Sprachstudienaufenthalt, Reiseleistung: Die Leistungen eines Unternehmers, der die Durchführung von Sprachstudienaufenthalten im Ausland einschließlich Beförderung und Betreuung im eigenen Namen anbietet, können als einheitliche Leistung unter die Sonderregelung des § 25 UStG für Reiseleistungen fallen. Auf den Zweck oder die Dauer des Auslandsaufenthalts der Teilnehmer kommt es insoweit nicht an. - Urt.; BFH 1.6.2006, V R 104/01; SIS 06 31 70
(Anmerkung der Redaktion:
vgl. auch BMF-Schreiben vom 31.1.2007, IV A 5 - S 7419 - 1/07,
BStBl 2007 I S. 216 = SIS 07 05 95)
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin) - eine GmbH - veranstaltet internationale Sprach-
und Studienreisen. Sie ist Mitglied im DFH Deutscher Fachverband
High School e.V. und bietet u.a. sog.
„High-School-Programme“ und sog.
„College-Programme“ an. Das Revisionsverfahren betrifft
die umsatzsteuerrechtliche Behandlung der damit verbundenen
Umsätze der Klägerin in den Streitjahren 1995 bis
1997.
High-School-Programme wenden sich an
Schülerinnen/Schüler im Alter von 15 bis 18 Jahren, die
für drei, fünf oder zehn Monate eine High-School oder
eine vergleichbare Schule im Ausland - in erster Linie in
anglophonen Ländern - besuchen wollen. Bewerber für ein
solches Programm reichen ein Bewerbungsformular bei der
Klägerin ein. Diese entscheidet nach einem
Bewerbungsgespräch über die Annahme der Bewerbung. Dem
Urteil des Finanzgerichts (FG) lässt sich für den
häufigen Fall eines High-School-Besuchs in den USA Folgendes
entnehmen:
Die Klägerin schuldet den Teilnehmern
die Verschaffung eines Schülerplatzes an der ausgewählten
High-School. An der Schule wird die Schülerin/der Schüler
einem Mentor, einem Vertrauenslehrer (Guidance Teacher) zugeteilt,
der ihn berät und unterstützt. Für die Dauer des
Aufenthalts wird die deutsche Schülerin oder der Schüler
von einer Gastfamilie aufgenommen. Die Auswahl geeigneter
Gastfamilien erfolgt unter Mithilfe einer amerikanischen
Partnerorganisation, mit der die Klägerin ständig
zusammenarbeitet. Ein Beauftragter der Partnerorganisation steht
der Schülerin/dem Schüler auch als Ansprechpartner am
Schul- und Wohnort der Gastfamilie zur Verfügung. Über
die amerikanische Partnerorganisation kann die Schülerin/der
Schüler mit anderen Austauschschülern auch an einer
Rundreise mit Bus oder Flugzeug zu Sehenswürdigkeiten der USA
teilnehmen.
Der Reisepreis bei einem
Zehn-Monatsaufenthalt (August 1999 bis Juni 2000) betrug 9.680 DM,
bei einem Fünf-Monatsaufenthalt (August 1999 bis Januar 2000)
8.970 DM.
Der Pauschalpreis umfasste
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Flug ab Frankfurt/Main in die USA und
zurück, mit Reiseleiter,
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Anschlussflüge innerhalb
Deutschlands,
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Anschlussflüge innerhalb der USA bis
zum Zielort und zurück,
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Wohnung und Verpflegung bei der
Gastfamilie,
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Unterricht an der High-School,
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Betreuung durch die Partnerorganisation und
deren örtliche Mitarbeiter während des
Aufenthalts,
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Vorbereitungstreffen,
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Vorbereitungsmaterial,
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Reiserücktrittsversicherung.
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Nicht im Pauschalpreis enthalten
waren
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Taschengeld,
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Kranken-, Haftpflicht- und
Unfallversicherung,
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Gebühr für Einreisevisum in die
USA,
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Teilnahme an einem
Vorbereitungsseminar.
