Alt-EK 02, Ausschüttungsbelastung: 1. Die Ausschüttung von Rücklagen aus dem Alt-EK 02 führt im Übergangszeitraum nach § 38 Abs. 2 KStG 2002 zu einer Körperschaftsteuererhöhung. Ob eine Ausschüttung aus dem Alt-EK 02 erfolgt, richtet sich gemäß § 38 Abs. 1 Satz 4 KStG 2002 danach, ob der Ausschüttungsbetrag den um den Bestand des Alt-EK 02 verminderten ausschüttbaren Gewinn übersteigt. - 2. Der ausschüttbare Gewinn ist nach § 38 Abs. 1 Satz 4 KStG 2002 nur insoweit um den Bestand des Alt-EK 02 zu vermindern, als das Alt-EK 02 nicht bereits aufgrund einer vorangegangenen Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln als Abzugsposten bei der Ermittlung des ausschüttbaren Gewinns (§ 27 Abs. 1 Satz 4 KStG 2002) berücksichtigt worden ist. - Urt.; BFH 11.2.2009, I R 67/07; SIS 09 14 81
I. Streitig ist, ob der nach § 38 Abs.
1 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) 2002
fortgeschriebene Teilbetrag i.S. des § 30 Abs. 2 Nr. 2 KStG
1999 i.d.F. des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung
von Stiftungen vom 14.7.2000 (BGBl I 2000, 1034, BStBl I 2000,
1192) - KStG a.F. - (Alt-EK 02) gemäß § 38 Abs. 1
Satz 4 KStG 2002 auch dann als für eine Ausschüttung
verwendet gilt, wenn zuvor Gewinnrücklagen, die aus dem Alt-EK
02 stammen, in Nennkapital umgewandelt wurden.
Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin) ist eine von der Körperschaftsteuer befreite
GmbH, deren Anteile zu 30 % von der D gehalten werden, die
ebenfalls von der Körperschaftsteuer befreit ist. Ausweislich
der Handelsbilanz setzte sich das Eigenkapital der Klägerin
zum 31.12.2000 wie folgt zusammen:
gezeichnetes Kapital
|
190.200.580 EUR
|
Gewinnrücklagen
|
32.429.834 EUR
|
Bilanzgewinn 2000
|
5.317.628 EUR
|
Im Wirtschaftsjahr 2001 nahm die
Klägerin eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln
auf 200.000.000 EUR vor. Diese wurde handelsrechtlich durch eine
Umwandlung der aus dem Alt-EK 02 stammenden Gewinnrücklagen in
Höhe von 9.799.420 EUR finanziert. Der diesem Betrag
entsprechende Teil des Nennkapitals wurde nach § 28 Abs. 1
Satz 3 KStG 2002 getrennt ausgewiesen und auf den 31.12.2001
gesondert festgestellt. Gleichzeitig wurde der Endbestand des
Alt-EK 02 auf den 31.12.2001 in Höhe von 32.429.834 EUR
gesondert festgestellt.
Zum 31.12.2001 setzte sich das Eigenkapital
der Klägerin wie folgt zusammen:
gezeichnetes Kapital
|
190.200.580 EUR
|
Sonderausweis von Nennkapital
(§ 28 Abs. 1 Satz 3 KStG 2002)
|
9.799.420 EUR
|
Gewinnrücklagen
|
22.890.719 EUR
|
Bilanzgewinn 2001
|
7.987.533 EUR
|
Im Streitjahr 2002 schüttete die
Klägerin den Bilanzgewinn 2001 in Höhe von 7.987.533 EUR
an die Gesellschafter aus. Der Beklagte und Revisionskläger
(das Finanzamt - FA - ) sah darin eine Verwendung des Alt-EK 02
nach § 38 Abs. 1 Satz 4 KStG 2002 und setzte gemäß
§ 38 Abs. 2 und 3 KStG 2002 die Körperschaftsteuer
für das Streitjahr in Höhe von 2.394.657 EUR fest. Der
Festsetzung der Körperschaftsteuer lag folgende Berechnung des
FA zugrunde:
Eigenkapital laut Steuerbilanz
|
230.878.252 EUR
|
./. gezeichnetes Kapital
|
200.000.000 EUR
|
./. steuerliches Einlagenkonto
|
0
EUR
|
ausschüttbarer Gewinn
|
30.878.252 EUR
|
./. Bestand Alt-EK 02
|
32.429.834 EUR
|
Betrag gemäß § 38 Abs. 1
Satz 4 KStG 2002
|
./.
