Mitteilung an Arbeitsverwaltung, Steuergeheimnis: 1. Die Offenbarung durch das Steuergeheimnis geschützter Verhältnisse zur Durchführung eines Verwaltungsverfahrens zur Rückforderung von Arbeitslosengeld setzt nicht voraus, dass die Finanzbehörde festgestellt hat, dass die Kenntnis der zu offenbarenden Tatsachen die Rückforderung rechtfertigt oder mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit rechtfertigen wird; ausreichend ist insofern, dass die Tatsachen für die Durchführung eines solchen Verwaltungsverfahrens überhaupt geeignet sind. - 2. § 31 a Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b bb AO ist verfassungsgemäß. Er verletzt insbesondere das Recht auf informationelle Selbstbestimmung weder in materieller noch wegen Unbestimmtheit der Offenbarungsbefugnisse der Finanzbehörde in formeller Hinsicht. - Urt.; BFH 4.10.2007, VII B 110/07; SIS 07 37 61
I. Der Antragsgegner und Beschwerdegegner
(das Finanzamt - FA - ) möchte der Agentur für Arbeit (im
Folgenden: Agentur), von welcher der Antragsteller und
Beschwerdeführer (Antragsteller) in den Jahren 2002, 2003 und
2004 Arbeitslosengeld erhalten hat, seine im Rahmen einer in eine
Außenprüfung übergeleiteten Umsatzsteuernachschau
gewonnenen Erkenntnisse über die Einkünfte des
Antragstellers aus freiberuflicher Tätigkeit in diesen Jahren
sowie aus Gewerbebetrieb mitteilen. Der Antragsteller hat deswegen
beim Finanzgericht (FG) den Erlass einer einstweiligen Anordnung
beantragt, um dem FA dies untersagen zu lassen. Der Antrag - der
sich auch gegen die ursprünglich vom FA beabsichtigte
Mitteilung der Einkünfte des Antragstellers aus
Kapitalvermögen richtete und insoweit erfolgreich war - hatte
wegen der vorgenannten Mitteilungen keinen Erfolg. Die Entscheidung
des FG ist in EFG 2007, 1126 = SIS 07 26 55
veröffentlicht.
Das FG war der Auffassung, das FA sei zu
der beabsichtigten Mitteilung nach § 31a Abs. 1 Nr. 1 Buchst.
b bb der Abgabenordnung (AO) berechtigt und verpflichtet. Die
Mitteilung sei zur Durchführung eines Verwaltungsverfahrens
mit dem Ziel der Entscheidung über die Rückforderung des
Arbeitslosengeldes erforderlich. Es bestünden konkrete
Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller das
Arbeitslosengeld zumindest teilweise zu Unrecht bezogen haben
könnte; ein konkreter Tatverdacht im strafprozessualen Sinne
sei für eine Mitteilung des FA nicht notwendig. Das FA
müsse auch nicht zunächst die Zeiten der Arbeitslosigkeit
mit den Zeiten der jeweiligen Geldzuflüsse abgleichen. Es habe
mit seiner Mitteilung die Arbeitsverwaltung lediglich in die Lage
zu versetzen, einen potenziellen Leistungsmissbrauch des
Antragstellers aufzudecken und aufgrund eigener Ermittlungen und
Prüfungen zu entscheiden, ob Arbeitslosengeld
zurückzufordern ist. § 31a AO sei auch nicht
verfassungswidrig, sondern beruhe auf einer Abwägung zwischen
dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung in Form des
Steuergeheimnisses und dem Interesse der Allgemeinheit an der
Bekämpfung des Leistungsmissbrauchs, dem der Vorrang vor dem
Geheimhaltungsinteresse des Einzelnen habe eingeräumt werden
dürfen.
Soweit sein Antrag durch diese Entscheidung
abgelehnt worden ist, hat der Antragsteller die vom FG zugelassene
Beschwerde eingelegt und dabei in erster Linie an seinen
erstinstanzlichen Anträgen festgehalten.
