Stiller Gesellschafter, Zeitpunkt der Verlustzurechnung, Schuldübernahme und Verlustausgleich: 1. Verlustanteile eines typisch stillen Gesellschafters dürfen steuerrechtlich erst dann als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden, wenn der Geschäftsinhaber den Jahresabschluss festgestellt hat und der Verlustanteil des stillen Gesellschafters berechnet und - im Regelfall - auch von seiner Einlage abgebucht worden ist. - 2. Eine zeitlich vorverlagerte Verlustzurechnung aufgrund gesellschaftsvertraglicher Vereinbarungen ist steuerrechtlich nicht anzuerkennen, da für den Werbungskostenabzug nach § 11 Abs. 2 EStG die tatsächlichen Gegebenheiten, nämlich die Erstellung des Jahresabschlusses, maßgebend sind. - 3. Erst wenn die Gesellschaft endgültig von einer Schuld befreit wird, handelt es sich im Falle der Übernahme einer Gesellschaftsschuld durch den stillen Gesellschafter um die allein maßgebliche "geleistete Einlage" i.S. von § 15 a Abs. 1 EStG. - 4. Eine erst später erteilte Genehmigung einer Schuldübernahme durch den Gläubiger wirkt steuerrechtlich nicht auf den Zeitpunkt zurück, in dem der stille Gesellschafter sich dazu verpflichtet hatte. - 5. Die Verpflichtung zur Schuldübernahme begründet keinen "erweiterten Verlustausgleich" nach § 15 a EStG bei dem stillen Gesellschafter. - Urt.; BFH 16.10.2007, VIII R 21/06; SIS 08 05 43
I. Streitig ist die Höhe des gesondert
festgestellten vortragsfähigen Verlustes in den Streitjahren
1996 bis 1998 aus zwei typisch stillen Beteiligungen des
Klägers und Revisionsklägers (Kläger).
Der Kläger beteiligte sich über
zwei verschiedene Treuhänder an einer GmbH in der Rechtsform
typisch stiller Gesellschaften.
Mit Vertrag vom 2.11.1996 verpflichtete
sich der Kläger über die B-GmbH als Treuhänderin (ab
dem 2.1.1997 über die P-GmbH), sich mit einer Einlage von
22.500.000 DM still an der GmbH zu beteiligen (Beteiligung
I).
Die Einlage sollte in Höhe von
19.415.150 DM durch Übernahme einer Darlehensverbindlichkeit
der GmbH gegenüber der L-Bank und in Höhe des
Restbetrages bar erbracht werden. Der Kläger hatte bis zur
Umschreibung des Darlehens die GmbH in Höhe des
übernommenen Betrages von allen Risiken und Pflichten aus dem
Darlehensvertrag freizustellen. Ihm war im Jahr der Einlageleistung
und ggf. im Folgejahr ein anteiliger Vorwegverlust insgesamt bis
zur Höhe seiner Einlage zuzurechnen. Damit sollten zugleich
alle betrieblichen Aufwendungen, auch der Tochtergesellschaften,
abgegolten sein.
Mit einer ergänzenden Vereinbarung vom
12.11.1996 übernahm der Treuhänder für den
Kläger den gesamten Steuerbilanzverlust 1996 der
Tochtergesellschaft Z-KG, der im Dezember 1996 in vorläufiger
Höhe dem Kapitalkonto in der Steuerbilanz 1996 belastet werden
sollte. Dieser Verlust sollte lt. Prospekt der Z-KG voraussichtlich
14.018.000 DM betragen.
Noch im Jahr 1996 leistete der Kläger
eine Bareinlage in Höhe von 2,4 Mio. DM an die GmbH. Die
Anzeige der Schuldübernahme und die Umschreibungen des
Darlehens erfolgten nach den klägerischen Angaben nach
1997.
Des Weiteren beteiligte sich der
Kläger mit Vertrag vom 1.9.1997 über die P-GmbH als
Treuhänderin an der GmbH mit einer zum selben Termin zu
leistenden Einlage in Höhe von 29 Mio. DM (Beteiligung II).
