1
|
I. Die Beteiligten streiten darüber,
ob der Kläger und Revisionskläger (Kläger) in Bezug
auf zwei Objekte mit Einkünfteerzielungsabsicht gehandelt hat,
indem er zwar Mietverträge abgeschlossen hatte, die Objekte
aber, kurz nachdem sie fertig gestellt waren, an eine gewerblich
geprägte Kommanditgesellschaft veräußerte, an der
er selbst maßgeblich als Gesellschafter beteiligt
ist.
|
|
|
2
|
Der Kläger war in den Streitjahren
(1992 und 1993) als Notar tätig. Er erwarb mit notariellen
Verträgen vom 10. und vom 24.11.1992 zwei unbebaute
Grundstücke in C. Der Verkäufer dieser Grundstücke
verpflichtete sich dem Kläger gegenüber,
schlüsselfertige Reihenhausdoppelhälften zu errichten,
die im September 1993 fertig gestellt wurden und die der
Kläger ab diesem Zeitpunkt vermietete. Im Dezember 1993
verkaufte der Kläger die Grundstücke an eine
Grundstücksgesellschaft mbH & Co. Betriebs KG (KG), die er
am 7.12.1993 gegründet hatte. An der KG waren der Kläger
mit einer Einlage von 416.000 DM, A mit einer Einlage von 213.000
DM, die beiden Söhne des Klägers mit einer Einlage von je
5.000 DM und S mit einer Einlage von 10.000 DM beteiligt.
Komplementärin ist eine vom Kläger im August 1993
gegründete GmbH. Als Kaufpreis für die Grundstücke
wurde exakt der Betrag vereinbart, den der Kläger zuvor selbst
für die Objekte gezahlt hatte. Die KG vermietete die Objekte
(jedenfalls zum Teil) aufgrund der bereits durch den Kläger
abgeschlossenen Mietverträge weiter.
|
|
|
3
|
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) lehnte es letztlich ab, bei dem Kläger
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu
berücksichtigen. Der Kläger habe keine
Einkünfteerzielungsabsicht gehabt, weil er die
Grundstücke kurz nach der Fertigstellung der Objekte und der
Aufnahme der Vermietungstätigkeit wieder verkauft habe. Das
lasse nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 9.7.2002 IX R
47/99 (BFHE 199, 417, BStBl II 2003, 580 = SIS 02 93 34) auf
fehlende Einkünfteerzielungsabsicht schließen.
|
|
|
4
|
Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung aus, der
Kläger habe keine Einkünfteerzielungsabsicht gehabt. Er
habe das gegen die Einkünfteerzielungsabsicht sprechende
Beweisanzeichen (Verkauf) nicht erschüttern können. Auf
den Abschluss von langfristigen Finanzierungen und unbefristeten
Mietverträgen komme es nicht an. Dass der Kläger die
Grundstücke an die KG veräußert habe, an der er
selbst maßgebend beteiligt sei, sei unerheblich.
|
|
|
5
|
Hiergegen richtet sich die Revision des
Klägers, die er auf Verletzung materiellen Rechts sowie auf
Verfahrensfehler stützt. Bei einer Vermietung eines Objekts
könne Einkünfteerzielungsabsicht auch dann typisierend
angenommen werden, wenn das Objekt innerhalb von fünf Jahren
an eine dieses Objekt weiter vermietende Personengesellschaft
veräußert werde, an der der Veräußerer
mehrheitlich beteiligt sei. Außerdem habe das FG
verfahrensfehlerhaft geurteilt, nicht alle vorgetragenen Tatsachen
berücksichtigt (Verstoß gegen § 96 Abs. 1 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ) und durch Übergehen eines
Beweisantrags (zur Tatsache der auf Dauer angelegten
Vermietungsabsicht des Klägers) seine
Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO)
verletzt.