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Beispielsweise bezog die Klägerin im
Wirtschaftsjahr 1996/97 für jeden Teilnehmer des
USA-High-School-Programms durchschnittlich Vorleistungen in
Höhe von 6.231,72 DM, davon allein Vorleistungen der
Partnerorganisation in Höhe von 3.676,44 DM sowie Hin- und
Rückflug in Höhe von 1.533,78 DM. Für Kost und Logis
bei den Gastfamilien entstanden keine Aufwendungen, weil diese
keine Entschädigung für die Aufnahme der Teilnehmer
erhielten, sondern aus ideellen Motiven handelten.
Bei College-Programmen für
Studenten und Abiturienten ist es Aufgabe der Partnerorganisation,
für die Teilnehmer College-Plätze bereitstellen zu lassen
und dafür zu sorgen, dass die Teilnehmer für einen Term
bis drei Terms (Trimester) in das College aufgenommen werden. Die
Partnerorganisation entrichtet die College-Gebühren aus den
Beiträgen, die sie von der Klägerin für ihre
Leistungen erhält. Ferner werden die Teilnehmer nicht bei
Gastfamilien, sondern in dem College untergebracht und verpflegt.
Auch der Hin- und Rückflug ist anders geregelt als beim
High-School-Programm. Der Teilnehmer bucht die Flüge
selbst.
Der Beklagte und Revisionskläger (das
Finanzamt - FA - ) stimmte zunächst der Behandlung der
Umsätze der Klägerin als Reiseleistungen und der
bezogenen Leistungen für die Programmteilnehmer als
Reisevorleistungen i.S. von § 25 des Umsatzsteuergesetzes 1993
(UStG) zu. Nach einer Umsatzsteuer-Prüfung verneinte das FA
aber das Vorliegen von Reiseleistungen i.S. von § 25 UStG. Es
meinte nunmehr, die Klägerin erbringe steuerfreie sonstige
Leistungen i.S. von § 4 Nr. 23 UStG zu Erziehungs- oder
Ausbildungszwecken. Hauptleistung sei die Beherbergung und
Beköstigung der Jugendlichen zu Aus- und Fortbildungszwecken,
die als Erziehungsmaßnahme zur Persönlichkeitsbildung
beitragen solle. Dementsprechend seien die Zahlungen an die
Partnerorganisationen in den Gastländern der bei weitem
größte Kostenfaktor. Alle anderen mit Kosten verbundenen
Leistungen - wie Flug- und Transferleistungen - seien
unselbständige Nebenleistungen und von untergeordneter
Bedeutung. Dieser Beurteilung stehe nicht entgegen, dass die
Klägerin die Teilnehmer nicht bei sich, sondern durch die
Gastfamilien und die Colleges aufnehme. Diese seien als ihre
Erfüllungsgehilfen anzusehen. Der Ort dieser sonstigen
Leistung liege im Inland. Bei den gemäß § 4 Nr. 23
UStG steuerfreien Leistungen sei kein Vorsteuerabzug möglich.
Der Anteil dieser Umsätze am Gesamtumsatz der Klägerin
betrage (1995) 79,49 v.H., (1996) 31,75 v.H. und (1997) 34,45 v.H.
Soweit die Vorsteuerbeträge den steuerfreien Umsätzen
nicht direkt zugeordnet werden könnten, seien sie um die
Prozentsätze zu kürzen.
Infolge der Ablehnung der Margenbesteuerung
nach § 25 UStG und der Beurteilung als steuerfreie
Umsätze nach § 4 Nr. 23 UStG setzte das FA die für
die Streitjahre angemeldeten Vorsteuerüberschüsse
herab.
Mit der ohne Vorverfahren erhobenen Klage
(Sprungklage) gegen die Umsatzsteuerbescheide 1995 bis 1997
beantragte die Klägerin, die Umsatzsteuer
für 1995 von ./. 22.143 DM auf ./.
113.954,40 DM,
für 1996 von ./. 146.332 DM auf ./.
291.661,20 DM und
für 1997 von ./. 161.858 DM auf ./.
