Dienstjubiläum, Rückstellung: Die Bildung einer Rückstellung für Jubiläumsleistungen setzt auch unter der Geltung des § 5 Abs. 4 EStG nicht voraus, dass sich der Dienstberechtigte rechtsverbindlich, unwiderruflich und vorbehaltlos zu der Leistung verpflichtet hat. (zur Anwendung vgl. BMF-Schreiben vom 8.12.2008, IV C 6 - S 2137/07/10002, BStBl 2008 I S. 1013 = SIS 08 43 44) - Urt.; BFH 18.1.2007, IV R 42/04; SIS 07 07 65
I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) - eine AG - war alleinige
Kommanditistin der Kommanditgesellschaft (KG) X. Im Streitjahr
(1994) war sie mit einem Anteil von 100 % am Kapital der KG
beteiligt. Die Komplementäre der KG waren nicht am Kapital und
auch nicht am Gewinn der KG beteiligt. Im Jahre 1997 schieden die
Komplementäre aus der KG aus. Das Gesellschaftsvermögen
der KG ging durch Anwachsung auf die Klägerin als
Gesamtrechtsnachfolgerin der vollbeendeten KG über.
In der Bilanz zum 31.12.1994 hatte die KG
eine Rückstellung für Jubiläumszuwendungen in
Höhe von 42.028 DM gebildet. Der Rückstellung lag eine
Betriebsvereinbarung zwischen der Klägerin und dem
Gesamtbetriebsrat der Klägerin zugrunde, die auch für die
KG galt und wie folgt lautete:
„Gehaltszahlung, Sonderleistungen
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...
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8.
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Für ihre der ... bewiesenen Treue
erhalten die Betriebsangehörigen nach 10jähriger
Dienstzeit eine freiwillige Jubiläumsgabe von 600,-
DM.
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Nach 25-, 40- bzw. 50jähriger
Dienstzeit erhalten die Betriebsangehörigen eine freiwillige
Jubiläumsgabe in Höhe von 3, 4 bzw. 5
Monatsgehältern, ferner 1, 2 bzw. 3 ...
Belegschafts-Jubiläums-Aktien.
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...
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Bei den Jubiläumsgaben,... handelt es
sich um jederzeit widerrufliche Leistungen, auf die kein
Rechtsanspruch besteht.“
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) stellte den Gewinn der KG zunächst unter
Berücksichtigung der gebildeten Rückstellung für
Jubiläumszuwendungen entsprechend der für 1994
eingereichten Erklärung zur gesonderten und einheitlichen
Feststellung von Besteuerungsgrundlagen unter dem Vorbehalt der
Nachprüfung fest.
Nach Durchführung einer
Betriebsprüfung bei der Klägerin als Rechtsnachfolgerin
der KG erließ das FA am 29.9.1999 einen
Änderungsbescheid und erkannte u.a. die geltend gemachte
Rückstellung für Jubiläumszuwendungen nicht mehr an.
Den Gewinn aus Gewerbebetrieb stellte das FA mit 1.954.160 DM
fest.
Einspruch und Klage gegen diesen Bescheid
hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, dass wegen
der Möglichkeit des Widerrufs der Zuwendung anlässlich
von Dienstjubiläen keine Jubiläumsrückstellung habe
gebildet werden dürfen. Das Urteil vom 30.3.2004 10 K 731/01
ist in EFG 2005, 521 = SIS 05 14 38 veröffentlicht.
Mit ihrer dagegen gerichteten Revision
rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Das
Urteil verletze § 5 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG)
in der für das Streitjahr gültigen Fassung.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des
Hessischen Finanzgerichts vom 30.3.2004 10 K 731/01 und die
Einspruchsentscheidung vom 18.1.2001 aufzuheben sowie den Bescheid
über die gesonderte und einheitliche Feststellung von
Besteuerungsgrundlagen vom 29.9.1999 dahin gehend abzuändern,
dass der Gewinn aus Gewerbebetrieb mit 1.912.132 DM festgestellt
wird.
Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
Eine Rückstellung für die
Verpflichtung zu einer Zuwendung anlässlich eines
Dienstjubiläums könne gemäß § 5 Abs. 4,
§ 52 Abs. 6 EStG nur gebildet werden, wenn es sich um eine
rechtsverbindliche, unwiderrufliche und vorbehaltlose Verpflichtung
handele.