Die Einlage sollte durch Übernahme einer
Darlehensverbindlichkeit der GmbH gegenüber der
A-Lebensversicherung erbracht werden. Auch insoweit hatte der
Kläger bis zur Darlehensumschreibung durch die Bank die GmbH
in Höhe des übernommenen Betrages von allen Risiken und
Pflichten aus dem Darlehensvertrag freizustellen. Die
Verlustzuweisung im Jahr der Einlageleistung sollte wie bei der
Beteiligung I erfolgen.
Der Kläger leistete im Jahr 1997 auf
die Beteiligung II eine Bareinlage in Höhe von 773.826 DM an
die GmbH. Die A-Lebensversicherung bestätigte mit Schreiben
vom 11.12.2000 dem Kläger den Eingang eines Faxes vom
30.12.1997, in welchem der Kläger seinen
„Schuldbeitritt“ zur Objektfinanzierung der
Hauptverwaltung der X-AG für das Darlehen an die GmbH in
Höhe von 30 Mio. DM erklärt habe und erklärte sich
mit dem „Schuldbeitritt“ einverstanden.
Mit Nachträgen vom 2.6.1998 wurde
zwischen der P-GmbH und der GmbH die Umwandlung der stillen
Beteiligungen I und II in atypisch stille Beteiligungen
vereinbart.
Mit seinen Einkommensteuererklärungen
für 1996 und 1997 machte der Kläger im Rahmen seiner
Einkünfte aus Kapitalvermögen Verluste aus den stillen
Beteiligungen in Höhe von 16.064.563 DM (für 1996) und
von 31.703.808 DM (für 1997) geltend. In seiner
Einkommensteuererklärung für 1998 machte er für die
typisch stille Beteiligung vom 1. Januar bis 1.6.1998 einen Verlust
in Höhe von 8.004.093 DM geltend.
Eine in den Jahren 1999/2000 für die
Jahre 1993 bis 1997 beim Kläger durchgeführte
Außenprüfung kam zu dem Ergebnis, der Kläger habe
auf seine stillen Beteiligungen in den Jahren 1996 und 1997
lediglich Einlagen in Höhe seiner Bareinzahlungen von 2,4 Mio.
DM im Jahr 1996 und von 773.826 DM im Jahr 1997 geleistet, Verluste
dürften erst gemäß § 11 Abs. 2 des
Einkommensteuergesetzes (EStG) im Zeitpunkt der Erstellung der
Jahresabschlüsse für die GmbH berücksichtigt werden.
Dementsprechend erkannte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) für 1996 keine Verluste als Werbungskosten
an, für 1997 lediglich Verluste in Höhe von 2,4 Mio. DM
(Einkommensteuerbescheide vom 18.9.2001). Für 1998 erkannte
das FA einen Verlust in Höhe von 773.826 DM
(Einkommensteueränderungsbescheid vom 1.2.2002) an. Da sich
für 1998 ein negativer Gesamtbetrag der Einkünfte ergab,
erließ das FA am 17.10.2001 und geändert am 25.2.2002
einen Bescheid über die gesonderte Feststellung des
verbleibenden Verlustabzugs für die Einkommensteuer zum
31.12.1998. Außerdem trug es Verluste aus 1998 mit
Einkommensteueränderungsbescheiden vom 17.10.2001 nach §
10d Abs. 1 EStG zurück und setzte die Einkommensteuer für
1996 und 1997 jeweils auf 0 DM fest.
Mit seinem Einspruch begehrte der
Kläger, die Verluste erklärungsgemäß bei der
Einkommensteuer 1996 und 1997 zu berücksichtigen und
beantragte, die verbleibenden Verlustabzüge zum 31.12.1996 und
1997 gesondert festzustellen. Gegen den ablehnenden Bescheid
über die gesonderten Feststellungen (Bescheid vom 26.10.2001)
legte er ebenfalls Einspruch ein. Seine Einsprüche gegen die
Einkommensteuerbescheide 1996 bis 1998 nahm der Kläger wegen
fehlender Beschwer wieder zurück. Die Einsprüche wegen
der gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur
Einkommensteuer wies das FA als unbegründet zurück
(Einspruchsentscheidung vom 6.3.2003).