|
|
|
6
|
Der Kläger beantragt, das angefochtene
Urteil sowie den Bescheid des FA über die Ablehnung des
Antrags auf Änderung vom 12.5.2005 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 7.10.2005 aufzuheben und die
Einkommensteuerbescheide der Jahre 1992 und 1993 jeweils vom
22.1.1999 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte aus
Vermietung und Verpachtung aus den streitigen Objekten in C im Jahr
1992 mit ./. 240.001 DM und im Jahr 1993 mit ./. 97.562 DM
berücksichtigt werden, hilfsweise, die Sache an das
Thüringer FG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung
zurückzuverweisen.
|
|
|
7
|
Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
|
|
|
8
|
II. Die Revision ist unbegründet und nach
§ 126 Abs. 2 FGO zurückzuweisen.
|
|
|
9
|
1. Die geltend gemachten Verfahrensrügen
greifen nicht durch: Das FG hat die Tatsachen, dass der Kläger
mehrheitlich an der KG beteiligt ist und dass die KG die
Grundstücke weiterhin vermietet hat, in seinem Urteil
berücksichtigt, allerdings anders als der Kläger
gewürdigt. Die Folgerungen aus der fortbestehenden
Vermietungsabsicht des Klägers - oder der KG - ist hier eine
Rechtsfrage, so dass es auch auf die angebotenen Zeugenbeweise
nicht ankommt.
|
|
|
10
|
2. Das FG hat in der Sache im Ergebnis
zutreffend die Einkünfteerzielungsabsicht des Klägers
verneint und deshalb § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des
Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht verletzt.
|
|
|
11
|
a) Nach dem Regelungszweck des § 21 Abs.
1 Satz 1 Nr. 1 EStG ist bei demjenigen, der seine
Vermietungstätigkeit auf Dauer anlegt, grundsätzlich und
typisierend - wenn also keine besonderen Umstände dagegen
sprechen - davon auszugehen, dass er beabsichtigt, letztlich einen
Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften, auch wenn sich über
längere Zeiträume Werbungskostenüberschüsse
ergeben (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom
30.9.1997 IX R 80/94, BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771 = SIS 98 02 12, und vom 19.4.2005 IX R 15/04, BFHE 210, 24, BStBl II 2005, 754
= SIS 05 39 39, m.w.N. insbesondere zu Ausnahmefällen). Von
einer auf Dauer ausgerichteten Vermietung ist nur auszugehen, wenn
sie nach den bei ihrem Beginn ersichtlichen Umständen keiner
Befristung unterliegt (ständige Rechtsprechung, vgl.
BFH-Urteil vom 9.7.2002 IX R 57/00, BFHE 199, 422, BStBl II 2003,
695 = SIS 02 93 35).
|
|
|
12
|
b) Liegt danach ein gegen die
Einkünfteerzielungsabsicht sprechendes Indiz vor, wenn der
Steuerpflichtige ein bebautes Grundstück innerhalb eines engen
zeitlichen Zusammenhangs - von in der Regel bis zu fünf Jahren
- seit der Anschaffung oder Herstellung wieder veräußert
(BFH-Urteil in BFHE 199, 417, BStBl II 2003, 580 = SIS 02 93 34),
so gilt dies auch, wenn der Steuerpflichtige seine vermietete
Immobilie in einem entsprechenden Zeitraum an eine die Vermietung
fortführende gewerblich geprägte Personengesellschaft
(§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG) veräußert, an der er
selbst beteiligt ist.
|
|
|
13
|
aa) Zwar erzielt der Steuerpflichtige im
Zusammenhang mit der Vermietung weiterhin steuerbare
Einkünfte. Indessen ist dies für die Prüfung der
Einkünfteerzielungsabsicht im Bereich der Einkünfte aus
Vermietung und Verpachtung regelmäßig ohne Bedeutung.
Denn die Einkünfteerzielungsabsicht ist für jede
Einkunftsart gesondert zu ermitteln (so auch das Bundesministerium
der Finanzen - BMF - in seinem Schreiben vom 8.10.2004, BStBl I
2004, 933 = SIS 04 39 32 Rz 34; zur im Schrifttum diskutierten
Ausnahme von diesem Grundsatz siehe unten unter c) bb), m.w.N.).