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF)
ist dem Verfahren beigetreten. Es vertritt die Rechtsansicht, dass
es bei einer Jubiläumszusage, die unter einem
Widerrufsvorbehalt stehe, bereits an der wirtschaftlichen
Verursachung (in der Vergangenheit) fehle. Die Gewährung der
Jubiläumsleistungen hänge hier entscheidend von der
wirtschaftlichen Bedingung ab, dass künftig kein Widerruf
erfolge. Sei bei einer Rückstellung bereits die
wirtschaftliche Verursachung zu verneinen, komme es auf die Frage
der Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme nicht mehr an.
II. Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur
Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und
Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
1. Wie der erkennende Senat bereits in seinem
Urteil vom 5.2.1987 IV R 81/84 (BFHE 149, 55, BStBl II 1987, 845 =
SIS 87 09 13 unter 1.a der Entscheidungsgründe)
ausgeführt hat, ist für Dienstjubiläumszusagen des
Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer gemäß § 249 Abs.
1 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB) i.d.F. des
Bilanzrichtlinien-Gesetzes vom 19.12.1985 (BGBl I 1985, 2355;
früher § 152 Abs. 7 des Aktiengesetzes - AktG - 1965)
i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG eine Rückstellung für
ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden, soweit die Voraussetzungen
einer ungewissen Verbindlichkeit erfüllt sind und die
zugesagten Jubiläumszuwendungen auf Leistungen der
Arbeitnehmer in der Vergangenheit entfallen. Diese Verpflichtung
des Dienstberechtigten zur Bildung einer Rückstellung wird im
Streitjahr durch die Regelung des § 5 Abs. 4 EStG i.d.F. des
Steuerreformgesetzes 1990 (StRefG 1990) vom 25.7.1988 (BGBl I 1988,
1093, BStBl I 1988, 224) modifiziert.
2. Voraussetzung für die Bildung einer
Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist nach
ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) das
Bestehen einer dem Betrage nach ungewissen Verbindlichkeit oder die
Wahrscheinlichkeit der Entstehung einer Verbindlichkeit dem Grunde
nach - deren Höhe zudem ungewiss sein kann - sowie ihre
wirtschaftliche Verursachung in der Zeit vor dem Bilanzstichtag
(BFH-Urteile vom 8.11.2000 I R 6/96, BFHE 193, 399, BStBl II 2001,
570 = SIS 01 05 12, unter II.1. der Gründe; vom 5.6.2002 I R
96/00, BFHE 199, 309, BStBl II 2005, 736 = SIS 03 01 37; vom
19.8.2002 VIII R 30/01, BFHE 199, 561, BStBl II 2003, 131 = SIS 03 01 98, und vom 25.3.2004 IV R 35/02, BFHE 206, 25 = SIS 04 27 03).
a) Im Streitfall ist eine voll wirksame
Verbindlichkeit dem Grunde nach nicht schon durch die
Betriebsvereinbarung geschaffen worden; denn bei den
Jubiläumsgaben handelt es sich um freiwillige, jederzeit
widerrufliche Leistungen, auf die kein Rechtsanspruch besteht. Die
Gewährung der Jubiläumszuwendungen seitens der KG stand
mithin unter einem Vorbehalt. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob
der Vorbehalt im arbeitsrechtlichen Sinne als Freiwilligkeits- oder
als Widerrufsvorbehalt zu qualifizieren ist (zur Unterscheidung im
Arbeitsrecht vgl. Reiserer, DB 1997, 426; Erfurter Kommentar zum
Arbeitsrecht, Preis, 5. Aufl., § 611 BGB Rn. 666;
MünchArbR/ Richardi § 13 Rn. 23 ff.). Denn es kommt hier
nicht darauf an, ob der Anspruch ggf. erst mit der Auszahlung an
den Jubilar entsteht (zur Entstehung des Anspruchs bei einem
Freiwilligkeitsvorbehalt vgl. Bundesarbeitsgericht - BAG -, Urteil
vom 12.1.2000 10 AZR 840/98, Nachschlagewerk des
Bundesarbeitsgerichts -Arbeitsrechtliche Praxis- - AP - Nr. 223 zu
§ 611 BGB Gratifikation, Entscheidungssammlung zum
Arbeitsrecht - EzA - § 611 BGB Gratifikation, Prämie Nr.
