Lohnsteuerhilfeverein, Auskunft über Beratungsstellenleiter vor Eintragung: Vor der Eintragung der Beratungsstelle eines Lohnsteuerhilfevereins in das Verzeichnis der Beratungsstellen darf die Behörde zur Überprüfung der persönlichen Zuverlässigkeit des künftigen Beratungsstellenleiters die Vorlage einer Auskunft des Wohnsitzfinanzamtes über dessen steuerliches Verhalten verlangen; § 4 b Abs. 2 LStHVDV enthält keine abschließende Aufzählung der Eintragungsunterlagen. - Urt.; BFH 17.10.2006, VII R 17/05; SIS 06 45 70
I. Der klagende und revisionsbeklagte
Lohnsteuerhilfeverein (Verein) hat der Beklagten und
Revisionsbeklagten (Oberfinanzdirektion - OFD - ) im Dezember 2002
die Eröffnung einer Beratungsstelle angezeigt und der Anzeige
die in dem § 4a und § 4b der Verordnung zur
Durchführung der Vorschriften über die
Lohnsteuerhilfevereine - LStHVDV - (BGBl I 1975, 1906, zuletzt
geändert BGBl I 2000, 874) vorgeschriebenen
Erklärungsvordrucke sowie Unterlagen über den beruflichen
Werdegang der Person beigefügt, die er als
Beratungsstellenleiter vorgesehen hatte. Die OFD möchte neue
Beratungsstellen aber nur dann in das Verzeichnis der
Beratungsstellen aufnehmen, wenn zuvor zusätzlich für den
künftigen Beratungsstellenleiter eine „Bescheinigung in
Steuersachen“ dessen Wohnsitzfinanzamtes nach von der
Landesfinanzverwaltung vorgegebenem Muster vorgelegt worden ist,
welche unter anderem Aufschluss darüber gibt, ob dieser seine
steuerlichen Pflichten erfüllt und keine Steuerschulden hat,
ob gegen ihn Vollstreckungsmaßnahmen ergriffen oder
Steuerstrafen verhängt worden sind und dergleichen. Hierauf
hat die OFD die Lohnsteuerhilfevereine im Februar 2003 hingewiesen
und darüber hinaus auch den klagenden Verein im April 2003 um
Vorlage einer solchen Bescheinigung auf Vordruck gebeten. Der
Verein sieht dafür jedoch keine gesetzliche Grundlage und
verwahrte sich deshalb gegen diese Aufforderung gegenüber der
OFD. Schließlich legte er jedoch diese Bescheinigung vor,
woraufhin die neue Beratungsstelle in das vorgenannte Verzeichnis
eingetragen wurde.
Der Verein hat gegen die OFD Klage erhoben
mit dem Antrag festzustellen, dass die OFD nicht berechtigt war,
als Voraussetzung für die Eintragung einer Beratungsstelle
eine „Bescheinigung in Steuersachen“ für den
künftigen Beratungsstellenleiter zu verlangen.
Das Finanzgericht (FG) hat diesem von ihm
als Fortsetzungsfeststellungsklage behandelten Begehren mit dem in
EFG 2005, 1805 = SIS 05 38 78 veröffentlichten Urteil
entsprochen und festgestellt, dass die Ablehnung der Eintragung der
Beratungsstelle des Vereins bis zur Vorlage der
„Bescheinigung in Steuersachen“ rechtswidrig gewesen
sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die vom FG
zugelassene Revision der beklagten OFD, zu deren Begründung im
Wesentlichen ausgeführt wird:
Es sei sachgerecht, vorab zu prüfen,
ob der künftige Beratungsstellenleiter seinen eigenen
steuerlichen Erklärungspflichten pünktlich nachgekommen
und ob er persönlich zuverlässig sei, insbesondere in
geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen lebe. Die
Maßgeblichkeit des persönlichen steuerlichen Verhaltens
werde durch die Neufassung des § 10 Abs. 2 des
Steuerberatungsgesetzes (StBerG) und deren Entstehungsgeschichte
bestätigt. Steuerschulden des Beratungsstellenleiters seien
vom Gesetzgeber explizit als Grund für Zweifel an dessen
persönlicher Zuverlässigkeit angesehen worden. Die
Finanzämter könnten die in der Vorschrift vorgesehenen
Mitteilungen jedoch erst dann machen, wenn sie von der Eintragung
eines Steuerpflichtigen als Beratungsstellenleiter erfahren
hätten. Werde die steuerliche Zuverlässigkeit nicht vorab
geprüft, müsste ein kürzlich eingetragener
Beratungsstellenleiter aufgrund seiner Steuerschulden wieder
gestrichen werden; dies widerspreche dem Interesse der Mitglieder
und berge die Gefahr, dass der Beratungsstellenleiter
zwischenzeitlich Mitgliedsbeiträge veruntreue oder nicht die
erforderliche Beratungsleistung erbringe.