Die Klage wies das Finanzgericht (FG) mit
in EFG 2006, 1517 = SIS 06 28 64 veröffentlichtem Urteil
ab.
Mit der Revision rügt der Kläger
die Verletzung materiellen Rechts.
Er beantragt, das angefochtene Urteil des
FG aufzuheben und das FA unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides
vom 26.10.2001 sowie der Einspruchsentscheidung vom 6.3.2003 zu
verpflichten, den verbleibenden Verlustabzug zur Einkommensteuer
unter Berücksichtigung der Verluste aus stiller Beteiligung
von 16.061.183 DM in 1996 und von 28.639.827 DM in 1997 gesondert
festzustellen sowie den Bescheid über die gesonderte
Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer
zum 31.12.1998 vom 25.2.2002 und die Einspruchsentscheidung vom
6.3.2003 insoweit zu ändern, dass der Verlust aus 1998 um
Verlustanteile aus stillen Beteiligungen in Höhe von 8.004.093
DM erhöht wird,
hilfsweise das FA unter Aufhebung des
Ablehnungsbescheides vom 26.10.2001 und der Einspruchsentscheidung
vom 6.3.2003 zu verpflichten, den verbleibenden Verlustabzug zur
Einkommensteuer 1997 unter Berücksichtigung der Verluste aus
stiller Beteiligung von 16.061.183 DM gesondert festzustellen sowie
den Bescheid über die gesonderte Feststellung des
verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer zum 31.12.1998 vom
25.2.2002 und die Einspruchsentscheidung vom 6.3.2003 insofern zu
ändern, dass der Verlust aus 1998 um Verlustanteile aus
stillen Beteiligungen von 28.639.827 DM erhöht wird.
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet und
deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
Das FG hat in revisionsrechtlich nicht zu
beanstandender Weise die Klage als unbegründet abgewiesen. Der
Senat hält an seinen bereits im Aussetzungsverfahren mit
Beschluss vom 7.8.2002 VIII B 90/02 (BFH/NV 2002, 1577 = SIS 03 02 50) ausgeführten rechtlichen Erwägungen unverändert
fest.
1. Gemäß § 15a Abs. 1 Satz 1
EStG, der nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG
sinngemäß auf die aus einer typisch stillen Beteiligung
fließenden Einkünfte aus Kapitalvermögen anzuwenden
ist, darf der einem Kommanditisten zuzurechnende Anteil am Verlust
einer KG nicht mit anderen Einkünften des Kommanditisten
ausgeglichen oder nach § 10d EStG abgezogen werden, soweit ein
negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht. Das ist, wie
sich aus Abs. 1 Satz 2 dieser Vorschrift ergibt, dann der Fall,
wenn der Verlustanteil die „geleistete Einlage“
übersteigt; denn diese Einlage bestimmt das positive
Kapitalkonto des Kommanditisten. Ein hiernach nicht
berücksichtigungsfähiger sog. verrechenbarer Verlust, der
nach § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG gesondert festzustellen ist -
diese Bescheide sind Gegenstand des vorliegenden Verfahrens -
mindert gemäß § 15a Abs. 2 EStG die Gewinne, die
dem Kommanditisten in späteren Wirtschaftsjahren aus seiner
Beteiligung an der KG zuzurechnen sind.
a) Die Kommanditeinlage ist i.S. von §
15a Abs. 1 Satz 2 EStG „geleistet“, wenn sie
tatsächlich erbracht worden ist. In Anknüpfung an die in
§ 171 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB) getroffene Regelung
ist der ausgleichsfähige Verlust in § 15a Abs. 1 Satz 1
EStG grundsätzlich auf die zum maßgebenden
Bilanzstichtag tatsächlich bereits geleistete Einlage im Sinne
eines Zuflusses von Werten in das Gesellschaftsvermögen
beschränkt (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 7.10.2004
IV R 50/02, BFH/NV 2005, 533 = SIS 05 15 80; ferner zur
Rechtsprechung und zum überwiegend insoweit zustimmenden
Schrifttum Geuenich, DStR 1998, 57, 60, m.w.N.; ferner Dötsch,
in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 20 Rz F 170,
m.w.N.).