Er trägt zusammengefasst Folgendes
vor:
Das FA habe die Pflicht, vor einer
Mitteilung an die Arbeitsverwaltung zu prüfen, ob
überhaupt die Möglichkeit besteht, dass ein Verfahren
wegen Rückforderung von Arbeitslosengeld eingeleitet wird.
Dies setze die Prüfung voraus, ob der Antragsteller in den
Monaten Arbeitslosengeld bezogen hat, in denen es ihm nach den
einschlägigen Regelungen des Dritten Buches Sozialgesetzbuch
(SGB III) aufgrund seiner Einkünfte aus freiberuflicher
Tätigkeit und Gewerbebetrieb nicht zugestanden habe. Der vom
FA festgestellte Sachverhalt, dass er in den Jahren von 2002 bis
2004 solche Einkünfte gehabt habe, lasse nicht die
Schlussfolgerung zu, dass er zu Unrecht Arbeitslosengeld bezogen
habe; denn die vorgenannte Prüfung sei monatsweise, nicht wie
die steuerliche Ermittlung jahresweise durchzuführen, und er
sei 2002 nur drei Monate lang und 2003 und 2004 nicht
durchgängig arbeitslos gemeldet gewesen; zudem sei die
Vergütung für seine freiberufliche Tätigkeit
unregelmäßig erfolgt. So sei z.B. für das Jahr 2002
als „nahezu sicher anzunehmen“, dass die gesamten
damals erwirtschafteten Einkünfte aus der Zeit stammen, in der
er nicht arbeitslos gemeldet war, und die Einkünfte folglich
auch nicht auf das Arbeitslosengeld anrechenbar seien. Die
Weiterleitung von Angaben über Einkünfte ohne vorherige
Ermittlung, ob diese während der Zeit des Erhalts von
Arbeitslosengeld erwirtschaftet worden seien, würde zu einer
Verletzung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung und
zu einer Ungleichbehandlung derjenigen Steuerpflichtigen
führen, die in dem Veranlagungszeitraum neben Einkünften
aus gewerblicher oder freiberuflicher Tätigkeit
Arbeitslosengeld bezogen hätten.
Im Übrigen sei § 31a AO
verfassungswidrig. Die Vorschrift verstoße nicht nur gegen
Art. 3 und Art. 2 des Grundgesetzes (GG), sondern auch gegen Art. 6
der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten
(EMRK). Der Rechtsgrundsatz des nemo tenetur se ipsum accusare
werde völlig ausgehebelt. Der Steuerpflichtige müsse
seine Einkünfte dem FA offenbaren und setze sich damit unter
Umständen der Gefahr von Sanktionen im Bereich des
Sozialrechts wie der Rückforderung von Arbeitslosengeld oder
sogar einer Bestrafung aus, gegen die er sich - anders als in dem
steuerstrafrechtlichen Bereich - nicht einmal durch eine
Selbstanzeige schützen könne.
Das FA beantragt, die Beschwerde als
unbegründet abzuweisen.
Es hebt hervor, die von dem Antragsteller
geforderten weitergehenden Nachforschungen müssten von den
dafür fachlich besser geeigneten Agenturen durchgeführt
werden; sie seien von einem FA kaum zu erbringen. Überdies
wolle § 31a AO die Aufgaben der Finanzverwaltung nicht
erweitern und ihr nicht auferlegen, für die Besteuerung
unerhebliche zusätzliche Fakten eigens für die
Arbeitsverwaltung zu ermitteln. Deshalb könne das Gesetz nur
die Übermittlung der Fakten in dem Zustand meinen, in dem sie
das FA bei der steuerlichen Prüfung feststellt.
Die Mitteilung erfolge entgegen der
Darstellung des Antragstellers auch nicht primär für die
Durchführung eines Strafverfahrens, sondern zur Prüfung
der Rechtmäßigkeit des Leistungsbezugs. Ob die vom FA
übermittelten Erkenntnisse gegebenenfalls an die
Staatsanwaltschaft weitergeleitet werden dürften, sei von der
Bundesagentur für Arbeit zu prüfen und zu entscheiden.
