Einbeziehung von Freilosen in die Bemessungsgrundlage der Lotteriesteuer: Mit gekauften Losen gewonnene Freilose, die ohne weiteren Einsatz zur erneuten Teilnahme an der Lotterie berechtigen, aber kein Recht auf Rückzahlung des Lospreises gewähren, beeinflussen die Bemessungsgrundlage der Lotteriesteuer nicht. - Urt.; BFH 19.8.2009, II R 16/07; SIS 09 37 63
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin) veranstaltete im Jahr 2004 eine staatlich
genehmigte Losbrieflotterie mit Rubbellosen, deren Preis jeweils
einen Euro betrug. Als Gewinnausschüttung waren 40 v.H. des
Spielkapitals vorgesehen. In den Verkauf sollte eine Serie von 1
Million Losen in Verpackungseinheiten zu je 250 Losen gelangen.
Jedem Lospaket waren jeweils 50 sog. Promotionslose beigefügt,
die dazu berechtigten, ohne nochmalige Entrichtung eines Entgelts
ein weiteres Los zu ziehen. Die insgesamt 200.000 Freilose waren
nicht auf die Gewinnausschüttung anzurechnen.
Bei der Anmeldung der Lotteriesteuer
blieben die Freilose unberücksichtigt. Durch den nach einer
Außenprüfung gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1
der Abgabenordnung geänderten Lotteriesteuerbescheid vom
1.8.2005 berücksichtigte der Beklagte und Revisionskläger
(das Finanzamt - FA - ) bei der Bemessungsgrundlage der
Lotteriesteuer auch den Wert der Freilose und setzte die
Lotteriesteuer auf 200.000 EUR (16 2/3 von 1.200.000 EUR) herauf.
Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit
seinem in EFG 2007, 1273 = SIS 07 25 80 veröffentlichten
Urteil statt. Der Wert der Freilose erhöhe die
Bemessungsgrundlage für die Lotteriesteuer nicht, weil der
planmäßige Preis aller Lose insgesamt nur 1.000.000 EUR
betragen habe, nur dieser Geldeinsatz von den Spielteilnehmern
tatsächlich geleistet worden sei und die Freilose nicht auf
die genehmigte Gewinnausschüttung anzurechnen gewesen seien.
Die mit einem Freilos verbundene weitere Gewinnchance sei bereits
durch Bezahlung des ersten Loses abgegolten.
Mit der Revision rügt das FA
Verletzung des § 17 Satz 3 des Rennwett- und Lotteriegesetzes
(RennwLottG). Der zusätzlich zu besteuernde Spieleinsatz
resultiere aus der objektiv eingeräumten Gewinnchance durch
das gewonnene Freilos. Der Spielteilnehmer erlange mit dem Gewinn
eines Freiloses einen geld-
werten Vorteil in Höhe des
planmäßigen Lospreises. Dieser Vorteil fließe als
erneuter Einsatz wieder ab.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet und war
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat zu Recht entschieden,
dass bei der Bemessungsgrundlage der Lotteriesteuer der Wert
gewonnener Freilose nicht zu berücksichtigen ist.
1. Die von der Klägerin veranstaltete
Lotterie erfüllt die Merkmale einer nach § 17 Satz 1
RennwLottG steuerbaren Lotterie. Eine solche ist eine
Veranstaltung, bei der einer Mehrzahl von Personen die
Möglichkeit eröffnet wird, nach einem bestimmten Plan
gegen einen bestimmten Geldeinsatz ein vom Eintritt eines
zufälligen Ereignisses abhängiges Recht auf einen
bestimmten Geldgewinn zu erwerben (Urteil des Reichsfinanzhofs vom
9.4.1929 II A 608/28, Steuer und Wirtschaft 1929 Band II, Nr. 748,
Mrozek-Kartei RennwLottG, § 17, Rechtsspruch Nr. 38; Urteil
des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 2.2.1977 II R 11/74, BFHE 121,
534, BStBl II 1977, 495 = SIS 77 02 74, m.w.N.).
2. Bemessungsgrundlage der Lotteriesteuer ist
gemäß § 17 Satz 3 RennwLottG der
planmäßige Preis (Nennwert) sämtlicher Lose; dieser
umfasst alle vom Spielteilnehmer für den Erwerb des Loses zu
bewirkenden Leistungen und insbesondere den von ihm zu leistenden
Einsatz. Als (offener oder versteckter) Einsatz kommt jede Leistung
- bzw. aus der Sicht des Veranstalters jeder Vermögensvorteil
- in Betracht, die bzw. den der Spieler (Teilnehmer) dem
Veranstalter einer Lotterie als Entgelt für die
Einräumung einer Gewinnhoffnung gewähren muss
(BFH-Urteile vom 7.2.1962 II 182/59 U, BFHE 74, 444, BStBl III
1962, 166 = SIS 62 01 06; vom 6.11.1968 II 6/64, BFHE 94, 87, BStBl
II 1969, 46 = SIS 69 00 29). Das Vorliegen und die Höhe eines
Einsatzes bestimmen sich nach objektiven Merkmalen. Die in der
Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteil in BFHE 94, 87, BStBl II 1969,
46 = SIS 69 00 29, m.w.N.) für die Frage, ob und inwieweit in
einer Leistung ein Einsatz zu erblicken ist, als entscheidend
bezeichnete subjektive Auffassung der Teilnehmer an der
Veranstaltung ist nur bedeutsam, sofern ein versteckter Einsatz zu
erbringen ist. Bei einem - wie hier - offenen Einsatz in Gestalt
des zu entrichtenden Lospreises ist die subjektive Auffassung der
Spielteilnehmer ohne Bedeutung.
