Zukunftssicherung, LSt-Pauschalierung: Die Beendigung des Dienstverhältnisses i.S. des § 40 b Abs. 2 Satz 3 1. Halbsatz EStG ist die nach bürgerlichem (Arbeits-)Recht wirksame Beendigung. Ein Dienstverhältnis kann daher auch dann beendet sein, wenn der Arbeitnehmer und sein bisheriger Arbeitgeber im Anschluss an das bisherige Dienstverhältnis ein neues vereinbaren, sofern es sich nicht als Fortsetzung des bisherigen erweist. Es liegt keine solche Beendigung vor, wenn das neue Dienstverhältnis mit demselben Arbeitgeber in Bezug auf den Arbeitsbereich, die Entlohnung und die sozialen Besitzstände im Wesentlichen dem bisherigen Dienstverhältnis entspricht. - Urt.; BFH 30.10.2008, VI R 53/05; SIS 08 44 54
I. Streitig ist, ob der Kläger und
Revisionskläger (Kläger) für vom Arbeitgeber
erbrachte Zukunftssicherungsleistungen die Lohnsteuerpauschalierung
nach § 40b Abs. 2 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in
Anspruch nehmen kann.
Der Kläger war im Streitjahr (1999)
alleiniger Gesellschafter der ... GmbH (GmbH) und seit 1970 auch
deren einziger Geschäftsführer. Nach dem zwischen dem
Kläger und der GmbH 1988 abgeschlossenen Anstellungsvertrag
stand dem Kläger mit Vollendung des 65. Lebensjahres ein
Pensionsanspruch in Höhe von 2.000 DM monatlich zu. Im Juni
1999 vollendete der Kläger sein 65. Lebensjahr.
Im Hinblick darauf beschloss die
Gesellschafterversammlung der GmbH in der Person des Klägers
am 11.5.1999, den Dienstvertrag mit dem Kläger zum 30.6.1999
aufzuheben. Weiter sollte die GmbH zur Ablösung der
Pensionsvereinbarung den Betrag aus der
Rückdeckungsversicherung in eine Direktversicherung mit
Rentensofortbezug zugunsten des Klägers einzahlen. Die GmbH
und der Kläger gingen davon aus, dass diese Leistung an den
Kläger nach § 40b EStG teilweise pauschaliert versteuert
werden könne.
Am 22.5.1999 vereinbarten die durch den
Kläger vertretene GmbH und der Kläger in einem
Aufhebungs- und Abwicklungsvertrag, den Anstellungsvertrag
aufzuheben und die Pensionsvereinbarung, wie im Beschluss der
Gesellschafterversammlung vorgesehen, abzulösen. Mit einem
weiteren zwischen dem Kläger und der GmbH am 28.6.1999
abgeschlossenen Vertrag wurde vereinbart, dass der Kläger ab
1.7.1999 auf unbestimmte Zeit mit einer Wochenarbeitszeit von 16
Stunden und monatlichen Bezügen von 3.000 DM für die GmbH
tätig sein sollte. Die Präambel des Vertrags lautete
„Damit das Wissen, die Erfahrung, die Kunden- und
Lieferantenbeziehungen der Gesellschaft auch weiterhin zur
Verfügung stehen“. Zum 1.7.1999 stellte die GmbH
schließlich zwei Geschäftsführer ein, die den
Anstellungsvertrag zwischen dem Kläger und der GmbH am selben
Tag unterzeichneten.
Die von der GmbH gezahlten Beiträge
zur Direktversicherung in Höhe von 315.793 DM versteuerte die
GmbH zu einem Teilbetrag in Höhe von 125.136 DM pauschal nach
§ 40b Abs. 2 Satz 3 EStG mit 20 %. Der Kläger
berücksichtigte in seiner Einkommensteuererklärung seine
laufenden Bezüge als Geschäftsführer und als Berater
der GmbH. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -
) veranlagte den Kläger mit Bescheid vom 30.8.2001
erklärungsgemäß.