1.551.825 EUR
|
|
|
Summe der Leistungen im
Wirtschaftsjahr
|
7.987.533 EUR
|
./. Ausschüttung an D
|
2.400.000 EUR
|
Bemessungsgrundlage für
Körperschaftsteuererhöhung
|
5.587.533 EUR
|
Das Alt-EK 02 wurde mit Bescheid zum
31.12.2002 über die gesonderte Feststellung der
Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2, § 28
Abs. 1 Satz 3, § 37 Abs. 2 und § 38 Abs. 1 KStG 2002 in
Höhe von 22.047.644 EUR festgestellt. Das durch Umwandlung von
Rücklagen entstandene Nennkapital nach § 28 Abs. 1 Satz 3
KStG 2002 wurde zugleich unverändert mit 9.799.420 EUR
festgestellt.
Der gegen den
Körperschaftsteuerbescheid für das Streitjahr und die
gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß
§ 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 Satz 3, § 37 Abs. 2 und
§ 38 Abs. 1 KStG 2002 zum 31.12.2002 erhobenen Klage gab das
Hessische Finanzgericht (FG) mit Urteil vom 12.7.2007 4 K 3540/04,
veröffentlicht in EFG 2008, 484 = SIS 08 09 31, statt.
Mit der Revision rügt das FA die
Verletzung materiellen Rechts. Es beantragt, das angefochtene
Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
Mit ihrem nach Schluss der mündlichen
Verhandlung eingereichten Schriftsatz vom 24.2.2009 beantragt die
Klägerin das Ruhen des Verfahrens und die Wiedereröffnung
der mündlichen Verhandlung.
II. Dem Antrag der Klägerin auf Ruhen des
Verfahrens und auf Wiedereröffnung der mündlichen
Verhandlung war nicht stattzugeben.
1. Nach § 155 der Finanzgerichtsordnung
(FGO) i.V.m. § 251 Satz 1 der Zivilprozessordnung kann das
Gericht das Ruhen des Verfahrens anordnen, wenn die Beteiligten
dies beantragen und die Anordnung aus wichtigen Gründen
zweckmäßig ist. Die Anordnung des Ruhens kann
zweckmäßig sein, wenn eine Billigkeitsmaßnahme der
vorgesetzten Behörde zu erwarten ist (Gräber/ Koch,
Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 74 Rz 23). Dies gilt jedoch
nicht, wenn die Billigkeitsmaßnahme erst während oder -
wie im Streitfall - nach Schluss der mündlichen Verhandlung
beantragt worden ist (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH -
vom 21.9.1994 IV B 95/93, BFH/NV 1995, 325).
2. Nach § 93 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. §
121 Satz 1 FGO kann das Gericht die Wiedereröffnung der
mündlichen Verhandlung beschließen. Die
Wiedereröffnung liegt grundsätzlich im Ermessen des
Gerichts (BFH-Urteil vom 29.6.2006 VII R 50/04, BFH/NV 2006, 1865 =
SIS 06 38 65, m.w.N.). Entgegen der Auffassung der Klägerin
bietet die Klärung des Verhältnisses von planwidriger
Regelungslücke und Billigkeitsentscheidung bei einer
Kapitalerhöhung aus dem Alt-EK 02 im Streitfall keinen Anlass
zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.
III. Die Revision ist unbegründet und
daher gemäß § 126 Abs. 2 FGO zurückzuweisen.
Das FG hat zu Recht entschieden, dass für die von der
Klägerin im Streitjahr vorgenommene Gewinnausschüttung
nicht gemäß § 38 Abs. 1 Satz 4 KStG 2002 das Alt-EK
02 als verwendet gilt.