Deshalb sei durch die beabsichtigte Mitteilung das vom
Antragsteller angeführte Verbot des Zwangs zur
strafrechtlichen Selbstbelastung nicht betroffen.
II. Die zulässige Beschwerde hat keinen
Erfolg. Das FG hat den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach
§ 114 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in dem
noch streitigen Umfang zu Recht abgelehnt. Der Antragsteller hat
insoweit keinen Anordnungsanspruch.
1. Die Offenbarung nach § 30 AO
geschützter Verhältnisse ist gemäß § 31a
Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b bb AO zulässig, soweit sie für die
Durchführung eines Verwaltungsverfahrens mit dem Ziel der
Entscheidung über die Rückforderung einer Leistung aus
öffentlichen Mitteln erforderlich ist. Die Agentur, der das FA
nach § 30 AO geheim zu haltende Erkenntnisse über
Verhältnisse des Antragstellers zu offenbaren beabsichtigt,
hat dem Antragsteller mit dem Arbeitslosengeld solche Leistungen
gewährt. Die Tatsachen, die das FA festgestellt hat und der
Agentur offenbaren möchte, gestatten allerdings nicht den
Schluss, dass diese dem Antragsteller aus öffentlichen Mitteln
gewährten Leistungen zu Unrecht gewährt worden sind und
zurückgefordert werden können, dass also deren Bezug
rechtswidrig war, weil dem rechtmäßigen Bezug von
Arbeitslosengeld die betreffenden Einkünfte aus
selbständiger Arbeit und Gewerbebetrieb (nach Maßgabe
der einschlägigen Vorschriften des SGB III ganz oder
teilweise) entgegen standen oder jedenfalls auf das
Arbeitslosengeld hätten angerechnet werden müssen; denn
allein dass jemand Arbeitslosengeld in demselben Jahr erhalten hat,
in dem er auch steuerpflichtige Einkünfte hatte, besagt
darüber nichts, was ungeachtet dessen, was sich dazu aus dem
SGB III im Einzelnen ergibt, zwischen den Beteiligten auch nicht
streitig ist.
§ 31a Abs. 1 AO verlangt indes vor einer
Weitergabe durch das Steuergeheimnis geschützter Daten nicht,
dass das FA festgestellt hat, dass die Kenntnis der zu
offenbarenden Tatsachen die Rückforderung von
öffentlichen Leistungen rechtfertigt oder doch zumindest mit
einer gewissen Wahrscheinlichkeit rechtfertigen wird; er verlangt
nur, dass die Offenbarung dieser Tatsachen für die (Einleitung
und/oder) Durchführung eines diesbezüglichen
Verwaltungsverfahrens erforderlich ist, die Tatsachen also für
die Durchführung eines solchen Verwaltungsverfahrens
überhaupt geeignet sind (d.h. nach Maßgabe des
einschlägigen Rechts entscheidungserheblich sein können).
Das Steuergeheimnis wird mit anderen Worten von § 31a AO nicht
durchbrochen, wenn das FA annehmen kann, dass ein
Verwaltungsverfahren der Agentur unter Umständen zur
Rückforderung von öffentlichen Leistungen führen
wird, sondern wenn es annehmen kann, dass die Agentur ein solches
Verwaltungsverfahren bei Kenntnis der vom FA festgestellten
Tatsachen vernünftigerweise einleiten wird, wobei insofern als
Einleitung eines Verwaltungsverfahrens auch eine rein amtsinterne
Vorprüfung zu verstehen wäre, ob die Einleitung eines
Rückforderungsverfahrens überhaupt angezeigt ist (vgl.
zum Beginn eines Verwaltungsverfahrens Kopp/Ramsauer,
Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Aufl., § 9 Rz 27 ff.).