Die auf § 23 Abs. 4 Nr. 2 und Abs. 5
StBerG beruhende Konkretisierung der vor der Eintragung einer
Beratungsstelle zu erbringenden Nachweise in § 4b LStHVDV
schließe nicht aus, dass die OFD weitere Nachweise verlangen
könne, um die Angaben über den künftigen
Beratungsstellenleiter zu überprüfen. Die
Finanzbehörde dürfe sich nach § 92 der
Abgabenordnung (AO 1977) der Beweismittel bedienen, die sie nach
pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des
entscheidungserheblichen Sachverhalts für erforderlich halte.
Es sei überdies lebensfremd, wenn das FG verlange, dass
weitere Unterlagen nur angefordert werden dürften, wenn im
Einzelfall konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der
persönlichen Zuverlässigkeit des künftigen
Beratungsstellenleiters bestünden. Denn dieser werde
regelmäßig bislang noch nicht im Rahmen eines
Lohnsteuerhilfevereins tätig geworden sein. Das Verlangen, die
Bescheinigung in Steuersachen nach nordrhein-westfälischem
Vordruck vorzulegen, sei deshalb zur Sachverhaltsaufklärung
geeignet und notwendig; es vermeide eine sonst ggf. erforderliche
spätere Schließung von Beratungsstellen.
Der Verein trägt vor, es stelle eine
rechts- und grundrechtswidrige
Berufsausübungsbeschränkung dar, eine vom Gesetz nicht
verlangte „Unbedenklichkeitsbescheinigung“ für den
künftigen Beratungsstellenleiter zu fordern. Der OFD stehe nur
die Aufsicht über die Lohnsteuerhilfevereine und deren
Beratungsstellen zu, nicht die Rechtsmacht, von vornherein quasi
jedem Beratungsstellenleiter die persönliche
Zuverlässigkeit abzusprechen. Sie dürfe die
Berufsausübung nicht schon am Anfang verhindern, statt sich
der Mühe zu unterziehen, ggf. nachträglich einzugreifen;
zunächst einmal müsse eine Zulassung erfolgen und erst
bei Beanstandungen dürfe eingegriffen werden. Das gebiete auch
der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Es sei zu
befürchten, dass schon bei Eintragungen in der Bescheinigung,
die auf geringfügige steuerliche Unregelmäßigkeiten
deuteten, oder solchen, die unter Umständen schon lange
zurücklägen, die Eintragung des Beratungsstellenleiters
versagt werde.
II. Die zulässige Revision ist
begründet (§ 126 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung - FGO -
). Das angegriffene Urteil verletzt Bundesrecht (§ 118 Abs. 1
FGO).
1. Das FG hat die Klage zu Recht als
zulässige Fortsetzungsfeststellungsklage angesehen. Dabei kann
dahinstehen, ob das erste Schreiben der OFD, mit dem der Verein
lediglich gebeten worden ist, entsprechend der allgemeinen
Verfügung der OFD auch für die hier strittige
Beratungsstelle eine Unbedenklichkeitsbescheinigung für den
künftigen Beratungsstellenleiter vorzulegen, als
Verwaltungsakt angesehen werden kann. Denn jedenfalls verletzt es
nicht Bundesrecht, dass das FG das Schreiben der OFD vom 7.4.2003,
in dem die OFD trotz der vom Verein gegen das Vorlageverlangen
erhobenen Bedenken ihren Rechtsstandpunkt bekräftigt hat, als
verbindliche Entscheidung über das Begehren des Vereins, die
Beratungsstelle aufgrund der bis dahin vorliegenden Unterlagen
einzutragen, angesehen hat. Das ist für die
revisionsrechtliche Prüfung nicht zu beanstanden (vgl.
Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 14. Aufl.,
§ 137 Rz. 25a). Das FG konnte ohne Rechtsirrtum in
vorgenanntem Schreiben einen die Fortsetzungsfestsstellungsklage,
die auch gegen einen vor Klageerhebung erledigten Verwaltungsakt
erhoben werden kann, eröffnenden Verwaltungsakt sehen, durch
den sinngemäß das Begehren des Vereins, die
Beratungsstelle aufgrund der vorliegenden Unterlagen einzutragen,
abgelehnt worden ist.
Dieser - später erledigte -
Verwaltungsakt betrifft den Verein in seinen eigenen Rechten. Denn
er hatte zur Folge, dass die Beratungsstelle ihre Tätigkeit
zunächst nicht aufnehmen durfte, wie sich aus § 23 Abs. 6
StBerG ergibt, der Verein also insofern seine Aufgabe nicht
erfüllen konnte, Hilfeleistung in Steuersachen zu
erbringen.
Ohne Rechtsirrtum ist das FG ferner davon
ausgegangen, dass der Verein das für eine solche Klage
erforderliche Feststellungsinteresse geltend machen kann, was sich
ohne weiteres schon daraus herleiten lässt, dass ein weiterer
Eintragungsantrag bei der OFD anhängig ist und dieser die
gleiche, gerichtlich zu klärende Rechtsfrage aufwerfen
wird.
2. Die Entscheidung über die
Rechtmäßigkeit des Ablehnungsbescheides hängt, wie
das FG richtig erkannt hat, von der Beantwortung dreier Fragen ab,
nämlich
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erstens, ob die LStHVDV eine
abschließende, also nicht nach dem Ermessen der Behörde
erweiterbare Aufzählung der - vorbehaltlich besonderer, sich
aus den Gegebenheiten des Einzelfalls ergebender Umstände -
vor der Eintragung einer Beratungsstelle vorzulegenden Unterlagen
enthält;
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zweitens, ob, wenn diese Frage zu verneinen
sein sollte, das Verlangen nach Vorlage einer steuerlichen
Unbedenklichkeitsbescheinigung für den künftigen
Beratungsstellenleiter einer rechtsförmlichen Grundlage im
StBerG oder einer auf diesem beruhenden Rechtsverordnung bedarf und
nicht nach dem Ermessen der Behörde im Einzelfall aufgrund des
§ 92 AO 1977 ausgesprochen werden kann; sowie, wenn auch diese
Frage zu verneinen sein sollte,
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drittens, ob bei einer Sinn und Zweck des der
Behörde eröffneten Ermessens gerechten
Ermessensausübung, welche die diesem Ermessen durch das
Rechtsstaatsprinzip gesetzten Grenzen, insbesondere den
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, wahrt, die Vorlage
einer solchen Unbedenklichkeitsbescheinigung gleichsam
routinemäßig, d.h. ohne besonderen, einzelfallbezogenen
Anlass nicht verlangt werden darf, ein solches Verlangen also einen
sich aus den sonst nach Maßgabe des Gesetzes und der
genannten Verordnung vorgelegten Unterlagen oder sonstigen der OFD
verfügbaren Informationen ergebenden Anfangsverdacht der
persönlichen Unzuverlässigkeit des künftigen
Beratungsstellenleiters voraussetzt, dem die Behörde durch das
strittige Verlangen nachgehen will; ferner ob, wie der klagende
Verein offenbar meint, selbst bei einem solchen Anfangsverdacht ein
solches Verlangen rechtswidrig wäre, weil sich aus dem
Verhalten des künftigen Beratungsstellenleiters in eigenen
steuerlichen Angelegenheiten nichts für seine Eignung als
Leiter einer Beratungsstelle herleiten lässt und daher eine
Bescheinigung der vorgenannten Art keine für die Eintragung
erheblichen Erkenntnisse vermitteln könnte.
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Keine dieser Fragen ist indes zu bejahen.
a) Nach § 4b Abs. 2 LStHVDV ist der
Mitteilung eines Lohnsteuerhilfevereins über die Bestellung
des Leiters einer Beratungsstelle eine Reihe von Unterlagen
beizufügen. Das FG hat dazu angenommen, die dort enthaltene
Aufstellung der vorzulegenden Unterlagen sei - vorbehaltlich
dessen, dass sich in Ausnahmefällen aufgrund konkreter
Umstände des Einzelfalls die Notwendigkeit für die
Vorlage weiterer Unterlagen ergibt - abschließend; die
für die Eintragung zuständige Behörde dürfe
also nicht nach ihrem Ermessen die Vorlage weiterer Unterlagen
verlangen.
