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Volljähriges blindes Kind, Kindergeld

Volljähriges blindes Kind, Kindergeld: Für die Prüfung, ob ein volljähriges blindes Kind i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, ist bei dem Vergleich seiner Einkünfte und Bezüge mit seinem existentiellen Lebensbedarf (Grundbedarf und behinderungsbedingter Mehrbedarf) das Blindengeld zwar den zur Bestreitung des Lebensunterhalts geeigneten Bezügen zuzuordnen. Jedoch ist es bei der Ermittlung des behinderungsbedingten Mehrbedarfs anstelle des Pauschbetrages für behinderte Menschen nach § 33 b Abs. 3 Satz 3 EStG anzusetzen, wenn es der Höhe nach den Pauschbetrag übersteigt. Es ist zu vermuten, dass in Höhe des tatsächlich ausbezahlten Blindengeldes ein behinderungsbedingter Mehraufwand besteht. (zur Anwendung vgl. BMF-Schreiben vom 22.11.2010, IV C 4 - S 2282/07/0006-01, BStBl 2010 I S. 1346 = SIS 10 38 62) - Urt.; BFH 31.8.2006, III R 71/05; SIS 06 44 44

Kapitel:
Privatbereich > Kinder
Fundstellen
  1. BFH 31.08.2006, III R 71/05
    BStBl 2010 II S. 1054
    BFHE 214 S. 544
    BFH/NV 2006 S. 2347
    LEXinform 5003422

    Anmerkungen:
    F.G. in HFR 2/2007 S. 138
    M.I.T. in INF 24/2006 S. 928
    D.D. in ZSteu 8/2007 S. 140
Normen
[EStG] § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3, § 33 b Abs. 3 Satz 3
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: Thüringer FG, 28.09.2005, SIS 06 09 73, Kindergeld, Blindengeld, Bezüge, Unterhalt
Zitiert in... / geändert durch...
  • BZSt 26.5.2023, SIS 23 10 69, Familienleistungsausgleich, Neufassung der Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz ...
  • BZSt 30.6.2022, SIS 22 12 76, Familienleistungsausgleich, Neufassung der Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz ...
  • FG Hamburg 6.1.2022, SIS 22 03 52, Kindergeld, Berücksichtigungsfähigkeit von Blindengeld und Blindenhilfe als behinderungsbedingter Mehrbed...
  • BZSt 17.9.2021, SIS 21 17 59, Familienleistungsausgleich, Neufassung der Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz ...
  • FG Nürnberg 25.2.2021, SIS 23 17 11, Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen des Ehemanns an ein minderjähriges Kind bei der Berechnung des ...
  • Niedersächsisches FG 3.9.2020, SIS 20 16 22, Berücksichtigung von Unterhaltsansprüchen gegenüber dem Ehegatten bei der Prüfung, ob ein behindertes Kin...
  • BZSt 27.8.2020, SIS 20 12 46, Familienleistungsausgleich, Neufassung der Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz ...
  • FG München 21.7.2020, SIS 20 15 01, Prüfung, inwieweit ein behindertes volljähriges Kind außerstande ist, sich selbst zu unterhalten: Eine ei...
  • BZSt 9.7.2019, SIS 19 11 83, Familienleistungsausgleich, Neufassung der Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz ...
  • BZSt 10.7.2018, SIS 18 11 88, Familienleistungsausgleich, Neufassung der Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz ...
  • BZSt 13.7.2017, SIS 17 14 60, Familienleistungsausgleich, Neufassung der Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz ...
  • BZSt 22.8.2016, SIS 16 19 62, Familienleistungsausgleich, Neufassung der Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz ...
  • BFH 5.2.2015, SIS 15 13 71, Elterngeldzahlungen als Bezüge eines behinderten Kindes: Das Elterngeld, das ein behindertes Kind, für da...
  • BZSt 1.7.2014, SIS 14 21 00, Familienleistungsausgleich, Erlass der Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (DA-...
  • FG München 6.8.2013, SIS 14 10 18, Kindergeldanspruch für ein behindertes Kind: Ein Anspruch auf Kindergeld besteht bei einem behinderten Ki...
  • FG Düsseldorf 23.5.2013, SIS 13 19 18, Kindergeld, Behinderung, Abbruch der Schulausbildung: Die Behinderung eines blinden Kindes (GdB von 100 u...
  • BZSt 16.7.2012, SIS 12 22 19, DA-FamEStG 2012: Das Bundeszentralamt für Steuern hat die Neufassung der Dienstanweisung zur Durchführung...
  • BFH 9.2.2012, SIS 12 09 97, Kindergeld für ein im Rahmen der Eingliederungshilfe tagsüber teilstationär in einer Werkstatt für behind...
  • FG Düsseldorf 12.10.2011, SIS 12 23 60, Kindergeldanspruch für ein volljähriges behindertes Kind: 1. Ob für ein behindertes Kind ein Anspruch auf...
  • BZSt 12.7.2011, SIS 11 22 74, DA-FamEStG, Änderung Juli 2011: Die Dienstanweisung zur Durchführung des Familienausgleichs wurde in zahl...
  • FG Münster 25.3.2011, SIS 11 40 54, Abzweigungsanspruch der Kommune als Grundsicherungsträgerin: 1. Tragen die kindergeldberechtigten Eltern ...
  • BMF 22.11.2010, SIS 10 38 62, Steuerliche Berücksichtigung behinderter Kinder: Das Bundesfinanzministerium hat ein Anwendungsschreiben ...
  • FG Baden-Württemberg 21.1.2009, SIS 11 17 48, Kein Kindergeld für behindertes Kind, welches das 18. Lebensjahr vollendet hat und das imstande ist, sich...
  • FG Köln 23.10.2008, SIS 09 03 59, Kindergeldanspruch für volljährige behinderte Kinder: 1. Ein Kind, das einer vollschichtigen Berufstätigk...
Fachaufsätze
  • LIT 01 41 91 D. Dziadkowski, ZSteu 8/2007 S. 140: Einkommensteuerliches Existenzminimum für behinderte Menschen unzureichend - Zugleich Anmerkung zum Urtei...