158) oder bereits entstanden und widerruflich ist (vgl. Reiserer,
DB 1997, 426, 429f.; aus jüngerer Zeit zum Widerrufsvorbehalt
in Betriebsvereinbarungen BAG-Urteil vom 1.2.2006 5 AZR 187/05,
EzA-SD 2006, Nr. 9, 5 bis 6, BB 2006, 1057). In beiden Fällen
ist letztlich die voll wirksame Entstehung der Verbindlichkeit dem
Grunde nach ungewiss. Zudem sind die Jubiläumszuwendungen bei
Vollendung der 25-, 40- und 50-jährigen Dienstzeit auch ihrer
Höhe nach ungewiss, da sie an die zukünftigen
Monatsgehälter der Betriebsangehörigen sowie an den
zukünftigen Aktienkurs anknüpfen. Auch im Falle einer
erst in Zukunft entstehenden Verbindlichkeit muss ggf. eine
Rückstellung gebildet werden (vgl. Senatsurteil in BFHE 149,
55, BStBl II 1987, 845 = SIS 87 09 13, unter 1.b der Gründe,
m.w.N).
b) Weitere Voraussetzung für die
Rückstellungsbildung ist, dass die Entstehung der
Verbindlichkeit wahrscheinlich ist. Wahrscheinlich ist das
Entstehen einer Verbindlichkeit dem Grunde nach nur dann, wenn mehr
Gründe dafür als dagegen sprechen; wenn also das
Entstehen dem Grunde nach eher zu erwarten ist als das
Nichtentstehen. Dem Begriff des Wahrscheinlichen ist es
wesenseigen, dass das, was als wahrscheinlich bezeichnet wird, das
Übergewicht der Gründe („51 %“)
für sich hat (vgl. Senatsurteil vom 8.7.1982 IV R 158/81,
juris). Diese Voraussetzung ist nicht nach den subjektiven
Erwartungen des Steuerpflichtigen zu prüfen, sondern auf der
Grundlage objektiver, am Bilanzstichtag vorliegender und
spätestens bei Aufstellung der Bilanz erkennbarer Tatsachen
aus der Sicht eines sorgfältigen und gewissenhaften Kaufmanns
zu beurteilen (vgl. BFH-Urteile vom 1.8.1984 I R 88/80, BFHE 142,
226, BStBl II 1985, 44 = SIS 85 02 10, und vom 27.11.1997 IV R
95/96, BFHE 185, 160, BStBl II 1998, 375 = SIS 98 13 21, unter 1.
der Gründe). Hierzu hat das FG keine Feststellungen getroffen.
Es wird die fehlenden Feststellungen nachzuholen haben. Dabei wird
zu berücksichtigen sein, wie die KG bislang verfahren ist; ob
sie also die Jubiläumszuwendungen in der Vergangenheit
entsprechend der Betriebsvereinbarung gewährte oder ob am zu
beurteilenden Bilanzstichtag oder spätestens bei Aufstellung
der Bilanz objektive erkennbare Tatsachen vorlagen, die es als
wahrscheinlich erscheinen ließen, dass die KG die Zuwendung
anlässlich eines Dienstjubiläums zukünftig nicht
mehr gewähren wird.
c) Die ungewisse Verbindlichkeit ist im
abgelaufenen Wirtschaftsjahr bzw. auch in der davor liegenden Zeit
wirtschaftlich verursacht, da die künftige Leistung des
Dienstberechtigten im Hinblick auf eine schon bewirkte Leistung des
Dienstverpflichteten erbracht wird. Der Senat hält insoweit
auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des BMF an der im
Senatsurteil in BFHE 149, 55, BStBl II 1987, 845 = SIS 87 09 13
geäußerten Meinung fest.
3. Kommt das FG danach zum Ergebnis, dass nach
handelsrechtlichen Grundsätzen gemäß § 249
Abs. 1 Satz 1 HGB eine Rückstellung für ungewisse
Verbindlichkeiten zu bilden ist, so ist diese aufgrund der
Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz
(§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG), modifiziert durch § 5 Abs. 4
EStG, auch im Steuerrecht zu bilden. Entgegen der Rechtsansicht des
FG erfordert aber weder die Regelung des § 5 Abs. 4 EStG noch
diejenige des § 52 Abs. 6 EStG i.d.F. des StRefG 1990 eine
rechtsverbindliche, unwiderrufliche und vorbehaltlose Verpflichtung
des Dienstberechtigten.
a) Rückstellungen für die
Verpflichtung zu einer Zuwendung anlässlich eines
Dienstjubiläums dürfen aufgrund des Wortlautes der
§§ 5 Abs. 4, 52 Abs. 6 EStG nur gebildet werden, wenn das
Dienstverhältnis mindestens zehn Jahre bestanden hat, das
Dienstjubiläum das Bestehen eines Dienstverhältnisses von
mindestens 15 Jahren voraussetzt, die Zusage schriftlich erteilt
ist und der Zuwendungsberechtigte seine Anwartschaft nach dem
31.12.1992 erworben hat.
b) Für die Auslegung der Regelung ergeben
sich Anhaltspunkte aus der Entstehungsgeschichte des § 5 Abs.