311.704,98 DM festzusetzen.
Sie hielt daran fest, dass die im Rahmen
der High-School- und College-Programme erbrachten Leistungen
Reiseleistungen i.S. von § 25 UStG seien, für die die
Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 23 UStG nicht gelte. Unter
anderem trug sie vor, die restriktive Behandlung des Begriffs der
Reiseleistungen durch das FA sei weder durch systematische
Gründe noch durch Sinn und Zweck von § 25 UStG und Art.
26 Abs. 2 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.5.1977 zur
Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über
die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG)
gerechtfertigt. Auch die meisten Mitgliedstaaten der EU hätten
keine Bedenken, Art. 26 der Richtlinie 77/388/EWG bzw. ihre darauf
beruhenden nationalen Vorschriften auf High-School-Programme
anzuwenden. Gegenüber Veranstaltern in diesen Ländern
dürften deutsche Veranstalter im Wettbewerb nicht
benachteiligt werden.
Das FG gab der Klage statt. Das Urteil ist
in EFG 2002, 1125 = SIS 02 89 56 veröffentlicht. Nach Ansicht
des FG sind die Leistungen der Klägerin im Rahmen der beiden
Programme Reiseleistungen i.S. von § 25 UStG, weil darauf das
Reisevertragsrecht der §§ 651 ff. des Bürgerlichen
Gesetzbuches (BGB) und neuerdings auch § 651 l BGB
(Gastschulaufenthalte) anwendbar sei. Hinsichtlich des
College-Programms hielt das FG es zwar für fraglich, ob die
Klägerin als Reiseveranstalter und nicht als Vermittler
aufgetreten sei. Die Vermittlung von Umsätzen, die
ausschließlich im Drittlandsgebiet bewirkt würden, sei
aber nach § 4 Nr. 5 Buchst. c UStG umsatzsteuerfrei.
Ferner lehnte das FG die Auffassung des FA
ab, die von der Klägerin erbrachten Reiseleistungen seien nach
§ 4 Nr. 23 UStG steuerfrei mit der Folge des
Vorsteuerausschlusses, wobei das Verhältnis der
Befreiungsvorschrift zur Margenbesteuerung nach § 25 UStG
offen bleiben könne. Die Klägerin sei zwar eine
Einrichtung, nehme aber die an den Programmen teilnehmenden
Jugendlichen nicht bei sich auf. Vielmehr gewährten die
Gastfamilien und die Colleges den Jugendlichen Beherbergung,
Beköstigung und die übrigen Naturalleistungen.
Gastfamilien und Colleges könnten nicht als
Erfüllungsgehilfen der Klägerin angesehen werden.
Mit der Revision rügt das FA
Verletzung von § 25 und § 4 Nr. 23 UStG.
Es trägt im Wesentlichen vor, bei den
hier zu beurteilenden Auslandsaufenthalten stehe - anders als bei
kurzfristigen Sprach- und Studienreisen (vgl. Abschn. 272 Abs. 1
Satz 5 der Umsatzsteuer-Richtlinien - UStR - ) - der Aus- und
Fortbildungszweck im Vordergrund. Die Organisation der Reise ins
Gastland sei nur das Mittel zum eigentlichen Zweck des Schulbesuchs
im Ausland verbunden mit dem Aufenthalt bei einer Familie des
Gastlandes. Die Reiseorganisation sei eine unselbständige
Nebenleistung zur Hauptleistung „Schulbesuch und Aufenthalt
im Gastland“. Der Ort dieser Leistung liege gemäß
§ 3a Abs. 1 UStG im Inland. Nach Auffassung des FA ist die
Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 23 UStG auch auf Reiseleistungen
i.S. von § 25 UStG anwendbar.
Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben
und die Sache an das FG zurückzuverweisen.