Der Dualismus der Einkunftsarten und einkunftsspezifische
Besonderheiten machen es erforderlich, zunächst die
Einkunftsart zu klären, bevor die
Einkünfteerzielungsabsicht zu prüfen ist (BFH-Urteil vom
29.3.2001 IV R 88/99, BFHE 195, 267, BStBl II 2002, 791 = SIS 01 08 98). Eine die Einkunftsarten übergreifende
Einkünfteerzielungsabsicht kennt das Gesetz nicht.
Verwirklicht also die Personengesellschaft, an die der
Gesellschafter seine bislang durch ihn vermieteten Objekte
veräußert, als gewerblich geprägte Gesellschaft mit
den Einkünften aus Gewerbebetrieb (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr.
1 EStG) eine andere Einkunftsart und werden diese Einkünfte
dem Gesellschafter über § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG als
Mitunternehmer zugerechnet, so knüpfen diese nicht mehr an die
Nutzungsüberlassung i.S. von § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
EStG, sondern an das gewerbliche Unternehmen der
Personengesellschaft an und sind nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
EStG der Gewinn (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG) im Sinne eines
Betriebsvermögensvergleichs. Die
Einkünfteerzielungsabsicht hat dementsprechend in ihrer
spezifischen Form der Gewinnerzielungsabsicht gemäß
§ 15 Abs. 2 EStG eine ganz andere Zielrichtung (Steuerbarkeit
der Vermögensebene) als die Überschusserzielungsabsicht.
Deshalb kann die Gewinnerzielungsabsicht nicht als Fortsetzung der
Überschusserzielungsabsicht angesehen werden.
|
|
|
14
|
bb) Hierdurch unterscheidet sich der Fall
einer die Vermietungstätigkeit fortsetzenden
Personengesellschaft mit Einkünften aus Gewerbebetrieb von dem
Fall, in dem die Vermietung von einer vermögensverwaltenden
Personengesellschaft fortgeführt wird. Bei einer
vermögensverwaltenden Personengesellschaft ist es zwar
grundsätzlich die Personenmehrheit, die den Tatbestand der
Einkunftsart Vermietung und Verpachtung erfüllt, indem sie die
Immobilie vermietet (vgl. dazu BFH-Urteil vom 15.12.2009 IX R
55/08, BFH/NV 2010, 863 = SIS 10 11 87). Sind aber die
steuerrechtlich erheblichen Merkmale, welche die
Personengesellschaft verwirklicht hat, ihren Gesellschaftern
zuzurechnen (Beschluss des Großen Senats des BFH vom
25.6.1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751 = SIS 84 21 08, unter C.III.3.b bb (3)) und deshalb die Einkünfte
zunächst auf der Ebene der Gesellschaft zu ermitteln und
sodann auf die Gesellschafter zu verteilen (ständige
Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 21.11.2000 IX R 2/96, BFHE
193, 460, BStBl II 2001, 789 = SIS 01 05 05, und vom 27.7.2004 IX R
20/03, BFHE 206, 444, BStBl II 2005, 33 = SIS 04 35 32), so muss
auch die Einkünfteerzielungsabsicht sowohl auf der Ebene der
Gesellschaft als auch auf der Ebene des einzelnen Gesellschafters
gegeben sein. Damit werden sowohl der objektive wie auch der
subjektive Tatbestand des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, den
die Personengesellschaft durch ihr auf Dauer ausgerichtetes
Vermieten verwirklicht, den Gesellschaftern zugerechnet. Vermietet
also die vermögensverwaltende Personengesellschaft die ihr vom
Gesellschafter veräußerten Grundstücke weiter
(tritt sie z.B. zivilrechtlich in die Mietverträge des
Gesellschafters ein, § 566 des Bürgerlichen Gesetzbuchs),
so erfüllt der Gesellschafter gemeinschaftlich mit anderen
nach wie vor den objektiven und subjektiven Tatbestand der
Einkunftsart der Vermietung und Verpachtung, den er zuvor allein
verwirklicht hat. Er hat dann kontinuierlich
Einkünfteerzielungsabsicht, vor der Veräußerung
allein und nach der Veräußerung zusammen mit anderen.