4 EStG. Noch der der späteren Fassung vorhergehende
Gesetzesentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP eines StRefG
1990 vom 19.4.1988 hatte eine Formulierung vorgesehen, wonach
Rückstellungen für die Verpflichtungen zu einer Zuwendung
anlässlich eines Dienstjubiläums nur hätten gebildet
werden dürfen, soweit die versprochene Zuwendung dem
Berechtigten für jeden Fall der vorzeitigen Beendigung des
Dienstverhältnisses zugestanden und die Zusage
rechtsverbindlich in schriftlicher Form erteilt worden wäre
(BTDrucks 11/2157, 1, 5). Nach der Begründung des
Gesetzesentwurfs (BTDrucks 11/2157, 1, 140, II. Besonderer Teil, Zu
Nummer 5 (§ 5 EStG), Zu Buchstabe b - Absatz 4 - neu - )
sollte damit sichergestellt werden, dass Rückstellungen
für Jubiläumszuwendungen nur gebildet werden können,
soweit der Berechtigte in jedem Fall der Beendigung des
Dienstverhältnisses vor Erreichen des Jubiläums bereits
am Bilanzstichtag einen Anspruch auf die Zuwendung besitze.
Rückstellungen für Zuwendungen, die dem Berechtigten nur
zustünden, wenn das Dienstverhältnis nicht vor dem
Jubiläum endet, sollten entgegen der Änderung der
Rechtsprechung durch das Senatsurteil in BFHE 149, 55, BStBl II
1987, 845 = SIS 87 09 13 nicht mit steuerlicher Wirkung zugelassen
werden. Der steuerliche Gewinn sollte nicht durch
Rückstellungen für Verpflichtungen gemindert werden,
deren - unter Umständen in sehr ferner Zukunft liegende -
Verwirklichung im Einzelfall zweifelhaft sei und die sich deshalb
wirtschaftlich nicht den vorangegangenen Wirtschaftsjahren zuordnen
ließen.
c) Diese Formulierung stieß auf breite
Kritik (statt aller s. Bordewin, DB 1988, 413 f., unter Hinweis
darauf, dass Absprachen, aufgrund derer dem Arbeitnehmer
„für jeden Fall der vorzeitigen Beendigung des
Dienstverhältnisses mindestens ein entsprechender Teil der
Zuwendung zusteht“, mit dem Charakter der
Jubiläumszuwendung unvereinbar sind, und Knobbe-Keuck, BB
1988, 1086, 1087 ff.). Die erste Beschlussempfehlung des
Finanzausschusses vom 21.6.1988 sah deswegen bereits eine
Änderung vor. Danach sollten Rückstellungen für
Jubiläumszuwendungen für nach dem 31.12.1992 erworbene
Anwartschaften grundsätzlich steuerlich anerkannt werden,
wobei solche Rückstellungen mit steuerlicher Wirkung nicht in
den ersten zehn Jahren der Betriebszugehörigkeit des
betreffenden Arbeitnehmers gebildet werden dürften und die
Jubiläumszuwendungen ein mindestens 15-jähriges Bestehen
des Dienstverhältnisses voraussetzten (BTDrucks 11/2529, 1,
4). Schon diese Beschlussempfehlung enthielt die Norm des § 5
Abs. 4 EStG mit ihrem im Streitjahr gültigen Wortlaut
(BTDrucks 11/2529, 1, 12).
d) Im Rahmen der Anhörung zum
Gesetzesentwurf der Koalitionsfraktionen und der Bundesregierung
(BTDrucks 11/2157 und 11/2226) wurde das Auseinanderfallen von
Handelsbilanz und Steuerbilanz für bedenklich gehalten. Als
Kompromiss wurde u.a. empfohlen, zunächst alle bisher
gebildeten Rückstellungen für Jubiläumszuwendungen
aufzulösen und sie anschließend in einem Zeitraum von
zehn Jahren wieder aufzubauen, die Bildung neuer
Rückstellungen für neue Zusagen von
Jubiläumszuwendungen aber von vornherein zuzulassen (BTDrucks
11/2536, 1, 15). Ebenso empfahl der Rechtsausschuss dem
federführenden Finanzausschuss im Rahmen der Stellungnahme der
mitberatenden Ausschüsse, § 5 Abs. 4 EStG sowie die
Anwendungsvorschrift des § 52 Abs. 6 EStG milder zu
formulieren (BTDrucks 11/2536, 1, 30 f.).