Diese Rechtsansicht will das FG offenbar
darauf stützen, dass Abs. 2 der vorgenannten Vorschrift eine
„genügende“ Konkretisierung der vor einer
Eintragung in das Verzeichnis der Lohnsteuerhilfevereine zu
erfüllenden Mitteilungspflichten darstelle. Ergänzend
will das FG ferner eine Bestätigung für die Richtigkeit
seiner Rechtsauffassung aus der Entstehungsgeschichte des § 4b
LStHVDV, insbesondere daraus gewinnen, dass der Verordnungsgeber in
der BRDrucks 66/91, S. 9 die in Abs. 2 dieser Vorschrift
aufgeführten beiden Unterlagen als die zur Prüfung der
Voraussetzungen für die Bestellung eines
Beratungsstellenleiters erforderlichen bezeichnet hat.
Das überzeugt indes nicht. Aus der
zuletzt angeführten Begründung des Verordnungsgebers
lässt sich lediglich entnehmen, dass dieser jedenfalls die in
Abs. 2 aufgeführten Unterlagen für unverzichtbar hielt,
um die Voraussetzungen für die Bestellung eines
Beratungsstellenleiters beurteilen zu können; man mag daraus
allenfalls noch folgern können, dass der Verordnungsgeber
für den Regelfall die Vorlage dieser Unterlagen auch für
ausreichend hielt, um dies zu beurteilen. Etwas anderes, was daraus
entgegen der Ansicht des FG nicht logisch zwingend folgt, ist, ob
der Verordnungsgeber diese Einschätzung der für den
Verwaltungsvollzug zuständigen Behörde als verbindlich
vorschreiben und ihr mithin verbieten wollte, nach ihrem Ermessen
weitere Unterlagen zu verlangen.
Womit das FG seine Auffassung meint
rechtfertigen zu können, dass die Vorlage der dort
vorgeschriebenen Unterlagen im Regelfall genüge, um die
Erfüllung der materiellen Voraussetzungen des StBerG für
die Eintragung der Beratungsstellen und Beratungsstellenleiter zu
prüfen, vermag der Senat dem Urteil nicht eindeutig zu
entnehmen. Die Revision hat dazu Einwände vorgetragen, die
nicht von der Hand zu weisen sind. Ungeachtet dessen verkennt die
Argumentation des FG jedenfalls, dass es in erster Linie Aufgabe
der Verwaltungsbehörde ist und in deren Ermessen steht zu
beurteilen, welche Unterlagen erforderlich oder zumindest
zweckmäßig sind, um die Voraussetzungen für ihr
Verwaltungshandeln, hier: die Eintragung eines
Beratungsstellenleiters, zu beurteilen, welches sie zu verantworten
hat. Die Gerichte würden ihre Berufung zur Rechtskontrolle der
Verwaltung verkennen und ihnen nicht übertragene Aufgaben an
sich ziehen, wenn sie der Verwaltungsbehörde jene - ihrer
Natur nach in gewisser Weise prognostische - Einschätzung
abnehmen und sie aus ihrer Verantwortung für die
vollständige Aufklärung des entscheidungserheblichen
Sachverhalts verdrängen wollten.
Der erkennende Senat vermag auch keinen
zureichenden Anhaltspunkt dafür zu erkennen, dass der
bundesstaatliche Verordnungsgeber mit § 4b Abs. 2 LStHVDV die
grundsätzlich der für den Vollzug des StBerG und der
vorgenannten Verordnung zuständigen Landesbehörde
obliegende und von dieser zu verantwortende Beurteilung der
Eintragungsvoraussetzungen bzw. der Bestimmung der dafür
erforderlichen Beurteilungsgrundlagen abnehmen wollte und den
Landesbehörden kraft Bundesverordnungsrechtes verboten hat,
ohne konkreten, einzelfallbezogenen Anlass über die in der
vorgenannten Vorschrift aufgeführten Unterlagen hinaus weitere
Unterlagen anzufordern. Ob er dazu durch § 31 Abs. 1 Nr. 4
StBerG überhaupt ermächtigt wäre, ob dies also eine
Bestimmung über die zur Bestellung eines
Beratungsstellenleiters erforderlichen Nachweise wäre, und ob
die von Verfassungs wegen den Ländern zustehende Kompetenz zum
verwaltungsmäßigen Vollzug des StBerG eine solche
bundesrechtliche Verordnungsregelung zuließe, kann
unerörtert und unentschieden bleiben.