Die Klägerin tritt der Revision
entgegen. Sie wiederholt ihren Vortrag, dass eine Reihe von
Mitgliedstaaten auf die Umsätze im Rahmen der
High-School-Programme eine dem Art. 26 der Richtlinie 77/388/EWG
entsprechende Sonderregelung anwendeten, und andere Mitgliedstaaten
von einer einheitlichen Leistung (in der Regel Ausbildung, nicht
aber Unterbringung zur Aus- und Weiterbildung) ausgingen; dazu legt
sie eine Aufstellung vor; der Ort dieser einheitlichen Leistung
liege in der Regel nicht im Inland.
In der mündlichen Verhandlung vor dem
Senat am 18.3.2004 wurde der festgestellte Sachverhalt dahin gehend
konkretisiert, dass die Klägerin sowohl die Flüge als
auch die Aufnahme in der High School und bei der Gastfamilie im
eigenen Namen anbietet, also nicht als Vermittlerin der
Fluggesellschaft oder der Schulen/Familien bzw. der
Partnerorganisation auftritt.
Der Senat setzte mit Beschluss vom
18.3.2004 V R 104/01 (BFHE 204, 511, BStBl II 2004, 632 = SIS 04 21 11) das Revisionsverfahren aus (§ 74 der Finanzgerichtsordnung
- FGO - ) und legte dem Gerichtshof der Europäischen
Gemeinschaften (EuGH) zur Vorabentscheidung die Frage vor:
„Gilt die Sonderregelung für
Reisebüros in Art. 26 der Richtlinie 77/388/EWG auch für
Umsätze eines Veranstalters von sog.
‘High-School-Programmen’ und
‘College-Programmen’ mit Auslandsaufenthalt von drei
bis zehn Monaten, die den Teilnehmern im eigenen Namen angeboten
werden und für deren Durchführung Leistungen anderer
Steuerpflichtiger in Anspruch genommen werden?“
Der EuGH bejahte die Frage mit Urteil vom
13.10.2005 C-200/04, iSt (IStR 2005, 781, UR 2005, 696 = SIS 05 46 11, BFH/NV, Beilage 2006, 34):
|
„Artikel
26 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.5.1977 zur
Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über
die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem:
einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage ist dahin
auszulegen, dass er auf einen Wirtschaftsteilnehmer Anwendung
findet, der Dienstleistungen wie die
‘High-School-Programme’ und
‘College-Programme’, die in der Durchführung von
Sprach- und Studienreisen ins Ausland bestehen, anbietet und der
seinen Kunden gegen Zahlung eines Pauschalpreises im eigenen Namen
einen drei- bis zehnmonatigen Auslandsaufenthalt bietet und dabei
Dienstleistungen anderer Steuerpflichtiger in Anspruch
nimmt.“
|
II. Die Revision des FA ist
unbegründet.
1. Das FG hat auf die Umsätze der
Klägerin die Sonderregelung des § 25 UStG über die
Besteuerung von Reiseleistungen im Ergebnis zutreffend
angewandt.
Diese Vorschrift lautet:
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„(1) Die nachfolgenden Vorschriften
gelten für Reiseleistungen eines Unternehmers, die nicht
für das Unternehmen des Leistungsempfängers bestimmt
sind, soweit der Unternehmer dabei gegenüber dem
Leistungsempfänger im eigenen Namen auftritt und
Reisevorleistungen in Anspruch nimmt. Die Leistung des Unternehmers
ist als sonstige Leistung anzusehen. Erbringt der Unternehmer an
einen Leistungsempfänger im Rahmen einer Reise mehrere
Leistungen dieser Art, so gelten sie als eine einheitliche sonstige
Leistung. Der Ort der sonstigen Leistung bestimmt sich nach §
3a Abs. 1. Reisevorleistungen sind Lieferungen und sonstige
Leistungen Dritter, die den Reisenden unmittelbar zugute
kommen.
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(2) Die sonstige Leistung ist steuerfrei,
soweit die ihr zuzurechnenden Reisevorleistungen im
Drittlandsgebiet bewirkt werden. ...
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(3) Die sonstige Leistung bemisst sich nach
dem Unterschied zwischen dem Betrag, den der
Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, und
dem Betrag, den der Unternehmer für die Reisevorleistungen
aufwendet. ...