Im Anschluss an eine bei der GmbH
durchgeführten Außenprüfung vertrat das FA auf
Grundlage der Feststellungen der Außenprüfung die
Ansicht, dass die Beiträge zur Direktversicherung mit
Rentensofortbezug in Höhe von insgesamt 315.793 DM als
lohnsteuerpflichtiger Bezug des Klägers zu erfassen seien. Mit
nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO)
geändertem Einkommensteuerbescheid vom 15.5.2002
berücksichtigte das FA die von der GmbH gezahlten Beträge
zur Direktversicherung als Arbeitslohn. Eine Besteuerung des
Teilbetrags in Höhe von 125.136 DM nach § 40b Abs. 2 Satz
3 EStG ließ es dabei nicht zu, weil dies nur aus Anlass der
Beendigung eines Dienstverhältnisses möglich sei, aber
das Dienstverhältnis mit dem Kläger über den
30.6.1999 hinaus fortbestanden habe.
Der Einspruch blieb erfolglos. Das
Finanzgericht (FG) wies die dagegen erhobene Klage mit den in EFG
2006, 50 = SIS 06 04 80 veröffentlichten Gründen
hinsichtlich des Streitpunkts der pauschalen Lohnversteuerung ab.
Es folgte insbesondere nicht der vom Kläger vertretenen
Auffassung, dass das Dienstverhältnis i.S. der
Pauschalierungsvorschrift des § 40b Abs. 2 Satz 3 EStG beendet
worden sei.
Das FA hat in Vollzug des Urteils des FG
den streitigen Einkommensteuerbescheid für 1999 mit Bescheid
vom 29.8.2005 geändert.
Mit der Revision rügt der Kläger
die Verletzung materiellen Rechts (§ 40b EStG).
Er beantragt sinngemäß, das
Urteil des FG Niedersachsen im angefochtenen Umfang aufzuheben und
den Bescheid für 1999 über Einkommensteuer, Kirchensteuer
und Solidaritätszuschlag in Gestalt des geänderten
Bescheids vom 29.8.2005 dahingehend zu ändern, dass die
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit um 125.136 DM
vermindert werden.
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
Zur Begründung nimmt das FA im
Wesentlichen auf die Gründe der finanzgerichtlichen
Entscheidung Bezug.
II. Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung der Vorentscheidung im angefochtenen
Umfang und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur
anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz
1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat zu Unrecht
die Beendigung des Dienstverhältnisses des Klägers i.S.
des § 40b Abs. 2 Satz 3 1. Halbsatz EStG verneint. Mangels
ausreichender Feststellungen kann der Senat nicht entscheiden, wie
viele Dienstjahre bei der Ermittlung des Pauschalierungsbetrags
zugrunde zu legen sind.
1. Nach § 40b Abs. 1 EStG in der für
das Streitjahr geltenden Fassung kann der Arbeitgeber die
Lohnsteuer u.a. von den Beiträgen für eine
Direktversicherung des Arbeitnehmers mit einem Pauschsteuersatz von
20 % der Beiträge und Zuwendungen erheben. Dies gilt nach
§ 40b Abs. 2 Satz 1 EStG nicht, soweit die zu besteuernden
Beiträge und Zuwendungen des Arbeitgebers für den
Arbeitnehmer 3.408 DM im Kalenderjahr übersteigen oder nicht
aus seinem ersten Dienstverhältnis bezogen werden. Nach §
40b Abs. 2 Satz 3 1. Halbsatz EStG vervielfältigt sich
für Beiträge und Zuwendungen, die der Arbeitgeber
für den Arbeitnehmer aus Anlass der Beendigung des
Dienstverhältnisses erbracht hat, der Betrag von 3.408 DM mit
der Anzahl der Kalenderjahre, in denen das Dienstverhältnis
des Arbeitnehmers zu dem Arbeitgeber bestanden hat.
2. Das FG hat zu Unrecht die Beendigung des
Dienstverhältnisses des Klägers i.S. des § 40b Abs.
2 Satz 3 1. Halbsatz EStG verneint. Das Dienstverhältnis als
Geschäftsführer war durch den Beendigungs- und
Aufhebungsvertrag vom 22.5.1999 mit Wirkung zum 30.6.1999 beendet
worden, auch wenn der Kläger mit Vereinbarung vom 1.7.1999
einen neuen Anstellungsvertrag abgeschlossen hat.
a) Beendigung des Dienstverhältnisses
i.S. des § 40b Abs. 2 Satz 3 1. Halbsatz EStG ist die nach
bürgerlichem (Arbeits-)Recht wirksame Beendigung, die
regelmäßig durch die Kündigung als einseitig
empfangsbedürftige Willenserklärung oder durch
zweiseitigen Aufhebungsvertrag bewirkt wird. Eine solche Beendigung
kann auch dann gegeben sein, wenn der Arbeitnehmer und sein
bisheriger Arbeitgeber im Anschluss daran ein neues
Dienstverhältnis vereinbaren, sofern sich das neue
Dienstverhältnis nicht als Fortsetzung des bisherigen erweist.