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist die Mutter ihres am 5.9.1972 geborenen Sohnes C, der seit einer Operation im Jahr 1978 erblindet ist. Der Grad seiner Behinderung beträgt 100 %.

 

Die Klägerin beantragte im Dezember 2003 erstmals Kindergeld für C rückwirkend ab dem Jahr 1999. Die Beklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) lehnte mit Bescheid vom 10.2.2004 den Antrag ab mit der Begründung, C habe hinreichende Einnahmen, um sich selbst zu unterhalten.

 

Den Lebensbedarf des C ermittelte die Familienkasse in Höhe des jeweiligen Jahresgrenzbetrages nach § 32 Abs. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als Grundbedarf und in Höhe des Pauschbetrages für behinderte Menschen (Behinderten-Pauschbetrag) nach § 33b EStG als behinderungsbedingten Mehrbedarf:

 

 

1999

2000

2001

2002

2003

2004

 

DM

DM

DM

EUR

EUR

EUR

Grundbedarf

 13 020

 13 500

 14 040

 7 188

 7 188

 7 680

Behindertenmehrbedarf

 7 200

 7 200

 7 200

 3 700

 3 700

 3 700

Gesamtbedarf

 20 220

 20 700

 21 240

 10 888

 10 888

 11 380

 

Als Bezüge setzte die Familienkasse das Wohngeld, die Erwerbsunfähigkeitsrente und das Blindengeld an, abzüglich des Werbungskostenpauschbetrages von 200 DM bzw. 102 EUR (§ 9a EStG) und einer Kostenpauschale von 360 DM bzw. 180 EUR:

 

 

1999

2000

2001

2002

2003

2004

 

DM

DM

DM

EUR

EUR

EUR

Wohngeld

 2.340,00

 1.910,00

 1.824,00

 876,00

 876,00

 876,00

Rente

10.702,32

10.702,32

10.702,32

 5.472,12

 5.472,12

 5.472,12

Blindengeld

11.400,00

11.400,00

11.400,00

 5.828,76

 5.828,76

 5.828,76

Pauschbeträge

 -560,00

 -560,00

 -560,00

 -282,00

 -282,00

 -282,00

Summe

23.882,32

23.452,32

23.366,32

11.894,88

11.894,88

11.894,88

 

Der Einspruch, mit dem die Klägerin geltend machte, das Blindengeld dürfe bei den Einkünften und Bezügen des Kindes nicht berücksichtigt werden, blieb ohne Erfolg.

