Lotse, Verpflegungsmehraufwand: 1. Die Pauschsätze in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 EStG gelten den Mehraufwand für Verpflegung auch hinsichtlich der Personalkosten ab, der für die Bereitstellung der Verpflegung anteilig vom Steuerpflichtigen zu tragen ist. - 2. Dies gilt selbst dann, wenn dieser Personalkostenaufwand anteilig im Wege der Umlage (im Streitfall von Lotsen einer Lotsenbrüderschaft für einen gemeinschaftlich unterhaltenen Kantinenbetrieb) unabhängig davon zu tragen ist, ob der Steuerpflichtige die unter Einsatz dieses Aufwandes bereitgestellte Verpflegung in Anspruch genommen hat. - Urt.; BFH 17.2.2009, VIII R 21/08; SIS 09 18 64
I. Die Kläger und Revisionsbeklagten
(Kläger) sind verheiratet und wurden in den Streitjahren 1999
bis 2002 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
Der Kläger erzielte in den
Streitjahren als Schiffslotse im Rahmen einer
Einsatzwechseltätigkeit Einkünfte aus selbständiger
Arbeit, die er durch Einnahmen-Überschussrechnung ermittelte
(§ 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes - EStG - ). Als
Betriebsausgabe setzte er dabei u.a. den auf ihn entfallenden
Anteil an den Kosten einer Außenstation der
Lotsenbrüderschaft an, deren Mitglied er ist. Diese
Außenstation bietet durch ihren Küchenbetrieb mit
eigenem Personal für die Mitglieder der
Lotsenbrüderschaft täglich unentgeltlich ein
Frühstück und ein Mittagessen an. Die Umlage der
Betriebskosten - einschließlich der Personalkosten - des
Küchenbetriebs erfolgte in den Streitjahren nach den
Feststellungen des Finanzgerichts (FG) unabhängig davon, ob
und in welchem Umfang der jeweilige Lotse tatsächlich in der
Außenstation gegessen hatte. Die Umlage umfasste für den
Kläger in den Streitjahren einen Anteil an den Personalkosten
des Küchenbetriebs von 1.949 DM (1999), 2.412 DM (2000), 2.469
DM (2001) sowie 1.427 Euro (2002).
Diese Aufwendungen (nicht die übrigen
anteilig umgelegten Aufwendungen des Küchenbetriebs für
die Verpflegung der Lotsen) machten die Kläger mit ihren
Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre als
Betriebsausgaben bei den Einkünften des Klägers aus
seiner Lotsentätigkeit geltend. Nachdem der Beklagte und
Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) die Einkommensteuer
für die Streitjahre 1999 bis 2001 zunächst unter dem
Vorbehalt der Nachprüfung erklärungsgemäß
festgesetzt hatte, lehnte er die Berücksichtigung der
anteiligen Personalkosten für den Küchenbetrieb mit
Änderungsbescheiden für diese Jahre sowie mit dem
Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2002 ab, weil der
Kläger neben den Pauschbeträgen für seinen
Verpflegungsmehraufwand seine tatsächlichen Verpflegungskosten
einschließlich der anteiligen Personalkosten des
Kantinenbetriebs nach § 4 Abs. 5 Nr. 5 EStG nicht
gewinnmindernd berücksichtigen dürfe.
Der dagegen nach erfolglosem
Einspruchsverfahren erhobenen Klage gab das FG mit der
Begründung statt, die streitigen Personalkosten seien i.S. des
§ 4 Abs. 4 EStG durch den Betrieb des Klägers veranlasst.
Ihrem Abzug stehe § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 EStG nicht entgegen,
weil diese (Personal-)Kosten schon begrifflich nicht zu den
„betrieblich veranlassten Mehraufwendungen für die
Verpflegung des Steuerpflichtigen“ im Sinne der Vorschrift
gehörten. Dazu rechne vielmehr (nur) der zusätzliche
Aufwand, der dadurch entstehe, dass der Steuerpflichtige aus Anlass
der betrieblich bedingten Auswärtstätigkeit nicht an der
üblichen und bekannten Stelle, z.B. im Betrieb, eine
kostengünstige Mahlzeit einnehmen, sondern sich lediglich an
teureren Stellen verpflegen könne. Diese Voraussetzung treffe
auf die streitigen Personalkosten nicht zu, weil sie als laufende
Betriebskosten im Rahmen der Lotsentätigkeit auch dann
angefallen wären, wenn der Kläger im Kantinenbereich der
Außenstation keine Mahlzeiten eingenommen hätte (vgl.