1. Das Alt-EK 02 gilt gemäß §
38 Abs. 1 Satz 4 KStG 2002 als für Leistungen verwendet,
soweit die Summe der Leistungen, die die Gesellschaft im
Wirtschaftsjahr erbracht hat, den um den Bestand des Satzes 1
verminderten ausschüttbaren Gewinn übersteigt. Nach
§ 38 Abs. 1 Satz 1 KStG 2002 ist ein positiver Endbetrag i.S.
des § 36 Abs. 7 KStG 2002 aus dem Alt-EK 02 zum Schluss der
folgenden Wirtschaftsjahre fortzuschreiben und gesondert
festzustellen. Zu den Leistungen der Gesellschaft i.S. des §
38 Abs. 1 Satz 4 KStG 2002 gehören auch offene
Gewinnausschüttungen (Dötsch in
Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 38
KStG Rz 14; Frotscher in Frotscher/Maas, KStG/UmwStG, § 38
KStG Rz 17; Jünger in Lademann, KStG, § 38 n.F. Rz
32).
2. Ob das Alt-EK 02 für eine
Gewinnausschüttung als verwendet gilt, ist nach § 38 Abs.
1 Satz 4 KStG 2002 im Rahmen einer Differenzrechnung zu ermitteln.
Hierzu ist der Ausschüttungsbetrag mit dem „um den
Bestand des Satzes 1 verminderten“ ausschüttbaren
Gewinn zu vergleichen (verminderter ausschüttbarer Gewinn).
Ist der verminderte ausschüttbare Gewinn null oder negativ,
gilt für die gesamte Gewinnausschüttung das Alt-EK 02 als
verwendet (Lang, DB 2002, 1793, 1796).
a) Der ausschüttbare Gewinn ist nach
§ 27 Abs. 1 Satz 4 KStG 2002 zu bestimmen. Nach dieser
Vorschrift gilt als ausschüttbarer Gewinn das um das
gezeichnete Kapital geminderte in der Steuerbilanz ausgewiesene
Eigenkapital abzüglich des Bestands des steuerlichen
Einlagenkontos. Das gezeichnete Kapital i.S. des § 27 Abs. 1
Satz 4 KStG 2002 ist das Kapital, auf das die Haftung der
Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft
gegenüber den Gläubigern beschränkt ist (§ 272
Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuches). Zum gezeichneten Kapital
gehören daher auch die Beträge, die aus
Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln stammen (Frotscher
in Frotscher/Maas, a.a.O., § 38 KStG Rz 24). Dies gilt auch
dann, wenn für diese Beträge ein Sonderausweis nach
§ 28 Abs. 1 Satz 3 KStG 2002 vorzunehmen ist (Dötsch in
Dötsch/Jost/Pung/Witt, a.a.O., § 27 KStG Rz 71; Frotscher
in Frotscher/Maas, a.a.O., § 28 KStG Rz 10; Jünger in
Lademann, a.a.O., § 38 n.F. Rz 37).
Entgegen der Auffassung der Klägerin
führt der in § 38 Abs. 1 Satz 4 KStG 2002 enthaltene
Verweis auf § 27 KStG 2002 nicht zu einer hiervon abweichenden
Bestimmung des ausschüttbaren Gewinns. Denn dieser Verweis
bezieht sich aufgrund seiner Ausgestaltung als Klammerzusatz
ausdrücklich nur auf die Definition des ausschüttbaren
Gewinns in § 27 Abs. 1 Satz 4 KStG 2002, nicht aber auf die
gesamte Regelung des § 27 KStG 2002.
Das FA hat danach zutreffend den
ausschüttbaren Gewinn der Klägerin ermittelt, indem es
vom Eigenkapital der Klägerin laut Steuerbilanz zum 31.12.2001
in Höhe von 230.878.252 EUR das erhöhte Nennkapital von
200.000.000 EUR abgezogen hat. Da das steuerliche Einlagenkonto mit
0 EUR festgestellt war, betrug der ausschüttbare Gewinn
30.878.252 EUR.
b) Zur Ermittlung des verminderten
ausschüttbaren Gewinns ist das nach § 38 Abs. 1 Satz 1
KStG 2002 fortgeschriebene Alt-EK 02 vom ausschüttbaren Gewinn
abzuziehen.
aa) Das FA hat angenommen, dass das Alt-EK 02
auch dann in vollem Umfang vom ausschüttbaren Gewinn
abzuziehen ist, wenn es - wie hier - ganz oder teilweise für
eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln verwendet wurde
und daher den ausschüttbaren Gewinn bereits gemindert hat. Der
Senat folgt dieser Auslegung nicht, da sie zu Ergebnissen
führt, die dem Zweck des § 38 KStG 2002
widersprechen.