 

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab. Sein Urteil ist in EFG 2006, 275 = SIS 06 09 73 veröffentlicht.

 

Das FG führte im Wesentlichen aus, C sei nicht außerstande gewesen, sich selbst zu unterhalten. Der gesamte existenzielle Lebensbedarf eines behinderten Kindes setze sich typischerweise aus dem allgemeinen Lebensbedarf und dem individuellen behinderungsbedingten Mehrbedarf zusammen. Der Grundbedarf orientiere sich an dem jeweils maßgeblichen Jahresgrenzbetrag nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 14.10.2002 VIII R 60/01, BFH/NV 2003, 310 = SIS 03 14 10). Hinzu komme ein individueller behinderungsbedingter Mehraufwand, den gesunde Kinder nicht hätten (BFH-Urteil vom 15.10.1999 VI R 183/97, BFHE 189, 442, BStBl II 2000, 72 = SIS 00 01 13). Da die Klägerin trotz Rückfrage in der mündlichen Verhandlung keinen über den gesetzlichen Pauschbetrag hinausgehenden behinderungsbedingten Mehrbedarf für C geltend gemacht habe, sei lediglich der maßgebliche Behinderten-Pauschbetrag für Blinde gemäß § 33b Abs. 3 Satz 3 EStG anzusetzen.

 

Es sei nicht zulässig, einen höheren Betrag, insbesondere das gezahlte Blindengeld als Mehrbedarf zu berücksichtigen. Zwar erhielten Blinde nach § 1 des Thüringer Gesetzes über das Blindengeld (ThürBliGG i.d.F. der Bekanntmachung vom 24.6.2003, GVBl 2003, 367) dieses „zum Ausgleich der durch die Blindheit bedingten Mehraufwendungen“. Dies spreche dafür, einen behinderungsbedingten Mehrbedarf in Höhe des gezahlten Blindengeldes zu vermuten. Damit würden sich das Blindengeld und ein entsprechender Mehraufwand der Höhe nach ausgleichen. Dabei bleibe aber außer Betracht, dass sich die Höhe des Blindengeldes, wie die großen Unterschiede zwischen den Landesblindengeldern in einzelnen Bundesländern belegten, weniger am Aufwand des Blinden orientiere, als vielmehr an der Haushaltslage des jeweiligen Bundeslandes. Das Blindengeld habe zwischen 585 EUR in Hamburg (ab 2005: 448 EUR) und 266 EUR in Brandenburg betragen. Es sei nicht nachvollziehbar, dass ein Blinder in einem Bundesland mit hohem Blindengeld günstiger gestellt werde als ein Blinder in einem Bundesland mit niedrigerem Blindengeld, wenn die Aufwendungen beider Blinder gleich seien.

 

Bei der Berechnung der eigenen Bezüge des Kindes seien dagegen nicht nur die Rentenzahlungen und das Wohngeld, sondern auch das tatsächlich ausbezahlte Blindengeld einzubeziehen, da es sich um finanzielle Mittel handle, die zum Bestreiten des erhöhten Lebensbedarfs eingesetzt werden könnten und eingesetzt werden sollten.

 

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Nach § 1 ThürBliGG erhielten Blinde das Blindengeld als „Ausgleich der durch die Blindheit bedingten Mehraufwendungen“. Der Gesetzgeber gehe also davon aus, dass dem blinden Menschen im Verhältnis zum „normalen“ Behinderten ein Mehraufwand entstehe. Diesen setze er mindestens in Höhe des gezahlten Blindengeldes an. Konsequenterweise müsse entweder der entsprechende Betrag dem Pauschbetrag auf der Bedarfsseite hinzugerechnet werden oder aber bei der Ermittlung der Einkünfte unberücksichtigt bleiben, was sich im Ergebnis neutralisiere. Da das FG weder den einen noch den anderen Weg beschritten habe, habe es § 32 Abs. 4 Nr. 3 EStG unzutreffend angewandt.