Denn der Abschluss eines neuen Arbeitsvertrags lässt die
Rechtswirksamkeit einer vorangegangenen Kündigung oder
Aufhebung des bisherigen Arbeitsvertrags grundsätzlich
unberührt.
b) Der erkennende Senat hat schon früher
zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen von einer
Auflösung des Dienstverhältnisses i.S. des § 3 Nr. 9
EStG in der bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2005
geltenden Fassung (a.F.) oder einer Fortsetzung des bisherigen
auszugehen ist, entschieden. Danach wird ein bestehendes
Dienstverhältnis nicht fortgesetzt, wenn der Arbeitnehmer nach
Beendigung dieses Verhältnisses mit demselben Arbeitgeber ein
neues Dienstverhältnis zu anderen Bedingungen begründet
und dabei in einem ganz anderen Bereich und in anderer Position,
mit einer niedrigeren Vergütung und einer erheblich geringeren
Stundenzahl für den Arbeitgeber tätig wird und auch die
Voraussetzungen für eine Änderungskündigung nicht
vorliegen (vgl. Senatsurteil vom 10.10.1986 VI R 178/83, BFHE 148,
257, BStBl II 1987, 186 = SIS 87 04 39). Dem entspricht im
Grundsatz die mittlerweile ständige Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofs (BFH) zu § 3 Nr. 9 EStG a.F. (vgl.
BFH-Urteile vom 2.4.2008 IX R 82/07, BFH/NV 2008, 1325 = SIS 08 28 17; vom 9.5.2007 XI R 52/05, BFH/NV 2007, 1857 = SIS 07 32 16 zur
Auflösung im Falle eines Management buy out; vom 21.6.1990 X R
48/86, BFHE 161, 372, BStBl II 1990, 1021 = SIS 90 22 31 für
die Fälle des Betriebsübergangs i.S. des § 613a des
Bürgerlichen Gesetzbuches, jeweils m.w.N.).
c) Die zu der Frage der Auflösung des
Dienstverhältnisses i.S. des § 3 Nr. 9 EStG (a.F.)
entwickelten Grundsätze gelten auch für die Frage der
Beendigung des Dienstverhältnisses i.S. des § 40b EStG.
Eine Beendigung des Dienstverhältnisses liegt danach vor, wenn
der Arbeitnehmer auf Grundlage des neuen Dienstverhältnisses
in einem gegenüber dem bisherigen Dienstverhältnis ganz
anderen Bereich und in anderer Stellung, mit einer niedrigeren
Vergütung und einer erheblich geringeren Stundenzahl für
den Arbeitgeber tätig wird. Dagegen fehlt es an einer solchen
Beendigung, wenn das neue Dienstverhältnis mit demselben
Arbeitgeber in Bezug auf den Arbeitsbereich, die Entlohnung und die
sozialen Besitzstände im Wesentlichen dem bisherigen
Dienstverhältnis entspricht.
aa) Der Übertragung der zu § 3 Nr. 9
EStG (a.F.) entwickelten Rechtsgrundsätze steht - entgegen der
Auffassung des FG - insbesondere nicht entgegen, dass § 40b
EStG den Begriff der Beendigung, § 3 Nr. 9 EStG (a.F.) dagegen
den der Auflösung verwendet. Denn auch eine tatsächliche
Beendigung des bisherigen Dienstverhältnisses kann dann
vorliegen, wenn der Arbeitnehmer nach dessen Beendigung mit
demselben Arbeitgeber ein neues Dienstverhältnis zu wesentlich
anderen Bedingungen begründet. Weiter gibt es keine
Anhaltspunkte dafür, dass das Einkommensteuergesetz die
Begriffe Auflösung und Beendigung im Zusammenhang mit dem
Arbeitsverhältnis verwendet, um zwischen rechtlicher und
tatsächlicher Betrachtungsweise zu differenzieren. Dies findet
seine Bestätigung in der Begründung des Gesetzesentwurfs
zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BTDrucks
7/1281, S. 41). Denn dort wird § 40b Abs. 2 EStG dahin
erläutert, dass die Regelung durch eine
„Auflösung“ des Dienstverhältnisses
veranlasste Zuwendungen betreffe, also die Begriffe Beendigung und
Auflösung in Zusammenhang mit § 40b Abs. 2 EStG
offensichtlich als Synonyme versteht.
