Finanzbeamter, Befreiung von der StB-Prüfung: Befreiung von der Steuerberaterprüfung aufgrund einer fünfzehnjährigen Tätigkeit als Sachbearbeiter kann einem ehemaligen Angestellten der Finanzverwaltung nach § 38 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a StBerG nur dann gewährt werden, wenn dieser eine einem Beamten des gehobenen Dienstes gleichwertige Aus- oder Vorbildung besaß. - Urt.; BFH 31.3.2009, VII R 29/08; SIS 09 16 14
I. Zwischen den Beteiligten besteht wegen
einer diesbezüglich der Klägerin, Revisionsklägerin
und Revisionsbeklagten (Klägerin) erteilten verbindlichen
Auskunft des Beklagten, Revisionsklägers und
Revisionsbeklagten (im Folgenden: Senatsverwaltung) Streit, ab
welchem Zeitpunkt die Klägerin die Voraussetzungen des §
38 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a des Steuerberatungsgesetzes (StBerG)
erfüllt und eine einem Beamten des gehobenen Dienstes
vergleichbare, in der Finanzverwaltung des Landes als
Sachbearbeiterin oder mindestens in gleichwertiger Stellung
tätige Angestellte war.
Die Klägerin ist im April 1992 als
Verwaltungsangestellte in den Dienst der Berliner Finanzverwaltung
eingetreten. Nach der Probezeit und zwei Lehrgängen wurde sie
ab 21.12.1993 bei einem Finanzamt probeweise als zusätzliche
Sachbearbeiterin auf einem Veranlagungsplatz eingesetzt; dieser
verfügte über einen Sachbearbeiter, die Klägerin als
zusätzliche Sachbearbeiterin und zwei Bearbeiter, welchen
gegenüber die Klägerin in fachlicher Hinsicht
weisungsbefugt war. Die Verantwortlichkeit für den
Veranlagungsplatz lag nach den Feststellungen des Finanzgerichts
(FG) bei beiden Sachbearbeitern gemeinschaftlich. Eine
Schlusszeichnung der von ihr bearbeiteten Vorgänge durfte die
Klägerin erst seit 26.1.1996 vornehmen; davor musste sie die
Akten in der Regel dem Sachgebietsleiter zur Schlusszeichnung
vorlegen. Während dieser Zeit (März bis April 1994) hat
sie am dritten (Abschluss-)Teil des Angestelltenlehrgangs
teilgenommen. Auch nach Übertragung der Zeichnungsbefugnis als
Sachbearbeiterin Ende Januar 1996 musste die Klägerin an zwei
Sachbearbeiterschulungen teilnehmen (Februar bis März 1997 und
Mai bis Juni 1997); dabei handelte es sich um
Ganztagesveranstaltungen in der Finanzschule mit mehreren
Leistungsnachweisen. Nach Abschluss dieser Lehrgänge blieb sie
noch kurzzeitig als Sachbearbeiterin Veranlagung tätig, bis
sie ihre Tätigkeit als Betriebsprüferin aufnahm.
Die Klägerin hat im Juni 2007 bei der
Senatsverwaltung eine verbindliche Auskunft darüber beantragt,
inwieweit sie die Voraussetzungen für eine Befreiung von der
Steuerberaterprüfung aufgrund der vorgenannten
Tätigkeiten in der Finanzverwaltung erfülle. Sie vertrat
dabei die Auffassung, dass ihre Tätigkeit in der Zeit vom
21.12.1993 bis zum 3.8.1997 (Ausscheiden als Sachbearbeiterin)
gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a StBerG
anzuerkennen sei. Dem folgte die Senatsverwaltung jedoch nicht und
erkannte nur die Tätigkeit nach Abschluss der
Sachbearbeiterschulung am 13.6.1997 an, wogegen sich die Klage
richtet.