 

Die Klägerin beantragt, das Urteil des FG und den Bescheid der Familienkasse vom 10.2.2004 in der Fassung der Einspruchsentscheidung aufzuheben und die Familienkasse zu verpflichten, ihr Kindergeld ab dem Jahr 1999 bis einschließlich Februar 2004 zu gewähren.

 

Die Familienkasse beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).

 

Entgegen der Auffassung des FG ist C außerstande sich selbst zu unterhalten; er ist deshalb bei der Klägerin als Kind zu berücksichtigen.

 

1. Gemäß § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Sätze 1 und 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG besteht für ein Kind, welches das 18. Lebensjahr vollendet hat, ein Anspruch auf Kindergeld, wenn es wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten.

 

2. Nach der Rechtsprechung des BFH ist ein behindertes Kind dann imstande, sich selbst zu unterhalten, wenn es mit den ihm zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln seinen gesamten notwendigen Lebensbedarf bestreiten kann. Der existentielle Lebensbedarf des behinderten Kindes setzt sich typischerweise aus dem allgemeinen Lebensbedarf (Grundbedarf) und dem individuellen behinderungsbedingten Mehrbedarf zusammen. Hinsichtlich des Grundbedarfs gilt der Jahresgrenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG als Maßstab. Der behinderungsbedingte Mehrbedarf umfasst Aufwendungen, die gesunde Kinder nicht haben. Dazu gehören alle mit einer Behinderung zusammenhängenden außergewöhnlichen Belastungen, z.B. Wäsche, Hilfeleistungen, Erholung und typische Erschwernisaufwendungen. Werden die behinderungsbedingten Mehraufwendungen nicht im Einzelnen nachgewiesen, so kann der maßgebliche Behinderten-Pauschbetrag nach § 33b Abs. 1 bis 3 EStG als Anhalt für den Mehrbedarf dienen (BFH-Urteil in BFHE 189, 442, BStBl II 2000, 72 = SIS 00 01 13).

 

Erhält ein behindertes Kind Pflegegeld aus der Pflegeversicherung, darf der Behinderten-Pauschbetrag nach § 33b Abs. 1 bis 3 EStG aus systematischen Gründen nicht zusätzlich zu dem Pflegegeld als behinderungsbedingter Mehrbedarf angesetzt werden (BFH-Urteil vom 24.8.2004 VIII R 50/03, BFHE 207, 250, BFH/NV 2004, 1719 = SIS 04 39 99). Denn dieser Pauschbetrag dient dazu, aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung sämtliche laufenden Aufwendungen, die typischerweise mit der Behinderung zusammenhängen, abzugelten. Daher ist es bei der Veranlagung zur Einkommensteuer nicht zulässig, den Pauschbetrag in Anspruch zu nehmen und zusätzlich einen Teil der Aufwendungen, die mit dem Pauschbetrag abgegolten sind, einzeln nachzuweisen (Senatsurteil vom 4.11.2004 III R 38/02, BFHE 208, 155, BStBl II 2005, 271 = SIS 05 11 95, m.w.N.). Bei der Ermittlung des behinderungsbedingten Mehrbedarfs ist dies ebenso zu beurteilen, so dass Aufwendungen, die bereits von dem Pauschbetrag erfasst werden, nicht nochmals als Bedarf anzusetzen sind. Jedoch ist bei der Ermittlung des behinderungsbedingten Mehrbedarfs zu vermuten, dass bei häuslicher Pflege des behinderten Kindes mindestens ein Mehrbedarf in Höhe des gezahlten Pflegegeldes entsteht (BFH-Urteil in BFHE 207, 250, BFH/NV 2004, 1719 = SIS 04 39 99).