Wenn der Antragsteller demgegenüber
sinngemäß meint, eine Offenbarung durch das
Steuergeheimnis geschützter Daten gegenüber der Agentur
sei nur und erst dann zulässig, wenn das FA (zumindest
überschläglich) geprüft habe, ob diese Daten die
Rückforderung von öffentlichen Leistungen rechtfertigen,
wird dies nicht nur nicht dem dargelegten Wortlaut des Gesetzes
gerecht, sondern er verkennt auch, dass dies dem FA in zahlreichen
Fällen - wie im Streitfall - tatsächliche Ermittlungen
abverlangen würde, die es für die ihm obliegende
Steuerfestsetzung nicht zu treffen hat, und dass es das FA ferner
unter Umständen zur Prüfung von Rechtsfragen des
einzelnen Falles zwingen würde, die nicht steuerrechtlicher
Art sind. Denn das FA könnte ohne solche Ermittlungen und
Prüfungen der Agentur zum Zwecke der Einleitung eines
Verfahrens wegen der Rückforderung von Arbeitslosengeld
allenfalls dann eine Mitteilung über von ihm festgestellte
steuerpflichtige Einkünfte machen, wenn es Gewissheit
hätte, dass der betreffende Steuerpflichtige während
aller Tage des betreffenden Jahres arbeitslos war, die
Unrechtmäßigkeit der Inanspruchnahme von
Arbeitslosengeld also sich gleichsam aufdrängte; denn ist der
Betreffende erst während des Jahres arbeitslos geworden oder
hat er umgekehrt wieder Arbeit gefunden oder wechseln sich - wie
offenbar im Streitfall - Zeiträume der Arbeitslosigkeit mit
solchen der Erwerbstätigkeit ab, so ergäbe sich aus der
Feststellung, dass der Betreffende Einkünfte gehabt hat, die
ihrer Art nach den Bezug von Arbeitslosengeld ausschließen
könnten, noch nicht ohne weiteres - d.h. ohne eine nähere
Prüfung der in dem betreffenden Fall im Einzelnen
einschlägigen sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften -
ein hinreichend konkreter Anhaltspunkt für die
Rechtswidrigkeit des Bezugs von Arbeitslosengeld.
Gleichwohl eine Mitteilung gemäß
§ 31a AO nur zuzulassen, wenn zumindest solche auf den
Einzelfall bezogenen, konkreten Anhaltspunkte für die
Rechtswidrigkeit des Bezugs von öffentlichen Leistungen
vorliegen (so offenbar Tormöhlen in Beermann/ Gosch, AO §
31a Rz 41; vgl. auch Gesa Zahn, Datenabgleich zur
Mißbrauchskontrolle im Bereich der Sozialleistungen, 2001, S.
210 f.), würde die Mitteilungsbefugnis des FA nicht nur beim
Arbeitslosengeld, sondern auch bei anderen öffentlichen
Leistungen, bei denen § 31a AO einschlägig ist, in einer
Weise einschränken, die der Vorschrift den ihr nach den
Absichten des Gesetzgebers zugedachten Anwendungsbereich, den
Missbrauch öffentlicher Leistungen wirksam zu bekämpfen,
weitreichend nähme.
Dass die Vorschrift dem FA nicht die
vorgenannten, über das steuerrechtlich Bedeutsame
hinausgehenden Ermittlungen auferlegen will, damit es auf deren
Grundlage und ihrer sozialrechtlichen Bewertung gegebenenfalls die
in § 31a AO vorgesehenen Mitteilungen machen kann, hat bereits
das FA zutreffend hervorgehoben; denn die Vorschrift ist keine
Amtshilfebestimmung, sondern steht in systematischer Beziehung zu
§ 30 AO, dessen Schutzumfang sie einschränkt.
2. § 31a Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b bb AO ist
mit diesem Inhalt nicht mit dem GG unvereinbar.
