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I. Die Kläger und Revisionskläger
(Kläger) sind die Erben ihrer 2002 verstorbenen Mutter. Der
1984 verstorbene Vater hatte seine Kinder als Erben eingesetzt und
seine Ehefrau mit mehreren Vermächtnissen bedacht. In der 1985
abgegebenen gemeinsamen Erbschaftsteuererklärung wurde der
Erwerb der Mutter mit 213.075 DM angegeben. Außerdem wurde
auf eine für steuerfrei gehaltene Witwenrente
hingewiesen.
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Mit Bescheid vom 23.11.1988 setzte das
seinerzeit zuständige Finanzamt gegen die Mutter
Erbschaftsteuer in Höhe von 629.496 DM fest. Bei der
Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs erfasste es nicht nur die
erklärten Vermächtnisse und die Witwenrente, sondern
weitere Renten- und Versorgungsansprüche. Der Bescheid erging
in vollem Umfang vorläufig gemäß § 165 Abs. 1
der Abgabenordnung (AO).
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Gegen den Bescheid legte die Mutter
Einspruch ein. Während des Einspruchsverfahrens erging am
9.12.1999 durch den Beklagten und Revisionsbeklagten (das nunmehr
zuständige Finanzamt - FA - ) ein für endgültig
erklärter Änderungsbescheid. Darin setzte das FA die
Erbschaftsteuer u.a. unter Berücksichtigung von Vorerwerben
auf über 2 Mio. DM herauf. Mit der nach dem Tod der Mutter
ergangenen Einspruchsentscheidung vom 15.11.2002 setzte das FA die
Steuer auf ca. 1.850.000 DM herab.
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Die dagegen eingelegte Klage hatte
teilweise Erfolg. Das Finanzgericht (FG) setzte die Steuer wegen
seiner Ansicht nach zum Teil eingetretener
Festsetzungsverjährung auf rund 1 Mio. DM herab. Mit ihrer
Revision gegen diese Entscheidung rügten die Kläger u.a.
die fehlerhafte Anwendung der §§ 165 Abs. 2 und 171 Abs.
8 AO und beantragten die vollständige Aufhebung des
angefochtenen Bescheids. Im Anschluss an einen Gerichtsbescheid des
Bundesfinanzhofs (BFH) erließ das FA am 10.11.2009 einen auf
§ 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO gestützten
Änderungsbescheid, in dem es die Steuer auf den
ursprünglichen Betrag in Höhe von 321.846 EUR (629.476,06
DM) festsetzte.
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Der BFH gab der Revision mit Urteil vom
9.12.2009 II R 39/07 (BFH/NV 2010, 821) vollumfänglich statt
und hob die Vorentscheidung, den während des
Einspruchsverfahrens ergangenen Änderungsbescheid, die
Einspruchsentscheidung, den im Revisionsverfahren ergangenen
Änderungsbescheid und den ursprünglichen Bescheid auf.
Nach den Urteilsgründen waren die Voraussetzungen für den
während des Revisionsverfahrens ergangenen
Änderungsbescheid nicht erfüllt, weil das FA dem Antrag
der Kläger auf vollständige Herabsetzung der Steuerschuld
nicht entsprochen habe. Der Änderungsbescheid vom 9.12.1999
und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung hätten wegen
Ablaufs der Festsetzungsfrist nicht mehr ergehen dürfen. Der
Vorläufigkeitsvermerk, mit dem der ursprüngliche Bescheid
vom 23.11.1988 versehen worden sei, sei rechtswidrig gewesen. Eine
Vorläufigkeit zur Gänze sehe § 165 Abs. 1 AO nicht
vor. Diese Rechtswidrigkeit habe auch auf diesen erstmaligen
Bescheid ausgestrahlt, so dass dieser ebenfalls aufzuheben
sei.
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Das FA erließ am 8.4.2010 unter
Verweis auf § 171 Abs. 14 AO gegen die Kläger einen
Erbschaftsteuerbescheid wegen des Erwerbs der Mutter nach dem 1984
verstorbenen Vater und setzte die Erbschaftsteuer erneut auf
321.846 EUR (629.476,06 DM) fest. Intern buchte das FA den
Erstattungsanspruch der Kläger wegen der von der Mutter
bereits entrichteten Erbschaftsteuer auf die neue Steuerschuld um.
Die dagegen erhobene Sprungklage hatte keinen Erfolg. Nach
Auffassung des FG war das FA nicht wegen Ablaufs der
Festsetzungsverjährung am Erlass des angefochtenen Bescheids
gehindert. Es greife sowohl die Ablaufhemmung des § 171 Abs.
14 AO als auch die des § 171 Abs. 3a AO. Das Urteil des FG ist
veröffentlicht in EFG 2011, 1951 = SIS 11 32 46.