Die im Innenverhältnis gegenüber der
KG bestehende Einlageverpflichtung, die „ausstehende
Einlage“ des Kommanditisten oder eine entsprechende
sonstige Forderung der Gesellschaft gegenüber dem betreffenden
Gesellschafter, reicht hierfür nicht aus (BFH-Beschluss vom
29.8.1996 VIII B 44/96, BFHE 182, 26 = SIS 97 09 20; BFH-Urteil vom
3.12.2002 IX R 24/00, BFH/NV 2003, 894 = SIS 03 32 43). Dies gilt
entsprechend für die Einlage eines atypisch stillen
Gesellschafters (BFH-Urteil vom 10.7.2001 VIII R 45/98, BFHE 196,
103, BStBl II 2002, 339 = SIS 01 11 92) und ebenso eines
BGB-Innengesellschafters (BFH-Urteil vom 5.2.2002 VIII R 31/01,
BFHE 198, 101, BStBl II 2002, 464 = SIS 02 08 50, mit Anmerkung von
HG, DStR 2002, 1089).
Die Leistung einer Einlage durch den typisch
stillen Gesellschafter ist nach denselben Grundsätzen zu
beurteilen. Dem Gesellschaftsvermögen muss etwas von
außen zugeflossen sein, was den bilanziellen Unternehmenswert
mehrt, also die Aktiva des Unternehmens erhöht oder die
Passiva mindert und dadurch das „Kapitalkonto“
beeinflusst.
Der Senat kann hinsichtlich der Streitjahre
1996 bis 1998 offenlassen, ob sich aufgrund der durch das
Kapitalgesellschaften- und Co-Richtlinie-Gesetz (KapCoRiLiG) vom
24.2.2000 (BGBl I 2000, 154) neu eingeführten Vorschrift des
§ 264c HGB, die nach Art. 48 Abs. 1 Satz 1 des
Einführungsgesetzes zum Handelsgesetzbuch (EGHGB)
grundsätzlich erst für Jahresabschlüsse für
nach dem 31.12.1999 beginnende Geschäftsjahre anzuwenden ist,
entsprechend der klägerischen Auffassung eine dahingehende
abweichende steuerrechtliche Würdigung in Betracht zu ziehen
sein könnte, dass bereits die als Forderung zu aktivierende
„bedungene“ Einlage nunmehr auch die Höhe
des „Kapitalkontos“ des stillen Gesellschafters
und damit das Verlustausgleichsvolumen mitbestimmt. Die in §
20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG angeordnete nur
sinngemäße Anwendung des § 15a EStG müsste
auch in diesem Fall das die Überschussrechnung konstituierende
Abflussprinzip nach § 11 Abs. 2 EStG berücksichtigen,
wonach der dem stillen Gesellschafter über den Betrag seiner
tatsächlich geleisteten Einlage hinaus zugewiesene
Verlustanteil gleichwohl nicht zu einem Abfluss von Werbungskosten
führen kann (ausführlich Dötsch, in:
Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 20 Rz F 153, 165 und
171 bis 171 b).
b) Da nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG
die Regelung in § 15a EStG nur sinngemäß anzuwenden
ist und zwangsläufig auch nur sinngemäß - mangels
einer Steuerbilanz und eines danach auszuweisenden Kapitalkontos,
wie es bei einer unmittelbaren Anwendung des § 15a EStG
vorausgesetzt wird (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2005, 533 = SIS 05 15 80) - anwendbar ist, muss die Berechnung des Kapitalkontos einer
stillen Gesellschaft soweit wie möglich der Berechnung des
Kapitalkontos bei einer Gesellschaft mit gewerblichen
Einkünften angeglichen werden (vgl. auch Dötsch, in:
Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 20 Rz F 155).
