Antennenanlage, keine InvZul: Eine handwerklich hergestellte und gewartete Antennenanlage, deren Signale entgeltlich an Kunden übertragen werden, dient nicht der Erbringung handwerklicher Leistungen. Die Gewährung der erhöhten Investitionszulage für Wirtschaftsgüter, die dem in der Handwerksrolle eingetragenen Handwerk dienen, ist daher ausgeschlossen. - Urt.; BFH 21.6.2007, III R 81/06; SIS 08 07 21
I. Der Kläger und Revisionsbeklagte
(Kläger) ist seit 1990 mit dem Gewerk
„Elektroinstallateur, beschränkt auf Antennenbau“
in die Handwerksrolle eingetragen. Sein Unternehmen errichtet
Satellitenempfangsanlagen (sog. Betriebsteil Antennenbau) und
überlässt die Rundfunk- und Fernsehsignale der Anlagen
gegen Entgelt (sog. Betriebsteil Vermietung und Verpachtung). Die
Anlagen bestehen aus Kopfstellen, die über Kabel mit
Anschlusskästen im öffentlichen Verkehrsraum oder in
Häusern verbunden sind, welche bei Hausanschlüssen
wiederum durch ein Hausverteilernetz bis zu den Anschlussdosen der
jeweiligen Privatwohnungen reichen.
Im ersten Kalenderhalbjahr 1994 begann der
Kläger mit der Herstellung von Satellitenempfangsanlagen, die
er zur Einkunftserzielung im „Vermietungsbereich“
einsetzte. Nachdem der Beklagte und Revisionskläger (das
Finanzamt - FA - ) die Investitionszulage auf
Teilherstellungskosten dieser Anlagen in Höhe von 1.000.000 DM
(Pos. 9-12 des Antrags auf Investitionszulage) zunächst unter
dem Vorbehalt der Nachprüfung auf 20 v.H. festgesetzt hatte,
kürzte er sie nach einer Außenprüfung auf 8 v.H.
und wies den dagegen eingelegten Einspruch als unbegründet
zurück.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt
(EFG 2005, 1469 = SIS 05 27 43). Es führte aus, der
Kläger habe Anspruch auf die erhöhte Investitionszulage,
weil seine beiden Betriebsteile - Errichtung von
Satellitenempfangsanlagen und deren Vermietung - zu dem
eingetragenen Handwerk Elektroinstallateur gehörten. Nach
§ 45 der Handwerksordnung (HWO) i.V.m. der Verordnung
über das Berufsbild und die Prüfungsanforderungen im
praktischen Teil und im fachtheoretischen Teil der
Meisterprüfung für das Elektroinstallateur-Handwerk vom
15.4.1975 (BGBl I 1975, 949) werde das Berufsbild des
Elektroinstallateurs (inzwischen Elektrotechnikers) durch Planung,
Berechnung, Bau, Errichtung, Prüfung, Inbetriebnahme, Wartung
und Instandsetzung u.a. von Antennenanlagen charakterisiert. Von
diesen Tätigkeiten ließen sich die ersten vier direkt
dem Betriebsteil Antennenbau zuordnen. Die anderen vier würden
zwar möglicherweise auch für die Errichtung, vor allem
aber für den Betrieb einer fertigen Anlage benötigt.
