Eigenheimzulage, Folgeobjekt, Vertrauensschutz: Eigenheimzulage für ein Folgeobjekt (§ 7 EigZulG) kann nur beanspruchen, wer im Jahr der Anschaffung oder Herstellung des Folgeobjekts sowie im Vorjahr insgesamt die Einkunftsgrenzen des § 5 EigZulG nicht überschreitet. - Urt.; BFH 22.2.2007, IX R 26/05; SIS 07 31 82
I. Zwischen den Beteiligten ist streitig,
ob der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) den
Bescheid über die Eigenheimzulage für ein Folgeobjekt zu
Recht rückwirkend aufgehoben hat.
Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) wird zusammen mit ihrem
Ehemann zur Einkommensteuer veranlagt. Der Gesamtbetrag der
Einkünfte der Eheleute betrug in den Jahren 2001 und 2002
insgesamt 328.598 EUR.
Die Einkommensteuererklärung für
das Jahr 2001 wurde beim FA im Dezember 2002, die Erklärung
für das Jahr 2002 im Januar 2004 eingereicht.
Für eine im Jahre 1998 erworbene und
von den Eheleuten bewohnte Eigentumswohnung wurde der Klägerin
auf Antrag Eigenheimzulage ab 1998 bis 2005 in Höhe von
zunächst jährlich 2.500 DM sowie ab 2000 - nach der
Geburt ihrer Tochter im September 2000 - aufgrund
Änderungsbescheids vom April 2001 in Höhe von
jährlich 4.000 DM gewährt.
Im Mai 2001 erwarb die Klägerin (mit
Wirkung ab 1.9.2001) ein Einfamilienhaus, das sie zusammen mit
ihrer Familie seit September 2001 bewohnt. Sie beantragte im Januar
2002 zunächst formlos und sodann mit förmlichem Antrag
(Eigenheimzulage-Vordruck EZ 1 A) vom 8.6.2002, die Eigenheimzulage
auf dieses Objekt als Folgeobjekt ab dem Jahr 2002 zu
übertragen. Zur voraussichtlichen Summe des Gesamtbetrages der
Einkünfte des Antragsjahres und des vorangegangenen Jahres
enthält das Formular (in Zeilen 70 bis 73) keine
Eintragungen.
Antragsgemäß hob das FA den
Bescheid über Eigenheimzulage für die Eigentumswohnung ab
2002 auf und setzte ab diesem Zeitpunkt für das
Einfamilienhaus als Folgeobjekt mit Bescheid vom 26.6.2002
Eigenheimzulage in Höhe von jährlich 2.045,17 EUR bis zum
Jahre 2005 fest. Diese Festsetzung hob es mit Bescheid vom
23.4.2004 auf und forderte für die Jahre 2002 bis 2004 die
bereits ausgezahlte Zulage mit der Begründung zurück, der
Gesamtbetrag der Einkünfte des Antragsjahres zuzüglich
des Vorjahres habe die maßgebliche Einkunftsgrenze nach
§ 5 des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG) überstiegen.
Die dagegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage
wies das Finanzgericht (FG) mit seinem in EFG 2005, 1522 = SIS 05 42 51 veröffentlichten Urteil als unbegründet ab.
Mit der Revision rügt die
Klägerin Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Sie trägt vor, bei der
Übertragung der Eigenheimzulage auf ein Folgeobjekt sei die
Einkunftsgrenze nicht erneut im Zeitpunkt des Erwerbs des
Folgeobjekts zu prüfen. Im Übrigen seien auch die
Änderungsvoraussetzungen des § 11 Abs. 4 EigZulG nicht
erfüllt. Das FA habe bereits bei Bewilligung der
Eigenheimzulage Kenntnis des Einkommens der Klägerin und ihres
Ehegatten sowohl für das Jahr 2002 als auch für das Jahr
2001 gehabt.
Die Klägerin beantragt, das
angefochtene Urteil sowie den Aufhebungsbescheid vom 23.4.2004 in
Gestalt der Einspruchsentscheidung aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet und
deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
Zu Recht hat das FG den angefochtenen
Aufhebungsbescheid als rechtmäßig beurteilt.
1. Nach § 11 Abs. 4 EigZulG in der
für das Streitjahr geltenden Fassung ist der Bescheid
über die Festsetzung der Eigenheimzulage aufzuheben oder zu
ändern, wenn nachträglich bekannt wird, dass der
Gesamtbetrag der Einkünfte in den nach § 5 EigZulG
maßgebenden Jahren insgesamt die Einkunftsgrenze über-
oder unterschreitet.
a) Liegen diese Voraussetzungen vor, ist die
Festsetzung über Eigenheimzulage nach der Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofs (BFH) ohne Einschränkung nach § 11 Abs.
5 Satz 2 EigZulG aufzuheben (BFH-Urteil vom 4.11.2004 III R 73/03,
BFHE 207, 327, BStBl II 2005, 290 = SIS 05 08 29; a.A. z.B.
Handzik/Meyer, Die Eigenheimzulage, 4. Aufl., Rz 223; B. Meyer, FR
1996, 45, 57). Denn § 11 Abs. 4 EigZulG stellt gegenüber
der Regelung in Abs. 5 der Vorschrift für Fälle der
Überschreitung der Einkunftsgrenze eine vorrangige
eigenständige, erweiterte Korrekturnorm dar (s. im Einzelnen
BFH-Urteil vom 27.6.2006 IX R 17/05, BFH/NV 2007, 876 = SIS 07 61 49, m.w.N.).