e) Mit seiner Beschlussempfehlung wollte der
Finanzausschuss dem Votum des Rechtsausschusses und kritischen
Stimmen aus der Anhörung zu der im Gesetzesentwurf
vorgeschlagenen Regelung Rechnung tragen. Abweichend von der
neueren Rechtsprechung des BFH schließe die Gesetzesvorlage
(BTDrucks 11/2157 und 11/2226) Rückstellungen für
Jubiläumszuwendungen grundsätzlich aus. Demgegenüber
folge der Rechtsausschuss der Rechtsprechung des BFH. Der
Finanzausschuss halte es jedoch für geboten, die steuerliche
Anerkennung von Jubiläumsrückstellungen in Anlehnung an
die Regelung bei den Pensionsrückstellungen von einem
bestimmten Grad der Konkretisierung der Verpflichtung abhängig
zu machen. Dieser sei nach Auffassung des Rechtsausschusses dann
erreicht, wenn die Rückstellungen für ein mindestens
15-jähriges Dienstjubiläum gebildet würden und der
betreffende Arbeitnehmer durch eine mindestens zehnjährige
Betriebszugehörigkeit langjährige Betriebstreue gezeigt
habe. Mit Rücksicht darauf, dass die Bilanzierungspraxis
entsprechend der bisherigen langjährigen Rechtsprechung des
BFH Rückstellungen für Jubiläumszuwendungen nicht
zugelassen habe, sollten sich die bis einschließlich 1992
„verdienten“ Jubiläumszuwendungen auch
künftig bei der steuerlichen Gewinnermittlung nicht
auswirken.
In der Einzelbegründung der
Beschlussempfehlung des Finanzausschusses zu § 5 Abs. 4 EStG
heißt es sodann, dass abweichend vom Regierungsentwurf
Rückstellungen für Jubiläumszuwendungen
grundsätzlich anerkannt würden. Allerdings dürften
in den ersten zehn Jahren der Betriebszugehörigkeit eines
Arbeitnehmers für diesen Arbeitnehmer keine
Jubiläumsrückstellungen mit steuerlicher Wirkung gebildet
werden. Damit werde die hohe Fluktuation von Arbeitnehmern in den
ersten zehn Jahren der Betriebszugehörigkeit pauschal
berücksichtigt. Außerdem werde eine
Jubiläumsrückstellung steuerlich nur anerkannt, wenn die
versprochene Zuwendung eine Betriebszugehörigkeit von
mindestens 15 Jahren voraussetze. Damit werde die steuerliche
Anerkennung von Jubiläumsrückstellungen auf die Belohnung
langjähriger Betriebstreue beschränkt. Schließlich
werde aus Gründen der Rechtssicherheit verlangt, dass für
die Zusage der Jubiläumszuwendung die Schriftform gewahrt sei
(BTDrucks 11/2536, 1, 77). Zu § 52 Abs. 6 EStG heißt es
in diesem Zusammenhang, dass mit Rücksicht auf die
Änderung der Rechtsprechung des BFH und die Folgen einer
steuerlichen Anerkennung bereits verdienter
Jubiläumsrückstellungen auf das Steueraufkommen
Jubiläumsrückstellungen steuerlich erst für
Anwartschaften zugelassen würden, die nach dem 31.12.1992
verdient seien. Bis zu diesem Zeitpunkt verdiente
Jubiläumsrückstellungen seien steuerlich über drei
Jahre, beginnend mit der Bilanz des nach dem 30.12.1988 endenden
Wirtschaftsjahres gewinnerhöhend aufzulösen (BTDrucks
11/2536, 1, 86; zu den verfassungsrechtlichen Bedenken betreffend
diese im Streitfall nicht einschlägige Übergangsregelung
vgl. den Vorlagebeschluss des X. Senats des BFH vom 10.11.1999 X R
60/95, BFHE 189, 479, BStBl II 2000, 131 = SIS 00 02 28).