Der - ungekürzte - Abzug des
fortgeschriebenen Alt-EK 02 zur Ermittlung des verminderten
ausschüttbaren Gewinns hätte bei einer vorangegangenen
Kapitalerhöhung aus Gewinnrücklagen des Alt-EK 02 zur
Folge, dass das Alt-EK 02 im Rahmen der Differenzrechnung nach
§ 38 Abs. 1 Satz 4 KStG 2002 in doppelter Hinsicht als
Abzugsposten berücksichtigt würde. Denn der - bei der
Ermittlung des verminderten ausschüttbaren Gewinns
abzuziehende - Bestand des Alt-EK 02 bleibt trotz der
Kapitalerhöhung unverändert. Weder § 38 KStG 2002
noch eine andere Vorschrift sehen für diesen Fall eine
Minderung des Alt-EK 02 vor, so dass das Alt-EK 02 sich in vollem
Umfang mindernd auswirkte. Gleichzeitig verringerte das Alt-EK 02
nach § 27 Abs. 1 Satz 4 KStG 2002 als Teil des gezeichneten
Kapitals den ausschüttbaren Gewinn (Dötsch in
Dötsch/Jost/Pung/Witt, a.a.O., § 38 KStG Rz 24a;
Frotscher in Frotscher/Maas, a.a.O., § 38 KStG Rz 25a).
Aufgrund der doppelten Berücksichtigung
des Alt-EK 02 ergäbe sich nach § 38 Abs. 1 Satz 4 KStG
2002 auch dann eine Verwendung des Alt-EK 02, wenn für die
Gewinnausschüttung sonstige ausschüttungsfähige
Rücklagen - im Streitfall der Bilanzgewinn 2001 - zur
Verfügung stünden. Ein solches Ergebnis widerspräche
dem Ziel des § 38 KStG 2002, einen steuerneutralen
Übergang vom Anrechnungsverfahren zum
Halbeinkünfteverfahren zu gewährleisten.
bb) Der Senat legt daher § 38 Abs. 1 Satz
4 KStG 2002 dahingehend aus, dass der ausschüttbare Gewinn nur
insoweit um den Bestand des Alt-EK 02 zu vermindern ist, als das
Alt-EK 02 nicht bereits aufgrund einer vorangegangenen
Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln als Teil des
gezeichneten Kapitals bei der Ermittlung des ausschüttbaren
Gewinns nach § 27 Abs. 1 Satz 4 KStG 2002 vom Eigenkapital
laut Steuerbilanz abgezogen worden ist (im Ergebnis auch
Dötsch in Dötsch/Jost/Pung/Witt, ebenda; Frotscher in
Frotscher/Maas, ebenda; Ommerborn in Herrmann/Heuer/Raupach,
EStG/KStG, § 38 KStG Rz 28).
aaa) Der Wortlaut der Bestimmung lässt
eine dementsprechende Auslegung zu. § 38 Abs. 1 Satz 4 KStG
2002 verlangt zwar, dass der ausschüttbare Gewinn (§ 27
KStG 2002) um den Bestand des § 38 Abs. 1 Satz 1 KStG 2002
gemindert wird. Diesem Normbefehl wird jedoch auch dann
genügt, wenn vom ausschüttbaren Gewinn nur noch der
Betrag des Alt-EK 02 abgezogen wird, der nicht zur
Kapitalerhöhung verwendet wurde. Denn derjenige Teil des
Alt-EK 02, der zur Erhöhung des Nennkapitals aus
Rücklagen verwendet wurde, hat bereits den ausschüttbaren
Gewinn gemindert.
bbb) Diese Auslegung entspricht dem Zweck des
§ 38 KStG 2002.
§ 38 KStG 2002 will verhindern, dass die
unter Geltung des Anrechnungsverfahrens steuerfrei vereinnahmten
Gewinne nach der Systemumstellung während des
(ursprünglich) 15-jährigen Übergangszeitraums im
Falle einer Ausschüttung bei der Körperschaft steuerfrei
bleiben und bei den Anteilseignern nur mit dem
Halbeinkünfteverfahren besteuert werden. Wird dieser Teil des
Eigenkapitals jedoch nicht an die Anteilseigner ausgekehrt, tritt
die Besteuerungsfolge des § 38 Abs. 2 KStG 2002 nicht ein; es
wird wie bisher keine Körperschaftsteuererhöhung
vorgenommen (Ommerborn in Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 38
KStG Rz 3). Wird das Alt-EK 02 während des
Überganszeitraums nicht ausgeschüttet, bleibt es nach der
Konzeption des § 38 KStG 2002 auf der Ebene der
Kapitalgesellschaft endgültig steuerfrei.
