Eigenheimzulage, Folgeobjekt kein Zweitobjekt: Miteigentumsanteile von Ehegatten an der von ihnen selbst genutzten Wohnung bilden auch dann ein Objekt i.S. von § 6 Abs. 2 Satz 2 EigZulG und können zudem zusammen Erstobjekt i.S. von § 6 Abs. 1 EigZulG sein, wenn ein Ehegatte Eigenheimzulage für seinen Miteigentumsanteil als Folgeobjekt in Anspruch nimmt. - Urt.; BFH 12.7.2006, IX R 62/04; SIS 06 35 40
I. Die Beteiligten streiten darüber,
ob ein von Ehegatten gemeinsam erworbenes Objekt Zweitobjekt oder
Folgeobjekt im Sinne des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG)
ist.
Die Kläger und Revisionskläger
(Kläger) sind seit März 2000 miteinander verheiratet und
haben eine im Januar 2001 geborene Tochter.
Der Kläger hatte in den Jahren 1992
bis 1995 die Steuervergünstigung nach § 10e des
Einkommensteuergesetzes (EStG) für ein Objekt in Anspruch
genommen (Objekt F). Im Jahre 1998 erwarben die Kläger als
Miteigentümer zu je 50 v.H. eine Eigentumswohnung (Objekt S),
die sie selbst bewohnten. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) setzte gegenüber beiden Klägern in
getrennten Bescheiden Eigenheimzulage fest, und zwar gegenüber
der Klägerin für den vollen Förderzeitraum (1998 bis
2005), gegenüber dem Kläger im bestandskräftigen
Bescheid vom 1.4.1999 begrenzt auf die Jahre 1998 bis 2001, weil er
bereits für ein Objekt und für vier Jahre eine
Steuervergünstigung in Anspruch genommen hatte. Mit der Geburt
der Tochter gewährte das FA den Klägern im jeweiligen
Umfang Kinderzulage (für den Kläger also nur für das
Jahr 2001).
Im Dezember 2001 erwarben die Kläger
je zur Hälfte ein Einfamilienhaus (Objekt L), das sie ab dem
Jahr 2002 selbst nutzen. Die Kläger beantragten für
dieses Objekt als Zweitobjekt Eigenheimzulage. Das FA hob
zunächst die gegenüber der Klägerin festgesetzte
Eigenheimzulage für das Objekt S für die Jahre ab 2003
auf und setzte Eigenheimzulage im Bescheid vom 8.8.2002 für
das Objekt L für die Jahre 2003 bis 2005 zuzüglich
Kinderzulage in Höhe von 2.045 EUR fest. In Folge des
Einspruchs der Kläger gelangte das FA zu der Auffassung, dass
das Objekt S zur Zweitobjektförderung der Eheleute
(Erstobjekt: F) geworden sei. Dementsprechend setzte es für
den Kläger hinsichtlich des Objekts S auch für das Jahr
2002 Eigenheimzulage fest (Bescheid vom 3.2.2004) und betrachtete
das Objekt L als Folgeobjekt, das nur noch für die Jahre 2003
bis 2005 zu berücksichtigen sei. Im Übrigen (also
für die Jahre 2006 bis 2010) wies es den Einspruch als
unbegründet zurück.
Die hiergegen gerichtete Klage blieb
erfolglos. In seinem in EFG 2004, 1766 = SIS 04 37 33
veröffentlichten Urteil ging das Finanzgericht (FG) von einem
Objektverbrauch im streitigen Zeitraum (2006 bis 2010) aus. Der mit
der Inanspruchnahme der Steuervergünstigung für das
Objekt F verbundene Objektverbrauch werde durch die
Eheschließung der Kläger nicht aufgehoben, sondern
suspendiert. Ab diesem Zeitpunkt würden die
Miteigentumsanteile am Objekt S als ein Objekt angesehen, für
das der Kläger für den gesamten Förderzeitraum
Eigenheimzulage habe beanspruchen können. Ab der
Eheschließung werde das Objekt S zum Zweitobjekt und das
Objekt L sodann zum Folgeobjekt.