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Dagegen richtet sich die vorliegende
Revision. Die Kläger rügen die fehlerhafte Anwendung des
§ 171 Abs. 3, Abs. 3a und Abs. 14 AO. Das FG verkenne die
Rechtswirkungen des BFH-Urteils in BFH/NV 2010, 821. In dieser
Entscheidung sei abschließend über den Ablauf der
Festsetzungsfrist entschieden worden. Im Übrigen sei
Ablaufhemmung weder nach § 171 Abs. 3a AO noch nach § 171
Abs. 3 AO in der bis 29.12.1999 geltenden Fassung (a.F.) noch nach
§ 171 Abs. 14 AO eingetreten. Die Abs. 3 a.F. bzw. 3a des
§ 171 AO seien schon deshalb nicht einschlägig, weil sich
an das gerichtliche Verfahren kein weiteres behördliches
Verfahren angeschlossen habe. § 171 Abs. 14 AO greife nicht,
weil der Steuererstattungsanspruch erst nach Ablauf der
Festsetzungsfrist entstanden sei. Die Vorschrift sei auf
Erstattungsansprüche nach § 37 Abs. 2 Satz 1 AO aufgrund
rechtsgrundloser Zahlung beschränkt und auf die Fälle des
§ 37 Abs. 2 Satz 2 AO, in denen der Grund für die Zahlung
später wegfalle, nicht anwendbar.
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Die Kläger beantragen, die
Vorentscheidung sowie den Erbschaftsteuerbescheid vom 8.4.2010
aufzuheben.
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Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist unbegründet und war
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Zutreffend hat das FG entschieden,
dass das FA nicht wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist gehindert
war, den angefochtenen Erbschaftsteuerbescheid zu erlassen. Dabei
kann dahinstehen, ob der Ablauf der Festsetzungsverjährung -
wie vom FG und vom FA angenommen - nach § 171 Abs. 14 AO
gehemmt war. Jedenfalls war er - wie vom FG alternativ angenommen -
nach § 171 Abs. 3a FGO gehemmt.
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1. Die Festsetzungsfrist für den Erlass
des angefochtenen Steuerbescheids vom 8.4.2010 war im Zeitpunkt
seines Erlasses nicht abgelaufen.
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a) Die Festsetzungsfrist beträgt vier
Jahre (§ 169 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO). Sie
beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem die Steuer entstanden ist
(§ 170 Abs. 1 AO), in Fällen, in denen eine
Steuererklärung einzureichen ist, jedoch erst mit Ablauf des
Jahres, in dem die Steuererklärung tatsächlich abgegeben
wird (§ 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO).
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b) Wird ein Steuerbescheid mit dem Einspruch
oder einer Klage angefochten, läuft die Festsetzungsfrist
nicht ab, bevor über den Rechtsbehelf unanfechtbar entschieden
ist (§ 171 Abs. 3a Satz 1 AO). Im Klageverfahren liegt eine
unanfechtbare Entscheidung vor, wenn das Urteil des FG formell
rechtskräftig geworden oder eine abschließende
Entscheidung des BFH im Revisionsverfahren ergangen ist (BFH-Urteil
vom 15.12.1999 XI R 75/97, BFH/NV 2000, 1067 = SIS 00 58 02).
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c) Nach § 171 Abs. 3a Satz 3 AO (§
171 Abs. 3 Satz 3 AO a.F. ist in den Fällen des § 100
Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 und § 101 FGO
über den Rechtsbehelf erst dann unanfechtbar entschieden, wenn
ein aufgrund der genannten Vorschriften erlassener Steuerbescheid
unanfechtbar geworden ist. Bis zu diesem Zeitpunkt ist der Ablauf
der Festsetzungsfrist gehemmt. Die Vorschrift ergänzt die
Ablaufhemmung während des laufenden Rechtsbehelfsverfahrens
für den Fall, dass das Gericht keine abschließende
Sachentscheidung trifft, sondern ein weiteres Tätigwerden der
Finanzbehörde zur Umsetzung der gerichtlichen Entscheidung
erforderlich ist (Banniza in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO,
FGO, § 171 AO Rz 68). § 171 Abs. 3a Satz 3 AO soll es der
Finanzbehörde ermöglichen, die noch ausstehende
Entscheidung in der Sache im Anschluss an die gerichtliche
Entscheidung nachzuholen (Kruse in Tipke/Kruse, Abgabenordnung,
Finanzgerichtsordnung, § 171 AO Rz 29a). Da die Regelung des
§ 171 Abs. 3a Satz 3 AO der des § 171 Abs. 3 Satz 3 AO
a.F. entspricht, ändert sich dadurch die Verfahrenslage
zuungunsten des Steuerpflichtigen nicht.