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(4) Abweichend von § 15 Abs. 1 ist der
Unternehmer nicht berechtigt, die ihm für die
Reisevorleistungen gesondert in Rechnung gestellten
Steuerbeträge als Vorsteuer abzuziehen. Im übrigen bleibt
§ 15 unberührt. ...“
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§ 25 UStG soll die gemeinschaftsrechtlich
vorgesehene Sonderregelung für Reisebüros in Art. 26 der
Richtlinie 77/388/EWG umsetzen.
Die Bestimmung lautet:
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„(1) Die Mitgliedstaaten wenden die
Mehrwertsteuer auf die Umsätze der Reisebüros nach den
Vorschriften dieses Artikels an, soweit die Reisebüros
gegenüber den Reisenden im eigenen Namen auftreten und
für die Durchführung der Reise Lieferungen und
Dienstleistungen anderer Steuerpflichtiger in Anspruch nehmen. Die
Vorschriften dieses Artikels gelten nicht für Reisebüros,
die lediglich als Vermittler handeln und auf die Artikel 11 Teil A
Absatz 3 Buchstabe c) anzuwenden ist. Im Sinne dieses Artikels
gelten als Reisebüros auch Reiseveranstalter.
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(2) Die bei Durchführung der Reise vom
Reisebüro erbrachten Umsätze gelten als eine einheitliche
Dienstleistung des Reisebüros an den Reisenden. Sie wird in
dem Mitgliedstaat besteuert, in dem das Reisebüro den Sitz
seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste
Niederlassung hat, von wo aus es die Dienstleistung erbracht hat.
Für diese Dienstleistung gilt als Besteuerungsgrundlage und
als Preis ohne Steuer im Sinne des Artikels 22 Absatz 3 Buchstabe
b) die Marge des Reisebüros, das heißt die Differenz
zwischen dem vom Reisenden zu zahlenden Gesamtbetrag ohne
Mehrwertsteuer und den tatsächlichen Kosten, die dem
Reisebüro durch die Inanspruchnahme von Lieferungen und
Dienstleistungen anderer Steuerpflichtiger entstehen, soweit diese
Umsätze dem Reisenden unmittelbar zugute kommen.
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(3) Werden die Umsätze, für die
das Reisebüro andere Steuerpflichtige in Anspruch nimmt, von
diesen außerhalb der Gemeinschaft erbracht, so wird die
Dienstleistung des Reisebüros einer nach Artikel 15 Nummer 14
befreiten Vermittlungstätigkeit gleichgestellt. Werden diese
Umsätze sowohl innerhalb als auch außerhalb der
Gemeinschaft erbracht, so ist nur der Teil der Dienstleistung des
Reisebüros als steuerfrei anzusehen, der auf die Umsätze
außerhalb der Gemeinschaft entfällt.
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(4) Beim Reisebüro ist der
Vorsteuerabzug oder die Rückerstattung der Steuern in jedem
Mitgliedstaat für die Steuern ausgeschlossen, die dem
Reisebüro von anderen Steuerpflichtigen für die in Absatz
2 bezeichneten Umsätze in Rechnung gestellt werden, welche dem
Reisenden unmittelbar zugute kommen.“
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2. Die Klägerin ist Unternehmerin i.S.
des § 25 Abs. 1 UStG. Soweit Art. 26 der Richtlinie 77/388/EWG
„Umsätze der Reisebüros“ oder der
„Reiseveranstalter“ verlangt, steht dies der
Anwendung der Sonderreglung auf die Umsätze der Klägerin
nicht entgegen. Die Klägerin betreibt zwar kein
Reisebüro. Nach der Rechtsprechung des EuGH (vgl. auch
Vorabentscheidung, Rdnr. 22) ist aber allein entscheidend, ob der
Wirtschaftsteilnehmer - auch wenn er kein Reisebüro oder
Reiseveranstalter im üblichen Wortsinn ist - gleichartige
Umsätze im Rahmen einer anderen Tätigkeit erbringt. Diese
Voraussetzung erfüllt die Klägerin.
3. Die Umsätze der Klägerin im
Rahmen der „High-School-„ und
„College-Programme“ erfüllen die Kriterien von
§ 25 Abs. 1 UStG.
a) Die Leistungen der Klägerin sind
Reiseleistungen i.S. von § 25 Abs. 1 UStG bzw. gleichartige
Umsätze wie die Umsätze von Reisebüros oder
Reiseveranstaltern i.S. von Art. 26 der Richtlinie 77/388/EWG.
Diese Umsätze sind dadurch gekennzeichnet, dass sie sich meist
aus mehreren Leistungen, insbesondere Beförderungs- und
Unterbringungsleistungen, zusammensetzen (vgl. Vorabentscheidung,
Rdnr. 21). Die Klägerin bietet ihren Kunden (den Schülern
und Studenten) im Zusammenhang mit ihrer Sprachausbildung und
-erziehung derartige Reiseleistungen an.
Bei den
„High-School-Programmen“ handelt es sich
insbesondere um die Beförderungsleistungen ins Ausland und im
Ausland sowie die Betreuung (touristische Betreuung) am Zielort.
Unterbringung und Verpflegung (bei den Gastfamilien) sind hier
unentgeltlich, sind also nicht Gegenstand des Pauschalpreises.
Bei den
„College-Programmen“ sind es insbesondere die
(mit Hilfe der Partnerorganisation erbrachten)
Betreuungsleistungen. Ob die Klägerin hinsichtlich der
angebotenen und berechneten Unterbringung und Verpflegung durch das
College im eigenen Namen oder nur als Vermittler handelt,
ließ das FG offen. Die Beförderungsleistung in das
Gastland ist hier nach den Feststellungen des FG nicht im
Pauschalangebot enthalten.
b) Die Klägerin tritt gegenüber den
Leistungsempfängern (Schülern und Studenten) im eigenen
Namen auf. Zwischen den Verfahrensbeteiligten ist nicht mehr
streitig, dass die Klägerin auch für die
Fluggesellschaften und ihre Partnerorganisationen nicht als
Vermittler auftritt, sondern diese Leistungen im eigenen Namen
ausführt. Insoweit handelt es sich um Reisevorleistungen i.S.
von § 25 Abs. 1 Satz 5 UStG.
c) Die Anwendbarkeit der Sonderregelung des
§ 25 UStG auf die Umsätze der Klägerin wird im
Streitfall nicht etwa dadurch ausgeschlossen, dass die von den
anderen Unternehmern bezogenen und den Reisenden unmittelbar zugute
kommenden Leistungen (Reisevorleistungen) nur Hilfscharakter zu den
anderen (ohne Inanspruchnahme von Reisevorleistungen
ausgeführten) Leistungen der Klägerin (als
Hauptleistungen) hätten. Unter solchen Bedingungen würde
die Anwendbarkeit der Sonderreglung für Reiseleistungen nach
der EuGH-Rechtsprechung zu Art. 26 der Richtlinie 77/388/EWG
entfallen (vgl. Vorabentscheidung Rdnr. 26, m.Nachw.).
Die „eingekauften“
Reiseleistungen - wie der Transfer in das Bestimmungsland und/oder
der Aufenthalt und die Betreuung durch das Partnerunternehmen in
diesem Land - sind nicht nur ein Mittel dazu, dass die
„eigenen“ Leistungen der Klägerin von den
Kunden zu besseren Bedingungen in Anspruch genommen werden
können. Die auf sie entfallenden Aufwendungen sind kein
bloß marginaler Teil gegenüber dem Betrag, der der
Leistung im Zusammenhang mit der Sprachausbildung und -erziehung
entspricht, die die Klägerin ihren Kunden anbietet
(Vorabentscheidung, Rdnr. 28). Somit können diese Leistungen
nicht mit reinen Nebenleistungen zu den Leistungen im Zusammenhang
mit der Sprachausbildung und -erziehung gleichgesetzt werden.
Das gegen ein Pauschalentgelt angebotene
Leistungsbündel wird nicht durch Umsätze der
Klägerin zur Sprachausbildung und -erziehung der Schüler
und Studenten während der Auslandsaufenthalte geprägt.
Das Pauschalangebot betrifft in erster Linie die als
Reiseleistungen zu beurteilenden Leistungen. Eine Einordnung des
„Leistungsbündels“ der Klägerin unter
die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 23 UStG (bzw. der
gemeinschaftsrechtlichen Grundlage dazu in Art. 13 Teil A Abs. 1
Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG) kommt nach den
Gesamtumständen somit nicht in Betracht.
Nach § 4 Nr. 23 UStG sind steuerfrei:
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„die Gewährung von Beherbergung,
Beköstigung und der üblichen Naturalleistungen durch
Personen und Einrichtungen, wenn sie überwiegend Jugendliche
für Erziehungs-, Ausbildungs- oder Fortbildungszwecke ... bei
sich aufnehmen. ...“
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Das FG hat die Anwendbarkeit der
Befreiungsvorschrift mit der Begründung verneint, nicht die
Klägerin, sondern die Gastfamilien bzw. die Colleges
gewährten diese Aufnahme- und Versorgungsleistungen.
Nach der Vorabentscheidung (Rdnr. 45)
scheitert die Anwendbarkeit der gemeinschaftsrechtlichen
Befreiungsregelung jedenfalls daran, dass die Klägerin keine
(nach der Richtlinienbestimmung vorausgesetzte) Einrichtung des
öffentlichen Rechts oder vergleichbare Einrichtung ist; die
Anwendung auf Handelsgesellschaften wie die Klägerin
würde der gebotenen engen Auslegung von Befreiungsregelungen
widersprechen.
Da jeder der wiedergegebenen Gründe die
Anwendbarkeit der Befreiungsvorschrift ausschließt, braucht
auf diese Frage nicht weiter eingegangen zu werden.
4. Der Zweck oder die Dauer der Reise spielt
für die Anwendbarkeit des § 25 UStG auf Reiseleistungen
keine Rolle.
Zwar entschied der EuGH im Urteil vom
11.2.1999 Rs. C-237/97, AFS Intercultural Programs Finland ry (Slg.
1999, I-825, Europäische Zeitschrift für Wirtschaft -
EuZW - 1999, 219 Rdnr. 34) zu der Richtlinie
90/314/EWG des Rates vom 13.6.1990 über
Pauschalreisen - Richtlinie 90/314/EWG - (Amtsblatt der
Europäischen Gemeinschaften Nr. L 158, S. 59), Reisen in Form
eines etwa halb- oder einjährigen Schüleraustauschs, die
bezwecken, dass der Schüler im Gastland eine Schule besuche,
um dessen Bevölkerung und Kultur kennen zu lernen, und in
deren Rahmen der Schüler unentgeltlich bei einer Gastfamilie
wie ein Familienmitglied untergebracht sei, seien keine Reisen im
Sinne dieser Richtlinie.
In der Vorabentscheidung stellte der EuGH aber
fest, dass die Beurteilung im vorbezeichneten Fall keine Frage der
Anwendung der Richtlinie 77/388/EWG betraf und dass die
Ausführungen in diesem Urteil keinen Einfluss auf die
Anwendung von Art. 26 der Richtlinie 77/388/EWG haben.
Nach Rdnr. 36 der Vorabentscheidung lässt
nichts darauf schließen, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber
den Anwendungsbereich von Art. 26 der Richtlinie 77/388/EWG anhand
von zwei zusammen oder getrennt anzuwendenden Merkmalen,
nämlich anhand des Zweckes der Reise und der Dauer
des Aufenthalts im Bestimmungsland, begrenzen wollte. Eine
andere Schlussfolgerung in dieser Hinsicht wäre mit der Gefahr
verbunden, dass die Tragweite dieses Artikels offenkundig
eingeschränkt würde, und wäre mit der durch ihn
eingeführten Sonderregelung unvereinbar.