Das FG hat die Senatsverwaltung
verpflichtet, die von ihr am 5.9.2007 erteilte verbindliche
Auskunft dahin zu ändern, dass die Klägerin bereits ab
dem 26.1.1996 als Sachbearbeiterin oder mindestens in
gleichwertiger Stellung tätig gewesen sei; die weitergehende
Klage hat es abgewiesen. Seine Entscheidung ist in EFG 2008, 1668 =
SIS 08 34 09 veröffentlicht.
Gegen dieses Urteil haben sowohl die
Klägerin als auch die Senatsverwaltung die vom FG zugelassene
Revision eingelegt.
Die Klägerin verfolgt ihr Ziel weiter,
dass ihre Tätigkeit bereits ab 21.12.1993 anerkannt wird. Sie
hebt hervor, das Gesetz setze für eine solche Anerkennung kein
Zeichnungsrecht und auch keine zusätzliche Qualität der
Sachbearbeiterstellung voraus. Entscheidend sei allein, ob jemand
als Sachbearbeiter praktisch tätig gewesen ist.
Die Senatsverwaltung trägt vor, der
Streitfall sei durch eine Besonderheit geprägt, die der
Gesetzgeber bei der Fassung des § 38 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a
StBerG nicht habe berücksichtigen können. Nach der
Wiedervereinigung sei nämlich die Finanzverwaltung gezwungen
gewesen, Angestellte einzustellen und in besonderen
Kurzlehrgängen für eine Tätigkeit im Finanzamt zu
qualifizieren. Der Lehrinhalt sei hinter der für die
Laufbahnbewerber vorgesehenen Ausbildung zurückgeblieben. Auch
sei fraglich, ob die während der Lehrgänge abgehaltenen
Prüfungen den Laufbahnprüfungen gleichwertig seien. Die
Senatsverwaltung unterstelle jedoch zugunsten der Klägerin
eine grundsätzliche Gleichwertigkeit.
Unzutreffend sei aber das FG davon
ausgegangen, dass die Tätigkeit der Klägerin seit Januar
1996 für die Befreiung von der Steuerberaterprüfung zu
berücksichtigen sei. Es sei nämlich nicht ausreichend,
dass die Klägerin entsprechend einem ausgebildeten
Sachbearbeiter des gehobenen Dienstes praktisch tätig geworden
ist, sondern erforderlich, dass auch ihr Ausbildungsabschluss
vergleichbar oder zumindest gleichwertig ist. Ansonsten komme es zu
einer gravierenden Ungleichbehandlung von Angestellten und Beamten,
welche erst nach Bestehen der Laufbahnprüfung als
Sachbearbeiter tätig sein könnten, und es könne auch
nicht klar bestimmt werden, ab welchem Zeitpunkt eine
Tätigkeit als Sachbearbeiter oder in gleichwertiger Stellung
ausgeübt worden ist.
II. Die Revision der Klägerin ist
unbegründet und zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Hingegen ist die Revision der
Senatsverwaltung begründet; sie führt zur Aufhebung des
Urteils des FG, soweit dieses dem Klageantrag entsprechend
entschieden hat, und zur Zurückverweisung der Sache (§
126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO). Das Urteil des FG verletzt insofern
Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO).
1. Befreiung von der Steuerberaterprüfung
- worüber nach § 38a Abs. 1 StBerG eine verbindliche
Auskunft erteilt werden kann - erhalten ehemalige Beamte des
gehobenen Dienstes und vergleichbare Angestellte der
Finanzverwaltung, die im gehobenen Dienst oder als Angestellte in
vergleichbaren Vergütungsgruppen mindestens 15 Jahre auf dem
Gebiet der von den Bundes- oder Landesfinanzbehörden
verwalteten Steuern als Sachbearbeiter oder mindestens in
gleichwertiger Stellung tätig gewesen sind (§ 38 Abs. 1
Nr. 4 Buchst. a StBerG).