Diese Kontinuität wird unterbrochen, wenn die
Personengesellschaft, die die Grundstücke weiterhin vermietet,
gewerblich geprägt ist und Einkünfte aus Gewerbebetrieb
erzielt. Hier richtet sich die nunmehr erforderliche
Gewinnerzielungsabsicht - als „aliud“
gegenüber der Überschusserzielungsabsicht - nicht mehr
auf das Vermieten (als Rechtsverhältnis, argumentum ex §
24 Nr. 2 EStG), sondern umfasst die gesamte unternehmerische
Tätigkeit einschließlich des Vermögens (der
Personengesellschaft wie auch gegebenenfalls des
Sonderbetriebsvermögens der Mitunternehmer).
|
|
|
15
|
c) Nach diesen Maßstäben hat das FG
zutreffend in der Veräußerung der Grundstücke in C
an die KG gerade einmal 13 Monate nach Erwerb ein Beweisanzeichen
gesehen, das gegen die Einkünfteerzielungsabsicht des
Klägers spricht.
|
|
|
16
|
aa) Es hat im Ergebnis richtig die durch die
KG fortgesetzte Vermietungstätigkeit nicht in die Beurteilung
der Einkünfteerzielungsabsicht des Klägers einbezogen. Es
hat zwar explizit keine Prognose im Sinne des BFH-Urteils vom
6.11.2001 IX R 97/00 (BFHE 197, 151, BStBl II 2002, 726 = SIS 02 03 94) angeschlossen. Indes geht das FG aufgrund einer
Gesamtwürdigung, an die der Senat nach § 118 Abs. 2 FGO
gebunden ist, von einer von vornherein bestehenden
Veräußerungsabsicht aus. Deshalb ist in diesem - dadurch
verkürzten - Prognosezeitraum schon nach dem eigenen Vortrag
des Klägers nicht von einem Totalüberschuss
auszugehen.
|
|
|
17
|
bb) Dies gilt auch dann, wenn man die von
keinem Beteiligten berücksichtigte Erwägung anstellt,
dass die Veräußerung der Grundstücke durch den
Kläger den Steuertatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
EStG erfüllt. Diese Vorschrift ist im Streitfall
einschlägig; denn es ist von einer Veräußerung der
Grundstücke innerhalb der Veräußerungsfrist trotz
gegebener - teilweiser - Beteiligungsidentität auszugehen; die
mit der Anwendung des § 39 Abs. 2 Nr. 2 der Abgabenordnung
verbundene bruchteilsmäßige Zuordnung der
Grundstücke wird durch § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG
verdrängt (vgl. dazu BFH-Urteil vom 18.5.2004 IX R 83/00, BFHE
206, 162, BStBl II 2004, 898 = SIS 04 27 55).
|
|
|
18
|
Im Schrifttum wird erwogen, einen
Veräußerungsgewinn nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
i.V.m. § 22 Nr. 2 EStG in die Beurteilung der
Einkünfteerzielungsabsicht einzubeziehen (so z.B. Pezzer,
Steuer und Wirtschaft 2000, 457; Mellinghoff in Kirchhof, EStG, 9.
Aufl., § 21 Rz 18; Kulosa in Herrmann/Heuer/Raupach, § 21
EStG Rz 71 a.E., m.w.N.; Heuermann, Deutsche Steuerzeitung 2002,
864, 867; a.A. BMF-Schreiben in BStBl I 2004, 933 = SIS 04 39 32 Rz
34). Der Senat kann indes unerörtert lassen, welcher
Auffassung zu folgen ist. Selbst wenn man einen steuerrechtlich
erheblichen Zusammenhang der privaten
Veräußerungsgeschäfte mit den Einkünften aus
Vermietung und Verpachtung annähme, würde sich dies im
Streitfall nicht auswirken, weil der Veräußerungspreis
mit den Anschaffungskosten identisch ist. Ohne selbst eine
Gesamtwürdigung durchführen zu können, wäre
deshalb aufgrund der Feststellungen des FG auch in diesem Fall ein
Totalüberschuss nicht denkbar.
|
|
|