Aus § 38 Abs. 1 i.V.m. § 27 Abs. 1
Satz 4 KStG 2002 folgt, dass Ausschüttungen - entsprechend der
im Anrechnungsverfahren geltenden Regelung (§ 28 Abs. 3 KStG
a.F.) - zunächst aus dem sonstigen Vermögen, danach aus
dem Alt-EK 02 und zuletzt aus Einlagen finanziert werden. Diese
Verwendungsreihenfolge kehrte sich jedoch um, berücksichtigte
man bei der Anwendung des § 38 Abs. 1 Satz 4 KStG 2002 nicht,
dass derjenige Teil des Alt-EK 02, der zur Kapitalerhöhung aus
Gesellschaftsmitteln verwendet wurde, bereits den
ausschüttbaren Gewinn gemindert hat, weil das erhöhte
Nennkapital vom Eigenkapital laut Steuerbilanz abgezogen wurde
(Danelsing in Blümich, EStG/KStG/ GewStG, § 38 KStG Rz
13; Dötsch in Dötsch/Jost/Pung/Witt, a.a.O., § 38
KStG Rz 19; Lornsen-Veit/Odenbach in Erle/Sauter,
Körperschaftsteuergesetz, § 38 Rz 47 f.; Bott in Ernst
& Young, Körperschaftsteuergesetz, § 38 Rz 51).
§ 38 Abs. 1 Satz 4 KStG 2002 gehört
zu den Übergangsvorschriften, die aus Anlass des
Systemwechsels vom Anrechnungsverfahren zum
Halbeinkünfteverfahren durch das Steuersenkungsgesetz vom
23.10.2000 (BGBl I 2000, 1433, BStBl I 2000, 1428) in das
Körperschaftsteuergesetz eingefügt wurden. Das
Anrechnungsverfahren wird im Übergangszeitraum aus
Vereinfachungsgründen in modifizierter Form fortgeführt.
Anstelle der Gliederung des verwendbaren Eigenkapitals (§ 30
KStG a.F.) werden nur noch das Alt-EK 02 (§ 38 Abs. 1 KStG
2002) und der Bestand des steuerlichen Einlagenkontos (§ 27
Abs. 2 KStG 2002), in das der Endbestand des Teilbetrags i.S. des
§ 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG a.F. übernommen wird (§ 39
Abs. 1 KStG 2002), gesondert festgestellt. Eine der
Verwendungsreihenfolge des § 28 Abs. 3 KStG a.F. entsprechende
Regelung für die einzelnen Teilbeträge des Eigenkapitals
ist in den Übergangsvorschriften nicht enthalten (Bott in
Ernst & Young, ebenda; Cremer in Mössner/ Seeger, KStG,
§ 38 Rz 12; Lang, DB 2002, 1793, 1795). Aus den
Gesetzesmaterialien zu § 38 Abs. 1 Satz 4 KStG 2002 ergibt
sich jedoch, dass die Verwendungsreihenfolge des § 28 Abs. 3
KStG a.F. im Rahmen der Differenzrechnung des § 38 Abs. 1 Satz
4 KStG 2002 insoweit fortgeführt werden soll, als das Alt-EK
02 erst dann als für Ausschüttungen verwendet gilt, wenn
die Gesellschaft abgesehen vom Bestand des Alt-EK 02 und des
Bestands des steuerlichen Einlagenkontos über keine
anderweitigen ausschüttungsfähigen Rücklagen mehr
verfügt (Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN, BTDrucks 14/2683, S. 121, 122, Begründung
zu Art. 3, und S. 127, Einzelbegründung zu § 38 Abs. 1
KStG).
Es sind keine Anhaltspunkte dafür
ersichtlich, dass sich an dieser Verwendungsreihenfolge -
abweichend vom bisherigen Recht - etwas ändern sollte, wenn
das Alt-EK 02 für eine Nennkapitalerhöhung verwendet
wird. Unter Geltung des Anrechnungsverfahrens führte zwar eine
Umwandlung von EK 02-Rücklagen in Stammkapital ebenfalls nicht
zu einem Ausscheiden des EK 02 aus dem verwendbaren Eigenkapital.