Die Vorschrift beruht auf einer Typisierung
(vgl. schon Urteil des Senats vom 30.3.2004 VII R 68/03, BFHE 205,
382, BStBl II 2004, 1019 = SIS 04 23 52); sie geht davon aus, dass
die langjährige Tätigkeit als Sachbearbeiter bzw. in
einer gleichwertigen Stellung auf eine fachliche Qualifikation
schließen lässt, welche eine Befreiung von der
Steuerberaterprüfung rechtfertigt. Dass unter der Geltung
solcher typisierender gesetzlicher Vorschriften Fälle
auftreten können, die nicht dem Typus entsprechen, dass es
also im Einzelfall vorkommen kann, dass die Tätigkeiten und
beruflichen Erfahrungen des Betreffenden auf steuerrechtlichem
Gebiet über das vom Gesetz vermutete Maß hinausgehen
oder dahinter zurückbleiben, ist eine notwendige Folge der
Typisierung. Soweit die Vorschrift auf eine Tätigkeit
„als Sachbearbeiter“ abstellt, verlangt sie, wie
das FG sinngemäß richtig erkannt hat, nicht die
Prüfung, ob der Betreffende der ihm anvertrauten
Tätigkeit als Sachbearbeiter gewachsen war, ob er diese
Tätigkeit beanstandungsfrei ausgeübt hat, ob sie ihm
überhaupt nach seinem damaligen Kenntnis- und Ausbildungsstand
hätte anvertraut werden dürfen und dergleichen mehr. Sie
stellt schlicht darauf ab, ob ihm eine solche Tätigkeit -
über einen langen Zeitraum - anvertraut worden ist, setzt also
insofern darauf, dass dies bei mangelhaften Kenntnissen,
mangelhafter Vorbildung, unzureichender Erfahrung, unzureichenden
Leistungen und dergleichen nicht geschehen wäre. Dass sich
dies zugunsten, aber auch zulasten des Begehrens des Betreffenden,
von der Steuerberaterprüfung befreit zu werden, auswirken
kann, liegt auf der Hand; mancher mag Tätigkeiten
ausgeübt haben, die ihm profundere Kenntnisse und Erfahrungen
vermittelt haben, als die Tätigkeit als Beamter des gehobenen
Dienstes oder Angestellter der Finanzverwaltung in der Funktion
eines Sachbearbeiters normalerweise mit sich bringt, ohne von der
Prüfung befreit werden zu können (vgl. Senatsurteil in
BFHE 205, 382, BStBl II 2004, 1019 = SIS 04 23 52), andere werden
trotz ihres entsprechenden Status und konkreten Einsatzes die darin
vom Gesetzgeber gesetzten Erwartungen allenfalls knapp
erfüllen oder sogar ganz verfehlen und können trotzdem
Befreiung von der Prüfung beanspruchen. Denn solche Defizite
rechtfertigen es nicht, die betreffenden Zeiten einer
Tätigkeit bei der Anwendung des § 38 Abs. 1 Nr. 4 StBerG
nicht mitzuzählen und die betreffenden Personen wie
Auszubildende zu behandeln (dazu Urteil des Senats vom 8.5.1973 VII
R 116/71, BFHE 109, 415, BStBl II 1973, 645 = SIS 73 03 41). Dass
die Angestellten gegenüber den Laufbahnbeamten insofern
möglicherweise im Vorteil sein mögen, wie die
Senatsverwaltung in diesem Zusammenhang kritisiert, beruhte darauf,
dass sie die Position eines Sachbearbeiters im Beitrittsgebiet
offenbar schneller und leichter erlangen konnten, als vergleichbare
Beamte; § 38 StBerG bietet indes keine Handhabe, diesen
Vorteil im Rahmen der Anerkennung einer Tätigkeit als der
eines Sachbearbeiters gleichwertig nicht durchschlagen zu lassen.