b) Die beklagte Behörde bedurfte auch
nicht etwa einer verordnungsrechtlichen Ermächtigung, um von
dem Verein vor einer Eintragung seiner Beratungsstelle eine
Bescheinigung zu verlangen, auf deren Grundlage die OFD meinte, die
von § 23 Abs. 3 Satz 2 StBerG verlangte persönliche
Zuverlässigkeit des Beratungsstellenleiters
überprüfen zu müssen. Vielmehr verweist die OFD
insofern mit Recht darauf, dass die Bestimmung der zur
Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts
erforderlichen oder zweckmäßigen Erkenntnismittel nach
§ 92 AO 1977 grundsätzlich in ihrem Ermessen steht.
Gleichwohl für bestimmte Ermittlungsmaßnahmen eine
rechtsförmliche Grundlage zu verlangen, käme danach nur
dann in Betracht, wenn mit diesen schwerwiegende Eingriffe in
subjektive öffentliche Rechte des Lohnsteuerhilfevereins oder
Dritter verbunden sind. Davon kann bei der Anforderung einer
Bescheinigung des Wohnsitzfinanzamtes des künftigen
Beratungsstellenleiters über sein steuerliches Verhalten keine
Rede sein.
Solches folgt auch nicht etwa daraus, dass die
beklagte OFD die Bescheinigung nicht aufgrund einzelfallbezogener
Erwägungen verlangt, sondern generell vor einer Eintragung
eines Beratungsstellenleiters. Das FG hat in diesem Zusammenhang
aus der Sicht der Berufsfreiheit beanstandet, dass es die
Aufsichtsbehörden bei der Zulassung des strittigen
Vorlageverlangens in der Hand hätten, über die vom
Gesetzes- und Verordnungsrecht aufgestellten Anforderungen hinaus
unabhängig von einzelfallbezogenen Anhaltspunkten die
Eintragung von weiteren Voraussetzungen abhängig zu machen.
Das trifft insofern nicht den Kern, als es auch aus der Sicht der
beklagten OFD nicht darum geht, die Eintragung eines
Beratungsstellenleiters von im Gesetz nicht angelegten
materiell-rechtlichen Voraussetzungen abhängig zu machen,
sondern wie das Vorliegen der dort aufgestellten
materiell-rechtlichen Voraussetzungen zu ermitteln ist; das
Verlangen der Vorlage der strittigen Bescheinigung stellt
nämlich nicht eine unselbständige
Eintragungsvoraussetzung auf, sondern hat lediglich dienende
Funktion.
Es gibt auch, anders als das FG
möglicherweise annimmt, weder einen verfassungsrechtlichen
Grundsatz noch eine Auslegungsmaxime, dass nur einzelfallbezogene
Aufklärungsmaßnahmen keiner ausdrücklichen
Grundlage im Gesetzes- oder Verordnungsrecht bedürfen bzw.
dort vorgeschriebene Maßnahmen im Zweifel weitere nur
zulassen, wenn sie einzelfallbezogen sind. Es gibt auch keinen
Rechtsgrundsatz, dass Aufklärungsmaßnahmen nur dann
zulässig sind, wenn sie durch die konkreten Umstände des
einzelnen Falls veranlasst sind; es liegt vielmehr im Rahmen des
der Behörde durch § 92 Satz 1 AO 1977 eröffneten
Ermessensspielraums, das Vorliegen der vom Gesetz für den
Erlass eines Verwaltungsaktes aufgestellten Tatbestandsmerkmale -
hier: persönliche Zuverlässigkeit des
Beratungsstellenleiters - durch dafür geeignete
Maßnahmen zu überprüfen, auch wenn sie nicht
über einen konkreten, einzelfallbezogenen Anlass für die
Annahme verfügt, es könne daran fehlen. Das gilt zumal
dann, wenn es der Behörde zum Schutz der von ihr zu wahrenden
öffentlichen Interessen nicht ausreichend erscheint, diesen
Verwaltungsakt - hier: die Eintragung der Beratungsstelle bzw.
ihres Leiters - erst dann rückgängig zu machen, wenn sich
nachträglich herausstellen sollte, dass es an den
Voraussetzungen für den Erlass desselben gefehlt hat.
c) Das Verlangen der OFD ist auch nicht
deshalb rechtlich zu beanstanden, weil es
unverhältnismäßig gewesen wäre.