Hiergegen richtet sich die Revision der
Kläger, die sie auf eine Verletzung der §§ 1, 3, 6
und 7 EigZulG stützen. Ehegatten, bei denen die
Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG vorlägen,
könnten Eigenheimzulage für insgesamt zwei Objekte
beanspruchen. Treten die Voraussetzungen während des
Förderzeitraums ein, würden die Anteile als ein Objekt
gelten. Nur dann, wenn Anspruchsberechtigte nach eingetretenem
Objektverbrauch heirateten, stehe ihnen kein weiteres Objekt
zu.
Die Kläger beantragen, das
angefochtene Urteil aufzuheben und das FA zu verurteilen, unter
Abänderung des Bescheides vom 8.8.2002 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 10.2.2004 Eigenheimzulage für die
Jahre 2006 bis 2010 festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Das
angefochtene Urteil ist nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) aufzuheben und der Klage stattzugeben.
Die Kläger haben Anspruch auf Eigenheimzulage in begehrter
Höhe.
1. Die Kläger haben Anspruch auf
Eigenheimzulage für ihr Objekt L nach §§ 1, 2, 3
EigZulG für den gesamten Förderzeitraum und damit auch im
streitigen Zeitraum für die Jahre 2006 bis 2010. Denn sie
können als Ehegatten nach § 6 Abs. 1 Satz 2 EigZulG
Eigenheimzulage für insgesamt zwei Objekte beanspruchen.
a) Das Objekt S war für die Kläger
Erstobjekt.
aa) Zwar hatte der Kläger die
Steuervergünstigung bereits für sein Objekt F in Anspruch
genommen. Hierdurch ist aber entgegen der Auffassung des FA und der
Vorinstanz kein Objektverbrauch eingetreten. Denn der Kläger
hat Eigenheimzulage für das zusammen mit der Klägerin
erworbene Objekt S als Folgeobjekt nach § 7 EigZulG erhalten.
Das Folgeobjekt ist kein Zweitobjekt; § 7 EigZulG
unterscheidet das Erstobjekt von dem weiteren Objekt und definiert
dadurch das Folgeobjekt. Zwar ist das Folgeobjekt ein
eigenständiges Objekt i.S. des § 2 EigZulG (vgl. dazu
Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 29.10.2003 X B 125/03,
BFH/NV 2004, 195 = SIS 04 04 77; BFH-Urteil vom 29.11.2000 X R
15/98, BFHE 194, 84, BStBl II 2001, 755 = SIS 01 06 40), nicht aber
i.S. von § 6 EigZulG als Zweitobjekt. Denn nach § 7
EigZulG soll ein einmal eingetretener Objektverbrauch in Ausnahme
von § 6 Abs. 1 EigZulG gerade nicht endgültig sein (vgl.
zur Gesetzesgeschichte Blümich/Erhard, § 7 EigZulG Rz.
2).
bb) Anspruchsberechtigte, die die
Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG erfüllen,
können allerdings frei entscheiden, ob sie das Objekt als
Folgeobjekt oder als Zweitobjekt gefördert wissen wollen
(BFH-Urteile vom 17.3.1992 IX R 305/87, BFH/NV 1992, 594; vom
13.10.1992 IX R 152/88, BFH/NV 1993, 230). Der Kläger hat
aufgrund der bestandskräftigen Festsetzung durch das FA die
Förderung indes als Folgeobjekt erhalten. Diese Festsetzung
entscheidet über den Anspruch für alle begünstigten
Jahre. Sie bindet die Beteiligten (vgl. BFH–Urteil vom
7.7.2005 IX R 74/03, BFHE 210, 338, BStBl II 2005, 807 = SIS 05 39 41).
Zwar lagen die Voraussetzungen des § 26
Abs. 1 EStG erst mit der Heirat der Kläger und damit ab dem
Jahre 2000 vor, so dass die Kläger ab diesem Zeitpunkt ihr
Wahlrecht ausüben konnten. Sie haben aber nicht beantragt, das
Objekt S solle nun als Zweitobjekt gefördert werden (vgl. dazu
auch BFH-Beschluss vom 1.9.2005 IX B 196/04, BFH/NV 2006, 258 = SIS 06 07 49). Sie haben aus Anlass der Geburt ihrer Tochter lediglich
Kinderzulage begehrt und auch erhalten. Zu einer Festsetzung nach
§ 11 Abs. 6 Satz 4 EigZulG ist es nicht gekommen.