Damit umfasse der Kernbereich des Elektroinstallateur-Handwerks
zumindest einen Teil der Tätigkeiten des Klägers, die er
in seinem Betriebsteil Vermietung und Verpachtung ausübe. Die
Erbringung von Dienstleistungen schließe die Einordnung als
Handwerksbetrieb nicht aus, solange die wesentlichen
Tätigkeiten dem Handwerk zuzuordnen seien. Dies sei aus der
Auskunft der Handwerkskammer zu folgern, wonach eine fertig
errichtete Anlage ständig überprüft werden
müsse und ihr reibungsloser Betrieb infolge der
Veränderung von Programmanbietern, Frequenzen und Kanälen
und der verwendeten Technologien laufend technische Anpassungen,
Erweiterungen und Aufrüstungen benötige, die
handwerkliche Kenntnisse voraussetzten. Dem stehe nicht entgegen,
dass die Auskunft der Handwerkskammer zum Radio- und
Fernsehtechnikerhandwerk ergangen, der Kläger aber
Elektroinstallateur sei. Der Bedarf an handwerklichem
„know-how“ werde von der betreffenden Anlage und nicht
vom Berufsbild des jeweiligen Handwerks bestimmt. Dieser Bedarf
unterscheide den Streitfall auch vom Heizungs- und
Lüftungsbauerhandwerk, bei dem die Errichtung von
Heizstationen noch zum Handwerksbetrieb gehöre, ihr Betrieb
hingegen nicht mehr (Senatsurteil vom 6.8.1998 III R 28/97, BFHE
187, 124, BStBl II 2000, 144 = SIS 99 01 41). Heizstationen
erforderten lediglich eine regelmäßige Wartung und
Instandhaltung, der Betrieb einer Satellitenempfangsanlage dagegen
auch eine ständige Überwachung und Anpassung. Wegen
dieser Intensität handwerklicher Tätigkeit gehörten
zumindest die wesentlichen Tätigkeiten beim Betrieb der
Satellitenempfangsanlagen noch zum Handwerk. Dieser handwerkliche
Charakter überwiege den kaufmännischen Bereich,
insbesondere den Abschluss und die Abwicklung der jeweiligen
Verträge. Auch der Bereich Vermietung und Verpachtung werde
handwerksmäßig betrieben. Die HWO tendiere infolge
moderner Anforderungen ganz allgemein und insbesondere im Bereich
der Elektronik dahin, auch die nicht mehr so leicht wie ein
Brötchen oder einen Schuh fassbaren Arbeitsergebnisse dem
Handwerk zuzuordnen. Außerdem fasse sie einzelne
spezialisierte Gewerke, wie die des Radio- und Fernsehtechnikers
und Büroinformationselektronikers zum Gewerk des
Informationstechnikers oder die des Elektroinstallateurs und
-mechanikers u.a. zum Gewerk des Elektrotechnikers zusammen und
verbreitere damit Berufsbild und Tätigkeitsfelder.
Mit der Revision rügt das FA die
Verletzung des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a i.V.m. §
3 Satz 1 Nr. 3 des Investitionszulagengesetzes (InvZulG)
1993.
Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben
und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Abweisung der Klage
(§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
Entgegen der Auffassung des FG kann der
Kläger nur die Grundzulage beanspruchen.
a) Nach § 2 des grundsätzlich
für alle nach dem 31.12.1990 abgeschlossenen Investitionen
geltenden InvZulG 1996 (vgl. § 11 Abs. 1 InvZulG 1996) sind
die Anschaffung und Herstellung von neuen abnutzbaren
Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens begünstigt.
Die Zulage bemisst sich nach der Summe der Anschaffungs- und
Herstellungskosten der im Wirtschaftsjahr abgeschlossenen
Investitionen. Im Wirtschaftsjahr entstandene
Teilherstellungskosten können in die Bemessungsgrundlage
einbezogen werden (§ 4 Sätze 1 und 2 InvZulG 1996).
Für nicht nach § 3 Satz 3 InvZulG
1996 ausgeschlossene Investitionen, die der Anspruchsberechtigte
nach dem 31.12.1992 und vor dem 1.7.1994 begonnen, sowie vor dem
1.1.1999 abgeschlossen hat, beträgt die Investitionszulage 8
v.H. (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 3 Satz 1 Nr. 3 InvZulG
1996). Sie erhöht sich auf 20 v.H. für Investitionen in
Wirtschaftsgüter, die mindestens drei Jahre zum
Anlagevermögen eines Betriebes gehören, der in die
Handwerksrolle eingetragen ist, und in einem solchen Betrieb
verbleiben (§ 5 Abs. 2 InvZulG 1996).