Im Übrigen scheinen die Defizite dieser Mitarbeiter aus der
Sicht der damals für den ordnungsgemäßen Vollzug
des Steuerrechts im Beitrittsgebiet Verantwortlichen nicht so
groß gewesen zu sein, dass sie diese daran gehindert
hätten, den Betreffenden unter Umständen bereits ein
Zeichnungsrecht zu gewähren, sie also dienstlich wie
Sachbearbeiter zu behandeln.
2. § 38 Abs. 1 StBerG stellt allerdings
nicht allein darauf ab, dass der künftige Steuerberater, der
von der Prüfung befreit werden möchte, auf
steuerrechtlichem Gebiet in einer bestimmten Funktion oder Stellung
tätig gewesen ist. Die Voraussetzungen eines
prüfungsfreien Zugangs zum Beruf des Steuerberaters werden von
der Vorschrift in vier Ziffern differenziert danach geregelt, ob
die Betreffenden Professoren, Finanzrichter, Beamte des
höheren Dienstes oder - so Nr. 4 - Beamte des gehobenen
Dienstes oder „vergleichbare“ Angestellte sind
und ob sie als solche in der dort näher bezeichneten Weise und
für eine dort ebenfalls differenzierend bestimmte Zeitspanne
auf dem Gebiet des Steuerrechts tätig gewesen sind. Diese
Systematik lässt, worauf die Senatsverwaltung insbesondere in
der mündlichen Verhandlung überzeugend hingewiesen hat,
erkennen, dass es neben einer bestimmten Tätigkeit von
bestimmter Dauer für eine Befreiung von der
Steuerberaterprüfung darauf ankommt, dass der Betreffende
einer der in der Vorschrift bezeichneten und unterschiedenen
Personengruppen angehört, also, was die Nr. 4 angeht, Beamter
des gehobenen Dienstes oder ein „vergleichbarer“
Angestellter ist.
Diese Voraussetzung wird allerdings in der
Regel keine selbständige Bedeutung erlangen, weil die in der
Vorschrift bezeichneten Funktionen - Professor, Finanzrichter,
Sachgebietsleiter, Sachbearbeiter - im Allgemeinen Personen nicht
zugänglich sind, welche nicht den in den einzelnen Nummern
einleitend namentlich bezeichneten Status - Professor,
Finanzrichter oder Beamter des höheren bzw. des gehobenen
Dienstes - haben. Sie bedarf indes dann einer gesonderten
Prüfung, wenn es um einen Berufsbewerber geht, der keiner
dieser eben aufgeführten Gruppen angehört, sich aber
darauf beruft, gleichwohl als „vergleichbarer“
Angestellter einen prüfungsfreien Berufszugang - bei
Erfüllung der sonstigen gesetzlichen Voraussetzungen -
beanspruchen zu können.
So ist es im Falle der Klägerin. Sie ist
nicht seit 1993 oder seit 1996 als Beamtin des gehobenen Dienstes
in der Finanzverwaltung tätig gewesen, sondern allenfalls als
„vergleichbare“ Angestellte anzusehen.
Die Würdigung, eine Person sei einem
Beamten des gehobenen Dienstes „vergleichbar“,
setzt dabei insbesondere voraus, dass diese über eine einem
Beamten des gehobenen Dienstes vergleichbare Aus- oder zumindest
Vorbildung verfügt, also bezogen auf das heutige
Bildungssystem in den Ländern der Bundesrepublik Deutschland
über eine einer Fachhochschulausbildung gleichwertige
Ausbildung, von welcher § 38 StBerG freilich nicht verlangt,
dass sie auf einem bestimmten Gebiet - etwa den
Wirtschaftswissenschaften oder gar dem Steuerrecht - absolviert
worden sein muss.
3. Für den Zeitraum Januar 1996 bis Juni
1997 hat das FG eine einem Sachbearbeiter vergleichbare
Tätigkeit der Klägerin in Würdigung der
tatsächlichen Verhältnisse bejaht. Es kommt deshalb
darauf an, ob die Klägerin damals auch bereits als eine einem
Beamten des gehobenen Dienstes „vergleichbare“
Angestellte angesehen werden konnte. Das ist bislang nicht
festgestellt.