f) Den genannten Gesetzesmaterialien
lässt sich danach entnehmen, dass der gesetzlichen Regelung
des § 5 Abs. 4 EStG - der Rechtsprechung des Senats folgend
(BFH-Urteil in BFHE 149, 55, BStBl II 1987, 845 = SIS 87 09 13) -
die prinzipielle Gleichwertigkeit von
Jubiläumsrückstellungen und sonstigen Rückstellungen
für ungewisse Verbindlichkeiten im Streitjahr zu Grunde liegt
(BFH-Vorlagebeschluss in BFHE 189, 479, BStBl II 2000, 131 = SIS 00 02 28, unter B.III.1.). Eine Rechtsverbindlichkeit der
Jubiläumszusage wird nicht gefordert. Der Gesetzgeber hat auf
eine solche Formulierung anlässlich der Kritik im Schrifttum
und in der Anhörung sowie durch den mitberatenden
Rechtsausschuss bewusst verzichtet. Auch aus dem in der
Anwendungsvorschrift des § 52 Abs. 6 Satz 1 EStG (nunmehr
§ 5 Abs. 4 a.E. EStG i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes
1999/2000/2002 vom 24.3.1999, BGBl I 1999, 402, BStBl I 1999, 304)
gebrauchten Begriff der Anwartschaft folgt nicht, dass es sich um
eine gesicherte Rechtsposition des Zuwendungsberechtigten handeln
muss, die vom Dienstberechtigten nicht mehr einseitig zerstört
werden kann (so aber z.B. Küting/Weber, BB 1988, 2280, 2284;
Blümich/Schreiber, § 5 EStG Rz 852; Loose in
Herrmann/Heuer/Raupach, § 5 EStG Rz 1840). Der Begriff der
Anwartschaft bezeichnet lediglich den Anteil, den der
Zuwendungsberechtigte nach dem 31.12.1992, auch unter
Berücksichtigung von vorherigen Altzusagen (so BMF-Schreiben
vom 29.10.1993 IV B 2 - S 2175 - 47/93, BStBl I 1993, 898 = SIS 93 21 14, unter Nr. 4 d; a.A. Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 25. Aufl.,
§ 5 Rz 414), erdient hat, und damit den Teil, der ab diesem
Zeitpunkt wirtschaftlich verursacht ist (vgl. Senatsurteil in BFHE
149, 55, BStBl II 1987, 845 = SIS 87 09 13, unter 1.c der
Gründe).
g) Ebenso wenig ist dem Wortlaut der
Vorschriften der §§ 5 Abs. 4, 52 Abs. 6 EStG zu
entnehmen, dass die Verpflichtung des Dienstberechtigten eine
Unwiderruflichkeit bzw. Vorbehaltlosigkeit erfordert. Anders als in
§ 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG hat der Gesetzgeber hierzu gerade keine
Regelung getroffen (vgl. Bode/ Grabner, DB 1988, 2061, 2062).
Lediglich der Grad der Konkretisierung, der an die
Betriebszugehörigkeit des Dienstverpflichteten gekoppelt ist,
ist in Anlehnung an die Pensionsrückstellungsbildung in die
Regelung des § 5 Abs. 4 EStG aufgenommen worden. Das
Erfordernis einer Unwiderruflichkeit bzw. Vorbehaltlosigkeit der
Verpflichtung des Dienstberechtigten kann entgegen der Ansicht des
FG auch nicht den Begriffen „Verpflichtung“ und
„Zusage“ entnommen werden. Unter das
Tatbestandsmerkmal der „Verpflichtung“ i.S. der
Vorschrift des § 5 Abs. 4 EStG fallen - anknüpfend an die
Regelung des § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 249 Abs. 1
Satz 1 HGB - ungewisse Verbindlichkeiten, deren Entstehung
wahrscheinlich sein muss (dazu bereits unter II.2.), und somit
grundsätzlich auch unter einem Vorbehalt gewährte Zusagen
zu einer Zuwendung anlässlich eines Dienstjubiläums. Im
Übrigen handelt es sich auch bei einer Jubiläumszusage,
die - wie in der Praxis üblich - häufig unter einem
Vorbehalt erteilt wird (vgl. Reiserer, DB 1997, 426, 427 ff.), um
eine Zusage i.S. des § 5 Abs. 4 EStG.
h) Die Zusage wurde in Form der
Betriebsvereinbarung gemäß § 77 Abs. 2 Satz 1 des
Betriebsverfassungsgesetzes auch schriftlich erteilt.