b) Die erhöhte Investitionszulage steht
einem in die Handwerksrolle eingetragenen Anspruchsberechtigten nur
für solche Wirtschaftsgüter zu, die ab Vornahme der
Investition ausschließlich oder nahezu ausschließlich
dem in die Handwerksrolle eingetragenen Gewerk dienen (Senatsurteil
vom 10.5.2001 III R 68/97, BFH/NV 2001, 1453 = SIS 01 77 86,
m.w.N.); die Verwendung in dem nicht begünstigten Bereich darf
10 v.H. nicht überschreiten (Senatsurteile vom 17.11.1998 III
R 43/96, BFHE 188, 169, BStBl II 1999, 837 = SIS 99 12 43; vom
19.10.2006 III R 28/04, BFH/NV 2007, 1185 = SIS 07 16 29). Wird in
einem einheitlichen Betrieb neben dem eingetragenen Handwerk eine
nichthandwerkliche Tätigkeit ausgeübt (sog.
Mischbetrieb), so gehören nur diejenigen Wirtschaftsgüter
zu dem in die Handwerksrolle eingetragenen Betrieb (§ 5 Abs. 2
Satz 1 Nr. 2 Buchst. a InvZulG 1996), die dem handwerklichen
Bereich zugeordnet werden können und dem eingetragenen Gewerk
ausschließlich oder nahezu ausschließlich dienen
(Senatsurteile in BFHE 188, 169, BStBl II 1999, 837 = SIS 99 12 43;
vom 7.9.2000 III R 57/97, BFHE 193, 187, BStBl II 2001, 40 = SIS 01 02 15, und in BFH/NV 2007, 1185 = SIS 07 16 29).
c) Das FG hat zutreffend angenommen, dass die
Zuordnung der Wirtschaftsgüter zum handwerklichen Bereich sich
insbesondere an den handwerklichen Berufsbildern zu orientieren
hat, wie sie in den Rechtsverordnungen auf der Grundlage von §
45 HWO umschrieben sind (Senatsbeschluss vom 31.5.2005 III B
143/04, BFH/NV 2005, 1632 = SIS 05 37 81). Ihm ist aber nicht zu
folgen, soweit es die Satellitenempfangsanlagen dem handwerklichen
Bereich zugeordnet hat, weil Planung, Berechnung, Bau, Errichtung,
Prüfung, Inbetriebnahme, Wartung und Instandsetzung von
Antennenanlagen zum Berufsbild des Elektroinstallateurs bzw.
Elektrotechnikers gehören.
Der Kläger nutzt die Empfangsanlagen
für die Übertragung von Rundfunksignalen an seine Kunden
- vom FG als „Vermietung und Verpachtung“
bezeichnet - ; dies liegt außerhalb des handwerklichen
Berufsbildes. Denn die Antennenanlagen dienen nicht der Erbringung
handwerklicher Leistungen, sondern sind - infolge Planung, Bau,
Errichtung usw. - deren Erzeugnis oder - für Wartung und
Instandsetzung - ihr Gegenstand. Weder die handwerkliche
Herstellung eines Wirtschaftsgutes noch die Notwendigkeit seiner
ständigen handwerklichen Überwachung oder Wartung reicht
aus, um es als dem Handwerk dienend anzusehen. Durch die
erhöhte Investitionszulage sollen vornehmlich die zur
Ausübung des Handwerks erforderlichen Sachmittel wie z.B.
Werkzeuge, Maschinen und Betriebsausstattung besonders
gefördert werden, nicht aber vom Handwerker hergestellte
Produkte oder von ihm gewartete Anlagen. Der
streitgegenständliche Sachverhalt unterscheidet sich insoweit
nicht von Fällen, in denen eine Anlage von einem nicht
handwerklichen Betrieb selbst betrieben wird (vgl. das Senatsurteil
in BFHE 187, 124, BStBl II 2000, 144 = SIS 99 01 41, betr.
Heizstation und den Senatsbeschluss vom 4.8.2005 III B 48/04,
BFH/NV 2005, 2057 = SIS 05 45 57, betr. Errichtung und mietweise
Überlassung einer Telefonanlage durch einen Handwerker).