Das Recht, selbst über die Verwendung
persönlichkeitsbezogener Daten zu bestimmen (Recht auf
informationelle Selbstbestimmung), ist nicht verletzt. Denn es
steht insbesondere im Hinblick auf Daten mit Sozialbezug - wie den
durch Teilnahme am Wirtschaftsleben erzielten Einkünften - in
Beziehung zu dem Allgemeininteresse, dass
Sozialversicherungsleistungen nicht unrechtmäßig in
Anspruch genommen werden, und es kann im Rahmen des
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes eingeschränkt
werden, um einen solchen Leistungsmissbrauch abzuwehren. § 31a
AO verfolgt dieses Ziel. Er verletzt den
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht; er
schränkt das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht
mehr ein, als es zur Erreichung des vorgenannten Zieles
erforderlich ist. Die vom Antragsteller gewünschte
Vorprüfung der Berechtigung zum Bezug von Arbeitslosengeld
durch das FA würde dieses zum Amtshilfeträger der Agentur
machen und stellte insofern nicht ein milderes Mittel des vom
Gesetzgeber angeordneten Informationsverbundes, sondern ein
rechtliches Aliud dar, das an die Stelle eines
Informationsaustausches zwischen Finanz- und Sozialverwaltung zu
setzen der Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht verpflichtet
war. Die von § 31a AO ausgehende Beschränkung des Rechts
auf informationelle Selbstbestimmung ist auch nicht aus der Sicht
der Ziele des Gesetzes dem Rang und der Bedeutung des Rechts auf
informationelle Selbstbestimmung unangemessen, zumal mit einer
Mitteilung des FA gegenüber einem Träger der
Sozialversicherung - anders als der Antragsteller offenbar
suggerieren möchte - nicht der Vorwurf eines Missbrauchs von
Sozialversicherungsleistungen verbunden ist und eine solche
Mitteilung auch nicht gleichsam einen strafrechtlichen
Anfangsverdacht beinhaltet, weil sie diesen nicht voraussetzt. Sie
gelangt überdies Dritten nicht zur Kenntnis
(„verlängertes Steuergeheimnis“, vgl. Kruse
in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 31a
AO Rz 8), so dass der Steuerpflichtige auch nicht befürchten
muss, diese könnten in Unkenntnis der rechtlichen
Zusammenhänge einen solchen Vorwurf oder Verdacht aufseiten
des FA unterstellen. Die Mitteilung betrifft, was zusätzlich
ins Gewicht fällt, in der Regel auch keine besonders sensiblen
Daten, etwa betreffend den höchstpersönlichen
(„Intim“-)Bereich des Steuerpflichtigen, und der
von § 31a AO auch ohne konkreten Verdacht auf Missbrauch
zugelassene Datenabgleich ist andererseits, wie ausgeführt,
erforderlich, um der Arbeitsverwaltung die von ihr anderweit in der
Regel nicht zu erlangende Kenntnis von den Fällen zu
verschaffen, in denen aufgrund steuerpflichtiger Einkünfte
neben einem Bezug von Leistungen der Arbeitslosenversicherung
möglicherweise ein Leistungsmissbrauch vorliegen kann.
