.w.N.).
Eine Abweichung vom Denkmalerlass kann nur geboten sein, wenn der
sich ergebende Grundstückswert außerhalb jeder noch
vertretbaren Toleranz liegt (BFH-Urteile vom 12.6.2002 II R 15/99,
BFH/NV 2002, 1282 = SIS 02 93 72; in BFHE 133, 437, BStBl II 1981,
643 = SIS 81 21 11). Insofern kann - entgegen der Annahme der
Kläger - nicht von einer „unwiderlegbaren“
Fiktion des Denkmalerlasses gesprochen werden.
Der Maßstab noch vertretbarer Toleranz
entspricht der Bandbreite der Werte, die sich bei der Ermittlung
des Verkehrswerts von Grundstücken ergeben können. Es
gibt für Grundstücke keinen absoluten und sicher
realisierbaren Marktwert, sondern allenfalls ein Marktniveau (vgl.
z.B. BVerfG-Beschluss vom 7.11.2006 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1 =
SIS 07 06 26). Schon deshalb kann der auf der Grundlage einer
Verwaltungsvorschrift ermittelte Wert nur darauf
überprüft werden, ob er sich noch innerhalb des Korridors
vertretbarer Verkehrswerte bewegt. Dies gilt auch für die nach
den Wertverhältnissen am 1.1.1935 festzustellenden
Einheitswerte.
d) Nach diesen Rechtsgrundsätzen ist der
in Ziff. 2.2.3 Denkmalerlass angesetzte Restwert von 40 v.H. des
Gebäudenormalherstellungswerts nicht zu beanstanden. Dieser
Restwert liegt innerhalb einer noch vertretbaren Toleranz. Der vom
FG angestellte Vergleich zu dem Höchstwert der Wertminderung
wegen Alters nach § 86 Abs. 3 Satz 1 BewG rechtfertigt - wie
dargelegt - keine weitere Verringerung des Restwerts. Auch die von
den Klägern geltend gemachte Grundrechtsverletzung durch den
in Ziff. 2.2.3 Denkmalerlass bestimmten Restwert liegt ersichtlich
nicht vor. Schon unter Berücksichtigung der noch auf die
Wertverhältnisse am 1.1.1935 ausgerichteten Einheitsbewertung
im Beitrittsgebiet sowie der einem Schätzungsverfahren ohnehin
eigenen Bandbreite der ermittelten Werte scheidet ein strikter
Anspruch auf Ansatz eines Restwerts von lediglich 30 v.H. des
Gebäudenormalherstellungswerts aus. Es kommt hinzu, dass die
Ausgestaltung des Sachwertverfahrens durch den Denkmalerlass - so
etwa hinsichtlich der Ermittlung des Bodenwerts, der zur Ermittlung
des Raummeterpreises getroffenen Regelungen sowie des Ansatzes
eines Denkmalabschlags - von vornherein einen hinreichenden Abstand
zum gemeinen Wert auf den 1.1.1935 wahrt. Zu einer abweichenden
Beurteilung geben auch die ganz allgemein gehaltenen Angaben in dem
von den Klägern angeführten Bauschadenbericht der
Bundesregierung vom 25.1.1996 (BTDrucks 13/3593) keinen Anlass.
Hiernach würde ein zwingendes Gebot, den
Restwert des Gebäudenormalherstellungswerts mit lediglich 30
v.H. anzusetzen, die dem Denkmalerlass zugrunde liegende
sachgerechte Schätzungsmethode überstrapazieren.
Auch nach dem Maßstab der von den
Klägern begehrten „realitätsgerecht typisierten
Schätzung“ käme insgesamt kein niedrigerer
gemeiner Wert in Betracht. Der von den Klägern angeregten
Einholung einer Entscheidung des BVerfG gemäß Art. 100
Abs. 1 GG zu der Frage, welche Grenzen Typisierungen in
Verwaltungsanweisungen gezogen sind, bedurfte es mangels
Entscheidungserheblichkeit nicht. Ebenso bestand für den Senat
keine Veranlassung zu einer von den Klägern angeregten
Beitrittsaufforderung gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 FGO
und Einholung einer Stellungnahme des Bundesministers der Finanzen
sowie des Landes Thüringen zu der Frage, auf Grund welcher
Erfahrungen von einem Restwert der
Gebäudenormalherstellungskosten von 40 v.H. auszugehen
ist.