SIS 09 07 30).
Mit der Revision rügt das FA
Verletzung materiellen Rechts.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen im Wesentlichen
unter Bezugnahme auf das FG-Urteil, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
Die Personalkosten des Kantinenbetriebs
seien als Betriebsausgaben schon aufgrund des Prinzips der
Umlagefinanzierung abziehbar, weil der entsprechende Aufwand den
Kläger selbst dann getroffen hätte, wenn er die Kantine
selten oder nie benutzt hätte.
II. Die Revision ist begründet. Das
angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Klage abzuweisen (§
126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
1. Zu Unrecht hat das FG die streitigen
Aufwendungen des Klägers für den auf ihn entfallenden
Anteil der Personalkosten des Kantinenbetriebs als Mehraufwand
für seine Verpflegung nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 EStG
bei den Betriebsausgaben seiner Einkünfte aus
selbständiger Lotsentätigkeit berücksichtigt.
a) Nach dieser Vorschrift i.d.F. durch das
Jahressteuergesetz 1996 vom 11.10.1995 - JStG 1996 - (BGBl I 1995,
1250) kann ein Steuerpflichtiger Verpflegungsmehraufwendungen nur
dann als Betriebsausgaben abziehen, wenn er vorübergehend von
seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten
betrieblichen Tätigkeit entfernt betrieblich tätig ist
(Satz 2 der Vorschrift) oder - wie im Streitfall nach den bindenden
tatsächlichen Feststellungen des FG - eine sog.
Einsatzwechseltätigkeit ausübt (Satz 3 der Vorschrift).
In beiden Fällen ist nach Satz 5 der Vorschrift ein Ansatz des
Verpflegungsmehraufwandes auf die dort bestimmten Pauschsätze
begrenzt (vgl. Bundesfinanzhof - BFH -, Urteile vom 27.7.2004 VI R
43/03, BFHE 207, 196, BStBl II 2005, 357 = SIS 04 38 12; vom
11.4.2006 VI R 52/05, BFH/NV 2006, 2237 = SIS 06 44 63; Schreiben
des Bundesministeriums der Finanzen vom 11.4.2005 IV C 5 - S 2353 -
77/05, BStBl I 2005, 673 = SIS 05 18 79).
b) Mit den Pauschbeträgen soll -
typisiert nach Maßgabe ihrer Staffelung in § 4 Abs. 5
Satz 1 Nr. 5 EStG und auf diesen Umfang begrenzt (vgl. BFH-Urteil
vom 19.12.2005 VI R 30/05, BFHE 212, 218, BStBl II 2006, 378 = SIS 06 13 17) - der Mehraufwand des Steuerpflichtigen für
auswärtige Verpflegung abgegolten werden, der durch die
fehlende Gelegenheit entsteht, sich so günstig wie zu Hause zu
verpflegen. Dabei kommt es für die Gewährung der
Pauschbeträge weder darauf an, wie sich die konkrete
Verpflegungssituation am Einsatzort darstellt, noch darauf, ob
überhaupt ein berufsbedingter Verpflegungsmehrbedarf eintritt
(vgl. BFH-Urteile vom 10.4.2002 VI R 154/00, BFHE 198, 559, BStBl
II 2002, 779 = SIS 02 08 84; vom 11.5.2005 VI R 7/02, BFHE 209,
502, BStBl II 2005, 782 = SIS 05 36 04; vom 14.9.2005 VI R 22/04,
BFH/NV 2006, 507 = SIS 06 11 57; vom 13.12.2007 VI R 73/06, BFH/NV
2008, 936 = SIS 08 20 98). Insbesondere ist danach abweichend zur
früheren Fassung der Vorschrift nicht zu prüfen, ob der
Ansatz der Pauschalen zu einer offensichtlich unzutreffenden
Besteuerung führen würde (vgl. BFH-Urteil vom 4.4.2006 VI
R 44/03, BFHE 212, 571, BStBl II 2006, 567 = SIS 06 23 07; von
Bornhaupt, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 9 Rz G
158; Schmidt/Drenseck, EStG, 24. Aufl., § 9a Rz 9 und §
19 Rz 60, Stichwort: Reisekosten ab VZ 1996).
2. Nach diesen Grundsätzen hat der
Kläger keinen Anspruch auf Abzug der auf ihn umgelegten
Personalkosten des Kantinenbetriebs, soweit dieser
Personalkostenanteil die Pauschbeträge des § 4 Abs. 5
Satz 1 Nr. 5 EStG übersteigt.