Über die von der Klägerin vor ihrem
Eintritt in die Finanzverwaltung absolvierte Ausbildung oder
Vorbildung enthält das angefochtene Urteil nichts. Dass die
Ausbildung, welche die Klägerin nach ihrem Eintritt in die
Finanzverwaltung in den eingangs genannten Lehrgängen und
Schulungen erhalten hat, das Erfordernis einer gleichwertigen
Ausbildung erfüllt, will die Senatsverwaltung zwar für
den Zeitraum ab 1997 zugunsten der Klägerin
„unterstellen“, was deshalb gerechtfertigt
erscheinen mag, weil die Klägerin seit Juni 1997 vorbehaltlos
mit Funktionen und Aufgaben betraut ist, die gemeinhin eine solche
Ausbildung erfordern, und weil dies als ein ausreichender
Anhaltspunkt dafür angesehen werden kann, dass die
Klägerin inzwischen - unbeschadet ihres durch die
Zeitläufe bedingten ungewöhnlichen Bildungsweges und der
insgesamt möglicherweise wesentlich kürzeren
Ausbildungszeit als sie ein Beamter des gehobenen Dienstes bzw. der
Absolvent einer Fachhochschule vorweisen kann - einen
Ausbildungsstand erreicht hat, der sie jenen vergleichbar
macht.
Dass dies indes bereits im Januar 1996 oder
sogar schon im Dezember 1993 der Fall war, wie die Klägerin
für ihr Begehren anführen müsste, lässt sich
den bisher vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen
nicht nachvollziehbar entnehmen. Diese sind folglich im zweiten
Rechtsgang zu vertiefen, was dem FG auch Gelegenheit geben wird,
seine Beurteilung der sog. Sachbearbeiterschulungen als bloße
Fortbildungsveranstaltungen zu überprüfen und ggf. durch
hinreichend substantiierte Tatsachenfeststellungen zu
untermauern.
Die Revision der Senatsverwaltung muss mithin
Erfolg haben und die Sache insofern an das FG zurückgehen.
4. Sollte das FG im zweiten Rechtsgang zu dem
Ergebnis gelangen, dass die Klägerin in dem eben
erläuterten Sinn als eine einem Beamten des gehobenen Dienstes
vergleichbare Angestellte (jedenfalls seit 1996) anzusehen ist,
wird es das durch das Achte Gesetz zur Änderung des
Steuerberatungsgesetzes vom 8.4.2008 (BGBl I 2008, 666) in §
38 Abs. 1 StBerG im 2. Halbsatz von Nr. 4 Buchst. a (zur
Klarstellung, vgl. BTDrucks 16/7077, S. 29) hinzugefügte
Erfordernis, dass die 15-jährige Tätigkeit als
Sachbearbeiter oder mindestens in gleichwertiger Stellung im
gehobenen Dienst oder als Angestellter in vergleichbaren
Vergütungsgruppen abgeleistet worden sein muss, zu prüfen
haben.
Dieses Gesetz ist am 12.4.2008, also
während des Verfahrens vor dem FG, in Kraft getreten. Nach
§ 157a Abs. 1 Satz 1 StBerG sind die durch dieses Gesetz neu
gefassten Vorschriften über u.a. die Befreiung von der
Steuerberaterprüfung und eine verbindliche Auskunft
hierüber nicht anzuwenden, wenn das Auskunftsbegehren vor dem
31.12.2008 gestellt worden ist, wie es bei der Klägerin der
Fall ist. Nach § 157a Abs. 1 Satz 2 StBerG gilt dies
allerdings nicht für die Neufassung des - hier
einschlägigen - § 38 Abs. 1 StBerG, die mithin
grundsätzlich auch auf bei Inkrafttreten des
Änderungsgesetzes anhängige Anträge anzuwenden
ist.