3. Nach diesen Grundsätzen gehört
zur Bemessungsgrundlage der Lotteriesteuer nur der
planmäßige Preis der Lose, der vom Teilnehmer als
Einsatz zur Teilnahme an der Lotterie gezahlt wird. Hingegen fehlt
es für Freilose, die - wie im Streitfall - als Gewinn des
gekauften Loses ohne weiteren Einsatz zur erneuten Teilnahme an der
Lotterie berechtigen und keinen Anspruch auf Rückzahlung des
Entgelts begründen, sowohl an einem planmäßigen
Preis als auch an einem von dem Spieler insoweit erbrachten
(weiteren) Einsatz. Die Klägerin hat im Zusammenhang mit den
als Spielgewinn ausgegebenen Freilosen auch keinen weiteren
Vermögensvorteil erlangt.
a) Dem FA ist zwar darin zu folgen, dass dem
Spielteilnehmer durch die Möglichkeit, aufgrund des erworbenen
Loses ein Freilos zu gewinnen, eine (weitere) Gewinnchance
vermittelt wird. Insoweit hat das Freilos einen Geldwert, der dem
ansonsten zu zahlenden Lospreis entspricht. Der Geldwert dieser
Gewinnchance erfüllt aber nicht die Merkmale eines vom
Spielteilnehmer für die Spielteilnahme erbrachten Einsatzes.
Das Freilos ist vielmehr ein Spielgewinn, auch wenn dessen Geldwert
dem eines gekauften Loses entspricht. Nach der eindeutigen Regelung
in § 17 Satz 3 RennwLottG sind jedoch Art und Höhe des
Lotteriegewinns für die Bemessungsgrundlage der Lotteriesteuer
ohne Bedeutung.
b) Eine andere Beurteilung ergibt sich auch
nicht daraus, dass der Spielteilnehmer mit der durch das Freilos
vermittelten erneuten Gewinnchance die Aufwendungen für den
Kauf eines Loses erspart. Der Annahme, der Spielteilnehmer habe mit
dem Gewinn eines Freiloses im Ergebnis seinen Einsatz
zurückerhalten und würde diesen zur weiteren
Spielteilnahme verwenden (so z.B. Erlass des Saarländischen
Ministeriums der Finanzen vom 29.8.2005 B/3-2-171/2005-S 4830,
Umsatz- und Verkehrsteuer-Recht 2006, 42), kann nicht gefolgt
werden. Der aufgrund des gewonnenen Freiloses ersparte Aufwand
für den Erwerb eines weiteren Loses erhöht
lotteriesteuerrechtlich jedenfalls dann nicht die
Bemessungsgrundlage der Lotteriesteuer, wenn - wie im Streitfall -
die Auszahlung des durch das Freilos ersparten Einsatzes
ausgeschlossen ist. In diesem Fall entfällt die durch das
Freilos vermittelte Gewinnchance ausschließlich auf den
für das gekaufte Los gezahlten Einsatz. Ob ein Spielteilnehmer
nach seiner subjektiven Auffassung mit der Einlösung des
Freiloses einen (weiteren) Einsatz erbringt, ist wegen der für
die Bemessungsgrundlage nach § 17 Satz 3 RennwLottG
maßgeblichen objektiven Merkmale (vgl. vorstehend unter
II.2.) unerheblich. An dieser Beurteilung ändert sich auch
dann nichts, wenn der Spielteilnehmer das gewonnene Freilos an
Dritte weitergibt oder veräußert.
c) Ohne Erfolg wendet sich das FA gegen die
Ansicht des FG, es müsse bei der Bemessungsgrundlage der
Lotteriesteuer auch der in der ministeriellen Genehmigung
vorgesehene planmäßige Preis der käuflich zu
erwerbenden Lose von insgesamt 1.000.000 EUR berücksichtigt
werden. Bei der Ermittlung des planmäßigen Preises i.S.
des § 17 Satz 3 RennwLottG ist von dem genehmigten
Lotterieplan auszugehen (Mirre-Baumann, Das Rennwett- und
Lotteriegesetz, 2. Aufl. 1934, § 17 Rz 3). Ein davon
abweichender Preis kann allenfalls dann angesetzt werden, wenn -
wofür im Streitfall nichts ersichtlich oder vorgetragen ist -
die tatsächliche Durchführung der Lotterie vom
genehmigten Spielplan abweicht. Demgemäß war auch unter
Zugrundelegung der der Klägerin erteilten Genehmigung der
Geldwert der insgesamt 200.000 Freilose nicht zu
berücksichtigen.