a) Schon der Wortlaut des § 4 Abs. 5 Satz
1 EStG („Die folgenden Betriebsausgaben dürfen den
Gewinn nicht mindern“) i.V.m. Nr. 5 Satz 1 EStG der
Regelung („Mehraufwendungen für die Verpflegung,
soweit in den folgenden Sätzen nichts anderes bestimmt
ist“) schließt es aus, über die in der
Vorschrift bestimmten Pauschsätze in Nr. 5 Satz 2 hinaus
(besonderen) Aufwand für die Verpflegung als Betriebsausgabe
abzuziehen. Dieses Abzugsverbot umfasst ersichtlich alle
Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Verpflegung des
Steuerpflichtigen stehen. Es betrifft damit insbesondere auch
Personalkosten, die - wie im Streitfall - für die
Bereitstellung der Speisen und Getränke entstanden sind. Denn
auch dieser Aufwand ist allein durch die Bereitstellung und
Abwicklung der Verpflegung veranlasst, deren steuerliche
Berücksichtigungsfähigkeit der Gesetzgeber insgesamt mit
dem JStG 1996 - unter Abschaffung der früher möglichen
Abziehbarkeit von im Einzelnen nachgewiesenen
Verpflegungsmehraufwendungen - auf die gesetzlich geregelten
Pauschsätze begrenzen wollte (zur Abgeltungswirkung der
Vorschrift Schmidt/Heinicke, a.a.O., § 4 Rz 570; Seifert in
Korn, § 4 EStG Rz 1017; von Bornhaupt, BB 1996, 1909).
b) Diese nach Wortlaut und Zweck des § 4
Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 EStG auch hinsichtlich der Personalkosten
geltende Abgeltungswirkung der Pauschsätze ist entgegen der
Ansicht der Kläger selbst dann gegeben, wenn der
(Personal-)Aufwand - wie hier im Wege der Umlage - unabhängig
davon getragen werden muss, ob der Steuerpflichtige die unter
Einsatz dieses Aufwandes bereitgestellte Verpflegung in Anspruch
genommen hat. Denn für die Frage, ob es sich um
„Mehraufwendungen für Verpflegung“ handelt,
kommt es allein darauf an, dass die Aufwendungen der Verpflegung
des Steuerpflichtigen zu dienen bestimmt sind. Diese Voraussetzung
ist im Streitfall gegeben, weil der Kantinenbetrieb nach seiner
Aufgabenstellung für alle Lotsen der Lotsenbrüderschaft
und damit auch für den Kläger im Rahmen der jeweiligen
Einsatzwechseltätigkeit die erforderliche Verpflegung
bereitzustellen hatte.
Auch wenn einzelne Lotsen wie auch der
Kläger jeweils diese Leistung tatsächlich nicht nutzen,
ändert dies nichts daran, dass der Aufwand für den
Kantinenbetrieb insgesamt Aufwand für die Verpflegung der
Lotsen ist. Dies gilt umso mehr, als eine tatsächliche
Inanspruchnahme von Verpflegungsleistungen i.S. des § 4 Abs. 5
Satz 1 Nr. 5 EStG nicht Voraussetzung für die Gewährung
der Pauschsätze nach dieser Vorschrift ist. Denn sie sind nach
ständiger Rechtsprechung unabhängig davon zu
beanspruchen, wie sich die konkrete Verpflegungssituation am
Einsatzort darstellt oder ob überhaupt ein berufsbedingter
Verpflegungsmehrbedarf besteht (vgl. BFH-Urteile in BFHE 198, 559,
BStBl II 2002, 779 = SIS 02 08 84; in BFHE 209, 502, BStBl II 2005,
782 = SIS 05 36 04; in BFH/NV 2006, 507 = SIS 06 11 57; in BFH/NV
2008, 936 = SIS 08 20 98).