Verlustverrechnung bei Entlastungsbetrag betr. gewerbliche Einkünfte: 1. Eine anteilige Verlustverrechnung gemäß § 2 Abs. 3 Satz 4 EStG ist nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 32 c Abs. 2 EStG bei Ermittlung der gewerblichen Einkünfte nicht vorgesehen. - 2. Der auf gewerbliche Einkünfte entfallende Anteil am zu versteuernden Einkommen (gewerblicher Anteil) bemisst sich nach dem Verhältnis der gewerblichen Einkünfte nach § 32 c Abs. 2 EStG zur Summe der Einkünfte i.S. des § 2 Abs. 3 EStG. - Urt.; BFH 26.9.2006, X R 1/02; SIS 07 10 38
I. Die Kläger und Revisionsbeklagten
(Kläger) sind Ehegatten und wurden im Streitjahr 1999 zusammen
zur Einkommensteuer veranlagt.
Der Kläger erzielte im Streitjahr
gewerbliche Einkünfte, Einkünfte aus
nichtselbständiger Arbeit und sonstige Einkünfte (§
22 des Einkommensteuergesetzes - EStG - ); ferner negative
Einkünfte nach § 17 EStG, aus Vermietung und Verpachtung
sowie aus Kapitalvermögen. Die Klägerin erzielte
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und negative
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
Im Einzelnen stellen sich die
Einkünfte wie folgt dar:
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Kläger
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Klägerin
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§ 15 EStG
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519.427 DM
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§ 17 EStG
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./.
38.000 DM
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§ 19 EStG
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190.394 DM
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83.369 DM
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§ 20 EStG
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./.
24.126 DM
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0
DM
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§ 21 EStG
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./.
139.848 DM
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./.
2.561 DM
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§ 22 EStG
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4.293 DM
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Den Entlastungsbetrag nach § 32c EStG
i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24.3.1999
(BGBl I 1999, 402, BStBl I 1999, 304) - im Folgenden: EStG 1999 -
berechnete der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -
FA - ) auf der Grundlage des nach Durchführung des
Verlustausgleichs gemäß § 2 Abs. 3 EStG
verbleibenden Betrags in Höhe von 364.669 DM. Dadurch ergab
sich ein Entlastungsbetrag nach § 32c EStG 1999 in Höhe
von 11.290 DM.
Mit der nach erfolglosem
Einspruchsverfahren erhobenen Klage begehrten die Kläger,
einen Entlastungsbetrag nach § 32c EStG 1999 in Höhe von
23.334 DM zu berücksichtigen. Dieser Betrag sei auf der
Grundlage begünstigter gewerblicher Einkünfte in
Höhe von 519.427 DM zu berechnen. Denn der anteilige
Verlustausgleich nach § 2 Abs. 3 Satz 4 EStG 1999 dürfe
bei der Ermittlung der gewerblichen Einkünfte i.S. von §
32c EStG 1999 nicht vorgenommen werden.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit in
EFG 2002, 466 = SIS 02 57 65 veröffentlichtem Urteil
statt.
Mit der Revision rügt das FA
sinngemäß Verletzung materiellen Rechts. Gewerbliche
Einkünfte i.S. des § 32c Abs. 2 EStG 1999 seien nur
insoweit zu berücksichtigen, als sie noch im zu versteuernden
Einkommen enthalten seien. Soweit sie durch Verluste aus anderen
Einkunftsarten ausgeglichen würden, liege diese Voraussetzung
nicht vor.
Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben
und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision
zurückzuweisen.
II. Die Revision des FA ist unbegründet
und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Zu Recht ist das FG davon
ausgegangen, dass der Berechnung des Entlastungsbetrags nach §
32c Abs. 4 EStG 1999 gewerbliche Einkünfte des Klägers in
Höhe von 519.427 DM zugrunde zu legen sind.
1. Gemäß § 32c Abs. 1 EStG
1999 ist von der tariflichen Einkommensteuer ein Entlastungsbetrag
nach § 32c Abs. 4 EStG 1999 abzuziehen, wenn in dem zu
versteuernden Einkommen gewerbliche Einkünfte i.S. des §
32c Abs. 2 EStG 1999 enthalten sind, deren Anteil am zu
versteuernden Einkommen mindestens 93.744 DM beträgt. Der
Begriff der gewerblichen Einkünfte wird in § 32c Abs. 2
Satz 1 EStG 1999 dahingehend definiert, dass es sich vorbehaltlich
des Satzes 2 der Vorschrift um Gewinne oder Gewinnanteile handeln
muss, die nach § 7 oder § 8 Nr. 4 des
Gewerbesteuergesetzes (GewStG) der Gewerbesteuer unterliegen.