cc) Daran ändert auch die Festsetzung von
Eigenheimzulage gegenüber dem Kläger für das Jahr
2002 wegen des Objekts S nichts. Zu dieser Änderung der
Festsetzung gegenüber dem Kläger mit dem Bescheid vom
3.2.2004 kam es aufgrund einer Berichtigung nach § 11 Abs. 5
EigZulG. Infolge des Einspruchs der Kläger gewährte das
FA dem Kläger auch Eigenheimzulage bezüglich des Objekts
S als Zweitobjekt, und zwar ausgehend von der Grundauffassung des
FA, das Objekt L sei Folgeobjekt des (Zweitobjekts) S. Diesem
Bescheid liegt allerdings kein entsprechender Antrag der
Kläger zugrunde, das Objekt S als Zweitobjekt zu behandeln.
Denn die Kläger begehrten mit dem Einspruch gegen den Bescheid
vom 8.8.2002 vorrangig die Behandlung des Objekts L als
Zweitobjekt. Mit der diesem Begehren widersprechenden Festsetzung
vom 3.2.2004 hat das FA das Rechtsbehelfsbegehren nicht
erledigt.
dd) Das Objekt S ist für die Kläger
mit dem Zeitpunkt, als die Voraussetzungen des § 26 EStG
vorliegen, das Erstobjekt. Es ist von diesem Zeitpunkt nach §
6 Abs. 2 Satz 2 EigZulG als ein Objekt anzusehen, und zwar
unabhängig davon, dass es das FA versäumt hat, die
Eigenheimzulage nach § 11 Abs. 6 Satz 4 EigZulG neu
festzusetzen. Dass dieses Objekt zugleich für den Kläger
ein Folgeobjekt ist mit der Konsequenz des nur in seiner Person
abgekürzten Förderzeitraums, ist ohne Belang für die
Beurteilung eines weiteren Objekts als Erst- oder Zweitobjekt. Denn
das Gesetz schließt es nicht aus, dass ein Miteigentumsanteil
als weiteres Objekt (Folgeobjekt) zusammen mit dem
Miteigentumsanteil als ein Objekt angesehen wird. Dies folgt
bereits daraus, dass - obschon die Miteigentumsanteile an der
selbst genutzten Wohnung nach § 6 Abs. 2 Satz 2 EigZulG nicht
als selbständige Objekte gelten - jeder Ehegatte einen
eigenen, auch eigenständig zu prüfenden Anspruch auf
Eigenheimzulage hat (BFH-Urteil vom 6.4.2000 IX R 90/97, BFHE 191,
377, BStBl II 2000, 414 = SIS 00 08 62).
b) Damit können die Kläger
Eigenheimzulage für ein weiteres Objekt als Zweitobjekt i.S.
von § 6 Abs. 1 Satz 2 EigZulG beanspruchen. Ein derartiges
Objekt ist das Einfamilienhaus L, für das folglich im gesamten
Förderzeitraum Eigenheimzulage festzusetzen ist.
2. Da das angefochtene Urteil diesen
Maßstäben nicht entspricht, ist es aufzuheben. Die Sache
ist spruchreif. Die Kläger haben Anspruch auf Eigenheimzulage
plus Kinderzulage für das Objekt L als Zweitobjekt. Das FA ist
entsprechend zur Festsetzung von Eigenheimzulage auch für die
Jahre 2006 bis 2010 unter Abänderung des angefochtenen
Bescheids verpflichtet.