3. Soweit das FG einen weiteren Abschlag wegen
behebbarer Baumängel sowie wegen des bestehenden
Denkmalschutzes angesetzt hat, kann dem nur zum Teil gefolgt
werden.
a) Entgegen der Auffassung des FG ist der nach
Ziff. 2.2.3 Denkmalerlass anzusetzende Restwert nicht in
entsprechender Anwendung des § 87 BewG i.V.m. Abschn. 43 der
Richtlinien für die Bewertung des Grundvermögens um einen
weiteren Abschlag für behebbare Baumängel zu kürzen.
Nach Ziff. 2.2.3 Satz 3 Denkmalerlass sind zwar behebbare bauliche
Schäden nach dem Schadensgrad und dem Verhältnis der
Wertigkeit des beschädigten Bauteils zum Gesamtbauwerk in dem
Umfang zu berücksichtigen, in dem sie tatsächlich
bestehen. Die Berücksichtigung dieser behebbaren
Bauschäden unterliegt jedoch ebenfalls der Restwertregelung
der Ziff. 2.2.3 Denkmalerlass und unterliegt aus den unter II. 2. c
und d dargelegten Gründen keinen rechtlichen Bedenken.
Eine entsprechende Anwendung des § 87
BewG, der gemäß § 129 Abs. 2 BewG im
Beitrittsgebiet ebenfalls keine Anwendung findet, kommt insoweit
nicht in Betracht. Die Restwertgrenze des Denkmalerlasses
könnte allenfalls dann Bedenken unterliegen, wenn sie auch
für den Fall zu gelten hätte, dass für das bewertete
Gebäude die Notwendigkeit eines baldigen Abbruchs
bestünde. Eine Entscheidung dieser Frage kann jedoch
vorliegend deshalb offen bleiben, weil nach den vom FG getroffenen
Feststellungen die Notwendigkeit eines baldigen
Gebäudeabbruchs nicht besteht.
b) Dem FG ist hingegen darin zu folgen, dass
der sich im Streitfall aus Ziff. 2.2.3 Denkmalerlass ergebende
Restwert wegen der denkmalschutzrechtlichen Beschränkungen zu
ermäßigen ist. Dies folgt aus Ziff. 2.2.4 Denkmalerlass,
wonach eine Ermäßigung
„außerdem“ wegen der
denkmalschutzrechtlichen Beschränkungen in Betracht kommt.
Diese Ermäßigung ist ersichtlich auf den nach Ziff.
2.2.3 Denkmalerlass ermittelten Restwert bezogen und kann deshalb
nicht bereits - wie in dem angegriffenen Einheitswertbescheid
geschehen - auf der Ebene des Gebäudenormalherstellungswerts
vor Ansatz der Alterswertminderung berücksichtigt werden. Da
sich diese Reihenfolge der Abschläge bei der Ermittlung des
Gebäudewerts bereits aus dem Denkmalerlass ergibt, stellt sich
die vom FG aufgeworfene Frage nach einer für das
Beitrittsgebiet durch §§ 85, 88 BewG vorgegebenen
Reihenfolge der Abschläge bei der Ermittlung des
Gebäudewerts nicht. Der Höhe nach kann diese
Ermäßigung in Übereinstimmung mit dem FG mit 10
v.H. des Restwerts angesetzt werden.
Da das FG die vorstehenden
Rechtsgrundsätze nicht beachtet hat, war die Vorentscheidung
aufzuheben.
4. Die Sache ist spruchreif. Der Einheitswert
ist auf der Grundlage der von den Beteiligten nicht angegriffenen
Berechnungen des FG zum Rauminhalt des Herrenhauses sowie der
tatsächlichen Verständigung der Beteiligten über die
Höhe des anzusetzenden Raummeterpreises wie folgt
festzustellen:
Bodenwert
|
|
2.236
DM
|
Gebäudenormalherstellungswert
des Herrenhauses
|
38.940 DM
|
|
daraus Restwert 40 v.H.
|
|
15.576
DM
|
davon Denkmalabschlag 10 v.H.
(Ziff. 2.2.4 Denkmalerlass)
|
|
./. 1.557 DM
|
Gebäude 200 bis 600
|
|
155
DM
|
|
|
|
Einheitswert
|
|
16.400
DM
(= 8.385 EUR)
|