§ 31a AO enthält schließlich
eine, auch in formeller Hinsicht, insbesondere im Hinblick auf den
Bestimmtheitsgrundsatz, ausreichende gesetzliche Grundlage für
die Weitergabe von zu steuerlichen Zwecken erhobenen Daten an einen
Träger der Sozialversicherung, der diese für seine - in
§ 31a AO der Art nach näher und in ausreichender Weise
bezeichneten - Verwaltungsaufgaben auswertet. Es bedurfte
dafür, anders als der Antragsteller meint, keiner -
übrigens mit einer klaren und knappen Gesetzesfassung
angesichts der Vielzahl denkbarer Fallgestaltungen kaum zu
erreichenden - näheren Bezeichnung, welche Verhältnisse
das FA welchen Behörden und Gerichten zum Zwecke welcher
Verwaltungsverfahren offenbaren darf. Dies anhand der
„Erforderlichkeit“ der Mitteilung für die
in § 31a Abs. 1 Nr. 1 AO aufgeführten Verfahren selbst zu
entscheiden und steuerliche Verhältnisse nicht zu offenbaren,
die für die von der betreffenden anderen Behörde zu
treffende Entscheidung aufgrund des für die fragliche
öffentliche Leistung einschlägigen Rechts von vornherein
keine Bedeutung haben können, konnte das Gesetz den
Finanzbehörden überlassen, die sich freilich
infolgedessen die zur Erfüllung der diesbezüglich zu
erledigenden Prüfungsaufgabe erforderlichen Rechtskenntnisse
gegebenenfalls aneignen müssen, sofern ihnen nicht
entsprechende allgemeine Anweisungen und Erlasse insofern zu Hilfe
kommen. Offensichtliche Versehen - wie im Streitfall die
ursprünglich vom FA beabsichtigte Mitteilung auch von
Kapitaleinkünften - können durch Anrufung der Gerichte
korrigiert werden.
§ 31a AO leidet auch nicht deshalb an
einem Mangel an Bestimmtheit, weil er Mitteilungen über durch
das Steuergeheimnis geschützte Daten für eine
unübersehbare Vielzahl von Gesetzeszwecken zur Verfügung
stellte oder der Anwendungsbereich der Norm praktisch
unübersehbar wäre, wie dies das Bundesverfassungsgericht
(BVerfG) in seinem Beschluss vom 13.6.2007 1 BvR 1550/03, 1 BvR
2357/04, 1 BvR 603/05 (NJW 2007, 2464 = SIS 07 23 61), auf den sich
die Beschwerde beruft, für § 93 Abs. 8 AO a.F. angenommen
und deshalb diese Vorschrift für verfassungswidrig gehalten
hat. Diese Vorschrift, die in der Fassung, in der sie Gegenstand
der Entscheidung des BVerfG war (siehe demgegenüber jetzt
§ 93 Abs. 8 AO i.d.F. des Gesetzes vom 14.8.2007, BGBl I,
1912), jeder Behörde einen Kontenabruf gestattete, wenn ein
von dieser anzuwendendes Gesetz „an Begriffe des
Einkommensteuergesetzes“ anknüpft, lässt sich
mit § 31a Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b bb AO, um den es hier allein
geht, schwerlich vergleichen, auch wenn der Kreis der
Behörden, denen gegenüber das FA nach dieser Vorschrift
mitteilungspflichtig ist (§ 31a Abs. 2 Satz 1 AO), ebenfalls
weit gezogen ist.
Dass es, anders als die Beschwerde meint, kein
verfassungsrechtliches Verbot von sogenannten Spontanmitteilungen
gibt, versteht sich von selbst und bedarf keiner weiteren
Ausführung; mit einer bloßen Befugnis des FA, ihm
bekannte Verhältnisse des Steuerpflichtigen lediglich auf ein
Auskunftsersuchen einer Behörde der Arbeitsverwaltung zu
offenbaren, hätte der Gesetzgeber im Übrigen ein
wirksames Instrument zur Bekämpfung des Leistungsmissbrauchs
nicht schaffen können.
