Umwandlungsbedingt übergegangener Verlustvortrag, Rücktragsfähigkeit: Der Eintritt der übernehmenden Körperschaft in einen verbleibenden Verlustvortrag der übertragenden Körperschaft nach § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 ermöglicht der übernehmenden Körperschaft nicht die Nutzung des übergegangenen Verlustvortrags im Wege des Verlustrücktrags (Bestätigung von Tz. 12.16 des BMF-Schreibens vom 25.3.1998, BStBl 1998 I S. 268 = SIS 98 09 38). - Urt.; BFH 20.12.2006, I R 41/06; SIS 07 16 73
I. Mit Vertrag vom 13.6.2001 übertrug
die N-GmbH ihr Vermögen als Ganzes mit allen Rechten und
Pflichten unter Ausschluss der Abwicklung gemäß § 2
ff. i.V.m. § 46 ff. des Umwandlungsgesetzes (UmwG) im Wege der
Verschmelzung durch Aufnahme auf die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin), ebenfalls eine GmbH. Der
Verschmelzung wurde die Bilanz der N-GmbH zum 31.12.2000, dem
Streitjahr, als Schlussbilanz zugrunde gelegt. Das Wirtschaftsjahr
der N-GmbH entsprach dem Kalenderjahr; als Verschmelzungsstichtag
wurde der 31.12.2000 bestimmt. Die Klägerin führte den
Betrieb der N-GmbH fort.
Für die N-GmbH wurde zum 31.12.2000
ein verbleibender Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer nach
§ 10d Abs. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes 1997 i.d.F.
des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24.3.1999 (BGBl I
1999, 402, BStBl I 1999, 304) - EStG 1997 - i.V.m. § 8 Abs. 1
des Körperschaftsteuergesetzes in Höhe von 2.206.969 DM
gesondert festgestellt. In der
Körperschaftsteuererklärung für das Streitjahr, die
wegen eines abweichenden Wirtschaftsjahres den Zeitraum vom
1.7.1999 bis 30.6.2000 umfasste, wies die Klägerin einen
Verlustrücktrag gemäß § 10d Abs. 1 EStG 1997
aus dem Jahr 2001 in Höhe von 1 Mio. DM aus, der aus der
Verschmelzung mit der N-GmbH herrührte.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) erkannte unter Hinweis auf Tz. 12.16 des
Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 25.3.1998
(BStBl I 1998, 268 = SIS 98 09 38) den geltend gemachten
Verlustrücktrag nicht an. Der gemäß § 12 Abs.
3 Satz 2 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG 1995) im Wege der
Verschmelzung übernommene verbleibende Verlustvortrag
könne zwar im Veranlagungszeitraum 2001, in den der
steuerliche Übertragungsstichtag falle, abgezogen werden; ein
Verlustrücktrag sei insoweit jedoch nicht
möglich.
Die Klage gegen den hiernach erlassenen
Körperschaftsteuerbescheid blieb erfolglos; sie wurde vom
Finanzgericht (FG) München durch Urteil vom 2.5.2006 7 K
2010/03 als unbegründet abgewiesen. Das Urteil ist in EFG
2006, 1384 = SIS 06 32 94 veröffentlicht.
Ihre Revision stützt die Klägerin
auf Verletzung von § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995.
Sie beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und
die Körperschaftsteuer 2000 unter Änderung des
angefochtenen Bescheides auf 147.007,15 EUR festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet.
1. Nach § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995
tritt die übernehmende Körperschaft bezüglich eines
verbleibenden Verlustabzugs i.S. des § 10d Abs. 4 Satz 2 EStG
1997 in die Rechtsstellung der übertragenden Körperschaft
unter der Voraussetzung ein, dass der Betrieb oder Betriebsteil,
der den Verlust verursacht hat, über den
Verschmelzungsstichtag hinaus in einem nach dem Gesamtbild der
wirtschaftlichen Verhältnisse vergleichbaren Umfang in den
folgenden fünf Jahren fortgeführt wird. Verbleibender
Verlustvortrag i.S. des § 10d Abs. 4 Satz 2 EStG 1997 sind die
bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht
ausgeglichenen negativen Einkünfte, vermindert um die nach
Absatz 1 abgezogenen und die nach Absatz 2 abziehbaren Beträge
und vermehrt um den auf den Schluss des vorangegangenen
Veranlagungszeitraums festgestellten verbleibenden
Verlustvortrag.