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d) Hebt das Gericht den im
Rechtsbehelfsverfahren angefochtenen Bescheid gemäß
§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO ersatzlos auf (sog. echte Kassation),
wird die Sache in den ungeregelten Zustand vor Erlass des Bescheids
zurückversetzt und bedarf einer weiteren Maßnahme der
Finanzbehörde (vgl. Gräber/von Groll,
Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 100 Rz 17). Die
Finanzbehörde muss entscheiden, ob es bei der durch die
Aufhebung geschaffenen - ungeregelten - Rechtslage verbleibt oder
ob sie - in den Fällen der gebundenen Verwaltung - erneut
tätig werden muss (Brandis in Tipke/Kruse, a.a.O., § 100
FGO Rz 13). Hat dagegen die Aufhebung des Bescheids durch das
Gericht selbst regelnden Charakter (sog. unechte Kassation), ist
ein weiteres Tätigwerden der Finanzbehörde nicht
erforderlich (Gräber/von Groll, a.a.O., § 100 Rz 17;
Brandis in Tipke/Kruse, a.a.O., § 100 Rz 14). Ob eine echte
oder eine unechte Kassation vorliegt, ist anhand der
Rechtskraftwirkung des Urteils festzustellen. Die verlängerte
Ablaufhemmung des § 171 Abs. 3a Satz 3 AO gilt nach ihrem
Zweck nur bei der echten Kassation, weil in diesem Fall das
Verwaltungsverfahren nicht abgeschlossen und ein weiteres
Tätigwerden der Finanzbehörde erforderlich ist.
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2. Ausgehend von diesen Grundsätzen war
im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheids am 8.4.2010
die Festsetzungsverjährung noch nicht eingetreten.
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a) Die Festsetzungsfrist begann
gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO mit Ablauf des
Jahres 1985, denn die Erbschaftsteuererklärung für den
Erbfall des Jahres 1984 wurde im Laufe des Jahres 1985 abgegeben.
Der Ablauf der Festsetzungsfrist wurde gemäß § 171
Abs. 3 AO a.F. zunächst durch den 1988 eingelegten Einspruch,
anschließend durch das Klageverfahren gehemmt.
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b) Nach Satz 3 des § 171 Abs. 3a AO, der
von seinem Wortlaut und Regelungsgehalt dem § 171 Abs. 3 Satz
3 AO a.F. entspricht, war der Ablauf der Festsetzungsfrist
über die Rechtskraft des Urteils des BFH in BFH/NV 2010, 821
hinaus bis zum Erlass des angefochtenen Bescheids vom 8.4.2010
gehemmt.
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Die Rechtskraftwirkung des BFH-Urteils in
BFH/NV 2010, 821 steht dem nicht entgegen. Der BFH hat in diesem
Urteil den Ursprungsbescheid vom 23.11.1988 unter Hinweis auf den
zu weit gefassten Vorläufigkeitsvermerk aufgehoben. Den
während des Revisionsverfahrens ergangenen Bescheid vom
10.11.2009 hat er aufgehoben, weil die Voraussetzungen des §
172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO, auf den dieser
Änderungsbescheid gestützt war, nicht gegeben waren.
Beide Bescheide hat der BFH aus Gründen aufgehoben, die den
Bescheiden selbst anhafteten und nicht den Steueranspruch
betrafen.
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Die Aufhebung des während des
Einspruchsverfahrens ergangenen Änderungsbescheids vom
9.12.1999 und die Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom
15.11.2002 wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung
berühren den Steueranspruch in seiner ursprünglich
festgesetzten Höhe nicht. Zwar erlischt der Steueranspruch mit
Eintritt der Festsetzungsverjährung (§ 47 AO). Für
Steuern, bezüglich derer die Festsetzungsfrist bei
Inkrafttreten des § 171 Abs. 3a AO bereits abgelaufen war,
gilt § 171 Abs. 3 AO a.F. fort. Danach war eine Erhöhung
der festgesetzten Steuer im Einspruchsverfahren nach Ablauf der
Festsetzungsfrist nicht mehr zulässig (BFH-Urteil vom 8.7.1998
I R 112/97, BFHE 186, 496, BStBl II 1999, 123, 127 = SIS 99 02 03,
m.w.N.). Der Steueranspruch in der durch den Bescheid vom 8.4.2010
festgesetzten Höhe war davon jedoch nicht betroffen. Der
Bescheid setzt die Steuer auf genau den Betrag fest, der schon im
ursprünglichen Steuerbescheid und damit innerhalb der
Festsetzungsfrist festgesetzt worden war. Die Aufhebung des
Änderungsbescheids vom 9.12.1999 und der
Einspruchsentscheidung vom 15.11.2002 betrifft nur den darüber
hinausgehenden Steueranspruch. Den nach der Aufhebung dieser
Bescheide auflebenden Ursprungsbescheid hat der BFH im Urteil in
BFH/NV 2010, 821 nicht wegen Festsetzungsverjährung, sondern
aus formellen Gründen aufgehoben.
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3. Einwendungen gegen die Höhe des
festgesetzten Steueranspruchs haben die Kläger weder im
Verfahren vor dem FG noch im Revisionsverfahren erhoben.
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