GmbH:Anteil, Wirksamwerden der Einziehung: Die Einziehung eines GmbH-Anteils kann frühestens mit ihrer zivilrechtlichen Wirksamkeit zu einem Verlust i.S. von § 17 EStG führen. - Urt.; BFH 22.7.2008, IX R 15/08; SIS 08 37 76
I. Der Kläger und Revisionskläger
(Kläger) hielt als einer von zwei Gesellschaftern 50 % der
Anteile an der C-GmbH (GmbH). Die Stammeinlagen von jeweils 25.000
DM wurden durch Barzahlung erbracht. Laut Gesellschaftsvertrag
konnte die GmbH mit einer Frist von sechs Monaten zum Schluss eines
Geschäftsjahres gekündigt werden. Bei Kündigung oder
Austritt aus der Gesellschaft konnte der Geschäftsanteil
zwangsweise eingezogen oder dessen Abtretung verlangt werden. Der
Kläger kündigte die Gesellschaft fristgemäß
zum 31.12.1995. Nach bis in den Sommer 1998 (Streitjahr) dauernden
erfolglosen Verhandlungen der Gesellschafter wurde der
Gesellschaftsanteil des Klägers durch Gesellschafterbeschluss
vom 10.9.1998 mit Wirkung vom 31.12.1995 gemäß § 34
Abs. 2 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit
beschränkter Haftung (GmbHG) eingezogen. Im Mai 2000 teilte
die GmbH dies dem Kläger mit; ein Einziehungsentgeltanspruch
zu Gunsten des Klägers bestehe nicht mehr.
Den sich aus dem Ausfall der Stammeinlage
ergebenden Verlust i.S. von § 17 des Einkommensteuergesetzes
(EStG) in Höhe von 12.783 EUR erklärten die Kläger
erstmals in der Einkommensteuererklärung für das Jahr
2003. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - )
berücksichtigte diesen Verlust im Einkommensteuerbescheid 2003
nicht. Im Einspruchsverfahren führte der Kläger im Januar
2005 gegenüber dem FA aus, dass der Verlust im Jahr der
Einziehung des Geschäftsanteils, d.h. im Streitjahr, zu
erfassen sei. Das FA lehnte den Antrag auf nachträgliche
Berücksichtigung des Verlustes durch Änderung der
bestandskräftigen Einkommensteuerfestsetzung 1998 ab. Der
Einspruch hatte keinen Erfolg. Insbesondere verneinte das FA die
Voraussetzungen für eine Änderung nach § 173 Abs. 1
Nr. 2 der Abgabenordnung (AO), da sich dem Kläger nach
Einziehung der GmbH-Anteile im Streitjahr die Frage nach der
Klärung der steuerlichen Beurteilung des erlittenen Verlustes
im Zusammenhang mit der Abgabe der Einkommensteuererklärung
hätte aufdrängen müssen, zumal diese erst im Jahr
2002 beim FA eingereicht worden sei.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage in
seinem in EFG 2008, 845 = SIS 08 23 65, veröffentlichten
Urteil ab. Es könne dahinstehen, ob die bestandskräftige
Einkommensteuerfestsetzung des Streitjahres geändert werden
könnte. Jedenfalls sei in diesem Jahr kein Verlust des
Klägers aus § 17 EStG steuermindernd zu
berücksichtigen. Der ausscheidende Gesellschafter verliere
seine Anteile frühestens mit der Bekanntgabe des
Einziehungsbeschlusses, die im Streitfall erst im Jahr 2000 erfolgt
sei.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Revision
machen die Kläger geltend, ein gesellschaftsrechtlicher
Einziehungsbeschluss führe bereits mit dem Tag des Beschlusses
zu einem Verlust nach § 17 EStG.
Die Kläger beantragen
sinngemäß, das Urteil des FG aufzuheben und den
Einkommensteuerbescheid für 1998 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 24.5.2006 dahingehend zu ändern,
dass ein Verlust i.S. von § 17 EStG in Höhe von 12.783
EUR berücksichtigt wird.
Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet und
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Zu Recht hat das FG einen Verlust
des Klägers im Streitjahr aus der Einziehung seines Anteils an
der GmbH verneint.
1. Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1
EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der
Gewinn bzw. der Verlust aus der Veräußerung von Anteilen
an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer
innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft
wesentlich beteiligt war und er die Beteiligung im
Privatvermögen hielt. Gemäß § 17 Abs. 4 EStG
steht die Auflösung der Kapitalgesellschaft der
Veräußerung gleich. Zu einem Verlust i.S. von § 17
Abs. 2 EStG kann auch die Einziehung von GmbH-Anteilen führen
(Blümich/Ebling, § 17 EStG Rz 146, Schmidt/Weber-Grellet,
EStG, § 17 Rz 101; Eilers/R. Schmidt in
Herrmann/Heuer/Raupach, § 17 EStG Rz 89, m.w.N.).
2. Mit dem Einziehungsbeschluss vom September
1998 ist jedenfalls im Streitjahr kein Verlust i.S. von § 17
Abs. 2 EStG entstanden.
Die Mitgliedschaft in einer fortbestehenden
GmbH endet für den Kündigenden, wenn sein Anteil
gemäß § 34 GmbHG eingezogen wird (Urteil des
Bundesgerichtshofs - BGH - vom 2.12.1996 II ZR 243/95,
NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht 1997, 606). Die Einziehung
ist mit Zugang der Einziehungserklärung wirksam
(Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 16. Aufl., 2004, § 34 Rz 13;
Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 5. Aufl., § 34 Rz 56;
Scholz/H.P. Westermann, GmbHG, 10. Aufl., § 34 Rz 6; Peetz,
GmbHR 2000, 749, 751 ff.; Goette, Die GmbH, 2. Aufl., § 5 Rz
85). Sie vernichtet den Geschäftsanteil des betroffenen
Gesellschafters und lässt sämtliche mit dem
Geschäftsanteil verbundenen Mitgliedschaftsrechte und
—pflichten untergehen, wenn sie sich nicht - wofür im
Streitfall keine Anhaltspunkte bestehen - bereits vor Wirksamwerden
des Einziehungsbeschlusses gegenüber dem Geschäftsanteil
verselbständigt haben (vgl. BGH-Urteil vom 14.9.1998 II ZR
172/97, BGHZ 139, 299, Wertpapier-Mitteilungen 1998, 2198, unter
II. 2., m.w.N.).
3. Nach diesen Grundsätzen hat das FG
zutreffend einen im Streitjahr verwirklichten Verlust des
Klägers i.S. von § 17 EStG abgelehnt. Denn die Einziehung
des GmbH-Anteils des Klägers konnte jedenfalls nicht vor
Bekanntgabe des Einziehungsbeschlusses im Mai 2000 einen solchen
Verlust begründen.