Zum Leiter einer Beratungsstelle darf nach
§ 23 Abs. 3 Satz 2 StBerG nicht bestellt werden, wer sich so
verhalten hat, dass die Besorgnis begründet ist, er werde die
Pflichten des Lohnsteuerhilfevereins nicht erfüllen. Wie sich
aus § 23 Abs. 5 StBerG ergibt, ist der Mitteilung über
die Bestellung des Leiters einer Beratungsstelle der Nachweis
beizufügen, dass dies nicht der Fall ist. Erst wenn die
zuständige Behörde überprüft hat, dass der
Beratungsstellenleiter zu einer Besorgnis im vorgenannten Sinne
keinen Anlass gibt, darf sie die Beratungsstelle im Verzeichnis der
Lohnsteuerhilfevereine eintragen und die Beratungsstelle ihre
Tätigkeit aufnehmen, wie sich ohne weiteres aus § 23 Abs.
6 StBerG ergibt. Anders als der Verein offenbar meint, kann die
Prüfung der persönlichen Zuverlässigkeit des
Beratungsstellenleiters also nicht etwa zurückgestellt und
abgewartet werden, ob dessen Tätigkeit in der Beratungsstelle
Anlass zu Beanstandungen gibt, selbst wenn, wie der Verein geltend
gemacht hat, aufgrund des eigenen Interesses des
Lohnsteuerhilfevereins und dessen dadurch ausgelöster eigener
Bemühungen, nur als zuverlässig einzuschätzende
Persönlichkeiten zum Beratungsstellenleiter zu bestellen, mit
solchen Beanstandungen im Allgemeinen nicht zu rechnen sein sollte.
Das Risiko, unter Umständen mit der Behörde über die
Beurteilung der Zuverlässigkeit des als
Beratungsstellenleiters Benannten streiten und unter Umständen
eine Verzögerung der Eröffnung einer neuen
Beratungsstelle hinnehmen zu müssen, hat der Gesetzgeber den
Lohnsteuerhilfevereinen zugemutet. Es kann nicht etwa, wie offenbar
dem Verein vorschwebt, dadurch verringert werden, dass der
Behörde verwehrt wird, sich alle für die ihr obliegende
Prüfung geeigneten Informationen zu verschaffen und zu
überprüfen.
Die OFD, die danach auch hier vor der
Eintragung der Beratungsstelle verpflichtet war, die
Zuverlässigkeit deren Leiters selbst zu überprüfen,
konnte sich folglich gemäß § 92 Satz 1 AO 1977 nach
ihrem Ermessen aller Beweismittel bedienen, die ihr zur
Prüfung der persönlichen Zuverlässigkeit des
künftigen Beratungsstellenleiters erforderlich und
zweckmäßig erschienen.
Von dem Verein eine Bescheinigung des
Wohnsitzfinanzamtes des Beratungsstellenleiters zu verlangen, aus
der sich dessen Zuverlässigkeit in eigenen steuerlichen
Angelegenheiten ergibt, war entgegen der Ansicht des Vereins auch
kein zur Aufklärung ungeeignetes Beweismittel. Das Verhalten
eines künftigen Beratungsstellenleiters in eigenen
steuerlichen Angelegenheiten kann Anhaltspunkte dafür geben,
inwiefern dieser willens und in der Lage ist, die Interessen des
Fiskus durch ordentliche, insbesondere fristgerechte Erfüllung
der bestehenden steuerlichen Pflichten zu wahren. Welche
Folgerungen im Übrigen aus diesbezüglichen
Unregelmäßigkeiten und Pflichtverstößen zu
ziehen sind, dass etwa die gelegentlich verspätete Abgabe von
Steuererklärungen es schwerlich rechtfertigen würde, die
steuerliche Zuverlässigkeit des Betreffenden zu verneinen, ist
in diesem Verfahren nicht zu entscheiden; denn ein Beweismittel ist
nicht deshalb zur Aufklärung des Sachverhalts ungeeignet, weil
die durch dasselbe zu gewinnenden Erkenntnisse nicht ohne weiteres
und erst recht nicht zwingend einen Rückschluss auf die
beweisbedürftige Haupttatsache gestatten oder sogar
hierfür allenfalls ein schwaches Indiz liefern. Gegen einen
offenbar - wenn auch ohne erkennbaren konkreten Anlass -
befürchteten Missbrauch der von der OFD verlangten
Informationen über das bisherige steuerliche Verhalten des
künftigen Beratungsstellenleiters muss sich der Verein
nötigenfalls mit Rechtsbehelfen gegen die Versagung der
Eintragung der Beratungsstelle wehren; er kann nicht etwa gleichsam
vorbeugenden Rechtsschutz dergestalt beanspruchen, dass der
Behörde die betreffenden Informationen vorenthalten
werden.