 

Die Grundsätze der Rechtsprechung zur Ermittlung des behinderungsbedingten Mehrbedarfs bei Zahlung von Pflegegeld gelten ebenso bei der Zahlung von Blindengeld. Daher ist auch beim Blindengeld zu vermuten, dass ein behinderungsbedingter Mehrbedarf in Höhe des tatsächlich gezahlten Blindengeldes besteht (gl.A. Schmidt/Glanegger, EStG, 25. Aufl., § 32 Rz. 52). Das bedeutet, dass das Blindengeld zwar bei den Bezügen zu erfassen ist, weil es sich - wie das FG unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 19.8.2002 VIII R 17/02 (BFHE 200, 219, BStBl II 2003, 88 = SIS 03 01 79, unter II. 2.) zutreffend angenommen hat - um finanzielle Mittel des Kindes zur Bestreitung seines Lebensunterhalts handelt. Ist das Blindengeld höher als der Behinderten-Pauschbetrag ist es jedoch anstelle des Behinderten-Pauschbetrages als behinderungsbedingter Mehrbedarf anzusetzen.

 

Der Vermutung des tatsächlichen behinderungsbedingten Mehrbedarfs in Höhe des Blindengeldes steht nicht entgegen, dass in den einzelnen Bundesländern Blindengeld in unterschiedlicher Höhe gezahlt wird. Denn die unterschiedliche Höhe des Blindengeldes lässt sich nicht nur mit der Haushaltslage der einzelnen Bundesländer erklären, sondern auch mit den unterschiedlichen Lebenshaltungskosten. Daher ist die Annahme des FG, alle Blinden hätten in allen Bundesländern einen gleich hohen behinderungsbedingten Bedarf, unzutreffend. Es ist gerichtsbekannt, dass die Lebenshaltungskosten z.B. in den vom FG genannten Ländern Hamburg und Brandenburg wesentlich voneinander abweichen.

 

Entgegen der Auffassung des FG führt die Vermutung, dass das jeweilige Blindengeld dem tatsächlichen Mehrbedarf entspricht, nicht zu einer Ungleichbehandlung von Blindengeldempfängern hinsichtlich des Kindergeldes. Denn bei den Empfängern von niedrigerem Blindengeld wäre einerseits auch nur ein entsprechend geringerer Bezug i.S. von § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG zu erfassen. Andererseits wäre als Mindestbetrag bei dem behinderungsbedingten Mehrbedarf stets der Behinderten-Pauschbetrag nach § 33b Abs. 3 Satz 3 EStG zu berücksichtigen, wenn das ausbezahlte Blindengeld tatsächlich unter diesem Betrag läge. Anderenfalls bliebe vom Gesetzgeber pauschal angenommener behinderungsbedingter Mehraufwand zu Unrecht außer Betracht.

 

3. Da das FG von anderen Grundsätzen ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Abweichend von der Berechnung des FG ist als behinderungsbedingter Mehraufwand anstelle des Behinderten-Pauschbetrages nach § 33b Abs. 3 Satz 3 EStG jeweils das höhere Blindengeld bei der Ermittlung des behinderungsbedingten Mehrbedarfs anzusetzen, so dass sich folgender Gesamtbedarf ergibt, der jeweils über den von Familienkasse und FG zutreffend ermittelten Bezügen des C liegt:

 

 

1999

2000

2001

2002

2003

2004

 

DM

DM

DM

EUR

EUR

EUR

Grundbedarf

13.020,00

13.500,00

14.040,00

 7.188,00

 7.188,00

 7.680,00

Mehrbedarf in Höhe

 

 

 

 

 

 

des Blindengeldes

11.400,00

11.400,00

11.400,00

 5.828,76

 5.828,76

 5.828,76

Gesamtbedarf

24.420,00

24.900,00

25.440,00

13.016,76

13.016,76

13.508,76

Bezüge

23.882,32

23.452,32

23.366,32

11.894,88

11.894,88

11.894,88

 

Die Familienkasse war daher zu verpflichten, der Klägerin Kindergeld für C wie beantragt für den Zeitraum Januar 1999 bis einschließlich Februar 2004 zu gewähren.