Im typisierten Regelfall (wenn auch infolge der Steuerbefreiung der
Klägerin nicht im Streitfall, vgl. § 30 Abs. 2 Nr. 2 KStG
a.F.) wäre allerdings durch den im Jahr 2001 erzielten Gewinn
EK 40 gebildet worden, das vorrangig für eine
Ausschüttung im Streitjahr zur Verfügung gestanden
hätte (vgl. auch Centrale für GmbH, GmbHR 2004, 793,
794).
Die Umkehrung der in § 38 Abs. 1 Satz 4
KStG 2002 angelegten Verwendungsreihenfolge für den Fall der
Kapitalerhöhung aus Gewinnrücklagen des Alt-EK 02
lässt sich nicht mit dem Vereinfachungszweck der Vorschrift
begründen. Der Zweck der Übergangsvorschriften besteht
neben der Gewährleistung eines steuerneutralen Übergangs
insbesondere darin, die praktische Handhabung des
Anrechnungsverfahrens im Übergangszeitraum zu erleichtern
(Senatsurteil vom 31.5.2005 I R 107/04, BFHE 210, 256, BStBl II
2005, 884 = SIS 05 41 66, unter II.2.c dd der Gründe; FG
Köln, Urteil vom 28.2.2007 13 K 4826/03, EFG 2007, 1357 = SIS 07 21 51). Dem Vereinfachungszweck wird dadurch Rechnung getragen,
dass im Übergangszeitraum keine Gliederung des verwendbaren
Eigenkapitals mehr vorzunehmen ist; eine gesonderte Feststellung
der - vorrangig zu verwendenden - sonstigen
ausschüttungsfähigen Rücklagen findet daher nicht
statt. Die Höhe dieser Rücklagen ergibt sich vielmehr im
Wege der Differenzrechnung des § 38 Abs. 1 Satz 4 KStG 2002
aus dem verminderten ausschüttbaren Gewinn (Hoffmann, Der
GmbH-Steuerberater 2001, 34; Lang, DB 2002, 1793, 1795). Dem
Vereinfachungszweck läuft es hierbei nicht zuwider, das Alt-EK
02 bei der Ermittlung des verminderten ausschüttbaren Gewinns
nur einmal als Abzugsposten zu berücksichtigen.
cc) Aufgrund der vom Senat vorgenommenen
einschränkenden Auslegung des § 38 Abs. 1 Satz 4 KStG
2002 kommt es auf die Frage, ob die doppelte Berücksichtigung
des Alt-EK 02 im Rahmen der Differenzrechnung des § 38 Abs. 1
Satz 4 KStG 2002 bei einer Kapitalerhöhung aus
Gewinnrücklagen des Alt-EK 02 - wie vom FG angenommen - auf
einer planwidrigen Unvollständigkeit der gesetzlichen Regelung
beruht, nicht mehr an.
3. Nach diesen Grundsätzen führt die
Ausschüttung der Klägerin in Höhe von 7.987.533 EUR
im Streitjahr nicht dazu, dass nach § 38 Abs. 1 Satz 4 KStG
2002 das Alt-EK 02 als für die Ausschüttung verwendet
gilt. Denn nach der Differenzrechnung des § 38 Abs. 1 Satz 4
KStG 2002 übersteigt der Ausschüttungsbetrag den
verminderten ausschüttbaren Gewinn nicht. Nach den für
den Senat bindenden (§ 118 Abs. 2 FGO) Feststellungen des FG
standen für die von der Klägerin vorgenommene
Kapitalerhöhung in Höhe von 9.799.420 EUR
ausschließlich Gewinnrücklagen aus dem Alt-EK 02 zur
Verfügung. Vom ausschüttbaren Gewinn in Höhe von
30.878.252 EUR ist daher nicht der gesamte Bestand des Alt-EK 02
zum 31.12.2001 in Höhe von 32.429.834 EUR, sondern nur der
Differenzbetrag der nicht in Nennkapital umgewandelten
Rücklagen in Höhe von 22.630.414 EUR abzuziehen. Der -
vorrangig vor dem Alt-EK 02 für die Ausschüttung zu
verwendende - verminderte ausschüttbare Gewinn beträgt
damit 8.247.838 EUR.