2. Der verbleibende Verlustvortrag der
übertragenden Körperschaft geht also, wenn die
Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 vorliegen,
nicht verloren. Er kann mit dem Gewinn der übernehmenden
Gesellschaft verrechnet werden (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 1998,
268 = SIS 98 09 38 Tz. 12.15 f.). Zu einer Umqualifizierung des
verbleibenden (und ggf. festgestellten) Verlustvortrags in
laufenden Verlust der übernehmenden Gesellschaft kommt es
hierdurch jedoch nicht. Der Verlustvortrag des übertragenden
Rechtsträgers behält vielmehr seine Qualifizierung als
Verlustvortrag auch nach dem Verschmelzungsstichtag. Der Senat
verweist dazu auf sein Urteil vom 31.5.2005 I R 68/03 (BFHE 209,
535, BStBl II 2006, 380 = SIS 05 30 37, dort m.w.N.), an dem er in
diesem Punkt festhält.
3. Konsequenz dieses
Regelungsverständnisses ist es aber zugleich, dass für
die übernehmende Gesellschaft der Rücktrag des
übergegangenen Verlustes in vorangegangene
Veranlagungszeiträume ausgeschlossen ist. Der vorgetragene
Verlust verändert die in § 10d Abs. 1 und 2 EStG 1997
gesetzlich vorgegebene Reihenfolge - zunächst Abzug nicht im
Veranlagungszeitraum ausgleichbarer Verluste im Wege des
Rücktrags, sodann Vortrag der nicht nach dieser Maßgabe
abgezogenen verbleibenden Verluste - nicht. Der Regelungswortlaut
des § 12 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Satz 1 UmwStG 1995 ist insofern
zweifelsfrei: Denn die übernehmende Körperschaft tritt
hiernach in die steuerliche Rechtsposition der übertragenden
Körperschaft (auch) bezüglich des verbleibenden
Verlustvortrags i.S. des § 10d Abs. 4 Satz 2 EStG 1997 ein,
also des Verlustvortrags nach vorheriger Berücksichtigung
eines Verlustrücktrags. Es bleibt sonach dabei, dass der
verbleibende Verlustvortrag bei beiden Gesellschaften nicht mehr
zum Abzug als Verlustrücktrag zur Verfügung steht; die
einschlägige Verwaltungspraxis ist zu bestätigen (vgl.
BMF-Schreiben in BStBl I 1998, 268 = SIS 98 09 38, dort Tz. 12.16;
ebenso Widmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 12 UmwStG
Rz 569 f.; Klingberg in Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 12
UmwStG Rz 41; Wisniewski in Haritz/Benkert,
Umwandlungssteuergesetz, 2. Aufl., § 12 Rz 52; Frotscher in
Frotscher/Maas, KStG/UmwStG, § 12 Rz 76; Dötsch in
Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 12
UmwStG nF Rz 113; derselbe, Der Konzern 2004, 11, 14; Schaumburg,
FR 1995, 211, 220; Gosch, Entscheidungen des Bundesfinanzhofs
für die Praxis der Steuerberatung - BFH-PR - 2005, 349; FG
Berlin, Urteil vom 12.5.2003 8 K 8691/99, EFG 2003, 1398 = SIS 03 47 63; anders z.B. Rödder, DStR 1995, 322; Streck/Posdziech,
GmbHR 1995, 357, 359; Mildner, GmbHR 2003, 644, 647; derselbe,
GmbHR 2005, 1074; Kröner, GmbHR 1996, 256, 259).
Die entgegenstehende Auffassung der Revision
verkennt den insoweit abschließenden Regelungstatbestand des
§ 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995. Dessen einschränkende
Tatbestandsmerkmale sind unabhängig davon maßgeblich, ob
durch die Vorschrift die Übertragung des Verlustvortrags
infolge Verschmelzung eine generelle Rechtsnachfolge in die
Position des Übertragenden nur deklaratorisch bestätigt
oder aber eine solche Rechtsnachfolge sondergesetzlich konstituiert
wird. Ob es sich im Falle des (umstrittenen, vgl. z.B. Lambrecht in
Kirchhof, EStG, 6. Aufl., § 10d Rz 6, m.w.N.)
Rechtsübergangs bei natürlichen Personen hiervon
abweichend verhalten könnte (s. dazu H 115 des Amtlichen
Einkommensteuer-Handbuchs 1999, dort „Verlustabzug im
Erbfall“), ist insoweit unbeachtlich; eine
„Verlustvererbung“ würde in einer
derartigen Konstellation jedenfalls nicht in vergleichbarer Weise
beschränkt.