Ein solches - die Aufhebung eines
Eigenheimzulagenbescheids rechtfertigendes - nachträgliches
Bekanntwerden ist nach der BFH-Rechtsprechung zu bejahen, wenn die
für den jeweiligen Förderzeitraum maßgebliche
Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte vorliegt; sie kann
mithin schon denkgesetzlich frühestens als bekannt geworden
angesehen werden, wenn sie vom Steuerpflichtigen ermittelt und dem
FA übermittelt worden ist.
b) Die vorbezeichneten Grundsätze gelten
entgegen der Auffassung der Klägerin auch für die
Eigenheimzulagenförderung sog. Folgeobjekte i.S. des § 7
EigZulG. Insbesondere ist deren Förderung - vorbehaltlich der
ausdrücklich in § 7 EigZulG getroffenen Sonderregelungen
- nach den für Erstobjekte geltenden Regelungen zu treffen.
Dies folgt - wie die Vorinstanz zu Recht ausgeführt hat -
schon daraus, dass § 7 Satz 2 EigZulG das Folgeobjekt
ausdrücklich als „eigenständiges Objekt i.S.d.
§ 2 EigZulG“ behandelt und in den Sonderregelungen
der folgenden Sätze ausschließlich den durch den
Charakter als Folgeobjekt bedingten Einschränkungen des
Förderzeitraums Rechnung trägt.
Auf dieser Grundlage ist mit der Auffassung
der Finanzverwaltung (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen
vom 10.2.1998 IV B 3 - EZ 1010 - 11/98, BStBl I 1998, 190, 197 =
SIS 98 07 14, Tz. 49) wie auch des Schrifttums (vgl. Boeker in
Lademann, EStG, § 7 EigZulG Rz 4; Blümich/Erhard, §
7 EigZulG Rz 24; Stuhrmann in Bordewin/Brandt, § 7 EigZulG Rz
5, Wacker, EigZulG, 3. Aufl., § 7 Rz 51; Stephan, Die
Wohneigentumsförderung, 6. Aufl., S. 641) wie für jedes
andere eigenständige Förderungsobjekt im Sinne des
Eigenheimzulagengesetzes unter Berücksichtigung der
Sonderregelungen in § 7 EigZulG zu prüfen, ob für
dieses Objekt die allgemeinen Fördervoraussetzungen
einschließlich der Einkunftsgrenze des § 5 EigZulG
gegeben sind.
Zu Recht hat das FG in der Anwendbarkeit des
§ 5 EigZulG auf Folgeobjekte keine Verletzung des Art. 3 Abs.
1 des Grundgesetzes (GG) gesehen. Sie stellt sich nämlich vor
dem Hintergrund des aus Art. 3 Abs. 1 GG abzuleitenden Gebots der
Folgerichtigkeit (vgl. dazu Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom
24.5.2005 2 BvR 1683/02, BFH/NV 2005, Beilage 4, 361) als
konsequente Umsetzung der Grundentscheidung des Gesetzgebers
für die grundsätzliche Eigenständigkeit der
Förderungsobjekte im Sinne des Eigenheimzulagengesetzes
dar.
2. Nach diesen Grundsätzen liegen die
Voraussetzungen für die Aufhebung des
Eigenheimzulagenbescheids nach § 11 Abs. 4 EigZulG im
Streitfall vor. Denn erst nach Erlass des Eigenheimzulagenbescheids
für das Folgeobjekt hat die Klägerin die
Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2001 und 2002
vorgelegt, so dass es sich bei dem sich daraus ergebenden
Gesamtbetrag der Einkünfte als Einkunftsgrenze i.S. des §
5 EigZulG um eine nachträglich bekannt gewordene Tatsache
handelt. Bei einer solchen Sachlage kann entgegen der Auffassung
der Klägerin grundsätzlich nicht von einem reinen
Rechtsfehler des FA ausgegangen werden, der ausnahmsweise eine
Korrektur des Eigenheimzulagenbescheids nur in den zeitlichen
Grenzen des § 11 Abs. 5 EigZulG zulassen könnte (vgl.
Entscheidung in BFHE 207, 327, BStBl II 2005, 290 = SIS 05 08 29,
sowie BFH-Urteil in BFH/NV 2007, 876 = SIS 07 61 49, m.w.N.).
Die Klägerin kann der Aufhebung des
Eigenheimzulagenbescheids auch nicht den Grundsatz von Treu und
Glauben entgegenhalten. Nach der Rechtsprechung des BFH (vgl.
BFH-Urteil in BFH/NV 2007, 876 = SIS 07 61 49) kann der
Steuerpflichtige ersichtlich vor einer endgültigen Ermittlung
des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht berechtigt auf den
Bestand der bewilligten Eigenheimzulage vertrauen; die
Korrekturmöglichkeit nach § 11 Abs. 4 EigZulG stellt ihn
vielmehr mit denjenigen gleich, deren Erklärungen im Rahmen
einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung
anerkannt wurden und die deshalb ebenfalls regelmäßig
keinen Vertrauenstatbestand geltend machen können (vgl. z.B.
BFH-Beschluss vom 4.5.2005 XI B 224/03, BFH/NV 2005, 1483 = SIS 05 36 60, m.w.N.).