Grundstücksbewertung, Streitwert: Bei Streitigkeiten über Grundstückswerte, deren gesonderte Feststellung gemäß den §§ 138 ff. BewG für die Erbschaft- oder Schenkungsteuer erforderlich ist, ist der Streitwert pauschal, aber gestaffelt, wie folgt anzusetzen: - a) Bei Grundstückswerten bis einschließlich 512.000 EUR mit 10 v.H. der streitigen Wertdifferenz; - b) bei Grundstückswerten bis einschließlich 12.783.000 EUR mit 20 v.H. der streitigen Wertdifferenz; - c) bei darüber hinausgehenden Grundstückswerten mit 25 v.H. der streitigen Wertdifferenz. - Urt.; BFH 11.1.2006, II E 3/05; SIS 06 11 08
I. Die Klägerin, Kostenschuldnerin und
Erinnerungsführerin (Klägerin) hat gegen die Feststellung
des Grundstückswerts eines ihr geschenkten
1/4-Miteigentumsanteils an einem Grundstück in X. Klage
erhoben. Der Grundstückswert des Miteigentumsanteils war mit
Bescheid vom 18.2.1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom
14.3.2002 auf 249.250 DM festgestellt worden. Mit der Klage wurde
die Feststellung eines Werts von 193.500 DM beantragt. Auf der
Grundlage dieses niedrigeren Werts war bereits ein vorläufiger
Schenkungsteuerbescheid ergangen. Die nach Abweisung der Klage
eingelegte Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision hat der
Bundesfinanzhof (BFH) mit Entscheidung vom 29.7.2004 II B 45/03 =
SIS 05 03 89 zurückgewiesen.
Mit Kostenrechnungen vom 17.1. und 8.8.2005
- KostL 1245/04 - wurden die Gerichtskosten für das
Beschwerdeverfahren nach einem Streitwert von 8.829 EUR auf
zusammen 362 EUR festgesetzt. Der Streitwert entsprach der
konkreten Auswirkung der Wertdifferenz auf die festzusetzende
Schenkungsteuer. Dagegen hat die Klägerin Erinnerung eingelegt
und die Festsetzung der Gerichtskosten auf 0 EUR beantragt.
II. Die Erinnerung ist teilweise
begründet. Der Streitwert beträgt 10 v.H. der
Wertdifferenz von (249.250 DM ./. 193.500 DM =) 55.750 DM,
nämlich 5.575 DM. Dies sind 2.850 EUR. Daraus ergeben sich
Gerichtskosten von 178 EUR.
1. Gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1
i.V.m. § 14 Abs. 3 und Abs. 1 Satz 1 des
Gerichtskostengesetzes (GKG) a.F., das nach § 72 Nr. 1 GKG
2004 i.d.F. des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts vom
5.5.2004 (BGBl I, 718) für das vorliegende Beschwerdeverfahren
fortgilt, bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen der
Klägerseite. Dieser Streitwert entspricht im Fall einer
Nichtzulassungsbeschwerde grundsätzlich dem des
Klageverfahrens. Maßgeblich ist daher regelmäßig
ein Betrag, der sich aus dem Klageantrag unter
Berücksichtigung der steuerrechtlichen Auswirkungen
ergibt.
Bei Streitigkeiten über die Feststellung
der Grundstückswerte gemäß den §§ 138 ff.
des Bewertungsgesetzes (BewG) besteht allerdings die bereits von
der Einheitsbewertung des Grundvermögens her bekannte
Besonderheit, dass im Rahmen der Anfechtung eines derartigen
Feststellungsbescheids nicht unmittelbar über einen
Steuerbetrag, sondern lediglich über die Höhe einer
Bemessungsgrundlage gestritten wird. Zwar betrifft diese
Bemessungsgrundlage bei der Bedarfsbewertung gemäß den
§§ 138 ff. BewG anders als bei der Einheitsbewertung des
Grundvermögens lediglich jeweils nur eine Steuerart -
nämlich entweder die Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer oder die
Grunderwerbsteuer -, und anders als bei der Grundsteuer und
früher der Erbschaft- oder Schenkungsteuer sowie der
Gewerbekapitalsteuer jeweils nur einen einzigen - und diesen nur
einmal - zu besteuernden Sachverhalt. Trotz dieser Unterschiede
behalten aber die Erwägungen, die zur Pauschalierung der
Streitwerte bei Rechtsstreitigkeiten über Einheitswerte des
Grundvermögens geführt haben (BFH-Beschlüsse vom
19.11.1971 III B 29/71, BFHE 103, 316, BStBl II 1972, 85 = SIS 72 00 51, sowie vom 13.8.1976 III B 33/75, BFHE 120, 17, BStBl II
1976, 774 = SIS 76 04 26) ihr Gewicht. Ausgangspunkt dieser
Erwägungen war, dass den Gerichten gemäß § 13
Abs. 1 Satz 1 GKG a.F. (früher § 140 Abs. 3 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ) bei der Bestimmung des Streitwerts
im Interesse der Vereinfachung ein weiter Ermessensspielraum
eingeräumt ist. Sie dürfen den Streitwert nicht nur
schätzen, sondern sich sowohl einer Schematisierung als auch
einer Pauschalierung bedienen (so Hartmann, Kostengesetze,
Kommentar, 33. Aufl. 2004, § 13 GKG Anm. 14).