Maßgebend kann nicht das sich aus einer Steuerbilanz
abzuleitende Kapitalkonto sein. Vielmehr ist das
„Kapitalkonto“ jedes Gesellschafters
eigenständig zu ermitteln, wobei von den von den einzelnen
Gesellschaftern geleisteten Einlagen auszugehen ist. Diese Einlagen
sind um spätere Einlagen sowie um positive Einkünfte der
Vorjahre zu erhöhen und um Entnahmen und negative
Einkünfte des Vorjahres zu vermindern (vgl. auch BFH-Urteil
vom 15.10.1996 IX R 72/92, BFHE 181, 462, BStBl II 1997, 250 = SIS 97 06 24). Nach der Rechtsprechung bleibt es den Gesellschaftern
überlassen, in welcher Form sie das negative Einlagenkonto
für steuerliche Zwecke führen, z.B. als
Verlustsonderkonto oder entsprechend seinem Charakter formlos als
„Merkposten“ (vgl. BFH-Urteil vom 23.7.2002 VIII
R 36/01, BFHE 199, 477, BStBl II 2002, 858 = SIS 02 97 57; kritisch
Kuck, DStR 2003, 235; grundsätzlich ablehnend Groh, DB 2004,
668).
Für den stillen Gesellschafter ist ein
negatives Einlagenkonto zu bilden und der darauf ausgewiesene
Verlust jährlich zum Bilanzstichtag als verrechenbarer Verlust
gesondert festzustellen (BFH-Urteil in BFHE 199, 477, BStBl II
2002, 858 = SIS 02 97 57).
c) Soweit die Einlage nicht in bar in das
Gesellschaftsvermögen geleistet worden ist, fehlt es an einem
Zufluss i.S. von § 11 Abs. 1 EStG. Die Übernahme von
Darlehensverbindlichkeiten der GmbH gegenüber
Drittgläubigern erfüllt diese Voraussetzung nicht; denn
die GmbH ist insoweit zu den maßgebenden Bilanzstichtagen
noch nicht endgültig von ihren Verbindlichkeiten befreit
gewesen. Es fehlten nämlich zu diesem Zeitpunkt noch die
zivilrechtlich nach § 415 des Bürgerlichen Gesetzbuchs
(BGB) notwendigen Genehmigungen der Gläubiger. Bis zu deren
Erteilung lagen lediglich im Innenverhältnis zur GmbH wirksame
Erfüllungsübernahmen i.S. von § 415 Abs. 3 i.V.m.
§ 329 BGB bzw. Schuldbeitritte nach § 328 BGB vor. Eine
erst in späteren, nach den Streitjahren liegenden
Kalenderjahren erteilte Genehmigung wirkt zwar zivilrechtlich
zurück (vgl. § 184 Abs. 1 BGB), indes entfaltet sie
steuerrechtlich erst im Zeitpunkt ihrer Erteilung Wirkung
(BFH-Urteil vom 2.10.2001 IX R 45/99, BFHE 196, 567, BStBl II 2002,
10 = SIS 02 02 34). Knüpft das Steuerrecht - wie in § 15a
EStG - die Rechtsfolge mit der Veränderung des Kapitalkontos
an den bilanzrechtlichen Vermögensvergleich an, so kommt es
auf die tatsächlichen Verhältnisse am jeweiligen
Bilanzstichtag an (BFH-Beschluss vom 26.3.1991 VIII R 55/86, BFHE
166, 21, BStBl II 1992, 479 = SIS 92 07 23).