Die Klägerin hat freilich ihren
Auskunftsantrag nicht nur vor Inkrafttreten des vorgenannten
Änderungsgesetzes gestellt, sondern über diesen ist von
der Senatsverwaltung auch vor Inkrafttreten des Gesetzes
entschieden worden. Die Neufassung des § 38 Abs. 1 Nr. 4
Buchst. a StBerG ist aber gleichwohl auch im Streitfall anzuwenden,
ohne dass der erkennende Senat die Zweifelsfrage entscheiden
müsste, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen eine
Vorschrift, welche die Freiheit der Berufswahl beschränkt
(hier: von einer bestimmten langjährigen Berufstätigkeit
- vorbehaltlich der Alternative einer erfolgreichen Teilnahme an
der Steuerberaterprüfung - abhängig macht), auf vor ihrem
Inkrafttreten abgeschlossene Verwaltungsverfahren - bei
verfassungskonformer Auslegung - angewandt werden kann (vgl. dazu
u.a. Redeker/von Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung, 14. Aufl.,
§ 108 Rz 22 f.; Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung,
Kommentar, 15. Aufl., § 113 Rz 223; Gerhardt in
Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO § 113 Rz 66). Denn
das Begehren der Klägerin richtete sich nicht unmittelbar auf
eine prüfungsfreie Bestellung als Steuerberaterin, sondern auf
die Erteilung einer Auskunft darüber, in welchem Umfang sie
die Voraussetzungen für eine solche Bestellung erfüllt.
Auch wenn es insofern gleichsam um einen vorweggenommenen Teil des
Bestellungsverfahrens geht, hätte die Klägerin, selbst
wenn ihr die begehrte Auskunft nach altem Recht erteilt worden
wäre, aufgrund der Auskunft doch nur eine, allerdings, was die
Befreiung von der Steuerberaterprüfung angeht, gesicherte
Erwartung erlangt, als Steuerberaterin bestellt werden zu
können. Sie könnte deshalb jedenfalls nicht den gleichen
Schutz ihres von der Behörde zu Unrecht geleugneten Rechts
beanspruchen wie möglicherweise ein nach Maßgabe des im
Verwaltungsverfahren anwendbaren Rechts zu Unrecht abgewiesener
Berufsbewerber für sein Anwartschaftsrecht auf
Berufszulassung. Vielmehr begegnet die rückwirkende Anwendung
der vorgenannten Gesetzesänderung auf Auskunftsersuchen, auch
wenn das verwaltungsbehördliche Verfahren abgeschlossen war,
unter dem Gesichtspunkt der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 des
Grundgesetzes) keinen durchgreifenden Bedenken. Dem einfachen
Recht, insbesondere dem § 38a StBerG, ist ebenfalls nicht zu
entnehmen, dass auf die Rechtslage im Zeitpunkt der (ggf. letzten)
Behördenentscheidung abzustellen ist, so dass diese und nicht
das jeweils geltende Recht bei der Entscheidung über eine auf
Auskunftserteilung gerichtete Verpflichtungsklage zugrunde zu legen
wäre.
5. Soweit das FG die Klage abgewiesen hat -
also wegen der Tätigkeit der Klägerin von Dezember 1993
bis Januar 1996 -, kommt es allerdings auf eine Würdigung der
Ausbildung der Klägerin nicht an, weil sie angesichts ihrer
Tätigkeit während dieses Zeitraums die Voraussetzungen
des § 38 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a StBerG selbst dann nicht
erfüllte, wenn ihre damalige Ausbildung sie einem Beamten des
gehobenen Dienstes vergleichbar erscheinen ließe. Die
Revision der Klägerin ist mithin unbegründet und daher
zurückzuweisen.