§ 31a AO ist schließlich im
Gegensatz zur Auffassung des Antragstellers auch nicht mit dem aus
Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG herzuleitenden und durch Art. 6
EMRK garantierten Verbot unvereinbar, jemanden dazu zu zwingen,
sich durch seine Angaben einer strafrechtlichen Verfolgung oder
sonstigen strafähnlichen Sanktionen auszusetzen (vgl. Urteil
des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom
3.5.2001 31827/96, NJW 2002, 499). Einen Verstoß gegen dieses
Verbot anzunehmen verbietet sich schon deshalb, weil - wie bereits
das FA zutreffend vorgetragen hat - mit der Mitteilung an die
Agentur eine Entscheidung über die Verwertbarkeit der
Feststellungen des FA in einem etwaigen Strafverfahren gegen den
Antragsteller in keiner Weise verbunden ist. Angaben, die ein
Bürger zu steuerlichen Zwecken gemacht hat und zu machen
verpflichtet war, zu verwerten, um seine Berechtigung zum Bezug
öffentlicher Leistungen zu überprüfen, verbieten die
eingangs genannten Vorschriften nicht. Sie garantieren nicht etwa
die Unantastbarkeit des Steuergeheimnisses, sondern die
Unantastbarkeit der Menschenwürde. Es verletzt nicht die
Menschenwürde, wenn zu steuerlichen Zwecken gemachte Angaben
oder nach den Steuergesetzen zu führende Aufzeichnungen dazu
verwendet werden, um zu überprüfen, ob öffentliche
Leistungen zu Unrecht in Anspruch genommen worden und
gegebenenfalls zurückzufordern sind.
Es kann angesichts dieser
verfassungsrechtlichen Beurteilung des beschließenden Senats
offenbleiben, ob und unter welchen Voraussetzungen der Senat in
einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, um das es sich
handelt, § 31a AO wegen eines Verfassungsverstoßes
unangewendet lassen könnte oder es gegebenenfalls dem
Antragsteller überlassen bleiben müsste, insofern beim
BVerfG um vorläufigen Rechtsschutz nachzusuchen (vgl. u.a.
Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 31.1.2007 VIII B 219/06, BFH/NV
2007, 914 = SIS 07 61 79, mit Nachweisen, sowie Senatsbeschluss vom
28.10.1997 VII B 40/97, BFH/NV 1998, 424 = SIS 98 02 79).
3. Das FA ist nach alledem berechtigt, der
Agentur die von ihm festgestellten Einkünfte des
Antragstellers aus freiberuflicher Tätigkeit und
Gewerbebetrieb in den Jahren mitzuteilen, in denen dieser auch
Arbeitslosengeld erhalten hat. Denn dessen Rückforderung in
einem entsprechenden Verwaltungsverfahren kommt in Betracht, sofern
es dem Antragsteller, was im Einzelnen nach Maßgabe der
Vorschriften des SGB III von der Agentur zu prüfen sein wird,
zu Unrecht gewährt worden sein sollte. Ob ein solches
Verfahren durchgeführt oder, was dazu gehört,
überhaupt durch Prüfung der Rechtmäßigkeit des
Leistungsbezugs eingeleitet werden soll, kann die Agentur nur
entscheiden, wenn sie überhaupt davon Kenntnis erhält,
dass der Antragsteller neben den von ihr bezogenen Leistungen
(Arbeitslosengeld) die betreffenden Einkünfte gehabt hat. Die
Kenntnis der Agentur von diesen Einkünften des Antragstellers
in den Jahren des Leistungsbezugs ist folglich i.S. des § 31a
Abs. 1 AO „erforderlich“, mithin die Offenbarung
der vom FA festgestellten, grundsätzlich durch das
Steuergeheimnis geschützten Tatsachen (steuerpflichtige
Einkünfte des Antragstellers) zulässig. Denn erst diese
Mitteilung setzt die Agentur instand, eine interne Prüfung
bzw. ein Verwaltungsverfahren hinsichtlich der Berechtigung des
Bezugs von Arbeitslosengeld seitens des Antragstellers in diesen
Jahren einzuleiten, wozu sie ohne eine entsprechende
Kontrollmitteilung des FA sonst nur bei einem anderweitigen,
zufälligen und insofern außergewöhnlichen
Bekanntwerden der Einkünfte des Antragstellers in der Lage
wäre, welches in diesem Zusammenhang außer Betracht
bleiben muss (zur Unerheblichkeit solcher anderweitiger
Ermittlungsmöglichkeiten vgl. Tormöhlen in
Beermann/Gosch, a.a.O., Rz 40).
Dieser Rechtslage entspricht der Beschluss des
FG. Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen.