Die Revision des Beklagten gegen das Urteil
des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 13.3.2014 4 K 298/13
wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
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I. Streitig ist, ob der Kläger und
Revisionsbeklagte (Kläger) Altenteilsleistungen als
Sonderausgaben abziehen darf.
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Der Vater des Klägers gab 1998 seinen
landwirtschaftlichen Betrieb auf und überführte den
Grundbesitz in sein Privatvermögen. Im März 2007
übertrug er den verpachteten Grundbesitz im Wege
vorweggenommener Erbfolge unentgeltlich auf den Kläger und
behielt sich und der Mutter des Klägers den Nießbrauch
daran vor. Im Vertrag ist für den Fall des Verzichts auf den
Nießbrauch vorgesehen, dass der Kläger an den ehemaligen
Nießbraucher einen monatlich wiederkehrenden Betrag zu zahlen
hat, der der Höhe nach etwa den erzielbaren
Netto-Pachteinnahmen des übertragenen Grundbesitzes
entsprechen und als dauernde Last vereinbart werden sollte.
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Im November 2010 verzichteten die Eltern
des Klägers auf den Nießbrauch und vereinbarten mit ihm
ein jährliches Baraltenteil von 15.000 EUR beginnend ab dem
1.1.2011 mit wechselseitigen Anpassungsverpflichtungen. Im
Streitjahr erzielte der Kläger aus der Verpachtung des
übertragenen Grundbesitzes steuerbare Einkünfte von
24.603 EUR. Die Altenteilszahlungen leistete er
vereinbarungsgemäß.
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In ihrer Einkommensteuererklärung
für das Streitjahr (2011) machten der Kläger und seine
mit ihm zusammen veranlagte Ehefrau (Klägerin) die
Altenteilsleistungen als Sonderausgaben geltend. Der Beklagte und
Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) lehnte den Abzug ab
und wies den dagegen gerichteten Einspruch zurück. Bei der
Übertragung von Privatvermögen vereinbarte
Altenteilsleistungen seien nach dem im Zeitpunkt der Vereinbarung
geltenden Recht nicht mehr als Sonderausgaben abzugsfähig.
Zwar sei die Rechtslage im Zeitpunkt der
Vermögensübertragung noch anders gewesen. Darauf komme es
jedoch nur an, wenn im Übertragungsvertrag ein konkreter
Zeitpunkt für den Verzicht auf das Nießbrauchsrecht
vereinbart gewesen sei (Rz. 85 des Schreibens des
Bundesministeriums der Finanzen - BMF - vom 11.3.2010, BStBl I
2010, 227 = SIS 10 02 79), was hier nicht der Fall sei.
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Das Finanzgericht (FG) hat der Klage
stattgegeben (EFG 2014, 1088 = SIS 14 17 18). Mit der Revision
rügt das FA die Verletzung von § 10 Abs. 1 Nr. 1a des
Einkommensteuergesetzes - EStG - (2011).
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Das FA beantragt sinngemäß, das
angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Kläger beantragen, die Revision
zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist unbegründet und
deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Im Ergebnis zu Recht hat das FG
erkannt, dass § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG i.d.F. des
Jahressteuergesetzes 2008 (JStG 2008; EStG n.F.) vom 20.12.2007
(BGBl I 2007, 3150) auf die im Streitfall zu beurteilenden
Versorgungsleistungen nicht anwendbar ist, sondern § 10 Abs. 1
Nr. 1a EStG in der davor geltenden Fassung (EStG a.F.).
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1. Das neue Recht, wonach
Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit der Übertragung von
Privatvermögen grundsätzlich nicht mehr als
Sonderausgaben abgezogen werden können, ist auf die im
Streitfall zu beurteilende Versorgungsleistung nicht anwendbar,
weil die gesetzlichen Voraussetzungen für seine Anwendung
nicht vorliegen.
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a) Die Übergangsvorschrift in § 52
Abs. 23e EStG i.d.F. des JStG 2008 (EStG 2008; im Streitjahr:
§ 52 Abs. 23g EStG; heute: § 52 Abs. 18 Sätze 1 und
2 EStG) regelt die Anwendung des neuen Rechts.
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aa) Nach § 52 Abs. 23e Satz 1 EStG 2008
ist § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG n.F. auf Versorgungsleistungen
anzuwenden, die auf nach dem 31.12.2007 vereinbarten
Vermögensübertragungen beruhen. Diese Voraussetzung ist
im Streitfall schon deshalb nicht erfüllt, weil die hier
allein in Betracht kommende Vermögensübertragung nicht
nach dem 31.12.2007 vereinbart worden ist, sondern im März
2007.
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bb) Auf vor dem 1.1.2008 geschlossene
Übergabeverträge ist § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG n.F.
nur dann anwendbar, wenn das übertragene Vermögen nur
deshalb ausreichenden Ertrag bringt, weil ersparte Aufwendungen mit
Ausnahme des Nutzungsvorteils eines zu eigenen Zwecken vom
Vermögensübernehmer genutzten Grundstücks zu den
Erträgen des Vermögens gerechnet werden (§ 52 Abs.
23e Satz 2 EStG 2008). Auch diese Voraussetzung ist im Streitfall
nicht erfüllt.
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b) Entgegen der Auffassung des FG ist die
Anwendung des alten Rechts nach dem eindeutigen Wortlaut der
Anwendungsvorschrift nicht davon abhängig, dass die
Versorgungsleistung auf einer vor dem 1.1.2008 vereinbarten
Vermögensübertragung beruht. Diese Annahme hat das Urteil
jedoch nicht beeinflusst, da das FG im Ergebnis zu Recht die
Anwendbarkeit des neuen Rechts verneint hat.
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c) Für die Frage, ob altes oder neues
Recht anwendbar ist, kommt es nicht darauf an, wann die
Versorgungsleistung vereinbart worden ist. Das alte Recht ist
vielmehr auf alle Versorgungsleistungen (Renten, dauernde Lasten)
anzuwenden, für die das neue Recht nach Maßgabe der
abschließend formulierten Übergangsvorschrift nicht zur
Anwendung gelangt. Der Gesetzgeber hat sich insofern bewusst
dafür entschieden, auf Altverträge ohne zeitliche
Einschränkung das alte Recht weiter anzuwenden (vgl. BTDrucks
16/7036, S. 18). Das schließt die Fälle der gleitenden
Vermögensübergabe ein. Aus der Formulierung der
Übergangsvorschrift und der Gesetzesbegründung ergibt
sich, dass es hierfür allein auf den Zeitpunkt des
Übergabevertrags ankommen soll.
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d) Die hiervon abweichende Auffassung der
Finanzverwaltung, wonach in derartigen Fällen das alte Recht
nur gelten soll, wenn die Ablösung des Nießbrauchsrechts
gegen Versorgungsleistungen und der Zeitpunkt bereits im
Übertragungsvertrag verbindlich vereinbart waren (vgl. Rz. 85
des BMF-Schreibens in BStBl I 2010, 227 = SIS 10 02 79), findet im
Gesetz keine Stütze. Es bedarf keiner Entscheidung, ob sie,
wäre sie Gesetz geworden, mit der Verfassung in Einklang
stünde (Rückwirkung, Gleichheit, Vertrauensschutz).
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2. Rechtsfehlerfrei ist das FG davon
ausgegangen, dass die im Streitfall zu beurteilenden Zahlungen des
Klägers in dem für die Anwendung von § 10 Abs. 1 Nr.
1a EStG nach altem wie nach neuem Recht erforderlichen sachlichen
Zusammenhang mit einer (unentgeltlichen)
Vermögensübertragung stehen und dass es sich deshalb i.S.
von § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG a.F. um dauernde Lasten
handelt.
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a) Der für die Abziehbarkeit als dauernde
Last erforderliche sachliche Zusammenhang mit der
Vermögensübergabe wird nicht dadurch unterbrochen, dass
sich der Übergeber zunächst den Nießbrauch an dem
übertragenen Vermögen vorbehalten hat und der
Nießbrauch aufgrund eines später gefassten Entschlusses
durch wiederkehrende Leistungen ersetzt wird (Urteil des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 3.6.1992 X R 147/88, BFHE 169, 127,
BStBl II 1993, 98 = SIS 93 02 03). In diesem Fall ist es nicht
erforderlich, dass die Ablösung bereits im
Übergabevertrag vereinbart ist. Es kommt vielmehr darauf an,
ob die Versorgungsrente - wenn auch betragsmäßig
eingeschränkt - den ursprünglich vereinbarten
Vorbehaltsnießbrauch ersetzt (gleitende
Vermögensübergabe; BFH-Urteil vom 16.6.2004 X R 50/01,
BFHE 207, 114, BStBl II 2005, 130 = SIS 04 39 92). An diesen
Grundsätzen hat der Gesetzgeber bei der Neufassung von §
10 Abs. 1 Nr. 1a EStG durch das JStG 2008 nichts geändert.
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b) Davon ausgehend, hat das FG im Streitfall
zu Recht den sachlichen Zusammenhang der Versorgungsleistung mit
der Vermögensübergabe bejaht und insbesondere keine
Anhaltspunkte für eine entgeltliche Ablösung des
Nießbrauchs erkannt.
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3. Für die von den Beteiligten hilfsweise
angestellten Überlegungen, ob die Zahlungen des Klägers
an seinen Vater als Werbungskosten bei den Einkünften aus
Vermietung und Verpachtung abgezogen oder als Anschaffungskosten
behandelt werden müssten, verbleibt danach kein Raum. Die
Beteiligten und das FG sind insofern übereinstimmend und zu
Recht davon ausgegangen, dass es sich im Streitfall um (privat
veranlasste) Versorgungsleistungen handelt, die unter § 10
Abs. 1 Nr. 1a EStG fallen. Hiervon wäre unter den vom FG
festgestellten Umständen sogar im Zweifel auszugehen (vgl.
BFH-Urteil in BFHE 207, 114, BStBl II 2005, 130 = SIS 04 39 92,
unter II.2.). Dies schließt die Annahme einer entgeltlichen
Vermögensübertragung (Anschaffungskosten) ebenso aus wie
die Annahme, dass die Zahlungen durch die werbende Tätigkeit
des Vermögensübernehmers veranlasst sind.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 2 FGO.
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