Das Verlangen der Vorlage einer Bescheinigung
des Wohnsitzfinanzamtes ist auch nicht deshalb
unverhältnismäßig, weil der mit dem Verlangen
verfolgte Zweck nicht in einem angemessenen Verhältnis zu dem
mit dem Verlangen verbundenen Eingriff in die Rechtssphäre des
Vereins bzw. des künftigen Beratungsstellenleiters
stünde. Für den Verein schonender könnte eine
Anfrage der Eintragungsbehörde bei dem betreffenden
Wohnsitzfinanzamt des künftigen Beratungsstellenleiters sein;
nach der hier maßgeblichen Rechtslage - vor der Änderung
des § 10 Abs. 2 StBerG durch das Steueränderungsgesetz
2003 vom 15.12.2003 (BGBl I 2003, 2645), auf welches das FG mit
Recht hingewiesen hat - hätte das Wohnsitzfinanzamt eine
solche Anfrage freilich nur beantworten können, wenn der
künftige Beratungsstellenleiter das betreffende
Wohnsitzfinanzamt von der Wahrung des Steuergeheimnisses (§ 30
AO 1977) entbunden hätte. Ein solches Vorgehen aber
dürfte in der Regel ebenfalls die Einschaltung des Vereins
erfordern, so dass es für ihn insgesamt nicht weniger
belastend als der von der beklagten OFD eingeschlagene Weg ist,
sofern in diesem Zusammenhang überhaupt von einer
nennenswerten Belastung des Vereins gesprochen werden kann.
§ 10 Abs. 2 StBerG n.F. rechtfertigt im
Übrigen auch sonst nicht die aus ihm vom FG gezogenen
Schlüsse. Er gibt für die Entscheidung der hier
strittigen Fragen nichts Wesentliches her. Denn dass der
Gesetzgeber jetzt die Finanzämter ermächtigt hat, die
für die Eintragung der Lohnsteuerhilfevereine zuständigen
Behörden von sich aus über dem Beratungsstellenleiter
anzulastende steuerliche Unregelmäßigkeiten zu
unterrichten, schließt nicht aus, dass die betreffenden
Behörden darüber hinaus das Recht haben, vor der
Eintragung von Beratungsstellen durch eine entsprechende Anfrage
oder mittels des strittigen Vorlageverlangens zu ermitteln, ob
solche Unregelmäßigkeiten bereits eingetreten sind.
Der erkennende Senat vermag auch nicht
anzuerkennen, dass es ein unangemessenes oder unzumutbares
Eindringen in die Privatsphäre oder sonstige
schützenswerte Belange des Vereins bzw. des künftigen
Beratungsstellenleiters darstellt, zu verlangen, dass dieser durch
Vorlage der strittigen Bescheinigung etwaige
Unregelmäßigkeiten, die ihm in der Vergangenheit in
steuerlicher Hinsicht unterlaufen sind, der für seine
Eintragung als Beratungsstellenleiter zuständigen Behörde
offenbart. Er kann sich insofern insbesondere nicht auf die
Unverletzlichkeit des Steuergeheimnisses berufen, dessen Aufhebung
gegenüber der genannten Behörde von ihm nicht verlangt
werden könne. Eine entsprechende Wertung liegt auch der eben
genannten Neufassung des § 10 Abs. 2 StBerG zu Grunde.