Zu den hier maßgebenden Bilanzstichtagen
hat die GmbH jedoch noch ihre Darlehensverbindlichkeiten
gegenüber ihren Gläubigern zu passivieren. Eine
Vermögensmehrung konnte bei ihr noch nicht endgültig
eingetreten sein. Bis zur Erteilung der Genehmigungen konnten die
Vertragspartner die Schuldübernahme noch jederzeit ändern
oder aufheben. Sie war zudem unwirksam, sofern die Gläubiger
eine Genehmigung verweigerten (§ 415 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2
Satz 1 BGB).
d) Die Schuldübernahmen führen auch
nicht zu einem „erweiterten Verlustausgleich“.
§ 15a Abs. 1 Sätze 2 und 3 EStG sehen eine derartige
Erweiterung ausdrücklich nur für Kommanditisten unter den
dort genannten Voraussetzungen vor. Die Regelung betrifft
nämlich eine weiter gehende Haftung im
Außenverhältnis (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2005, 533 =
SIS 05 15 80). Hingegen greift die Regelung nicht für
schuldrechtliche Innen- und Außenverpflichtungen von
bloßen Innengesellschaften - wie einer typisch stillen
Gesellschaft - ein. Hier ist der Verlustausgleich auf den Umfang
der „geleisteten Einlage“ beschränkt
(grundlegend BFH-Urteil in BFHE 198, 101, BStBl II 2002, 464 = SIS 02 08 50; ferner BFH-Urteile in BFHE 196, 103, BStBl II 2002, 339 =
SIS 01 11 92; vom 11.3.2003 VIII R 33/01, BFHE 202, 152, BStBl II
2003, 705 = SIS 03 33 87).
Deshalb ist es unerheblich, dass sich der
stille Gesellschafter über die Treuhänder gegenüber
der GmbH verpflichtet hat, bis zur Umschreibung der Darlehen durch
die Gläubiger deren Risiken und Pflichten aus den
Darlehensverträgen zu übernehmen. Ebenso wenig kommt es
darauf an, ob die Gläubiger an den jeweiligen Bilanzstichtagen
die (Mit-)Verpflichtung des stillen Gesellschafters kannten.
2. Danach sind die in den Streitjahren auf den
Kläger entfallenden Verluste der GmbH nur in Höhe der in
den Jahren 1996 und 1997 geleisteten Bareinlagen
ausgleichsfähig und durften jeweils erst im Folgejahr als
Werbungskosten bis zu dieser Höhe steuermindernd bei dessen
Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigt
werden.
a) Verlustanteile eines typisch stillen
Gesellschafters dürfen steuerlich erst dann als Werbungskosten
berücksichtigt werden, wenn auf der Ebene der Gesellschaft ein
dem stillen Gesellschafter anteilig zuzurechnender Verlust
entstanden ist und der Verlustanteil bei dem stillen Gesellschafter
zu Werbungskosten geführt hat. Erforderlich ist hierfür,
dass der Geschäftsinhaber den Jahresabschluss festgestellt hat
und der Verlustanteil des stillen Gesellschafters berechnet worden
ist (grundlegend BFH-Urteil vom 10.11.1987 VIII R 53/84, BFHE 151,
434, BStBl II 1988, 186 = SIS 88 03 15; bestätigt im
BFH-Urteil in BFHE 199, 477, BStBl II 2002, 858 = SIS 02 97 57;
ferner BFH-Urteile vom 22.7.1997 VIII R 57/95, BFHE 184, 21, BStBl
II 1997, 755 = SIS 97 22 03; vom 7.9.2000 III R 33/96, BFH/NV 2001,
415 = SIS 01 58 06).
Die von der Rechtsprechung zugelassene
Ausnahme einer Schätzung eines laufenden Verlustes durch das
FA (vgl. dazu BFH–Beschluss vom 23.2.2007 VIII B 105/06,
BFH/NV 2007, 1118 = SIS 07 15 62, m.w.N.) liegt im Streitfall
erkennbar nicht vor.