2. Im Streitfall betragen die der
Tarifbegrenzung unterliegenden Einkünfte 519.427 DM. In dieser
Höhe unterliegt der Gewinn des Klägers nach § 7
GewStG der Gewerbesteuer. Der von dem Kläger erwirtschaftete
Verlust aus der Veräußerung einer Beteiligung i.S. von
§ 17 EStG gehört nicht zu den (begünstigten)
gewerblichen Einkünften nach § 32c Abs. 2 EStG 1999.
Anders als § 35 EStG i.d.F. des
Steuersenkungsgesetzes vom 23.10.2000 (BGBl I 2000, 1433, BStBl I
2000, 1428) enthält § 32c Abs. 2 EStG 1999 eine
Definition der gewerblichen Einkünfte. Nach dem eindeutigen
Wortlaut der Vorschrift sind gewerbliche Einkünfte nicht die
anteilig geminderten Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach
Anwendung des Verlustausgleichs gemäß § 2 Abs. 3
EStG 1999 (vgl. auch FG Düsseldorf, Urteil vom 19.12.2005 8 K
383/02 E, juris = SIS 06 29 62; Lambrecht in Kirchhof, EStG, 6.
Aufl., § 32c Rn 26). Auch fehlt in § 32c EStG 1999 ein
Verweis auf § 2 Abs. 3 Sätze 2 bis 8 EStG 1999. Für
einen ungekürzten Ansatz der gewerblichen Einkünfte
spricht zudem § 32c Abs. 3 Satz 2 EStG 1999, wonach der
Entlastungsbetrag nach Abs. 4 auf der Grundlage des gesamten zu
versteuernden Einkommens zu ermitteln ist, wenn die gewerblichen
Einkünfte nach Abs. 2 die Summe der Einkünfte
übersteigen. Diese Regelung könnte niemals greifen, wenn
gewerbliche Einkünfte i.S. von § 32c Abs. 2 EStG 1999 die
anteilig geminderten Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach
Anwendung des Verlustausgleichs gemäß § 2 Abs. 3
EStG 1999 wären. Entgegen der Auffassung des FA ergibt sich
auch aus der Eingangsformulierung in § 32c Abs. 1 EStG 1999
nichts Gegenteiliges. Diese Formulierung gleicht der in § 34
Abs. 1 EStG 1999; auch bei dieser Vorschrift sind für die
Berechnung der begünstigten Einkommensteuer seit 1999 die
Verlustausgleichsbeschränkungen des § 2 Abs. 3 Satz 3 ff.
EStG 1999 nicht zu beachten (Urteil des Bundesfinanzhofs vom
13.8.2003 XI R 27/03, BFHE 204, 433, BStBl II 2004, 547 = SIS 04 10 82).
3. Gemäß § 32c Abs. 3 Satz 1
EStG 1999 bemisst sich der auf gewerbliche Einkünfte
entfallende Anteil am zu versteuernden Einkommen (gewerblicher
Anteil) nach dem Verhältnis der gewerblichen Einkünfte
nach § 32c Abs. 2 EStG 1999 zur Summe der Einkünfte. Da
§ 32c EStG 1999 keine eigenständige Definition der Summe
der Einkünfte enthält, ist das Verhältnis der
gewerblichen Einkünfte i.S. von § 32c Abs. 2 EStG 1999
zur Summe der Einkünfte i.S. des § 2 Abs. 3 EStG 1999
entscheidend (ebenso Lambrecht in Kirchhof, a.a.O., § 32c Rn
22; Schmidt/Glanegger, EStG, 20. Aufl., § 32c Rz 25;
Hörger in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht,
Kommentar, § 32c EStG Rn 11). Die Verlustausgleichsbegrenzung
gemäß § 2 Abs. 3 EStG 1999 wäre deshalb zu
beachten, wenn - anders als im Streitfall - negative Einkünfte
von Steuerpflichtigen nicht in vollem Umfang ausgleichsfähig
wären.
4. Die vom FA aufgeworfene Frage, ob die Summe
der Einkünfte nach § 2 Abs. 3 EStG 1999 um den
Verlustabzug i.S. des § 10d EStG zu bereinigen ist, stellt
sich im Streitfall nicht.