In diesem Zusammenhang ist entscheidend, dass
der Beratungsstellenleiter eine Tätigkeit ausüben
möchte, die vom Gesetzgeber in zulässiger Bewertung
öffentlicher Interessen unbeschadet ihrer beruflichen
Ausübung durch Private umfangreichen
öffentlich-rechtlichen Restriktionen unterworfen ist, zu denen
die vorherige Prüfung der persönlichen
Zuverlässigkeit gehört. Wer eine solche Tätigkeit
aufnehmen will, muss es hinnehmen, dass die zuständigen
Behörden so weit in seine Privatsphäre eindringen, wie es
aus ihrer Sicht erforderlich ist, um zu entscheiden, ob der
Betreffende den öffentlich-rechtlichen Voraussetzungen
für die Aufnahme der betreffenden beruflichen Tätigkeit
genügt (vgl. hierzu auch Urteil des Senats vom 28.11.1995 VII
R 5/94, BFHE 179, 529, BStBl II 1996, 171 = SIS 96 08 37). Darin
liegt ebenso wenig ein unverhältnismäßiger Eingriff
in die Rechte des Betroffenen wie die dem zu Grunde liegende
materiell-rechtliche Regelung, die Aufnahme der Tätigkeit von
der persönlichen Zuverlässigkeit abhängig zu machen,
einen unverhältnismäßigen Eingriff in die
Berufsfreiheit darstellt.
d) Der erkennende Senat hat in diesem
Verfahren nicht darüber zu befinden, ob die in der
„Bescheinigung in Steuersachen“ vorgesehenen
Angaben im Einzelnen sachgerecht sind, um die persönliche
Zuverlässigkeit des künftigen Beratungsstellenleiters zu
beurteilen, was insbesondere hinsichtlich der Frage, ob einmal
Aussetzung der Vollziehung von Steuerbeträgen gewährt
worden ist, nicht erkennbar ist, und z.B. hinsichtlich der Frage,
ob Stundung gewährt und zu welchen Steuern der Betreffende
veranlagt worden ist, sehr zweifelhaft erscheinen könnte.
Denn die auf Feststellung, dass die Versagung
der Eintragung der Beratungsstelle rechtswidrig gewesen ist,
gerichtete Klage müsste auch dann erfolglos bleiben, wenn es
die Grenzen des Ermessens der OFD bei der Aufklärung des
Sachverhalts überschreiten sollte, vorgenannte Angaben zu
verlangen, und dies auch nicht deshalb hinzunehmen sein sollte,
weil der strittige - zu anderen Zwecken als dem der Prüfung
der persönlichen Zuverlässigkeit eines
Beratungsstellenleiters konzipierte - Vordruck der OFD bereits zur
Hand war und seine Verwendung auch bei der Eintragung einer
Beratungsstelle die Entwicklung eines neuen, zweckbezogenen und
auch mehr zweckgenutzten Auskunftsformulars erübrigte. Denn
die OFD konnte, wie ausgeführt, die Eintragung von
Auskünften abhängig machen, die Aufschluss über die
persönliche Zuverlässigkeit des künftigen
Beratungsstellenleiters zu geben geeignet sind, an denen es ihr
aber wegen der Weigerung des Vereins, vorgenannte Bescheinigung
vorzulegen, fehlte. Der Verein war auch nicht etwa in einer der OFD
anzulastenden Weise gehindert, diese Auskünfte durch das
Wohnsitzfinanzamt erteilen zu lassen, selbst wenn er einzelne in
der Bescheinigung vorgesehene, von ihm nicht als zweckgerecht
angesehene Fragen nicht beantwortet wissen wollte. Deshalb
bedürfen auch die Einwände hier keiner näheren
Erörterung, die dahin geltend gemacht worden sind, es
dürften nicht auch lange zurückliegende steuerliche
Unregelmäßigkeiten abgefragt werden, und es müssten
einige der Fragen präziser gefasst werden.
3. Da das FG von einer anderen
Rechtsauffassung ausgegangen und sein Urteil auch nicht im Ergebnis
richtig ist, ist es aufzuheben. Die Klage ist abzuweisen (§
126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO), da das strittige Vorlageverlangen der
OFD und folglich auch der erledigte Ablehnungsbescheid nicht
rechtswidrig waren.