Im Regelfall muss der Verlustanteil
außerdem noch von der Einlage des stillen Gesellschafters
abgebucht worden sein (BFH-Urteile vom 28.5.1997 VIII R 25/96, BFHE
183, 407, BStBl II 1997, 724 = SIS 97 22 30; bestätigt durch
BFH–Urteil vom 22.7.1997 VIII R 73/95, BFH/NV 1998, 300,
sowie in BFHE 199, 477, BStBl II 2002, 858 = SIS 02 97 57, dort
auch zur Ausnahme, wenn durch den Verlustanteil ein negatives
Einlagenkonto entsteht).
Die darüber hinausgehenden Verluste sind
lediglich als verrechenbare Verluste i.S. von § 15a Abs. 2
i.V.m. Abs. 4 EStG gesondert festzustellen.
b) Soweit der erkennende Senat im Urteil in
BFHE 151, 434, BStBl II 1988, 186 = SIS 88 03 15 angemerkt hat,
mangels einer zur Frage des Verrechnungszeitpunktes getroffenen
ausdrücklichen Vereinbarung gälten die Vorschriften des
BGB und des HGB, entnimmt der Kläger dieser Formulierung zu
Unrecht die Möglichkeit einer durch Vereinbarung zeitlich
vorzuverlagernden Verlustzurechnung. Maßgebend sind für
den Werbungskostenabzug nach § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG die
tatsächlichen Gegebenheiten. Eine Verrechnung des Verlustes
ist indes frühestens nach der Feststellung des
Jahresabschlusses zulässig und kann auch nicht zeitlich
früher als Werbungskosten in Gestalt der Verminderung der
(„geleisteten“) Einlage abfließen.
Den Gesellschaftern steht es freilich frei,
einen abweichenden späteren Fälligkeitszeitpunkt zu
vereinbaren (dazu Urteil des FG Düsseldorf vom 2.4.1993 14 K
82/89 E, EFG 1993, 710, rechtskräftig, dort erst bei
Beendigung der stillen Gesellschaft; ebenfalls Birk/Kister in
Herrmann/Heuer/Raupach - HHR -, EStG und KStG, § 11 EStG Rz
130 „stille Gesellschaft“).
Deshalb ist auch nicht der Zeitpunkt
entscheidend, für den der Jahresabschluss erstellt wird,
sondern der Zeitpunkt, in welchem dies tatsächlich geschieht
(so Dötsch, in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, a.a.O.,
§ 20 Rz F 207). Erst in diesem Zeitpunkt verliert der stille
Gesellschafter auch seine wirtschaftliche Verfügungsmacht
über die Einlage infolge Abbuchung des Verlustes von seinem
Einlagekonto; bei einer eventuellen Auseinandersetzung könnte
er lediglich noch das Restguthaben beanspruchen (vgl. Stuhrmann in
Blümich, § 20 EStG Rz 226; Harenberg in HHR, § 20 Rz
418; Schlotter in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht,
Kommentar, § 20 EStG Rz 526; Seemann in Frotscher, 6. Aufl.,
§ 20 EStG Rz 107).
3. Danach ist weder der Haupt- noch der
Hilfsantrag begründet.
a) Mit dem Hauptantrag begehrt der
Kläger, die auf ihn entfallenden anteiligen Verluste für
die einzelnen Streitjahre bereits auch für diese Jahre in
Höhe nicht nur der geleisteten, sondern auch der vereinbarten
Einlage gesondert festzustellen.
b) Mit dem Hilfsantrag begehrt der Kläger
die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs aus
1996 und 1997 jeweils erst in dem Folgejahr 1997 und 1998 nach
Feststellung der Jahresabschlüsse durch die GmbH und der
Berechnung der Verlustanteile für den stillen
Gesellschafter.
Beide Anträge scheitern indes bereits
daran, dass für den Verlustabzug ausschließlich auf die
geleistete Einlage abzustellen ist und ein Abzug lediglich bis zu
dieser Höhe im jeweiligen Folgejahr nach Feststellung des
Jahresabschlusses und der Berechnung des Verlustanteils
steuerrechtlich in Betracht kommt.