Angesichts der Komplexität, die eine
Erbschaftsteuer- oder Schenkungsteuerfestsetzung nicht nur in
Ausnahmefällen erreichen kann, rechtfertigt das Interesse an
einer Vereinfachung eine Pauschalierung des Streitwerts in den
Fällen, in denen die Feststellung eines Grundstückswerts
gemäß den §§ 138 ff. BewG der Erhebung der
Erbschaft- oder Schenkungsteuer dient (so auch Beschlüsse des
Finanzgerichts - FG - Baden-Württemberg vom 30.4.2001 8 K
284/99, EFG 2001, 924 = SIS 02 76 99, sowie des Hessischen FG vom
24.1.2002 3 K 2803/01, EFG 2002, 867 = SIS 02 68 36; a.A.
Beschlüsse des FG Düsseldorf vom 30.8.2001 11 K 5316/00
BG, EFG 2001, 1571 = SIS 02 82 44; vom 20.9.2002 11 K 8135/99 BG,
EFG 2002, 1630 = SIS 03 04 57, sowie vom 6.9.2004 11 K 4618/03 BG,
EFG 2005, 65 = SIS 05 02 81). Nur auf diese Weise lässt es
sich vermeiden, in das gesonderte Feststellungsverfahren
Streitigkeiten bezüglich der Erbschaft- oder Schenkungsteuer
als Folgesteuer hineinzutragen.
Wegen der Bandbreite möglicher Erbschaft-
und Schenkungsteuersätze gemäß § 19 Abs. 1 des
Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes von 7 bis 50 v.H. ist
jedoch eine Pauschalierung in Höhe eines einzigen
Hundertsatzes - wie ihn das FG Baden-Württemberg (a.a.O.) und
das Hessische FG (a.a.O.) angewandt haben - zu grob. Dieser
Bandbreite ist durch eine Staffelung der pauschalen Streitwerte in
der Weise Rechnung zu tragen, dass bei festgestellten
Grundstückswerten bis einschließlich 512.000 EUR ein
Streitwert von 10 v.H. der streitig gewesenen Wertdifferenz
anzusetzen ist, bei festgestellten Grundstückswerten bis
einschließlich 12.783.000 EUR ein solcher von 20 v.H. dieser
Differenz und bei darüber hinausgehenden festgestellten
Grundstückswerten ein solcher von 25 v.H. dieser Differenz. Im
Streitfall war daher der Streitwert mit pauschal 10 v.H. der
streitigen Wertdifferenz von 55.750 DM anzusetzen.
2. Die Auffassung der Klägerin, bei
Ergehen der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde
hätte die Schenkungsteuer wegen Feststellungsverjährung
gemäß § 171 Abs. 10 der Abgabenordnung (AO 1977)
nicht mehr dem nunmehr rechtskräftig festgestellten
Grundstückswert von 249.250 DM angepasst werden dürfen,
was einen Streitwert von 0 DM zur Folge habe, ist unzutreffend. Der
Feststellungsbescheid vom 18.2.1999 war mit Rechtsbehelfen bzw.
-mitteln angegriffen worden, über die erst mit dem
BFH-Beschluss vom 29.7.2004 II B 45/03 = SIS 05 03 89 unanfechtbar
entschieden worden ist. Bis dahin galt daher die Ablaufhemmung
gemäß § 181 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 171 Abs. 3
a AO 1977 und Art. 97 § 10 Abs. 9 des Einführungsgesetzes
zur Abgabenordnung, die weiter ging als diejenige gemäß
§ 171 Abs. 10 AO 1977.
Auf das weitere Vorbringen der Klägerin
war im Erinnerungsverfahren nicht einzugehen.