bb) Dem Zweck der mit dem Gesetz zur
Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung eingeführten
Vervielfältigungsregelung steht schließlich nicht
entgegen, in § 40b Abs. 2 EStG auch die Fälle
einzubeziehen, in denen sich an ein aufgelöstes
Dienstverhältnis nahtlos ein neues, aber inhaltlich wesentlich
geändertes Dienstverhältnis anschließt. Denn die
Vervielfältigungsregelung sollte ausweislich der
Gesetzesmaterialien dem Arbeitgeber die Möglichkeit
erleichtern, bei einem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem
Dienstverhältnis unverfallbare Versorgungszusagen auf eine
außerbetriebliche Versorgungseinrichtung zu übertragen,
um damit das Risiko der Versorgung des Arbeitnehmers auf einen
Dritten zu verlagern und so dem Arbeitnehmer eine Absicherung
zukommen zu lassen, die nicht mehr vom wirtschaftlichen Schicksal
seines bisherigen Arbeitgebers abhängt (vgl. Begründung
des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der
betrieblichen Altersversorgung, BTDrucks 7/1281, S. 41). Ein
solches Bedürfnis nach arbeitgeberunabhängiger
Absicherung besteht aber jedenfalls auch in Fällen, in denen
der Arbeitnehmer aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis
ausscheidet und zu wesentlich geänderten Bedingungen mit dem
bisherigen Arbeitgeber ein neues Arbeitsverhältnis, das
insbesondere keine betriebliche Altersversorgung mehr vorsieht,
eingeht. Dies gilt erst recht, wenn der Arbeitnehmer wegen
Erreichens der Altersgrenze ausscheidet.
d) Danach hat im Streitfall der Arbeitgeber
des Klägers die Beiträge zur Direktversicherung aus
Anlass der Beendigung des Dienstverhältnisses erbracht. Mit
der Aufnahme der Tätigkeit als Berater der GmbH wurde das
frühere Dienstverhältnis nicht fortgesetzt. Denn der
Kläger war in seinem neuen Dienstverhältnis nicht nur mit
einer niedrigeren Vergütung und im Vergleich zu seiner
früheren Geschäftsführertätigkeit zu einer
erheblich geringeren Stundenzahl für den Arbeitgeber
tätig. Er war auch auf Grundlage des neuen
Dienstverhältnisses in einem ganz anderen Bereich und als
Berater insbesondere in einer wesentlich anderen, mit der
früheren Stellung als Geschäftsführer nicht mehr
vergleichbaren Funktion tätig. Denn die
Geschäftsführerstellung unterscheidet sich grundlegend in
rechtlicher Hinsicht von der eines (leitenden) Angestellten.
Dementsprechend stellt das Dienstverhältnis als
Gesellschafter-Geschäftsführer rechtlich und
wirtschaftlich betrachtet keine Fortsetzung des früheren
Dienstverhältnisses als Angestellter dar und umgekehrt (vgl.
BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 1325 = SIS 08 28 17).
3. Die Sache ist nicht spruchreif. Der Senat
kann nicht abschließend entscheiden, in welcher Höhe die
Zuwendungen an die Direktversicherung der Pauschalierung nach
§§ 40b Abs. 2 Satz 3, Abs. 4, 40 Abs. 3 EStG unterliegen.
Denn das FG hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus zu Recht - bisher
keine ausreichenden Feststellungen zu der Anzahl der Kalenderjahre,
in denen das Dienstverhältnis des Klägers zu seinem
Arbeitgeber bestanden hatte, getroffen. Auf Grundlage dieser im
zweiten Rechtsgang vom FG nachzuholenden Feststellungen ist der
Vervielfältiger des in § 40b Abs. 2 Satz 3 EStG genannten
Betrags zu ermitteln.