Eine Tätigkeit als Sachbearbeiter oder in
vergleichbarer Stellung verlangt nach dem Urteil des Senats vom
28.6.1966 VII 88/65 (BFHE 86, 414, BStBl III 1966, 524 = SIS 66 03 31) eine Tätigkeit, die von dem Betreffenden
„selbständig“ ausgeübt wird, sich also
darin von der Tätigkeit eines
„Mitarbeiters“ unterscheidet, der dem
Sachbearbeiter bei der Erledigung seiner Aufgaben
„hilft“, und für welche Tätigkeit der
Betreffende, wenn auch unter der Leitung des Sachgebietsleiters,
die Verantwortung trägt; das Maß der
Selbständigkeit und Verantwortlichkeit sei dabei entscheidend.
Auf die in jedwedem Zusammenhang gebrauchte Bezeichnung der
betreffenden Tätigkeit als solche kommt es also nicht an.
Eine solche Tätigkeit hat die
Klägerin in dem Zeitraum vom 21.12.1993 bis zum 25.1.1996 nach
den tatsächlichen Feststellungen des FG, dessen
diesbezügliche rechtliche Würdigung dem Bundesrecht
entspricht (§ 118 Abs. 1 FGO), nicht ausgeübt. Das FG hat
in diesem Zusammenhang maßgeblich darauf abgestellt, dass der
Klägerin in diesem Zeitraum kein Zeichnungsrecht zustand, und
es hat daraus sinngemäß gefolgert, dass sie ihr
Arbeitsgebiet nicht wie ein Sachbearbeiter in eigener Verantwortung
bearbeitet hat und ihr nur aufgrund der im Beitrittsgebiet
bestehenden personalwirtschaftlichen Zwänge probeweise
Sachbearbeiteraufgaben übertragen worden sind, obwohl sie den
damit verbundenen Anforderungen an sich noch nicht gerecht werden
konnte und gerecht geworden ist und deshalb noch der ständigen
Kontrolle und Anleitung durch den Sachgebietsleiter bedurfte.
Diese in tatsächlicher Hinsicht
mögliche Würdigung, gegen die keine Verfahrensrügen
erhoben worden sind, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Sie stellt zutreffend entscheidend auf den Gesichtspunkt der
(fehlenden) Selbständigkeit und Verantwortlichkeit der
Klägerin ab, die auch der erkennende Senat in seinem Urteil in
BFHE 86, 414, BStBl III 1966, 524 = SIS 66 03 31 als für die
Unterscheidung zwischen der Funktion eines Sachbearbeiters und
eines „Mitarbeiters“ i.S. des § 8 der
Geschäftsordnung für die Finanzämter (FAGO a.F.)
(heute Nr. 2.5 FAGO) wesentlich behandelt hat. Die Würdigung
des FG steht auch nicht insofern in Widerspruch zu diesem Urteil
des erkennenden Senats, als der Senat dort allerdings darauf
hingewiesen hat, dass das Gesetz für die Anerkennung einer
Tätigkeit als „gleichwertig“ bzw. als
Sachbearbeitertätigkeit ein Zeichnungsrecht nicht voraussetze.
Das hat indes auch das FG in seinem Urteil nicht getan, sondern,
wie erwähnt, sinngemäß lediglich aus dem fehlenden
Zeichnungsrecht der Klägerin Rückschlüsse auf die
Art ihrer Tätigkeit und ihre (fehlende) Verantwortlichkeit
für die Ergebnisse dieser Tätigkeit gezogen. Es kann
daher unentschieden bleiben, ob ohne zumindest eingeschränktes
Recht zur Zeichnung der von ihm bearbeiteten Vorgänge, durch
welche nach Nr. 4.1 Abs. 2 FAGO zum Ausdruck kommt, dass der
Betreffende die Verantwortung für das Arbeitsergebnis
übernimmt, angenommen werden könnte, jemand habe eine
einem Sachbearbeiter gleichwertige Stellung inne.